Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.02.2010, Az. 1 StR 623/09

1. Strafsenat | REWIS RS 2010, 9100

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Bestechlichkeit: Beseitigung der Indizwirkung des Regelbeispiels der gewerbs- und bandenmäßigen Begehung durch tragfähige Milderungsgründe


Tenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 6. April 2009 wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels und die durch dieses dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe

1

1. Das [X.] hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue in 140 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in 41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt und hiervon sechs Monate als vollstreckt erklärt. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist - wie der [X.] in seiner Antragsschrift vom 26. November 2009 zutreffend ausgeführt hat - wirksam auf die Einzelstrafen in den Fällen der Bestechlichkeit sowie die Gesamtstrafe beschränkt. Das allein auf die Sachrüge gestützte, vom [X.] nicht vertretene Rechtsmittel bleibt erfolglos.

2

2. Der überwiegend geständige, bislang nicht bestrafte Angeklagte war im Tatzeitraum (Oktober 2003 bis Ende August 2005) als Aufsichtsperson des Finanzamtes [X.] in der [X.]. eingesetzt. Nach den Feststellungen wirkte er unter Missachtung dieser Aufgabe mit mehreren Mitarbeitern der Spielbank bei der manipulativen Entnahme von - nach dem [X.] Spielbankengesetz steuerverhafteten - Geldern aus Spielautomaten zusammen. Hierfür erhielt er regelmäßig ein Fünftel des entnommenen Betrages, d.h. pro Tat zumeist 200,-- Euro und insgesamt gut 32.000,-- Euro.

3

3. In den Fällen der Bestechlichkeit hat das [X.] zwar das Regelbeispiel des § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB als verwirklicht angesehen, dessen Indizwirkung aber verneint und seiner Strafzumessung wegen der [X.] - ebenfalls gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande - begangenen Beihilfe zur Untreue (§ 266 Abs. 1 und 2, § 263 Abs. 3 Nr. 1, § 27 StGB) unter Beachtung des § 52 Abs. 2 Satz 2 StGB jeweils einen von sechs Monaten bis sieben Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmen zugrunde gelegt. Hiergegen bestehen im Ergebnis keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

4

4. Die Beschwerdeführerin beanstandet allerdings, das [X.] hätte den Strafrahmen des § 335 StGB und nicht denjenigen des § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB anwenden müssen. Sie meint, die vom [X.] herangezogenen Gründe für die Widerlegung der Indizwirkung des [X.] des § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB seien nicht tragfähig, zudem habe das [X.] die Systematik der drei für Bestechlichkeit vorgesehenen Strafrahmen verkannt. Beides trifft aber, wie der [X.] bereits in seiner Antragsschrift vom 26. November 2009 dargelegt hat, nicht zu. Der [X.] hebt ergänzend lediglich Folgendes hervor:

5

Die Indizwirkung eines verwirklichten [X.] kann durch entlastende Faktoren beseitigt werden. Die insofern gebotene Gesamtwürdigung hat das [X.] vorgenommen und sich hierbei auf insgesamt tragfähige Milderungsgründe gestützt.

6

Das [X.] hat die vom Angeklagten in jedem Einzelfall erzielten Vorteile vertretbar als "eher gering" eingestuft, nicht aber - worauf die Revision abhebt - als "geringwertig". Auf die etwa für § 248a StGB maßgebliche Geringwertigkeitsgrenze kommt es daher nicht an. Gleiches gilt für von der Revision als relevant angesehene Bestimmungen [X.] Beamtenrechts, weil dieses lediglich Grenzen für die Annahme von Zuwendungen in generell erlaubter oder jedenfalls genehmigungsfähiger Höhe vorsieht.

7

Den erheblichen Zeitraum zwischen den Taten und deren Verurteilung durfte das [X.] als der Indizwirkung des [X.] widerstreitenden Gesichtspunkt heranziehen.

8

Schließlich erweist sich auch die Bildung der Gesamtstrafe als rechtsfehlerfrei.

[X.]                            Wahl                               [X.]

                 [X.]                             [X.]

Meta

1 StR 623/09

23.02.2010

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hildesheim, 6. April 2009, Az: 25 KLs 4242 Js 9579/09, Urteil

§ 332 Abs 1 StGB, § 335 Abs 2 Nr 3 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.02.2010, Az. 1 StR 623/09 (REWIS RS 2010, 9100)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9100

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 623/09 (Bundesgerichtshof)


1 StR 386/11 (Bundesgerichtshof)


3 StR 598/08 (Bundesgerichtshof)


1 StR 386/11 (Bundesgerichtshof)

Konkurrenzen: Klammerwirkung für Untreuetaten durch Delikte der Bestechlichkeit in einer Vielzahl von Fällen


4 StR 657/10 (Bundesgerichtshof)

Bestechlichkeit: Tatbestandliche Handlungseinheit bei mehreren Vorteilsannahmen auf Grund einer Unrechtsvereinbarung


Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 623/09

017 KLs 2/21

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.