Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. I ZR 169/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1945

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I ZR 169/10
Verkündet am:

25. Oktober 2012

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Einwilligung in Werbeanrufe II
[X.] §§ 305 ff., 339; UWG § 7 Abs. 2 Nr. 2
a)
Die Vorschriften der §§
305
ff. [X.] finden auch Anwendung auf von Veranstaltern vorformulierte Erklärungen, die Verbraucher im Rahmen von Gewinnspielen abge-ben und mit denen sie ihr Einverständnis zu Werbeanrufen zum Ausdruck bringen.
b)
Eine Einwilligung ist nicht bereits deshalb unwirksam, weil sie im Rahmen einer vor-formulierten Erklärung abgegeben wurde, die der Kontrolle nach §§
305
ff. [X.] (im [X.] an [X.], Urteil vom 16.
Juli 2008
VIII
ZR
348/06, [X.]Z 177, 253 Rn.
29, 33
[X.]; Aufgabe von [X.], Urteil vom 27.
Januar 2000

I
ZR
241/97, [X.], 818 = [X.], 722
Telefonwerbung
VI; Urteil vom 2.
November 2000
I
ZR
154/98, [X.], 315).
c)
Eine Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie in Kenntnis der Sachlage und für den konkreten Fall erklärt wird. Dies setzt voraus, dass der Verbraucher hinreichend auf die Möglichkeit von Werbeanrufen hingewiesen wird und weiß, auf welche Art von Werbemaßnahmen und auf welche Unternehmen sich
seine Einwilligung bezieht.
[X.], Urteil vom 25. Oktober 2012 -
I ZR 169/10 -
KG Berlin

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 25.
Oktober
2012 durch [X.] Dr.
[X.] und [X.], [X.], [X.] und Dr. Löffler

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 5.
Zivilsenats des Kammer-gerichts vom 31.
August 2010 wird auf Kosten der Beklagten zu
1 zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, die [X.], ist eine qualifizierte Einrichtung im Sinne des §
4 [X.], die satzungsgemäß die Interessen der Verbraucher wahrnimmt.

Die Beklagte
zu
1
(nachfolgend: Beklagte), die gewerblich [X.] anbietet, hat
sich gegenüber der Klägerin
in einer
am 10.
April 2007
abgegebenen
Unterlassungserklärung verpflichtet,
es unter Übernahme einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden
Vertrags-strafe in Höhe von 2.000

sen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] ohne ihr vorheriges Einverständnis zu Wettbewerbszwecken anzurufen oder anrufen zu lassen.

1
2
-
3
-
Nach Annahme
der Unterlassungserklärung
durch die Klägerin
riefen bis Oktober 2007 in
mindestens
43
Fällen von der Beklagten
beauftragte [X.] bei Verbrauchern an, um
ihnen
Angebote für den Abschluss von Telefonverträgen zu unterbreiten. Die persönlichen Daten der angerufenen Per-sonen hatte
die Beklagte
von
[X.]
erworben; diese hatten die Daten mit Hilfe verschiedener
Internetgewinnspiele erhalten.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Anrufe durch die Mitarbeiter der [X.] seien ohne wirksames Einverständnis der angerufenen
Verbraucher
erfolgt. Auf der Grundlage von 50 Verstößen gegen die Unterlassungserklärung hat die Klägerin

soweit für das
Revisionsverfahren von Bedeutung

zunächst bean-tragt, die Beklagte zur Zahlung von
100.000

Zinsen zu verurteilen.

Die Beklagte
ist dem entgegengetreten und hat behauptet, die angerufe-nen Verbraucher hätten sich im Rahmen
der
Internetgewinnspiele
jeweils
mit
der Nutzung
ihrer
Daten auch
für Telefonmarketing
einverstanden erklärt.
Die Einwilligungen seien ohne
Einschränkung oder
dahingehend beschränkt erteilt worden, dass
Telefonmarketing durch den Veranstalter des Gewinnspiels sowie dessen Vertriebspartner, zu denen auch
die Beklagte
zähle,
erfolgen könne.

Das [X.] hat die Beklagte
zur Zahlung von 22.000

und den weitergehenden Antrag auf Zahlung der Vertragsstrafe abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte
entsprechend dem in der Berufungsinstanz
auf 43
Verstöße
eingeschränkten
Klageantrag verurteilt, an die Klägerin weitere 64.000

nebst Zinsen zu zahlen.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt
die Beklagte
die Wiederherstellung des landgericht-lichen Urteils.
3
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7
-
4
-
Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die Vertragsstrafe sei 43al verwirkt, so dass der von der Klägerin zuletzt in Höhe von 86.000

gemachte Zahlungsanspruch
gemäß §
339 Satz
2 [X.]
in voller Höhe begrün-det sei. Dazu hat es ausgeführt:

Unstreitig seien jedenfalls in 43
Fällen Verbraucher angerufen worden. Ein wirksames Einverständnis dieser Verbraucher habe die Beklagte
nicht nachweisen können, weil die
Einverständniserklärungen
wegen
eines [X.] gegen §
307 Abs.
1 [X.] unwirksam
seien.

Die
Vertragsstrafe
sei
43al verwirkt. Das
[X.]
habe
die Verstö-ße, die einem Datensatz aus einem Internetgewinnspiel zuzuordnen seien, zu Unrecht jeweils zu einer
Handlungseinheit zusammengefasst. Eine
Auslegung des Unterlassungsvertrages
ergebe, dass
jeder
Anruf einen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung darstelle.

Bereits der Wortlaut der Vereinbarung spreche gegen die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit, weil nicht die Unterlassung der Nutzung von Da-tenpaketen,
sondern des
Anrufens von Verbrauchern
geschuldet sei. Die Inter-essenlage
der Parteien
bestätige dieses
Ergebnis, weil die Vertragsstrafe so bemessen sein müsse, dass sich ein Verstoß nicht mehr lohne. Wenn alle [X.], deren Daten aus einem Datenpaket stammten, angerufen werden könnten und die Beklagte
damit nur eine Vertragsstrafe von 2.000

würde sie zu einem Massenverstoß ermutigt. Schließlich habe die Klägerin ein legitimes Interesse, die massiven Angriffe der Beklagten auf Verbraucherinter-essen zu unterbinden.
8
9
10
11
-
5
-

I[X.]
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Beklagte
die Vertragsstrafe in 43
Fällen verwirkt hat und der
Klägerin gegen die Beklagte
daher gemäß §
339
Satz
2 [X.] über die Verurteilung durch das [X.]
hinaus ein
Zahlungs-anspruch von weiteren 64.000

zuzüglich Zinsen
zusteht.

1.
Die Beklagte
hat unstreitig
zumindest in 43
Fällen nach
Abschluss
der Unterlassungsvereinbarung bei Verbrauchern zu Zwecken des Wettbewerbs an-rufen
lassen. Diese
Anrufe erfolgten ohne Einverständnis der Verbraucher.

a) Hinsichtlich eines Teils der Anrufe
ergibt sich
das Fehlen einer Einwilli-gung bereits daraus, dass die
im Rahmen von Gewinnspielen abgegebenen Erklärungen
der Verbraucher nach dem Vortrag der Beklagten
gelöscht wurden und die Vorinstanzen
den Vortrag der Beklagten insoweit
von der
Revision
unbeanstandet

zu Recht als unsubstantiiert zurückgewiesen
haben.

b) Entgegen der Ansicht der
Revision
sind auch die weiteren [X.] unwirksam, weil sie
einer Kontrolle gemäß §§
305
ff. [X.] nicht standhalten.

[X.]) Das Berufungsgericht
ist
zu Recht davon ausgegangen, dass die [X.] der §§
305
ff. [X.] auch auf die durch die jeweiligen Veranstalter vor-formulierten Einverständniserklärungen, die im Rahmen von Gewinnspielen abgegeben wurden, Anwendung finden.

Die Veranstaltung eines Preisausschreibens oder Gewinnspiels ist ein
Unterfall der Auslobung (§§
661, 657 [X.]). Zwar handelt es sich dabei um ein einseitiges Rechtsgeschäft ([X.], Urteil vom 23.
September 2010 12
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-
6
-

III
ZR
246/09, [X.]Z 187, 86 Rn.
12, [X.]). Dennoch unterliegen Einwilligun-gen
in Telefonwerbung, die im
Zusammenhang mit
Preisausschreiben oder [X.] erteilt werden, der Kontrolle nach den
§§
305
ff. [X.].

Allerdings stellen allgemeine Bestimmungen, die der Verwender bei eige-nen einseitigen Rechtsgeschäften trifft, grundsätzlich keine nach §§
305
ff. [X.] kontrollfähigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne von §
305 Abs.
1 [X.] dar, weil der Verwender regelmäßig nicht fremde, sondern ausschließlich eigene rechtsgeschäftliche Gestaltungsmacht in Anspruch nimmt ([X.]Z 187, 86 Rn.
23 [X.]). Dies ist
bei einem
Preisausschreiben etwa für die in der [X.] aufgestellten Regeln
zum
Ablauf der Verlosung
anzunehmen.

Anders verhält es sich jedoch, soweit es um eine
vorformulierte und vom Veranstalter vorgegebene Einwilligungserklärung für Werbeanrufe
geht. Sie ist der Kontrolle nach den §§
305
ff. [X.] unterworfen. Denn sie betrifft
nicht ledig-lich die Regelung der "eigenen Verhältnisse"
des Veranstalters, sondern
greift
in
die geschützten Rechtspositionen Dritter ein
(vgl. [X.]Z 187, 86 Rn.
24). Bei der von seinem Kunden abzugebenden Erklärung
nimmt der Verwender
die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit für sich ebenso in Anspruch wie bei der Vorformulierung eines Vertragstextes, wobei der Kunde lediglich entscheiden kann, ob er die Erklärung abgeben will, auf ihren Inhalt aber keinen Einfluss hat (vgl. [X.], Urteil vom 16.
März 1999
XI
ZR
76/98, [X.]Z 141, 124, 126;
Urteil vom 27.
Januar 2000
I
ZR
241/97, [X.], 818, 819 = [X.], 722

Telefonwerbung VI).

Nach der Rechtsprechung des [X.]
sind die §§
305
ff.
[X.] auf
vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des anderen Teils anzuwenden, die
im Zusammenhang mit einer Sonderverbindung
stehen
(vgl. [X.]Z 141, 124, 126; [X.], [X.], 818, 819
Telefonwerbung
VI).
18
19
20
-
7
-
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Geltung der §§
305
ff. [X.] im [X.] nicht etwa deswegen ausgeschlossen, weil es an einem solchen Zusam-menhang fehlt. Mit
der Teilnahme an einem Gewinnspiel
ist
ein Rechtsverhältnis verbunden, aus dem Pflichten hinsichtlich der sorgfältigen und ordnungsgemä-ßen Durchführung des Spiels sowie des Schutzes der persönlichen Daten der Teilnehmer erwachsen.
Hierin
liegt
neben dem einseitigen Rechtsgeschäft des Preisausschreibens als solchem

eine
schuldrechtliche Sonderverbindung, die
jedenfalls
ein vertragsähnliches Verhältnis begründet
und es

zumal mit Blick auf den gebotenen Schutz der Rechtsgüter der Beteiligten

rechtfertigt, vom Veranstalter vorgegebene Erklärungen, wenn sie im
Zusammenhang mit dem Gewinnspiel abgegeben werden, der AGB-Kontrolle nach
den
§§
305
ff. [X.] zu unterziehen
(vgl. [X.]Z 187, 86 Rn.
24). Dabei kommt es nicht darauf an, ob für die an dem Gewinnspiel interessierten
Verbraucher der Eindruck entsteht, ohne Einwilligung in die Telefonwerbung sei eine Spielteilnahme nicht möglich ([X.], NJW 2011, 466).

bb) Die Einwilligungen sind
allerdings nicht
schon
deshalb unwirksam, weil sie im
Rahmen einer vorformulierten Erklärung abgegeben wurden, die der Kontrolle nach
den
§§
305
ff. [X.] unterliegt.
Art.
13 Abs.
3
der Richtlinie 2002/58/[X.] (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) setzt [X.], dass eine Einwilligung in Werbeanrufe grundsätzlich möglich ist. Die Mit-gliedst[X.]ten
müssen danach zwar Telefonteilnehmer vor Werbeanrufen
schüt-zen, indem sie deren
Zulässigkeit
entweder
davon abhängig machen, dass der betreffende Teilnehmer
dafür eine
Einwilligung
erteilt
(sog. "[X.]") oder
ihnen
nicht widerspricht
(sog. "Opt-out-Lösung").
Ein vollständiges Verbot ist dagegen nicht vorgesehen. Der [X.] Gesetzgeber hat in §
7 Abs.
2 Nr.
2 Fall
1
UWG die [X.] umgesetzt (vgl. Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks.
15/1487, S.
21). Diese Vorschrift wirkt sich aber nur
dann nicht als faktisches Verbot jeder Telefonwerbung im privaten 21
-
8
-
Bereich aus, wenn eine im modernen Geschäftsleben praktikable Möglichkeit besteht, die Einwilligung zu erhalten. Das setzt voraus, dass die
Einwilligung grundsätzlich
auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam
erteilt
wer-den
kann
(vgl.
etwa
MünchKomm.UWG/[X.], §
7 Rn.
113; [X.]/Seichter, [X.], 699, 704
f.; [X.],
[X.], 495, 497,
je [X.]). Davon geht auch die jüngere Rechtsprechung des [X.]
zur E-Mail-Werbung aus (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Juli 2008
VIII
ZR
348/06, [X.]Z 177, 253 Rn.
29, 33). Soweit früheren Entscheidungen
des Senats etwas Abweichendes ent-nommen werden kann
(vgl. [X.], Urteil vom 27.
Januar 2000
I
ZR
241/97, [X.], 818
= [X.], 722
Telefonwerbung
VI; Urteil vom 2.
November 2000
I
ZR
154/98, [X.], 315), wird daran nicht festgehal-ten.

[X.]) Im Streitfall erfüllen die Einverständniserklärungen aber nicht die Vor-aussetzungen des §
7 Abs.
2 Nr.
2 Fall
1
UWG. Das
Berufungsgericht
hat des-halb ohne Rechtsfehler angenommen, sie seien als unangemessene Benachtei-ligung
der Verbraucher
gemäß §
307 Abs.
1 [X.] unwirksam.

(1) Da mit §
7 Abs.
2 Nr.
2 Fall
1
UWG
die Bestimmung des
Art.
13 der Richtlinie 2002/58/[X.] (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) umgesetzt
wurde, ist der Begriff der "Einwilligung"
richtlinienkonform
zu bestim-men (ebenso [X.] in [X.]/[X.], UWG, 30.
Aufl.,
§
7 UWG Rn.
149;
Koch in jurisPK-UWG, 3.
Aufl., §
7 Rn.
220; [X.] in [X.]/[X.], UWG, §
7 Rn.
61). Art.
2 Satz
2 Buchst.
f der Richtlinie 2002/58/[X.] verweist für die Definition der Einwilligung auf Art.
2 Buchst.
h der Richtlinie 95/46/[X.] zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbe-zogener Daten und zum freien Datenverkehr. Danach ist Einwilligung "jede [X.], die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt"
(vgl. [X.], Urteil vom 17.
Juli 2008
I
ZR
75/06, [X.], 22
23
-
9
-
923 Rn.
16 = WRP 2008, 1328
Faxanfrage im Autohandel
zu §
7 Abs.
2 Nr.
3 UWG).

(2) Eine Einwilligung wird "in Kenntnis der Sachlage"
erteilt,
wenn
der
Verbraucher
weiß, dass seine Erklärung
ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.]O §
7 Rn.
149b). Die [X.] erfolgt für den konkreten Fall, wenn
klar wird, welche
Produkte
oder Dienstleistungen
welcher Unternehmen sie konkret erfasst (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.]O §
7 Rn.
149c). Eine wirksame Einwilligung kann
danach
auch durch Ankreuzen einer entsprechend
konkret
vorformulierten Erklärung erteilt werden,
wenn sie in einem gesonderten Text oder Textabschnitt ohne anderen Inhalt enthalten ist. Liegt eine wirksame Einwilligung vor,
ist
unerheb-lich, ob das Unternehmen selbst oder von ihm eingeschaltete Beauftragte den Werbeanruf ausführen.

(3) Diese
für die Wirksamkeit einer Einwilligung
bestehenden Anforderun-gen sind, wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf das [X.] festgestellt hat, im Streitfall bei
keinem
der 43 unstreitigen Anrufe erfüllt. Denn die Einwilligungen der Verbraucher, die den Kreis der möglichen werbenden Anrufer nicht oder jedenfalls nicht abschließend
festlegen und die zu
bewerben-den
Produkte
oder Dienstleistungen in keiner Weise bestimmen,
sind
nicht
"für den konkreten Fall"
erteilt worden.

Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die Darlegungen der Beklag-ten zu den bei [X.] erteilten Einwilligungen den Anforderungen genügen, die der Senat in
seiner
Entscheidung Double-opt-in-Verfahren
(Urteil vom 10.
Februar 2011

I
ZR
164/09, [X.], 936 Rn.
31
ff. = [X.], 1153) aufgestellt hat.

24
25
26
-
10
-
2. Die Annahme des [X.], die Zuwiderhandlungen
gegen die Unterlassungsverpflichtung seien
schuldhaft erfolgt, wird von der Revision
nicht angegriffen. Auch ein Rechtsfehler
ist insoweit
nicht ersichtlich.

3. Ohne Erfolg wendet sich
die Revision gegen die Auslegung der [X.] Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten durch
das Beru-fungsgericht.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die [X.] sei dahin auszulegen, dass jeder Werbeanruf bei einem [X.] einen selbständigen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung darstelle. Insbesondere könnten
die festgestellten
43 Anrufe
weder ganz noch
teilweise zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden.

b) Diese
Auslegung der
Unterlassungsverpflichtungserklärung
durch das Berufungsgericht hält rechtlicher
Nachprüfung stand.

In der Revisionsinstanz unterliegt die Auslegung individueller
Vertrags-strafevereinbarungen
nur insoweit der Nachprüfung, als gesetzliche [X.], Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften ver-letzt sind ([X.], Urteil vom 17.
Juli 2008
I
ZR
168/05, [X.], 181 Rn.
29 = [X.], 182
Kinderwärmekissen, [X.]). Entgegen der Ansicht der Revi-sion widerspricht die Auslegung des [X.] nicht anerkannten Aus-legungsgrundsätzen.

[X.]) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass [X.] nach den auch sonst für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen auszulegen sind. Maßgebend ist demnach der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§
133, 157 [X.]), bei dessen Ermittlung neben dem Erklä-27
28
29
30
31
32
-
11
-
rungswortlaut die beiderseits bekannten Umstände wie insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, deren Zweck, die Wett-bewerbsbeziehung zwischen den Vertragsparteien sowie deren Interessenlage heranzuziehen sind (vgl. [X.], [X.], 181 Rn.
32
Kinderwärmekissen, [X.]). Die Entscheidung, ob nach dem Inhalt des [X.] mehrere Verstöße zu einer rechtlichen Einheit zusammenzufassen sind, kann

auch nach Ansicht der Revision

nicht in Anwendung eines etwa vorgegebenen Rechtsbegriffs der fortgesetzten Handlung beantwortet werden (vgl. [X.], Urteil vom 25.
Januar 2001
I
ZR
323/98, [X.]Z 146, 318, 324

Trainingsvertrag).

bb)
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Wortlaut der Unterlassungsvereinbarung keinen Anhaltspunkt dafür gibt, die Datensätze nach den zugrundeliegenden [X.] zu gliedern und die Verstöße in entsprechenden, den jeweiligen Gewinnspielen zuzuordnenden Gruppen zu-sammenzufassen. Das Berufungsgericht hat sich dabei davon leiten lassen, dass die Vereinbarung darauf gerichtet ist, Telefonanrufe und nicht die Nutzung von Datensätzen zu unterlassen. Dies lässt entgegen der Ansicht der Revision keinen Verstoß gegen Denkgesetze oder Auslegungsgrundsätze erkennen.

[X.]) Soweit die
Revision
geltend macht, die Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtungserklärung könne allenfalls in der Beauftragung des jeweiligen Callcenters bestehen und nicht in den
Anrufen
als solchen, legt sie gleichfalls keinen
Rechtsfehler
dar. Da die Anrufe durch die [X.] gemäß §
278 [X.] der Beklagten zuzurechnen sind, mussten sie dem Berufungsgericht keinen Anlass geben, die Zuwiderhandlungen entsprechend den jeweils [X.] zusammenzufassen.

33
34
-
12
-

dd)
Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die
Beurteilung
der beiderseitigen Interessenlage
durch das Berufungsgericht.
Das Berufungsge-richt hat insbesondere das Interesse der Klägerin an einer wirksamen Abwehr zukünftiger Verstöße und das Interesse der
Beklagten, durch die Unterlas-sungserklärung die durch die Erstbegehung indizierte Wiederholungsgefahr zu beseitigen (vgl. [X.]Z 146, 318, 325
f.
Trainingsvertrag), in die Auslegung einbezogen. Rechtlich nicht zu beanstanden ist die Beurteilung
des Berufungs-gerichts, die
Höhe der Vertragsstrafe von 2.000

m-fangs eines Datenpakets und des Umstands, dass lediglich eine geringe Zahl von
Verstößen der Klägerin bekannt werde, gegen eine Zusammenfassung der einzelnen Anrufe zu einem Verstoß, auch wenn der Klägerin durch die Anrufe kein eigener Schaden drohe.

ee) Für die Auslegung des
[X.]
spricht zudem, dass sich
die Beklagte
bei der Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung [X.] war, auch in Zukunft jeweils größere Datenpakete
für ihre Werbung
zu nutzen. Die Revisionserwiderung
macht außerdem
zutreffend geltend, dass
dann, wenn ein auf ein Datenpaket aus einem bestimmten Gewinnspiel gestütz-ter Auftrag zur Durchführung einer Vielzahl von Werbeanrufen nur als ein [X.] bewertet würde, die einheitliche Beauftragung für zahlreiche
unzulässige
Anrufe und damit ein besonders hartnäckiger Verstoß gegen die [X.] privilegiert würde.
Ein in dieser Weise auszulegendes Vertrags-strafeversprechen könnte schwerlich die Wiederholungsgefahr entfallen lassen und läuft damit Gefahr, das von den Parteien verfolgte Ziel zu verfehlen
(vgl. [X.]Z 146, 318, 327
Trainingsvertrag).

ff) Auch soweit die Revision
einwendet, durch die Nutzung von zahlrei-chen Daten könne eine Vertragsstrafe in erheblicher Höhe verwirkt
werden, be-35
36
37
-
13
-
gründet dies keinen Auslegungsfehler des [X.]. Vielmehr ist die Vertragsstrafe, sollte sie

was die Revision
nicht geltend macht

in einem au-ßerordentlichen Missverhältnis zu der Bedeutung der Zuwiderhandlung stehen,
auf ein Maß zu reduzieren, das ein Eingreifen des Gerichts
nach §
242 [X.]
noch nicht rechtfertigen würde (vgl. [X.], [X.], 181 Rn.
41
Kinder-wärmekissen).
Dadurch wird auch den Anforderungen der Art.
12 und 14 GG entsprochen.

II[X.] Die Revision der Beklagten ist danach zurückzuweisen. Die Kosten-entscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

[X.]
Pokrant
Kirchhoff

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.09.2009 -
15 [X.]/08 -

KG Berlin, Entscheidung vom 31.08.2010 -
5 [X.]/09 -

38

Meta

I ZR 169/10

25.10.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. I ZR 169/10 (REWIS RS 2012, 1945)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1945

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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