Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2005, Az. KZR 36/04

Kartellsenat | REWIS RS 2005, 1313

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[X.]IM NAM[X.]N D[X.]S VOLK[X.]S URT[X.]IL [X.] Verkündet am: 18. Oktober 2005 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja Stromnetznutzungsentgelt BGB § 315; [X.] 2003 § 6 a) Hat ein Unternehmen dem Betreiber eines [X.]lektrizitätsversorgungsnetzes für die Netznutzung ein [X.]ntgelt zu entrichten, das der Netzbetreiber als nach der Verbändevereinbarung Strom II plus ermittelten allgemein geltenden Tarif festgesetzt hat, ist regelmäßig anzunehmen, dass der Netzbetreiber das [X.]ntgelt nach billigem [X.]rmessen zu bestimmen hat und die Billigkeit seiner Bestimmung der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. b) Das Günstigkeitsprinzip und die Bedingungen guter fachlicher Praxis im Sin-ne des § 6 Abs. 1 [X.] 2003 konkretisieren für den Anwendungsbereich der Vorschrift den nach § 315 BGB zu beachtenden Maßstab billigen [X.]s. c) Auf Netznutzungsentgelte, die für die [X.] seit dem 1. Januar 2004 zu [X.] sind, findet die an die [X.]inhaltung der Verbändevereinbarung Strom II plus geknüpfte Vermutung der [X.]rfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis keine Anwendung mehr. [X.], [X.]eil vom 18. Oktober 2005 - [X.] - [X.]

[X.] - 2 - [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 18. Oktober 2005 durch den Präsidenten des [X.] Prof. [X.], [X.] und [X.], Prof. [X.] und Prof. Dr. Meier-Beck für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 27. Oktober 2004 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und [X.]ntscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin bietet elektrische [X.]nergie für private und gewerbliche [X.] an. Auf der Grundlage eines - durch einen zweiten Vertrag vom 20. September 2002 geänderten - Rahmenvertrags vom 6. April 2001 stellt die Beklagte der Klägerin hierzu das Stromverteilungsnetz zur Verfügung, das sie auf dem Gebiet der [X.] betreibt. Nach Nr. 6.1 des Vertrags hat die Klägerin für die Durchleitung ein [X.]ntgelt "gemäß der jeweils geltenden [X.] 3" zu zahlen. Am [X.]nde des Vertrages ist als Anlage 3 ein (nicht vorgelegtes) "Preisblatt" bezeichnet. Nach dem Vorbringen der [X.] berechnet sie die der Klägerin in Rechnung gestellten [X.]ntgelte nach der Anlage 3 zur [X.] - 3 - vereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische [X.]nergie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13. Dezember 2001 ([X.] 85b vom [X.]; im folgenden: Verbändevereinbarung Strom II plus; [X.] Strom [X.]); entsprechend werden die dort wiedergegebenen "Preisblätter" von der [X.] im [X.] erläutert (Anlage [X.]). In einem An-schreiben, mit dem sie der [X.] den von ihr unterzeichneten Vertragstext zur Gegenzeichnung zuleitete, erklärte die Klägerin, sie behalte sich vor, "die – in Rechnung gestellten [X.]ntgelte im ganzen und in ihren einzelnen Bestandteilen energie- und kartellrechtlich überprüfen zu lassen". Die Klägerin macht geltend, die Beklagte verlange überhöhte Netznut-zungsentgelte. Sie begehrt die Feststellung, 2 dass der [X.] kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe von derzeit [X.] ([X.]) und einem Arbeitspreis von 0,06 •/kWh (ohne Umsatzsteuer) zusteht, soweit er 50% der geltend gemachten Be-träge übersteigt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen ([X.] Rd[X.] 2004, 122); die Berufung der Klägerin ist ohne [X.]rfolg geblieben ([X.], 397 = [X.], 51). 3 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Kläge-rin den Feststellungsantrag weiter. 4 - 4 - [X.]ntscheidungsgründe: 5 Die zulässige Revision hat [X.]rfolg und führt zur Aufhebung des angefoch-tenen [X.]eils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 6 [X.] Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne nicht mit dem [X.]inwand gehört werden, die Preisbestimmung der [X.] entspreche nicht der Billigkeit. § 315 BGB finde keine Anwendung, da die Parteien der [X.] kein Leistungsbestimmungs-recht eingeräumt hätten, die Klägerin vielmehr das ihrer Ansicht nach überhöhte ([X.], wenn auch unter Protest, angenommen habe. Auch aus § 6 Abs. 1 [X.] (in der bis zum 12. Juli 2005 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) ergebe sich kein Anspruch der Klägerin auf einen niedrigeren Preis. [X.]s fehle an einer Abweichung des von der [X.] berechneten Prei-ses von den Grundsätzen guter fachlicher Praxis, da die Beklagte das Netznut-zungsentgelt nach den bindenden tatbestandlichen Feststellungen des Landge-richts nach der Verbändevereinbarung Strom II plus berechne und unter diesen Umständen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 6 [X.] a.F. die [X.]rfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet werde. Die Vermutungswirkung gelte über den 31. Dezember 2003 hinaus und sei lediglich auf nach diesem Datum festgesetz-te Preise nicht mehr anwendbar. Die Behauptung der Klägerin, die von der [X.] berechneten [X.]ntgelte seien ungünstiger als die Preise, die von der [X.] in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen in Rechnung ge-stellt würden, sei unsubstantiiert. Auch für einen missbräuchlich überhöhten oder diskriminierenden Preis fehle eine ausreichende Tatsachengrundlage im Vortrag der Klägerin. Denn auch in diesem Zusammenhang erhalte die Vermu-tung des § 6 Abs. 1 [X.] a.F. ausschlaggebende Bedeutung. Mit dem [X.] 5 - [X.] ([X.] 2003, 247, 253) sei der Senat der Ansicht, dass bei [X.]inhaltung guter fachlicher Praxis der Preisbildung ein Missbrauch oder eine Diskriminierung begrifflich ausgeschlossen seien. 7 I[X.] Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 8 1. [X.]ntgegen der Auffassung des Berufungsgerichts findet auf die Be-stimmung des [X.] durch die Beklagte die Vorschrift des § 315 BGB Anwendung. a) Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmung ist nach § 315 Abs. 1 BGB, dass die vertragliche Leistung durch einen der Vertragschließen-den bestimmt werden soll. [X.]in derartiges einseitiges Leistungsbestimmungs-recht haben die Parteien der [X.] eingeräumt. Denn die von der Klägerin zu entrichtenden [X.]ntgelte sollten sich nach der "jeweils geltenden" Anlage 3 bestimmen. Zwar hat das Berufungsgericht keine Feststellungen zum Inhalt des damit in Bezug genommenen "Preisblatts" getroffen. Die Parteien sind sich [X.] darüber einig, dass der ausgewiesene Preis derjenige gewesen ist, von dem die Beklagte behauptet, dass sie ihn nach den [X.] der Verbändevereinbarung Strom II plus ermittelt habe. [X.]in solcher Preis liegt [X.] nicht ein für allemal fest, sondern bedarf der regelmäßigen Neuermittlung unter Berücksichtigung der [X.]ntwicklung der preisbildenden Faktoren (nach dem Vorbringen der [X.] verlangt sie den im Klageantrag bezeichneten [X.] von 6,00 Cent/kWh seit dem 1. Januar 2003). Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe - wenngleich unter Vorbehalt - das Ange-bot der [X.] angenommen, besagt daher in Verbindung mit dem im [X.] enthaltenen Verweis auf das "jeweils geltende" Preisblatt der [X.] nichts anderes, als dass sich die Klägerin verpflichtet hat, den jeweils von der [X.] für eine bestimmte Periode bestimmten Preis zu zahlen. Demgemäß 9 - 6 - hat bereits das [X.], auf dessen [X.]eil sich das Berufungsgericht [X.], festgestellt, die Klägerin habe sich damit einverstanden erklärt, dass die Beklagte Preise in Ansatz bringe, die sich "gerade aus deren bereits bekannten Tarifen" ergäben. Der "bereits bekannte Tarif" ist nichts anderes als die auf einen bestimmten [X.]raum bezogene Preisforderung der [X.]. Damit steht schließlich auch in [X.]inklang, wenn das [X.] die Beklagte nach der vertraglichen Vereinbarung für berechtigt erachtet, das Netznutzungsentgelt, wie sie für sich in Anspruch nehme, nach der Verbändevereinbarung Strom II plus, insbesondere deren Anlage 3, "berechnen zu dürfen". Das ist der Sache nach ein Leistungsbestimmungsrecht. In der Recht-sprechung des [X.] ist anerkannt, dass etwa Zinsanpassungs-klauseln in den Anwendungsbereich des § 315 BGB fallen ([X.] 97, 212, 214). Das Recht des Netzbetreibers, künftige Netznutzungsentgelte ohne Mit-wirkung des [X.] festzusetzen, kann nicht anders behandelt werden. Aber auch das zum [X.]punkt des [X.] von dem Netzbetreiber geforderte [X.]ntgelt ist regelmäßig ein nach dem Willen der Vertragsparteien ein-seitig bestimmtes [X.]ntgelt, das der Netzbetreiber zu bestimmten [X.]punkten ermittelt und das - schon zur Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigen-den Ungleichbehandlung - für eine bestimmte [X.]dauer sämtlichen Vertragsbe-ziehungen mit gleichen Nutzungsprofilen unabhängig davon zugrunde liegen soll, wann der Vertrag geschlossen wird. Auch dann, wenn das [X.]ntgelt [X.] bereits feststellbar ist, wird - wie im Streitfall der Verweis auf die "jeweils geltende Anlage 3" verdeutlicht - nicht dieser Betrag als [X.]. Der Betrag gibt vielmehr lediglich das für einen bestimmten [X.]punkt er-mittelte [X.]rgebnis des gleichen Preisbestimmungsverfahrens wieder, das dem Netzbetreiber auch für die Zukunft zustehen soll, an dem der Netznutzer nicht teilnimmt, dessen konkrete preisbestimmende Faktoren ihm nicht bekannt sind 10 - 7 - und dessen [X.]rgebnis er weder nachvollziehen noch beeinflussen kann. [X.]s ist daher nicht weniger einseitig bestimmt als die künftige Höhe des [X.]ntgelts. [X.]s wäre eine künstliche Aufspaltung der äußerlich und inhaltlich einheitlichen Preisvereinbarung und führte zu Zufallsergebnissen, wollte man einen verein-barten Anfangspreis von (vom [X.]punkt der ersten ausdrücklich oder still-schweigend vorgesehenen Neuberechnung an maßgeblichen) einseitig be-stimmten Folgepreisen unterscheiden. b) Zufolge des ihr eingeräumten Leistungsbestimmungsrechts ist die [X.] verpflichtet, die [X.]ntgeltbestimmung nach billigem [X.]rmessen zu treffen. Zwar tritt diese Rechtsfolge nach § 315 Abs. 1 BGB nur im Zweifel ein. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich jedoch nichts dafür, dass die [X.] etwas anderes gewollt hätten. 11 Der Anwendung der Vorschrift steht auch nicht entgegen, dass die [X.] wie jeder Netzbetreiber der Klägerin ihr Netz zu Bedingungen zur Verfü-gung zu stellen hatte, die nicht ungünstiger sind, als sie von ihr in vergleichba-ren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber [X.] oder assoziierten Unternehmen tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung gestellt werden (§ 6 Abs. 1 [X.] i.d.[X.]) und seit dem 24. Mai 2003 zudem von Gesetzes wegen guter fachlicher Praxis zu ent-sprechen hatten (§ 6 Abs. 1 [X.] i.d.F. vom 20.5.2003). Hierdurch wird der allgemeine Maßstab des "billigen [X.]rmessens", den § 315 Abs. 1 BGB vorsieht, nicht ausgeschlossen, sondern vielmehr konkretisiert. 12 Denn weder aus dem Günstigkeitsprinzip noch aus der Bindung an gute fachliche Praxis ergeben sich [X.], die ein [X.]rmessen des Netzbetreibers bei der [X.]rmittlung, Ausgestaltung und Gewichtung der preisbil-denden Faktoren ausschlössen. Das [X.]rmessen des Netzbetreibers wird jedoch 13 - 8 - in zweierlei Hinsicht gebunden. Zum einen bilden die [X.]ntgelte, die der [X.] in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb seines Unterneh-mens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung stellt, eine Obergrenze für den billigem [X.] entsprechenden Preis. Zum anderen muss sich die Preisbildung daran orientieren, dass die Bedingungen guter fachlicher Praxis nach § 6 Abs. 1 Satz 4 [X.] a.F. einer möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträg-lichen leitungsgebundenen Versorgung mit [X.]lektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit (§ 1 [X.] a.F.) und darüber hinaus der Gewährleistung [X.] dienen sollen. 2. Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob die [X.]ntgeltbe-stimmung der [X.] in diesem Sinne billigem [X.]rmessen entspricht, da sie nach § 315 Abs. 3 BGB nur dann für die Klägerin verbindlich ist. Die Annahme des Berufungsgerichts, dieser Prüfung auch deshalb enthoben zu sein, weil in erster Instanz unstreitig gewesen sei und in zweiter Instanz von der Klägerin nicht mehr bestritten werden könne, dass die Beklagte das Netznutzungsentgelt nach den [X.] der Anlage 3 zur [X.] Strom [X.] ermittle, und damit vermutet werde, dass das Netznutzungsentgelt guter fachlicher Praxis entspreche, ist in mehrfacher Hinsicht von [X.] beeinflusst. 14 a) Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht an die tatbestandliche Fest-stellung des [X.]s gebunden gesehen, in erster Instanz sei unstreitig gewesen, dass die Beklagte ihre Preise nach der Verbändevereinbarung Strom II plus gebildet habe. [X.]ine solche bindende Feststellung enthält das erst-instanzliche [X.]eil schon deshalb nicht, weil es insoweit widersprüchlich ist. 15 Im Tatbestand des landgerichtlichen [X.]eils heißt es u.a. ausdrücklich, die Klägerin bestreite, dass die geltend gemachten kalkulatorischen Kosten 16 - 9 - notwendig seien, rationeller Betriebsführung entsprächen, nach realistischen Umlageschlüsseln innerhalb der Kostenstellen der [X.] verteilt und nach anerkannten Methoden der Betriebswirtschaft berechnet worden seien ([X.] 3 f.); die Beklagte orientiere sich bei ihren Ausgaben nicht an objektiv notwendigen Kosten, die im Wettbewerb angesetzt werden könnten, sondern an im Monopol gewachsenen Kostenstrukturen mit eigenen Haustarifen, Kun-denzeitschriften, Sponsoring etc. und daraus resultierenden Bedürfnissen; es sei nicht einsichtig, warum Planungsfehler durch überdimensionierte Netze oder geringe Anlagenauslastungen als Netzkosten den Kunden auferlegt werden sollten ([X.] 4). Zwar bemerkt der Tatbestand an anderer Stelle, die Klägerin habe ur-sprünglich "bestritten, dass die Beklagte die Netzentgelte nach der Anlage 3 der [X.] Strom [X.] kalkuliert habe; dies wird jedoch im Schriftsatz vom 30.4.2003 (dort [X.], [X.] [richtig: 148]) aufgegeben". Diese Bewertung steht jedoch im Widerspruch zu dem vorerwähnten Vortrag der Klägerin. Im Übrigen enthält der Tatbestand insoweit keine Feststellung zu dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, wie das Berufungsgericht meint, sondern eine Auslegung des mit Fundstelle angegebenen schriftsätzlichen Vorbringens der Klägerin, an die das Berufungsgericht nicht gebunden war und die auch das Revisionsgericht nicht bindet. Tatsächlich hat die Klägerin am angegebenen Ort lediglich bemerkt, die von der [X.] geforderten Netznutzungsentgelte [X.] unangemessen überhöht, weil ihre Berechnungsgrundlage, die Anlage 3 zur [X.] Strom [X.], nicht elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betriebsführung und somit keiner guten fachlichen Praxis entspreche. Mit dieser Kritik an der [X.] 3 zur [X.] Strom [X.] ist die Klägerin jedoch nicht von ihrer Behauptung abge-rückt, dass die Beklagte auch im Rahmen der Verbändevereinbarung Strom II plus von unangemessenen bzw. unrichtigen Ansätzen ausgegangen sei. 17 - 10 - b) Im Übrigen konnte die (richtige) Anwendung der [X.] der Verbändevereinbarung Strom II plus auch deshalb in erster Instanz nicht "unstreitig" sein, weil es sich hierbei nicht um eine Tatsache, sondern um eine - betriebswirtschaftliche Sachkunde erfordernde - rechtliche Wertung [X.]. Wie bereits ihr Titel verdeutlicht, enthält die Anlage 3 zur [X.] Strom [X.] nur "Prinzipien" für die Preisfindung. Im einleitenden Abschnitt "Grundsätze" heißt es, dass Preise zu bilden seien, die in Anbetracht der Kosten- und [X.]rlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betriebsführung erforderlich seien. Alle bilanziellen und kalkulatorischen Kosten seien unter der Maßgabe einer wirt-schaftlichen Betriebsführung und in einem Umfang, der sich im Wettbewerb einstellen würde, anzusetzen; damit werde den Anforderungen der Kostenge-rechtigkeit und Kosteneffizienz gleichermaßen Rechnung getragen. Die [X.] soll sodann auf der Basis der drei [X.]lemente "[X.]", "[X.] Jahresabschluss bezogen auf die [X.]" und "Übertragungs- und Verteilungspreise strukturell vergleichbarer Netzbetreiber" erfolgen. Dass die Beklagte indessen Vortrag etwa zu den [X.]inzelheiten der kalkulatorischen Kosten- und [X.]rlösrech-nung gehalten hätte, den die Klägerin hätte unstreitig stellen können (und der sodann die Wertung hätte erlauben können, dass die Beklagte das Netznut-zungsentgelt in Übereinstimmung mit den [X.] der Anlage 3 zur [X.] Strom [X.] ermittelt), ist dem erstinstanzlichen [X.]eil - und auch dem Be-rufungsurteil - nicht zu entnehmen und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt. 18 c) [X.]ntgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war das [X.] der Überprüfung des [X.]ntgelts am - durch § 6 Abs. 1 [X.] [X.] - Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB auch nicht deshalb enthoben, weil die Klägerin zur Unbilligkeit nicht hinreichend vorgetragen hätte. Denn nicht die 19 - 11 - andere Vertragspartei hat die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung darzulegen; vielmehr hat derjenige, dem das Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt ist und der typischerweise auch allein dazu in der Lage ist, die Billigkeit seiner Be-stimmung darzutun ([X.], [X.]. v. 30.4.2003 - [X.], NJW 2003, 3131, 3132). Zwar gilt dies nicht notwendigerweise auch im [X.] ([X.] 154, 5, 8 f.). Wenn eine Zahlung indessen lediglich als Abschlag oder Vorauszahlung in [X.]rwartung einer noch festzustellenden Schuld erfolgt ist, so hat bei einer Rückforderung der [X.]mpfänger das Bestehen der Forderung zu beweisen ([X.], [X.]. [X.] - [X.], NJW 1989, 1606, 1607; [X.]. [X.] III ZR 435/02, NJW 2004, 2897). Zahlt die andere Vertragspartei - wie hier die Klägerin - nur unter Vorbehalt, verbleibt es auch im [X.] dabei, dass derjenige, der das [X.]ntgelt einseitig bestimmt hat, die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit seiner Tarife trägt ([X.], [X.]. v. 5.7.2005 - [X.], NJW 2005, 2919, 2922). d) Daran ändert schließlich auch der Umstand nichts, dass die Tarife der [X.] von der für die [X.] nach § 12 der Bundestarifordnung [X.]lektrizität ([X.]) zuständigen Landesbehörde nicht beanstandet worden sind. Denn die öffentlich-rechtliche Wirkung der Genehmigung beschränkt sich auf das Verhältnis der Behörde zum Genehmigungsempfänger und ist für die privatrechtliche Überprüfung eines einseitig festgesetzten [X.]ntgelts am Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB nicht präjudiziell ([X.] 115, 311, 317 f.; [X.], [X.]. v. 2.10.1991 - [X.], NJW-RR 1992, 183, 185; [X.]. v. 2.7.1998 - III ZR 287/97, NJW 1998, 3188, 3192; [X.]. v. 5.7.2005 - [X.], NJW 2005, 2919, 2920). Zwar mag die Genehmigung der Aufsichtsbehörde ein ge-wisses Indiz für die Billigkeit der Tarife liefern ([X.] NJW 2005, 2919, 2923). [X.]s entbindet die Beklagte jedoch nicht von ihrer Darlegungslast, sondern kann 20 - 12 - allenfalls bei der abschließenden Bewertung der für die Billigkeit der Tarife maßgeblichen Umstände Bedeutung erlangen. 21 II[X.] Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Da der Rechtsstreit nicht zur [X.]ndentscheidung durch den [X.] ist, ist die Sache zu neuer Verhand-lung und [X.]ntscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 22 1. Dass die Klägerin ihr Klageziel mit einem Feststellungsantrag verfolgt, hat das Berufungsgericht zutreffend mit Rücksicht auf die gegenüber einer Zah-lungsklage weitergehende, weil in die Zukunft gerichtete Feststellungswirkung als zulässig angesehen. Soweit die Revisionserwiderung den [X.] für teilweise unklar hält, wird das Berufungsgericht der Klägerin [X.] Gelegenheit zur Klarstellung ihres [X.] zu geben haben. 2. In der Sache muss zunächst die Beklagte Gelegenheit erhalten, zur Angemessenheit ihrer Tarife vorzutragen. Denn die Vorinstanzen hatten nach ihrem Rechtsstandpunkt keine Veranlassung, die Beklagte auf ihre Darlegungs-last hinzuweisen. 23 3. Sollte das Berufungsgericht feststellen, dass die Beklagte der [X.]rmitt-lung der von ihr verlangten Preise die [X.] der Anlage 3 zur [X.] Strom [X.] zugrunde gelegt hat, wird es folgendes zu beachten haben: 24 Nach § 6 Abs. 1 Satz 5 [X.] a.F. wird für die [X.] bis zum [X.] 2003 bei [X.]inhaltung der Verbändevereinbarung grundsätzlich die [X.]rfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet. Da die [X.] indessen die [X.]rfordernisse guter fachlicher Praxis im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. konkretisieren sollen, sind sie ihrerseits im Lichte der Ziel-setzung des § 6 Abs. 1 Satz 4 [X.] a.F. auszulegen und anzuwenden, eine 25 - 13 - eine möglichst sichere, preisgünstige und umweltverträgliche [X.] Stromversorgung und darüber hinaus wirksamen Wettbewerb zu gewährleis-ten. Wo die [X.] [X.] eröffnen, sind sie daher so zu nutzen, dass dem Gesetzeszweck bestmöglich Rechnung getragen wird. In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob es sachverständiger Beratung bedarf, um Inhalt, Bedeutung und Anwendung der [X.] im Streitfall nachzuvollziehen und zu bewerten. Nach § 6 Abs. 1 Satz 5 [X.] a.F. entfällt ferner die Vermutungswir-kung, wenn die Anwendung der Verbändevereinbarung insgesamt oder die An-wendung einzelner Regelungen der Vereinbarung nicht geeignet ist, wirksamen Wettbewerb zu gewährleisten. Das Berufungsgericht wird sich daher [X.] mit den von der Klägerin vorgetragenen [X.]inwendungen gegen die [X.] bestimmter Bestandteile der [X.] zur Gewährleistung wirksamen [X.] auseinandersetzen müssen. 26 Schließlich wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu beachten ha-ben, dass nach § 6 Abs. 1 Satz 5 [X.] a.F. nur bis zum 31. Dezember 2003 bei [X.]inhaltung der Verbändevereinbarung die [X.]rfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet wurde. Soweit die Parteien über das von der Klägerin seit dem 1. Januar 2004 zu zahlende [X.]ntgelt streiten, kommt der [X.] [X.] die gesetzliche Vermutung der [X.]rfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis nicht mehr zugute. Der gegenteiligen Auffassung des Berufungsgerichts kann nicht gefolgt werden. Gerade die [X.]rwägung, der Gesetzgeber habe für eine Übergangszeit Rechtssicherheit schaffen wollen, verbietet es, die Vermu-tung entgegen dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 5 [X.] a.F. über den 31. Dezember 2003 hinaus zu perpetuieren und damit die vom Gesetzgeber gewollte zeitliche Beschränkung weitgehend gegenstandslos zu machen. Dabei 27 - 14 - geht es auch nicht darum, dass ein einmal gefundener Preis nicht, wie das Be-rufungsgericht meint, durch bloßen [X.]ablauf von den Grundsätzen guter fach-licher Praxis abweichen könne, sondern lediglich um den zeitlichen Anwen-dungsbereich der Vermutungsregelung des § 6 Abs. 1 Satz 5 [X.]. Die zeitli-che Begrenzung der Vermutungswirkung ist daher nur dann und insoweit von Bedeutung, als sich auch nach Sachaufklärung die Übereinstimmung einzelner [X.] mit den [X.]rfordernissen guter fachlicher Praxis weder feststellen noch ausschließen lässt. 4. Soweit in die Prüfung am Maßstab des § 6 Abs. 1 [X.] a.F. nicht be-reits alle kartellrechtlich relevanten Gesichtspunkte einfließen sollten, wird schließlich der [X.]inwand der Klägerin zu erörtern sein, die Beklagte missbrauche die marktbeherrschende Stellung, die sie als Netzbetreiber innehat. Denn nach § 6 Abs. 1 Satz 6 [X.] a.F. bleiben § 19 Abs. 4 und § 20 Abs. 1 und 2 GWB unberührt; die kartellrechtliche Prüfung ist daher von der energiewirtschafts-rechtlichen grundsätzlich unabhängig ([X.] 156, 379, 387 - Strom und [X.]; [X.], [X.]. v. 28.6.2005 - KVR 17/04, [X.]/[X.] D[X.]-R 1513, 1514 - [X.]). Für die [X.] seit Inkrafttreten des [X.] des [X.]nergiewirtschaftsrechts vom 7. Juli 2005 sind insoweit die Vorschriften des § 30 Abs. 1 [X.] maßgeblich. 28 [X.]ntgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann nicht ausge-schlossen werden, dass in diesem Zusammenhang nicht nur die von der [X.] geforderten [X.]ntgelte als solche, sondern auch einzelne Preisbildungs-faktoren Bedeutung gewinnen. [X.]s ist zwar zutreffend, dass sich letztlich nicht die Art der Preisfindung, sondern nur deren [X.]rgebnis als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellen kann. Des ungeachtet kann jedoch der Ansatz insbesondere einer Mehrheit von Preisbildungsfaktoren, von denen 29 - 15 - anzunehmen ist, dass auf ihrer Grundlage kalkulierte Preise bei wirksamem Wettbewerb auf dem Markt nicht durchgesetzt werden könnten, ein Indiz dafür sein, dass der so gewonnene Preis missbräuchlich überhöht ist. [X.] Goette [X.] Bornkamm Meier-Beck Vorinstanzen: [X.], [X.]ntscheidung vom 30.12.2003 - 22 O 64/02 - [X.], [X.]ntscheidung vom 27.10.2004 - 6 U 22/04 -

Meta

KZR 36/04

18.10.2005

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2005, Az. KZR 36/04 (REWIS RS 2005, 1313)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1313

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