Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.07.2010, Az. VIII ZR 326/09

8. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 4893

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Wohnraummiete: Darlegung und tatrichterliche Beurteilung des Mietausfallschadens bei Vorenthaltung der Mietwohnung


Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

1

1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision aufgrund einer von ihm gesehenen Möglichkeit der verschiedenen Interpretation der im Urteil des [X.] vom 25. Januar 2007 ([X.], [X.], 606, [X.]. 14 f.) in Bezug genommenen Anknüpfungstatsachen zugelassen. Diese Erwägung trägt indessen weder den vom Berufungsgericht offenbar angenommenen Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch liegt einer der weiteren im Gesetz genannten Zulassungsgründe vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

2

a) Die vom Berufungsgericht vorrangig verneinte Frage, ob ein Anspruch der Klägerin auf Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB mangels Vorenthaltung der Mietsache ausscheidet, [X.]n der Vermieter die Rücknahme der Mietsache deshalb ablehnt, weil er den Mieter zuvor noch zur Ausführung von Renovierungsarbeiten in den Mieträumen für verpflichtet hält, ist höchstrichterlich geklärt. Der Begriff der Vorenthaltung besagt nicht nur, dass der Mieter die Mietsache nicht zurückgibt, sondern auch, dass das Unterlassen der Herausgabe dem Willen des Vermieters widerspricht (Senatsurteile vom 5. Oktober 2005 - [X.], [X.], 771, [X.]. 6; vom 16. November 2005 - [X.], [X.], 102 [X.]. 12; jeweils m.w.[X.]). In welchem Zustand sich die Mietsache bei der (vorgesehenen) Rückgabe befindet, ist grundsätzlich ohne Bedeutung, so dass allein darin, dass der Mieter dem Vermieter die Räume in verwahrlostem oder einem sonst nicht vertragsgemäßen Zustand überlässt, noch keine Vorenthaltung gesehen werden kann ([X.], 204, 209 f.; 104, 285, 289; jeweils m.w.[X.]). Dementsprechend wird etwa auch in der Instanzrechtsprechung mittlerweile einhellig eine Vorenthaltung der Mietsache verneint, [X.]n ein Mieter die Mietsache zurückgibt, ohne die ihm obliegenden Schönheitsreparaturen auszuführen (KG, [X.] 2004, 175, 176), oder nur deshalb noch den Besitz an dem ansonsten bereits geräumten Mietobjekt behält, um auf Wunsch des Vermieters Mängelbeseitigungsarbeiten durchzuführen ([X.], [X.], 517; [X.], [X.], 738 f.; [X.], [X.], 75).

3

b) Für einen nach § 280 Abs. 1 und 2, §§ 286, 546a Abs. 2 BGB daneben in Betracht kommenden Anspruch auf Ersatz eines konkret berechneten [X.]s lassen sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dem Urteil des [X.] vom 25. Januar 2007 (aaO) keine die Revisionszulassung rechtfertigenden Auslegungszweifel entnehmen. Dort ist zum [X.] wegen der verspäteten Rückgabe eines Mietobjekts zu den Anforderungen an die Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen lediglich ausgeführt, dass dies die Darlegung erfordert, wann und zu welchem Mietzins das Mietobjekt bei rechtzeitiger Rückgabe hätte vermietet werden können, und dass die Darlegungserleichterung gemäß § 252 Satz 2 BGB nichts daran ändert, dass der Geschädigte Anknüpfungstatsachen vorzutragen und zu beweisen hat, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit ergibt, dass der geltend gemachte Gewinn zu erzielen gewesen wäre.

4

Zu weiteren Anforderungen an die vorzutragenden Anknüpfungstatsachen verhält sich das Urteil nicht, sondern nimmt lediglich Bezug auf vorausgegangene Rechtsprechung des [X.]. Dort ist ausgeführt, dass die durch § 252 Satz 2 BGB zugelassene Wahrscheinlichkeitsprüfung den Vortrag greifbarer Tatsachen erfordert, weil sich nur an Hand eines bestimmten Sachverhalts sagen lässt, wie sich die Dinge weiter entwickelt hätten, und dass die in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Vermutung erst nach Beibringung der erforderlichen (Ausgangs- oder Anknüpfungs-)Tatsachen zum Tragen kommen kann ([X.], 45, 55 f.; [X.], Urteile vom 17. Juni 1998 - [X.], [X.], 1787, unter 3 a; vom 27. September 2001 - [X.], [X.], 2450, unter III 1 a). Darüber hinaus ist es für die Darlegung eines durch die verspätete Rückgabe der Mietsache entstandenen konkreten [X.]s sogar als erforderlich angesehen worden, dass dargetan wird, wann, an [X.] und zu welchem Mietzins die Mietsache hätte vermietet werden können ([X.], Urteil vom 15. Dezember 1999 - [X.], [X.], 382, unter 2; [X.], [X.] 2006, 327, 329). Allerdings ist immer auch darauf hingewiesen worden, dass sich eine feste Regel nicht aufstellen lässt, sondern vieles von den Umständen des jeweiligen Falles abhängt und deshalb die Beurteilung einer hinreichenden Schadenswahrscheinlichkeit Aufgabe des Tatrichters ist ([X.], 45, 56 m.w.[X.]). Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage nach den zur Bejahung einer Schadenswahrscheinlichkeit erforderlichen Anknüpfungstatsachen hängt mithin in erster Linie von der dem Tatrichter obliegenden Würdigung der Umstände des Einzelfalles ab und ist einer verallgemeinernden, die Revisionszulassung rechtfertigenden Betrachtungsweise nicht zugänglich.

5

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

6

Einen Anspruch der Klägerin auf Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht nach seinen unangegriffenen Feststellungen rechtsfehlerfrei wegen Fehlens einer dafür erforderlichen Vorenthaltung der Mietsache durch die Beklagten verneint. Ebenso ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Wahrscheinlichkeit eines [X.]s der Klägerin verneint hat, weil es die von ihr vorgetragenen Anknüpfungstatsachen für nicht hinreichend aussagekräftig erachtet hat. Denn ungeachtet der von ihm in jedenfalls vertretbarer tatrichterlicher Würdigung bejahten Frage, ob die Wohnung auch in dem bis Oktober 2008 bestehenden Dekorationszustand schon am Markt hätte angeboten werden können, hat das Berufungsgericht eine zur Zuerkennung des geltend gemachten Anspruchs unerlässliche Schadenswahrscheinlichkeit bereits deshalb verneint, weil die Klägerin lediglich zwei im Oktober 2008 hervorgetretene Mietinteressenten benannt habe, ohne angeben zu können, ab wann diese die Wohnung überhaupt hätten anmieten wollen, und weil der Wohnungsmarkt in [X.] nicht derart angespannt sei, dass allein schon aus dem Angebot der Wohnung am Markt auf deren umgehende Weitervermietung hätte geschlossen werden können. Dass das Berufungsgericht dabei dem Umstand, dass der Klägerin eine Weitervermietung zum 15. November 2008 gelungen ist, kein entscheidendes Gewicht für das von ihm getroffene Wahrscheinlichkeitsurteil beigemessen hat, hält sich angesichts der getroffenen Feststellungen zur Lage auf dem Wohnungsmarkt in [X.] im Rahmen vertretbarer tatrichterlicher Beurteilung.

7

3. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

[X.] Frellesen                             Dr. Hessel

            Dr. [X.]                            Dr. [X.]

Hinweis:

Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Meta

VIII ZR 326/09

13.07.2010

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Potsdam, 26. November 2009, Az: 11 S 40/09

§ 252 BGB, § 546a BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.07.2010, Az. VIII ZR 326/09 (REWIS RS 2010, 4893)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4893

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 326/09 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 48/13 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Vorrangige Pflicht des Vermieters zur Inanspruchnahme des Gebäudeversicherers bei einem Wohnungsbrand; Nutzungsentschädigung bei Teilräumung …


VIII ZR 48/13 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 416/12 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Schadensersatzanspruch des Vermieters bei Rückgabe der Wohnung in einem ausgefallenen farblichen Zustand


VIII ZR 416/12 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.