Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.11.2012, Az. III B 73/11

3. Senat | REWIS RS 2012, 1104

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Gegenstand

Unterbrechung eines gerichtlichen Kindergeldverfahrens wegen Insolvenzeröffnung


Leitsatz

1. NV: Ein gerichtliches Verfahren, in dem die Aufhebung und Rückzahlung von Kindergeld als Steuervergütung streitig sind, wird nach § 155 FGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen, wenn ein Zeitraum betroffen ist, der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegt.

2. NV: Die Verfahrensunterbrechung hat zur Folge, dass eine gleichwohl in Unkenntnis der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangene gerichtliche Entscheidung rechtlich wirkungslos und aus Gründen der Rechtsklarheit aufzuheben ist.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) legte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Berlin-Brandenburg vom 8. März 2011  11 K 11148/10 ein. In Unkenntnis der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des [X.] am 20. April 2012 entschied der Senat über die Beschwerde mit Beschluss vom 16. August 2012.

Entscheidungsgründe

2

II. Der Beschluss vom 16. August 2012 III B 73/11 ist aus Gründen der Rechtsklarheit aufzuheben.

3

1. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des [X.] wurde das Beschwerdeverfahren unterbrochen (§ 155 der Finanzgerichtsordnung [X.]. § 240 Satz 1 der Zivilprozessordnung --ZPO--).

4

§ 240 ZPO setzt voraus, dass das Verfahren die Insolvenzmasse betrifft. Dies ist u.a. dann zu bejahen, wenn es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Steueranspruch um eine Insolvenzforderung i.S des § 38 der Insolvenzordnung handelt (vgl. auch [X.], ZPO, 22. Aufl., § 240 Rz 12). Hierfür ist erforderlich, dass der den Steueranspruch begründende Tatbestand bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist (z.B. Urteil des [X.] --BFH-- vom 29. Januar 2009 V R 64/07, [X.], 24, [X.], 682 zur Umsatzsteuer). Danach ist in Fällen, in denen die Aufhebung und Rückzahlung von Kindergeld als Steuervergütung (§ 37 Abs. 1, 2 der Abgabenordnung [X.]. § 31 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes) streitig ist, eine Insolvenzforderung dann gegeben, wenn ein Zeitraum betroffen ist, der --wie im Streitfall (August 2008 bis Februar 2009)-- vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegt (s. auch Urteile des [X.] vom 23. November 2005  10 K 4333/03, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2006, 589; vom 19. September 2007  9 K 4047/06, [X.], 462).

5

2. Die Verfahrensunterbrechung hat zur Folge, dass eine gerichtliche Entscheidung, die in Unkenntnis der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergeht, nach § 249 Abs. 2 ZPO, der auch für die Entscheidungen des Gerichts gilt, ohne rechtliche Wirkung ist (vgl. [X.] vom 24. November 2010 IV B 136/08, [X.], 613, m.w.N.). Die gleichwohl ergangene Entscheidung ist aus Gründen der Rechtsklarheit aufzuheben ([X.] in [X.], 613).

6

3. Der Beschluss ergeht gerichtskostenfrei.

Meta

III B 73/11

22.11.2012

Bundesfinanzhof 3. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 8. März 2011, Az: 11 K 11148/10, Urteil

§ 155 FGO, § 240 ZPO, § 249 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.11.2012, Az. III B 73/11 (REWIS RS 2012, 1104)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1104

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Wird zitiert von

IX ZR 82/16

IX ZR 81/16

10 C 4/21

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