Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2015, Az. VI ZR 328/11

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 11250

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI ZR 328/11

Verkündet am:

12. Mai 2015

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
ArzneimittelG § 84, § 84 Abs. 1 Satz 2; ZPO § 286 (A)

a) Wer nach § 84a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] Auskunft begehrt, muss [X.] darlegen und gegebenenfalls beweisen, die die Annahme begrün-den, dass ein Arzneimittel den Schaden verursacht hat. Diese Tatsachen müssen die Ursächlichkeit des Arzneimittels für den Schaden des [X.] plausibel erscheinen lassen.

b) Im Auskunftsverfahren muss nicht Beweis erhoben werden über Tatsachen, die den Inhalt des Auskunftsanspruchs betreffen und auf deren Kenntnis der Auskunftbegehrende zur Prüfung möglicher Ansprüche angewiesen ist.

c) [X.], für die der pharmazeuti-sche Unternehmer die volle Darlegungs-
und Beweislast trägt, ist nur dann erheblich, wenn er gegen die Ansprüche nach beiden Alternativen des § 84 Abs. 1 Satz 2 [X.] durchgreift.

[X.], Urteil vom 12. Mai 2015 -
VI ZR 328/11 -
KG Berlin

[X.]

-

2

-

Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2015 durch den Vorsitzenden [X.],
den [X.] [X.], die [X.]innen Diederichsen
und
von
Pentz und den [X.] Offenloch
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Kammerge-richts vom 30.
August 2011 wird auf Kosten der [X.] zurück-gewiesen.
Von Rechts
wegen

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte, ein pharmazeutisches Unternehmen, wegen einer Nebenwirkung des von der [X.] vertriebenen Arzneimittels [X.] (ein [X.]) gemäß §
84 [X.] auf Zahlung von Schmerzens-geld in Anspruch und
begehrt die Feststellung der Verpflichtung der [X.] zum Schadensersatz.
Während
der im Jahre 2004 bis Juni 2006 ärztlich ver-ordneten Anwendung von [X.] kam es bei der Klägerin, die als Diabetikerin bereits zuvor langjährig mit einem anderen [X.] behandelt worden war, zu einer Lipoatrophie (Schwund des subkutanen Fettgewebes im Bereich der Einstichstellen). Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist der von der Klägerin im Wege der objektiven Klagehäufung geltend gemachte [X.] gemäß §
84a [X.] hinsichtlich von Nebenwirkungen und weite-ren Wirkungen des Arzneimittels [X.], soweit sie eine Lipoatrophie betref-fen.

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3

-

Das Landgericht hat der [X.] durch Teilurteil stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung
der [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begeh-ren auf Abweisung der [X.] weiter.
Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 6.
Mai 2013 (veröffentlicht in [X.], 904)
das Verfahren ausgesetzt und die Frage zur Auslegung des Art.
13 der Richtlinie 85/374/[X.] des Rates vom 25.
Juli 1985 zur Anglei-chung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ABl. EG L
210 S.
29; künftig: Richtlinie
85/374/[X.]) zur Vorabentscheidung nach Art.
267 AEUV dem [X.]
vorgelegt.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs gemäß §
84a [X.] für gegeben. Unstreitig habe die Klägerin das Medikament [X.] verwendet. In zeitlichem Zusammenhang mit der Verwendung sei die Lipoatrophie eingetreten. Streitig sei, ob die weiteren Voraussetzungen für eine Haftung nach
§
84 Abs.
1 Satz
2 [X.] hinreichend dargelegt seien, nämlich,
dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen habe, die über ein nach den Er-kenntnissen der [X.] hinausgingen, oder der Schaden infolge einer unzureichenden Kennzeichnung in der [X.] eingetreten sei. Auch sei ungeklärt, inwieweit diese Voraussetzungen bereits im Auskunftsverfahren von dem Anwender bewiesen werden müssten.
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4

-

Die Beklagte könne nicht mit der Auffassung durchdringen, dass ein [X.] gemäß §
84 Abs.
1 [X.] bereits deshalb nicht in Betracht komme, weil jedes Insulin das
Nebenwirkungsrisiko der Lipoatrophie aufweise
und die Kläge-rin mangels einer Alternative und in Kenntnis der Nebenwirkungsmöglichkeit das Arzneimittel [X.] verwendet habe. Die Klägerin behaupte nämlich, dass das Mittel [X.] aufgrund seiner konkreten Zusammensetzung eine höhere [X.] habe als andere Insuline und dadurch das übliche Risiko gesteigert sei. [X.] habe nach ihrem Vorbringen ein Nebenwirkungsrisiko, das bereits nach der Risiko/[X.] nicht vertretbar gewesen sei. Sei dies der Fall gewesen, hätte darauf
in der Gebrauchsinformation hingewiesen werden müssen.
Ohne Erfolg mache die Beklagte geltend, ein Schadensersatzanspruch sei ausgeschlossen, weil die Klägerin bereits die bestimmungsgemäße Ver-wendung des Insulins nicht dargelegt habe und somit die Voraussetzungen
für die
Vermutung der
Ursächlichkeit der Medikamentenanwendung für den Scha-den nach §
84 Abs.
2 Satz
1 [X.] nicht gegeben seien. Die Klägerin könne auch bei einem Verwendungsfehler immer
noch mittels der Darlegung einer schädlichen Zusammensetzung die Voraussetzungen des §
84 Abs.
1 [X.] vortragen und gegebenenfalls unter [X.] stellen. Hierzu benötige sie die begehrte Auskunft. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Umstände, insbesondere der Ausführungen der Klägerin zu den Injektionsvor-gängen unter Verwendung von Kanülen,
erscheine es jedenfalls möglich, dass die konkrete Zusammensetzung des Mittels [X.] die Schäden verursacht habe. Es sei der zeitliche Zusammenhang des aufgetretenen
Schadens mit der Umstellung auf [X.] zu berücksichtigen. Die Klägerin habe vorher bereits jahrelang
mehrfach täglich Insulin spritzen müssen, ohne dass Nebenwirkungen in Form der Lipoatrophie aufgetreten seien. In diesem Zusammenhang sei von Bedeutung, dass es sich bei [X.] um ein gerade neu entwickeltes syntheti-5
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sches Insulin gehandelt habe, während zuvor menschliches oder tierisches In-sulin verwendet worden sei.
Die Klägerin habe die im [X.] hinreichend unter Beweis gestellt. Der Anwender müsse noch nicht im Auskunftsverfahren beweisen, dass er das [X.] bestimmungsgemäß verwendet habe, wenn diese Frage nur mittels einer sachverständigen
Begutachtung erfolgen könne. Das sei
mit dem Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs, dem Anwender Chancengleichheit bei der möglichen Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs durch die [X.] der nötigen,
ihm nicht zugänglichen Erkenntnisse zu gewähren,
nicht zu vereinbaren. Im vorliegenden Fall sei streitig, ob eine Mehrfachverwendung von Kanülen vorliege.
Dagegen sprächen zwar Stellungnahmen
der die Klägerin behandelnden Ärzte.
Wegen des Bestreitens der [X.] sei aber zur [X.] ein Sachverständigengutachten
erforderlich. In der Gebrauchsanweisung werde bisher nicht darauf hingewiesen, dass eine Mehrfachverwendung der Kanülen auch zu einer Lipodystrophie als Oberbegriff der Lipoatrophie und der Lipohypertrophie führen könne. Hingewiesen werde nur auf das Risiko
eines nicht regelmäßigen Wechsels der [X.]. Nur durch eine Begutach-tung lasse sich außerdem klären, ob
-
was die Beklagte geltend mache
-
die aufgetretenen Gewebeveränderungen auf
anderen Ursachen beruhten. Eine derartige umfassende Begutachtung setze gerade die Erteilung der Auskunft über die Zusammensetzung des Medikaments und die Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit der Anwendung des Medikaments von Bedeutung sein könnten, voraus. Für das Auskunftsverfahren könne danach noch nicht die vollständige Beweisführung verlangt werden.

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6

-

II.
Die Revision
der [X.] ist unbegründet.
1. Gegen den in §
84a [X.] geregelten Auskunftsanspruch bestehen keine europarechtlichen Bedenken. Der [X.] hat im Urteil vom 20.
November 2014 die Vorlagefragen
des Senats
dahinge-hend beantwortet, dass die Richtlinie 85/374/[X.] dem Auskunftsanspruch nach §
84a
[X.] nicht entgegensteht, weil weder dieser Anspruch noch der Umfang der Auskünfte, die der Verbraucher vom Hersteller des Produkts ver-langen könne, als solche Gegenstand der Bestimmungen der Richtlinie 85/374/[X.]
seien
([X.], Urteil vom 20.
November 2014 -
C-310/13, [X.], 499
Rn.
25
ff.
-
Novo Nordisk Pharma).
Eine nationale Regelung, die ei-nen Anspruch des Geschädigten auf Auskünfte über Nebenwirkungen
des be-treffenden Produkts vorsehe, könne ihm zwar helfen, die erforderlichen Bewei-se beizubringen, die es ihm ermöglichten, den Hersteller in Haftung zu nehmen. Sie solle das erhebliche Ungleichgewicht beheben,
das hinsichtlich des [X.] zu Informationen über ein Produkt zwischen dem Hersteller des Produkts und dem Verbraucher zu dessen Ungunsten bestehe. Eine solche nationale Regelung vermöge jedoch nicht zu einer Umkehr der beim Geschädigten
liegenden Beweislast zu führen und ändere die in Art.
7 der Richtlinie 85/374/[X.]
vorgesehenen Voraussetzungen für die Freistellung des [X.] von der Haftung nicht. Unter diesen Umständen gehöre der Anspruch des Verbrauchers auf Auskünfte des Herstellers eines Produkts über dessen Ne-benwirkungen nicht zu den von der Richtlinie 85/374/[X.]
geregelten Punkten und falle daher nicht in ihren Anwendungsbereich. Die Vorschrift des §
84a
[X.] stelle auch im Übrigen
nicht die Wirksamkeit der von der Richtlinie vorge-sehenen Regelung sowie die vom Unionsgesetzgeber mit ihr verfolgten Ziele in Frage.
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7

-

2. Nach §
84a Abs.
1 [X.] kann der Geschädigte von dem [X.] Unternehmer Auskunft über die diesem bekannten Wirkungen, Neben-wirkungen und Wechselwirkungen sowie die ihm bekannt gewordenen [X.] von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen und sämtliche weite-ren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkun-gen von Bedeutung sind, verlangen. Die Vorschrift des § 84a [X.] verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele. Zum einen bezweckt sie die prozessuale Chancen-gleichheit, weil der Geschädigte in aller Regel den Weg des angewandten [X.] von der ersten Forschung über die Erprobung bis zu dessen konkre-tem Herstellungsprozess nicht überschauen kann, während die [X.] Unternehmen -
insbesondere zur Frage der Vertretbarkeit ihrer Arznei-mittel -
den jeweiligen Erkenntnisstand dokumentiert zur Verfügung haben. Im Hinblick darauf hielt es der Gesetzgeber für angebracht, dem Geschädigten die zur Geltendmachung der ihm zustehenden Ansprüche notwendigen Tatsachen zugänglich zu machen, um ihn in die Lage zu versetzen, im Einzelnen zu [X.], ob ihm ein Anspruch aus Gefährdungshaftung zusteht. Zum anderen soll der Auskunftsanspruch die beweisrechtliche Stellung des Geschädigten im [X.] stärken. Der Geschädigte soll in die Lage versetzt werden, alle Fakten zu erlangen, die für die von ihm [X.] und zu beweisenden Anspruchsvoraussetzungen notwendig sind oder die er braucht, um die Kausali-tätsvermutung des §
84 Abs.
2 [X.] in Gang zu setzen (Senatsurteile vom 29.
März 2011 -
VI
ZR 117/10, [X.]Z 189, 79 Rn.
9 und vom 26. März 2013 -
VI
ZR 109/12, [X.], 1000 Rn.
39; siehe auch BT-Drucks. 14/7752, [X.]). Der Auskunftsanspruch
ist gegeben, wenn
Tatsachen vorliegen, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel den Schaden verursacht hat, es sei denn, die Auskunft ist zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach §
84 [X.] besteht, nicht erforderlich

84a Abs.
1 Satz
1 [X.]).
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8

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a) Das Berufungsgericht ist in revisionsrechtlich unbedenklicher Weise zum Ergebnis gelangt, es lägen Tatsachen vor, die die Annahme begründen, dass das Medikament der [X.] bei der Klägerin einen Schaden verursacht hat
(§ 84a Abs. 1 Satz
1 Halbsatz 1 [X.]).

aa) Zur Begründung eines Auskunftsanspruchs muss der Anspruchsteller nach §
84a Abs.
1 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] nicht den
Vollbeweis für den
Kausali-tätszusammenhang
zwischen der Anwendung des Medikaments und dem [X.] des Schadens führen; andererseits
reicht die Äußerung des unbestimmten Verdachts, dass die Einnahme eines Medikaments für einen Gesundheitsscha-den ursächlich geworden ist, zur Begründung des Auskunftsanspruchs nicht aus
(Senatsurteil vom 29. März 2011 -
VI
ZR 109/12, aaO Rn.
36; BT-Drucks. 14/7752, [X.]). Andernfalls würde der Anspruch auf eine Ausforschung des Unternehmers hinauslaufen, was durch §
84a [X.] nicht ermöglicht werden soll. Die vom Anspruchsteller vorgetragenen und erforderlichenfalls zu bewei-senden Tatsachen ([X.], NJW 2007, 3584, 3585;
[X.]/[X.] in Kü-gel/[X.][X.], [X.], §
84a Rn.
11 f.; [X.] in [X.]/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2.
Aufl., §
27 Rn.
140, 143; [X.] in Dieners/[X.], Handbuch des [X.], §
13 Rn.
71;
[X.], [X.] 2005, 35, 36; [X.], Die Informationsrechte geschädigter Arzneimittelverbrau-cher, [X.]) müssen nach dem Wortlaut des Gesetzes
"die Annahme begrün-den", dass durch die Anwendung des Arzneimittels die aufgetretene Gesund-heitsbeeinträchtigung verursacht worden ist. Dem [X.] wird von §
84a Abs.
1 Satz 1 [X.] eine Plausibilitätsprüfung aufgetragen, ob die vorgetragenen [X.] den Schluss auf eine Ursache/Wirkung-Beziehung zwischen dem vom auf Auskunft in Anspruch genommenen Unternehmer in Verkehr gebrachten Arzneimittel und dem individuellen Schaden des auskunftersuchenden [X.] ergeben (Senatsurteil vom 26. März 2013 -
VI
ZR 109/12, [X.], 1000 Rn.
36 mwN). Wer nach §
84a Abs.
1 Satz 1 [X.] Auskunft begehrt, 12
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muss nach
Halbsatz 1 zunächst
in einem ersten Schritt
Tatsachen darlegen und gegebenenfalls beweisen, die eine solche Annahme begründen können ([X.], NJW 2007, 3584, 3585; [X.]/[X.] in [X.]/[X.][X.], [X.], §
84a Rn.
11 f.; [X.] in [X.]/[X.]/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2.
Aufl., §
27 Rn.
140, 143; [X.] in Dieners/[X.], Handbuch des [X.], §
13 Rn.
71; [X.], [X.] 2005, 35, 36; [X.], Die Informationsrechte geschädigter Arzneimittelverbraucher, [X.]). Diese Tatsachen müssen so-dann in einem zweiten Schritt die Ursächlichkeit des Arzneimittels für den Schaden des Anwenders plausibel erscheinen lassen. Das Erfordernis, dass die (Mit-)Verursachung des Schadens durch das Arzneimittel plausibel sein muss, stellt geringere Anforderungen an das Maß der Überzeugung des Tatrichters als der Vollbeweis
(vgl. [X.], NJW-RR 2011, 1319, 1321; Hie-ke, [X.] 2005, 35, 36; [X.], Die Informationsrechte geschädigter Arznei-mittelverbraucher, S. 336 f.; [X.] in Dieners/[X.], aaO Rn.
64; [X.]/[X.] in [X.]/[X.][X.], aaO Rn.
14; [X.] in [X.]/Fleischfresser, aaO Rn.
140, 143; [X.]/[X.], [X.], §
84a Anm.
2 [Stand: 92. Ergänzungslieferung 2004]).

bb) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgegangen.
(1) Die tatrichterliche Beweiswürdigung
im Rahmen der Plausibilitätsprü-fung nach §
84a Abs.
1 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] unterliegt nur einer einge-schränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. [X.] [X.] ist, soweit entsprechende Fehler gerügt werden (§
559 Abs.
2 ZPO), ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den [X.] umfas-send und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also voll-ständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfah-rungssätze verstößt
(st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteil vom 20. Mai 2014 -
VI
ZR 13
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187/13, [X.], 1130, Rn.
28 mwN). Dies gilt
im Rahmen des §
84a Abs.
1 Satz 1 Halbs.
1 [X.] nicht nur hinsichtlich der vom Tatrichter festgestellten [X.],
sondern auch in Bezug auf die Plausibilitätsprüfung,
obwohl diese ge-ringere Anforderungen an das Maß der Überzeugung des Tatrichters stellt. Sie ist vom Revisionsgericht nicht nach anderen Maßstäben zu überprüfen als die Überzeugungsbildung für das Beweismaß des §
286 ZPO oder des §
287 ZPO (vgl. zu §
287 ZPO Senatsurteile vom 13. August 2013 -
VI
ZR 389/12, [X.], 1274 Rn.
13; vom 24. Juni 2008 -
VI
ZR 234/07, [X.], 1370 Rn.
18; vom 19. April 2005 -
VI
ZR 175/04, [X.], 945, 946).

(2)
Den genannten Anforderungen wird das Berufungsurteil gerecht.
(a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kam es während der Anwendung des von der [X.] vertriebenen [X.] bei der Klägerin an den Einstichstellen der Kanülen zu erheblichen ge-sundheitlichen Beeinträchtigungen in Form einer Lipoatrophie. Dass eine solche Nebenwirkung bei der Anwendung von [X.] möglich ist, stellt die Beklagte nicht in Abrede. [X.] ist nicht zu beanstanden, dass das [X.] darüber hinaus
einen [X.] zwischen der Verwendung des Medikaments und der eingetretenen Lipoatrophie für plausibel gehalten
hat. Es hat sich insbesondere auf den engen zeitlichen Zusammen-hang zwischen der Medikamentenanwendung
und
dem
Auftreten der gesund-heitlichen Folgeerscheinungen sowie
den Umstand gestützt, dass diese Folge-erscheinungen vor der Umstellung auf das synthetische Insulin der [X.] nicht aufgetreten waren. Gerade der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Medikamenteneinnahme und dem
Auftreten gesundheitlicher Beeinträchti-gungen stellt einen bedeutsamen Umstand im Rahmen der Plausibilitätsprüfung dar (vgl. [X.] in Dieners/[X.], aaO Rn.
66; [X.] in [X.], [X.], Nr.
243 Rn.
71 (Stand: Februar 2011); [X.] in Fuhr-15
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mann/[X.]/Fleischfresser, aaO Rn.
145; [X.]/[X.] in [X.]/[X.][X.], aaO Rn.
12; [X.] in Kullmann/[X.]/[X.]/[X.], Produzentenhaftung, 3812, S.
21 (Stand: März 2013); [X.], [X.] 2005, 35 f.; [X.], [X.] 2007, 232, 235; KG, aaO, 209; LG
Köln, aaO; [X.], aaO, 1322; [X.], Die Informationsrechte geschädigter Arzneimittelverbraucher, S.
335).
Dabei kommt im Streitfall hinzu, dass bei der Klägerin trotz der langjährigen Einnahme menschlicher oder tierischer Insuline die
Nebenwirkung in Form der Lipoatro-phie nicht auftrat.
(b) Die Revision rügt erfolglos, das Berufungsgericht habe den
von ihr angebotenen Beweis
durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, dass der bei der Klägerin festgestellte [X.] auf eine "[X.]",
eine Form der Sklerodermie,
zurückzuführen sei, übergangen.

(aa) Mit Sinn und Zweck des §
84a [X.] ist eine Beweiserhebung zu Tatsachen, über die der Anspruchsteller erst durch Auskunftserteilung Klarheit erlangen soll, nicht
vereinbar. Es wäre ein Widerspruch, einerseits für den [X.]steller die plausible Darlegung der ernsthaften Möglichkeit der Scha-densverursachung für ein begründetes Auskunftsbegehren ausreichen
zu las-sen;
andererseits bei entsprechendem Bestreiten durch den
Anspruchsgegner die Anspruchsvoraussetzungen des Schadensersatzanspruchs, bereits im [X.] unter umfänglicher Erhebung von Beweisen
zu prüfen, um bei entsprechendem Beweisergebnis die [X.] abzuweisen. Die Frage, über welche Tatsachen im Auskunftsverfahren Beweis zu erheben ist, kann nicht allgemein gültig und abstrakt entschieden werden. Es muss im [X.] jedenfalls nicht Beweis erhoben werden über Tatsachen, die den In-halt des Auskunftsanspruchs betreffen und auf deren Kenntnis der Auskunftbe-gehrende zur Prüfung möglicher Ansprüche angewiesen ist.
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(bb) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht mit Recht die Einholung des von der [X.] beantragten Sachverständigengutachtens zur Ursächlichkeit der "[X.]"
für die Beschwerden der Klägerin abgelehnt.
Eine solche Beweiserhebung ist dem Schadensersatzprozess vorbehalten. Es wi-derspräche dem
Anliegen des Gesetzgebers, zur Wahrung der prozessualen Waffengleichheit dem Arzneimittelverwender mit dem Auskunftsanspruch ein Mittel zur Gewinnung von Tatsachen und Erkenntnissen (§
84a Abs.
1 Satz
2 [X.]) an die Hand zu geben, auf deren Grundlage der Betroffene das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs prüfen und gegebenenfalls im [X.] den Beweis führen kann (vgl. BT-Drucks. 14/7752, [X.]).
b) Erfolglos erhebt die Revision
gegen das von der Klägerin geltend ge-machte Auskunftsbegehren den Einwand, die Auskunft
durch die Beklagte sei nicht erforderlich (§
84a Abs.
1 Satz
1 Halbsatz 2 [X.]).
aa) Die Auskunft ist im Sinne des
§
84a Abs.
1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] bereits dann erforderlich, wenn die Möglichkeit besteht, dass die begehrten Auskünfte der Feststellung
eines Schadensersatzanspruchs
dienen können
(vgl. Senatsurteil vom 26. März 2013 -
VI
ZR 109/12, aaO Rn.
41; [X.],
aaO 236; siehe auch [X.], Urteil vom 7. Juli 1982 -
IVb [X.], NJW 1982, 2771
f.
und
Beschluss vom 21. April 2010
-
XII
ZB 128/09, NJW-RR 2010, 934 Rn.
21, jeweils zu §
1605 Abs.
1 Satz 1 BGB). Vermag hingegen die begehrte Auskunft die beweisrechtliche
Situation des die Auskunft Begehrenden in [X.] auf einen solchen Schadensersatzanspruch offensichtlich nicht zu stärken, fehlt die Erforderlichkeit (Senatsurteil vom 26. März 2013
-
VI
ZR 109/12, aaO Rn.
41, 43 mwN).
Außerdem ist der Einwand der Nichterforderlichkeit nur dann erheblich, wenn er gegen die Ansprüche nach beiden Alternativen des §
84 Abs.
1 Satz 2 19
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13

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[X.] durchgreift. Die Auskunft nach §
84a [X.] dient nicht nur dazu, dem [X.] die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs aus §
84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 [X.] zu ermöglichen. Der Anwendungsbereich des §
84a [X.] erstreckt sich vielmehr auch auf die Vorbereitung von Ansprüchen aus § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 [X.]. Zwar mag dem Wortlaut des § 84a Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht eindeutig
zu entnehmen sein, ob sich der [X.] auf alle dem pharmazeutischen Unternehmer bekannten Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie ihm bekannt gewordenen [X.] von Neben-
oder Wechselwirkungen bezieht oder nur auf solche, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen im Sinne des § 84 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 [X.] von Bedeutung sein können. Der Wortlaut des § 84a Abs. 1 Satz 1 [X.] spricht aber für eine weite Auslegung der Vorschrift. Denn hier wird auf den Schadensersatzanspruch aus § 84 [X.] insgesamt und nicht nur auf den Fall des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] Bezug genommen. Dies wird bestätigt durch die Gesetzesmaterialien. Ausweislich der amtlichen Begründung des der Einführung des § 84a [X.] zugrunde liegenden Gesetzentwurfs ist Ziel des Auskunftsanspruchs, dem Betroffenen alle Tatsachen und Erkenntnisse zu verschaffen, die es ihm ermöglichen, die Voraussetzungen eines ihm zustehen-den Schadensersatzanspruchs darzulegen und zu beweisen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S.
20 f.). Ein Hinweis, dass der Auskunftsanspruch nur hinsichtlich solcher Umstände bestehen soll, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkung und damit für die Geltendmachung eines [X.] aus § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr.
1 [X.] relevant sind, findet sich dort nicht. Ein Grund für eine solche Beschränkung des Auskunftsanspruchs ist auch nicht ersichtlich.
bb) Für die mangelnde Erforderlichkeit der Auskunft im Sinne des §
84a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] trägt der Unternehmer die volle Darlegungs-
und Beweislast (vgl. Senatsurteil vom 26. März 2013 -
VI
ZR 109/12, aaO Rn.
41 23
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mwN; [X.], aaO, 569; [X.] in [X.], aaO Rn. 76 (Stand: Februar 2011); [X.]/[X.], 2. Aufl., § 84a [X.] Rn. 6; [X.]/[X.] in Kü-gel/[X.][X.], aaO Rn. 18; [X.], aaO; [X.], Die Informationsrechte geschädigter Arzneimittelverbraucher, S. 343 f.; widersprüchlich [X.], aaO,
3586;
[X.]
in
[X.]/[X.]/Fleischfresser, aaO Rn. 148; [X.] in Dieners/[X.], aaO Rn. 84; FAKomm-MedR/[X.], 3. Aufl., §
84a Rn. 13). Dem steht die Gesetzesbegründung nicht entgegen. Zwar ist dort zunächst ausgeführt, dem [X.] sei beim Nachweis der Nichterforderlichkeit lediglich eine Plausibilitätsprüfung auferlegt (BT-Drucks. 14/7752, [X.]). In ihrer Ge-genäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates hat die Bundesregierung jedoch klargestellt, dass der Unternehmer darlegen und im Streitfall beweisen muss, dass die Auskunft zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs nicht erforderlich ist (BT-Drucks. 14/7752, S. 54; vgl. auch BT-Drucks. 13/10766, S. 2).
cc) Auf dieser Grundlage ist das Berufungsgericht zutreffend zu dem Er-gebnis gelangt, dass die von der Klägerin begehrte Auskunft nicht deshalb ent-behrlich
ist, weil die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits Kenntnis davon gehabt habe, dass die Lipoatrophie eine mögliche Nebenwirkung des Medikamentes [X.] darstelle und weil diese Nebenwirkung vertretbar im Sinne des §
84 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 [X.] gewesen sei.
Anders als die Revision meint, könnte dieser Umstand nur dann die Erforderlichkeit der begehrten [X.] entfallen lassen, wenn von vornherein feststünde, dass für die Klägerin aufgrund ihres Vorwissens mit der begehrten Auskunft ein Mehrwert für die Feststellung eines Schadensersatzanspruchs nach § 84 [X.] nicht mehr [X.] ist.
Dies hat das Berufungsgericht zutreffend verneint.
Da sich die zu ertei-lende Auskunft auf sämtliche dem pharmazeutischen Unternehmer bekannte 24
25
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Wirkungen, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Verdachtsfälle sowie auf sämtliche Erkenntnisse beziehen muss, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können, ist die pauschale Behaup-tung, Lipoatrophie stelle eine "vertretbare" Nebenwirkung des Medikaments [X.] dar, nicht geeignet, den Anspruch der Klägerin auf eine umfassende Auskunft entfallen zu lassen. Für die im Rahmen des §
84 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 [X.] relevante
Prüfung der Vertretbarkeit der schädlichen Wirkungen ist nicht nur deren mögliches Eintreten als solches, sondern gerade ihre Dauer, Intensi-tät, Schweregrad und Häufigkeit maßgeblich (vgl. [X.] in Kull-mann/[X.]/[X.]/[X.], aaO, S.
91
f. (Stand: Februar 2013); [X.] in [X.], aaO Rn.
35 (Stand: Februar 2011); jeweils auch zu weiteren [X.]; [X.]/[X.], Medizinrecht, 7.
Aufl., Rn.
1916; [X.] Die-ners/[X.], aaO Rn.
11; [X.], aaO (Stand: November 2007); Spick-hoff/[X.], aaO Rn.
17; [X.]/[X.] in [X.]/[X.][X.], aaO Rn.
78). Diesbezüglich kann
aber die begehrte Auskunft der Klägerin neue Kenntnisse verschaffen.
[X.]) Soweit die Revision geltend macht, dass eine Auskunft nach § 84a [X.] nicht erforderlich
sei, weil
bereits feststehe, dass ein Anspruch aus §
84 [X.] nicht gegeben sei

84a Abs.
1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]), trifft dies nicht zu.
Die Erforderlichkeit der Auskunft kann zwar insbesondere fehlen, wenn
un-abhängig von der Auskunft eine Haftung des pharmazeutischen Unternehmers nach §
84 [X.] offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl. Senatsurteil vom 26.
März 2013
-
VI
ZR
109/12, aaO Rn.
42; [X.] in Kull-mann/[X.]/[X.]/[X.], aaO, S. 22 (Stand: März 2013); [X.] in [X.]/Fleischfresser, aaO Rn.
147; [X.], [X.] 2005, 35, 38), weil beispielsweise
der Anspruch verjährt ist oder die
Aktivlegitimation des die [X.] Begehrenden entfallen ist. So liegt der Fall jedoch nicht.
26
-

16

-

(1) Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht etwaige Ansprüche der Klägerin aus §
84 [X.] nicht als verjährt angesehen hat. Dagegen ist rechtlich auch nichts zu erinnern.
(2) Erfolglos macht die Revision
geltend, ein Schadensersatzanspruch nach §
84 Abs.
1 Satz 1,
Satz 2 Nr.
1 [X.] scheide aus, weil
die von der Kläge-rin geltend gemachte Nebenwirkung der Lipoatrophie bereits bei Zulassung des Arzneimittels [X.] bekannt gewesen sei und der Zulassung nicht entgegen-gestanden habe. Sie zeigt hinreichenden und in den Instanzen übergangenen Vortrag hierzu nicht auf.
(3)
Entgegen der Auffassung der Revision ist die begehrte Auskunft für die Klägerin nicht deshalb entbehrlich, weil nach der Behauptung der [X.] das Präparat gegenüber anderen [X.]en kein erhöhtes Risiko einer Lipoatrophie aufweise, weshalb ein Anspruch der Klägerin aus §
84 Abs.
1 Satz
1,
Satz 2 Nr.
1 [X.] ausgeschlossen sei. Ein Anspruch aus § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz
2 Nr. 1 [X.] könnte zwar
dann ausgeschlossen sein, wenn das [X.] keine schädlichen
Wirkungen hätte, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Die [X.] im Rahmen des §
84 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 [X.] setzt jedoch eine Nutzen/Risiko-Abwägung
voraus, ob der therapeutische Wert die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels überwiegt
(vgl. Senatsurteil vom 19.
März 1991 -
VI
ZR 248/90, [X.], 780, 781; [X.], NJW-RR 2014, 805, 806; vgl. auch BT-Drucks. 7/3060, S.
61, 45; [X.] in Kull-mann/[X.]/[X.]/[X.], Produzentenhaftung, 3810, S.
87 f. (Stand: [X.]); [X.]/[X.] in [X.]/[X.][X.], [X.], §
84 Rn.
65, 80; [X.] Dieners/[X.], aaO
Rn.
11; [X.] in [X.]/[X.]/Fleischfresser, aaO
Rn.
50; [X.]/[X.], Medizinrecht, 2.
Aufl., §
84 [X.] Rn.
17; [X.], aaO, §
84 Rn.
5; [X.], [X.], §
84 Rn.
12 (Stand: November 2007); NK-27
28
29
-

17

-

MedR/[X.], 2.
Aufl., §
84 [X.] Rn.
6; FAKomm-MedR/[X.], 3.
Aufl., §
84 [X.] Rn.
27). Auch wenn unterstellt wird, dass das Medikament der [X.] kein erhöhtes Risiko einer Lipoatrophie aufweist, ist der
Scha-densersatzanspruch jedenfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen.
Zur Klärung der Vertretbarkeit der Nutzen/Risiko-Abwägung bedürfte
es
vielmehr
der Einho-lung des von der [X.] angebotenen Sachverständigengutachtens. Wie bereits dargelegt,
ist die Beweiserhebung
zu Tatsachen, die den Anspruchsin-halt betreffen,
im Auskunftsverfahren aber
nicht durchzuführen.
(4) Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus §
84 [X.] ist auch nicht deshalb
ausgeschlossen, weil -
was die Beklagte behauptet
-
von einem bestimmungswidrigen Gebrauch des Medikaments durch die Klägerin auszuge-hen wäre. Einen bestimmungswidrigen Gebrauch hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Erfolglos beanstandet die
Revision, dass das Berufungsge-richt dem
Beweisantritt der [X.] für einen nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch von [X.] seitens der Klägerin durch Einholung eines Sachver-ständigengutachtens nicht nachgekommen sei.
Der erkennende Senat folgt der obergerichtlichen Rechtsprechung und Teilen der Literatur (vgl.
KG, aaO, 209; [X.], [X.], 789, 791; [X.], aaO 1321; [X.] in
[X.],
aaO Rn. 73 (Stand: Februar 2011); [X.] in Kullmann/[X.]/[X.]/[X.], Produzentenhaftung, 3812, [X.] (Stand: März 2013); differenzierend [X.]/[X.] in [X.]/[X.][X.], [X.], § 84a Rn. 19 ff.; [X.], Die Informationsrechte geschädigter [X.], S. 344 f.; anderer
Ansicht [X.], aaO, 233; [X.], aaO
38
f.; [X.], aaO), dass
eine Klärung der bestimmungsgemäßen bzw. -widrigen An-wendung
im Auskunftsverfahren
grundsätzlich nicht erforderlich ist. Zwar obliegt dem pharmazeutischen
Unternehmer,
einen bestimmungswidrigen Gebrauch darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, wobei allerdings den Arzneimit-30
31
-

18

-

telverwender eine sekundäre Darlegungslast treffen kann. [X.] begegnet es nach den im [X.] geltenden Beweisgrundsätzen aber keinen Bedenken, dass das Berufungsgericht davon abgesehen hat, den von der [X.] angebotenen [X.] zu der von ihr [X.] Mehrfachverwendung der Kanülen einzuholen, weil die Klärung dieser [X.] die von der Klägerin begehrte Auskunft der [X.] über deren Erkennt-nisse zu den Wirkungen usw.

84a Abs.
1 Satz
2 [X.]) des Medikaments vo-raussetze. Hinzukommt, dass
nur für den Anspruch nach §
84 Abs.
1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 [X.], nicht aber für den Anspruch nach §
84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 [X.] die bestimmungsgemäße Anwendung Voraussetzung
ist
(vgl. nur Senatsurteil vom 24. Januar 1989 -
VI [X.], [X.]Z 106, 273, 278; [X.] Dieners/[X.], aaO Rn. 16; [X.] in Kullmann/[X.]/[X.]/[X.], aaO, S. 112 f. (Stand: Februar 2013); FAKomm-MedR/[X.], aaO Rn. 33; diffe-renzierend [X.]/[X.] in [X.]/[X.][X.], aaO Rn. 105). Wie oben [X.], ist die Auskunftserteilung
aber nur dann nicht erforderlich, wenn [X.] ein Anspruch nach beiden Alternativen des § 84 Abs. 1 [X.] nicht [X.].
Dies ist -
was noch näher auszuführen ist -
im Streitfall nicht gegeben.
(5) Entgegen der Auffassung der Revision
ist ein Schadensersatzan-spruch
der Klägerin nach §
84 Abs.
1
Satz 1,
Satz 2 Nr.
2 [X.]
nicht ausge-schlossen.
(a) Wie bereits ausgeführt, dient die Auskunft nach § 84a [X.] nicht nur dazu, dem Geschädigten die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach
§ 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 [X.] zu ermöglichen. Der Anwendungs-bereich des § 84a [X.] erstreckt sich vielmehr auch auf die Vorbereitung von Ansprüchen aus § 84 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 [X.].
32
33
-

19

-

(b) Soweit die Revision die Auffassung vertritt, die Beklagte hafte nicht wegen des Unterlassens eines Hinweises, weil das Risiko einer Lipoatrophie nicht über das bei Zulassung des Medikamentes [X.] nach den Erkenntnis-sen der medizinischen Wissenschaft vertretbare Maß im Sinne des §
84 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.] hinausgegangen sei, ist diese
nicht
zutreffend. Dagegen spricht
entscheidend, dass die
Haftungsvoraussetzungen des §
84 Abs.
1
Satz
2 Nr.
1 [X.] einerseits und des §
84 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 [X.] anderer-seits ausdrücklich in einem Alternativverhältnis zueinander stehen.
Wäre der Anwendungsbereich des §
84 Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 [X.] auf Nebenwirkungen beschränkt, die nicht im Rahmen einer
Nutzen/Risiko-Abwägung hinzunehmen sind, mithin über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen, hätte §
84 Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 [X.] weitestge-hend keinen eigenen Anwendungsbereich. Die Haftungsregelung des §
84 Abs.
1
Satz 1,
Satz 2 Nr.
2 [X.] dient jedoch gerade auch der Erfassung sol-cher Fälle, bei denen ein Arzneimittel ohne unvertretbare schädliche Wirkungen keine den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechende Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation enthält (vgl. [X.]/[X.]
in
[X.]/[X.][X.], aaO
Rn.
87; [X.], aaO
Rn.
6; FAKomm-MedR/[X.],
aaO
Rn.
37;
[X.]
in
Kull-mann/[X.]/[X.]/[X.], aaO, [X.] (Stand: Februar 2013); Spick-hoff/[X.], aaO
Rn.
20).
Dass die Packungsbeilage des Medikamentes [X.] zum Zeitpunkt des Gebrauchs dieses Medikamentes durch die Klägerin keinerlei Hinweise auf das Risiko einer Lipoatrophie enthalten hat, stellt die [X.] nicht in Abrede.
(c) Die
Haftung der [X.] nach §
84 Abs.
1
Satz 1,
Satz 2 Nr.
2 [X.] ist
nicht schon wegen der fehlenden Kausalität eines von der [X.] auf dem Beipackzettel von [X.] bis Juli 2006 unterlassenen Hinweises auf das Nebenwirkungsrisiko einer Lipoatrophie für
den
von der Klägerin geltend ge-34
35
-

20

-

machten Gesundheitsschaden
offensichtlich
ausgeschlossen.
Dem Urteil des Berufungsgerichts lässt sich nicht als unstreitiger [X.]vortrag entnehmen, dass [X.] kein erhöhtes Risiko einer Lipoatrophie aufweise.
(d) Erfolglos rügt die Revision
als Mangel der Sachverhaltsaufklärung, das Berufungsgericht habe die von der [X.] benannten Zeugen zum [X.] der Tatsache
nicht vernommen, dass der von der [X.] unterlassene Hinweis nicht ursächlich für
die Entscheidung der verordnenden Ärzte gewor-den sei. Die Ursächlichkeit
des unterlassenen Hinweises in der Arzneimittelin-formation für die Gesundheitsschäden der Klägerin ist auch dann nicht ausge-schlossen, wenn der von der [X.] unterlassene Hinweis
für die Verord-nung des Medikaments durch die Ärzte der Klägerin
keine Rolle gespielt haben sollte.
Zwar kann nach der Rechtsprechung des Senats die Ursächlichkeit einer fehlerhaften
Arzneimittelinformation
für den eingetretenen Gesundheitsschaden
fehlen, wenn der behandelnde Arzt die
Gebrauchsinformation jedenfalls vor der Arzneimittelanwendung nicht zur Kenntnis genommen hätte (vgl. Senat, [X.] vom 12.
Dezember 1989 -
VI
ZR 106/89, [X.], 634; ebenso [X.], [X.], 631, 634; [X.] in [X.]/[X.]/Fleisch-fresser, aaO
Rn.
70). Auf die Kenntnis des behandelnden Arztes
alleine
kommt es
aber nur dann
an, wenn der Patient selbst keine Packungsbeilage erhalten hat, wie etwa bei Injektionen in Krankenhäusern (vgl. [X.] in Kull-mann/[X.]/[X.]/[X.], aaO, S.
119
f.; [X.] Dieners/[X.], aaO
Rn.
21
f.).
Bei der Verschreibung eines
Medikaments
ist hingegen auch die Kenntnisnahme von Seiten des Arzneimittelverwenders maßgebend für die Frage der Kausalität der fehlenden Kennzeichnung und Informationen im Sinne des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.]
für den Schaden.
36
37
-

21

-

Hierzu hat die Klägerin von der [X.] unwidersprochen vorgetragen, dass sie einer Behandlung mit [X.] bei
Kenntnis der Nebenwirkungen nicht zugestimmt, sondern sich
für ein Medikament entschieden hätte, mit dem be-reits positive Erfahrungen existierten.
3. Nach alledem hat das Berufungsgericht der Klägerin mit Recht einen Anspruch auf Auskunft gegen die Beklagte zuerkannt. Die Revision ist deshalb zurückzuweisen.
Galke
[X.]
Diederichsen

von Pentz
Offenloch

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.08.2010 -
23 O 176/08 -

KG Berlin, Entscheidung vom 30.08.2011 -
13 [X.] -

38
39

Meta

VI ZR 328/11

12.05.2015

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2015, Az. VI ZR 328/11 (REWIS RS 2015, 11250)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11250

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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