Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.11.2021, Az. 1 WB 27/21

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2021, 803

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Gegenstand

Schriftformerfordernis; mittels PKI-Karte signierte E-Mail


Leitsatz

Eine mittels PKI-Karte der Bundeswehr signierte Lotus-Notes-Nachricht genügt nicht den Anforderungen an eine sichere elektronische Form im Sinne von § 3a Abs. 2 Satz 2 VwVfG.

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller begehrt die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des [X.] im Auswahljahr 2019.

2

Der 19... geborene Antragsteller ist Berufssoldat und Offizier des militärfachlichen Dienstes. Im Juni 2014 wurde er zum Hauptmann und im Juni 2021 zum Stabshauptmann befördert. Seine Dienstzeit wird - nach Personalaktenlage - voraussichtlich mit dem März 2027 enden.

3

Am 23. November 2018 schlug der Disziplinarvorgesetzte des Antragstellers diesen für den Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des [X.] vor.

4

Mit Schreiben vom 9. Juli 2019 teilte das [X.] dem Antragsteller mit, dass er sich in der [X.]konferenz vom 27. Juni 2019 im Rahmen einer vergleichenden Betrachtung nach Eignung, Befähigung und Leistung nicht habe durchsetzen können.

5

Hiergegen beschwerte sich der Antragsteller unter dem 15. Juli 2020. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, warum der Ablehnungsbescheid vom 9. Juli 2019 ihm erst am 17. Juni 2020 eröffnet worden sei. Ihm sei fernmündlich durch seinen Personalführer am 9. Juli 2019 das Ergebnis der [X.] mitgeteilt und ein fehlendes Standardisiertes Leistungsprofil ([X.]) in [X.] als Grund für die Ablehnung angegeben worden. Dies benachteilige ihn. Auf seinem aktuellen Dienstposten werde kein [X.] gefordert. Bei "harten" Anforderungskriterien sei zu differenzieren, ob sie - wie ein [X.] - in kurzer [X.] nachholbar seien. Er habe keine Gelegenheit erhalten, an einer Sprachausbildung [X.] teilzunehmen.

6

Das [X.] hatte der Antragsteller zunächst nur digital unterzeichnet. In dieser Form ging es am 15. Juli 2020 beim [X.] und am 17. Juli 2020 beim [X.] ein. Am 17. Juli 2020 forderte das [X.] fernmündlich beim Antragsteller eine handschriftlich unterzeichnete Fassung der Beschwerde an. Diese ging am 22. Juli 2020 beim [X.] ein.

7

Mit Bescheid vom 5. Februar 2021, dem Antragsteller zugestellt am 9. Februar 2021, wies das [X.] die Beschwerde zurück. Sie sei unzulässig, weil die nur digital mittels einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur unterzeichnete, fristgerecht eingegangene Fassung dem Schriftformerfordernis nicht genüge, während die handschriftlich unterzeichnete Fassung nicht mehr fristgerecht bei der zuständigen Stelle eingegangen sei.

Die Überprüfung der angegriffenen Entscheidung im Rahmen der Dienstaufsicht habe keinen Grund zur Beanstandung ergeben. Nach den [X.] habe es zwei Möglichkeiten der Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des [X.] gegeben. Die erste Möglichkeit setze eine mehrjährige Erfahrung als Personalorganisationsoffizier [X.] voraus, über die der Antragsteller nicht verfüge. Die zweite Möglichkeit verlange einen [X.] [X.] der Stufe 3332 oder ein vergleichbares Leistungsniveau in einem Einstufungstest, die er ebenfalls nicht nachweisen könne.

8

Hiergegen hat der Antragsteller am 8. März 2021 die Entscheidung des [X.] beantragt. Das [X.] hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 27. Mai 2021 dem Senat vorgelegt.

9

Der Antragsteller macht geltend, die am 15. Juli 2020 per E-Mail eingelegte Beschwerde sei form- und fristgerecht. Die verwendete digitale Signatur setze das Einlesen des [X.] und die Eingabe einer [X.] voraus. Die Signatur setze sich damit aus einem öffentlichen und einem privaten Schlüssel zusammen und werde durch eine qualifizierte elektronische Signatur erstellt, welche durch einen Vertrauensdienst - nämlich den Dienstherrn selbst - ausgestellt werde. Die elektronische Signatur werde vom Dienstherrn explizit als Zeichnung in dienstlichen Angelegenheiten zur Verfügung gestellt und auch für Beurteilungen genutzt. Sie gewährleiste die Erkennbarkeit des Ausstellers und die Warnfunktion des Schriftformerfordernisses. Zudem sei die Beschwerde deutlich vor Fristablauf eingelegt worden, sodass das [X.] aus [X.] verpflichtet gewesen wäre, auf die Heilung eines Formmangels hinzuwirken. Zumindest sei dem Antragsteller nach der unverzüglichen Nachholung der handschriftlichen Unterzeichnung Wiedereinsetzung zu gewähren. Die Fristversäumnis sei unverschuldet. Die Ablehnungsentscheidung sei rechtswidrig. Der Antragsteller sei ebenso gut beurteilt wie die ausgewählte Bewerberin. Seine Beurteilungen seien wegen der Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben höher zu bewerten. Fehlende [X.]kenntnisse könnten ihm nicht entgegengehalten werden, weil ihm ihr Erwerb fürsorgepflichtwidrig nicht ermöglicht worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ein [X.] nötig sei, zumal dieses Erfordernis zwischenzeitlich nicht mehr bestehe. Nicht berücksichtigt worden sei, dass für ihn ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt sei.

Der Antragsteller beantragt,

das [X.] zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Juli 2019 in Gestalt des [X.] vom 5. Februar 2021, über die Zulassung des Antragstellers zum Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des [X.] für das Auswahljahr 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Das [X.] beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Mangels eines ordnungsgemäßen Beschwerdeverfahrens sei der Antrag unzulässig. Die am 17. Juli 2020 beim [X.] eingegangene Beschwerde genüge mangels qualifizierter elektronischer Signatur nicht dem Formerfordernis. Verwendet worden sei lediglich eine fortgeschrittene elektronische Signatur wie sich aus der Rahmendienstvereinbarung vom 9. Mai 2012 über die Nutzung elektronischer Signaturen im Geschäftsbereich [X.] und der Zertifizierungsrichtlinie der PKIBw ergebe. Den gesetzlichen Anforderungen aus Art. 3 eIDAS-VO genüge dies nicht. Die [X.] sei kein akkreditierter Vertrauensdienstleister. Dass Beurteilungen elektronisch signiert werden könnten, bedeute nicht, dass dies auch für Rechtsbehelfe gelte. Dass der Dienstherr die Signatur mittels PKI im internen Geschäftsgang zur Verfügung stelle, bedeute nicht, dass damit gesetzliche Formerfordernisse erfüllt würden oder dass der Dienstherr diese außer [X.] lassen wolle. Dass die Eingabe der [X.] die Warn- und Authentizitätsfunktionen einer qualifizierten Signatur erfülle, ändere nichts daran, dass der Gesetzgeber auch die Akkreditierung der die Signatur bereitstellenden Dienstleister verlange. Die formunwirksame Beschwerde sei im regulären Geschäftsgang vom [X.] an das [X.] weitergeleitet worden. Von dort aus sei der Antragsteller unverzüglich auf den Formfehler hingewiesen worden. Umstände im Sinne von § 7 Abs. 1 [X.] lägen nicht vor. Ein Wiedereinsetzungsantrag sei weder gestellt noch sei die Fristversäumnis unverschuldet. Der Formfehler stehe einer gerichtlichen Sachentscheidung entgegen. Diese werde auch nicht durch die dienstaufsichtliche Prüfung eröffnet. Wegen der Bestandskraft der Ablehnung sei der Antrag unbegründet. Die Entscheidung entspreche in der Sache den Vorgaben der [X.], des [X.]/30 und der [X.]/78. Zu den bundeswehrgemeinsamen [X.] gehöre der Nachweis eines [X.] der Stufe 3332, den der Antragsteller nicht führen könne. Die [X.] habe es zur [X.] der Ausbildung des Antragstellers noch nicht gegeben, sodass der Dienstherr seine Ausbildungspflicht nicht verletzt habe. Der Antragsteller sei seit 2015 fortlaufend für den [X.] betrachtet und in Zusammenhang dieser Auswahlverfahren auf das fehlende [X.] [X.] hingewiesen worden. Als [X.] müsse er dieses Erfordernis zudem kennen. Er hätte auch die Möglichkeit gehabt, an einer Sprachausbildung [X.] teilzunehmen. Das Defizit liege in seinem Verantwortungsbereich. Anstelle des [X.] könne auch ein vergleichbares Leistungsniveau in einem Einstufungstest nachgewiesen werden. Dieses Niveau erreiche der Antragsteller aber nicht. Im Übrigen scheitere der Antragsteller auch im Leistungsvergleich, da er das Erfordernis eines mehrjährig überragenden Leistungsbildes in der vorvorletzten planmäßigen Beurteilung mit einem Durchschnittswert von 7, 30 nicht erfülle. Der [X.] führe zu keinem anderen Ergebnis. Den Antrag auf Einbeziehung seiner ehemals zuständigen Vertrauensperson habe der Antragsteller erst nach Erlass des [X.] gestellt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des [X.] und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg. Seinem Erfolg steht die Bestandskraft des [X.] entgegen, die mangels fristgerecht in der gebotenen Form erhobener Beschwerde eingetreten ist.

1. Nach § 6 Abs. 1 [X.] darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem [X.] Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom [X.] hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt ([X.], Beschluss vom 27. November 2014 - 1 [X.] 61.13 - [X.] § 17 [X.] Nr. 91 Rn. 32 m.w.[X.]). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 [X.], der den Beginn der gerichtlichen Antragsfrist an die Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheids knüpft, setzt § 6 Abs. 1 [X.] für den Beginn der Beschwerdefrist nur die tatsächliche, positive Kenntnis vom [X.] voraus. Etwas Anderes gilt nur, wenn für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine spezielle gesetzliche Regelung oder durch eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen ([X.], Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 [X.] 43.12 - [X.] § 17 [X.] Nr. 87 Rn. 30).

2. Kenntnis vom [X.] hatte der Antragsteller durch die Eröffnung des Bescheides vom 9. Juli 2019. Zwar liegt kein Empfangsbekenntnis über die Aushändigung des Bescheides vor. Im [X.] vom 15. Juli 2020 gibt der Antragsteller aber selbst an, dass ihm der Bescheid am 17. Juni 2020 eröffnet worden sei. Damit ist davon auszugehen, dass spätestens von diesem Zeitpunkt an die Kenntnis vom [X.] vorlag.

Damit lief die Frist am 18. Juni 2020 an und endete gemäß § 31 Abs. 1 [X.] [X.]. § 188 Abs. 2 BGB (ebenso über § 57 Abs. 2 VwGO [X.]. § 222 Abs. 1 ZPO und § 188 Abs. 2 BGB) mit Ablauf des 17. Juli 2020 (Freitag).

3. Das handschriftlich unterzeichnete und damit dem Schriftformerfordernis genügende [X.] ging erst am 22. Juli 2020 und damit nach Fristende beim [X.] als zuständiger Beschwerdestelle im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 [X.] ein. Die mittels PKI-Karte signierte E-Mail gleichen Inhaltes ging zwar innerhalb der Frist beim [X.] ein, genügte aber nicht dem Formerfordernis aus § 6 Abs. 2 [X.], § 3a Abs. 2 Satz 2 [X.].

Zwar kann nach § 3a Abs. 2 Satz 1 [X.]. 79 [X.] das Schriftformerfordernis aus § 6 Abs. 2 Satz 1 [X.] auch durch eine elektronische Form ersetzt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Juli 2020 - 2 [X.] 1.20 - [X.]E 169, 112 Rn. 14). Allerdings genügt die [X.] des Antragstellers nicht den Anforderungen des § 3a [X.] an eine sichere elektronische Form. Dabei ist schon fraglich, ob die Beschwerdestelle im Sinne des § 3a Abs. 1 [X.] ausdrücklich oder konkludent einen Zugang für die Übermittlung elektronischer schriftformersetzender Dokumente eröffnet hat. Jedenfalls genügt nach § 3a Abs. 2 Satz 2 [X.] eine E-Mail der elektronischen Form nur, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist.

Die Anforderungen an eine qualifizierte elektronische Signatur ergeben sich seit dem 1. Juli 2016 aus der Verordnung ([X.]) Nr. 910/2014 des [X.] und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und [X.] für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/[X.] ([X.] [X.], [X.]; im Folgenden: eIDAS-VO; vgl. [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 22. Aufl. 2021, § 3a Rn. 18). Nach Art. 3 Nr. 12 eIDAS-VO ist eine qualifizierte elektronische Signatur eine fortgeschrittene elektronische Signatur, die von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt wurde und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruht. Art. 3 Nr. 15 eIDAS-VO definiert das qualifizierte Zertifikat für elektronische Signaturen als von einem qualifizierten [X.] ausgestelltes Zertifikat für elektronische Signaturen, das die Anforderungen des [X.] erfüllt. Qualifizierter [X.] ist gemäß Art. 3 Nr. 20 eIDAS-VO ein [X.], der einen oder mehrere qualifizierte [X.] erbringt und dem von der Aufsichtsstelle der Status eines qualifizierten Anbieters verliehen wurde. Art. 24 eIDAS-VO formuliert Anforderungen an qualifizierte [X.]. Deren Einhaltung wird von der [X.] für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen als Aufsichtsstelle überprüft und dann bescheinigt ([X.], in: [X.]/[X.], [X.], 22. Aufl. 2021, § 3a Rn. 20). Von der qualifizierten elektronischen Signatur unterscheidet die eIDAS-VO die fortgeschrittene elektronische Signatur gemäß Art. 3 Nr. 11 und Art. 26 eIDAS-VO. Für diese gelten hiernach geringere Anforderungen: Sie ist zwar auch eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet und ermöglicht seine Identifizierung. Sie wird jedoch nicht von einem externen Zertifizierungsdiensteanbieter herausgegeben und überwacht. Schon unter Geltung von § 4 Abs. 2 der Signaturverordnung vom 16. November 2001 ([X.]. 2001 I S. 3074) kamen als Zertifizierungsdiensteanbieter für eine qualifizierte elektronische Signatur nur akkreditierte Anbieter in Betracht.

Bereits in der Rahmendienstvereinbarung über die Nutzung elektronischer Signaturen im Geschäftsbereich des [X.] vom 9. Mai 2012 kommt zum Ausdruck, dass im Rahmen der [X.] (PKI) der [X.] von einer externen Zertifizierungsstelle genehmigte qualifizierte elektronische Signaturen und andere elektronische Signaturen nebeneinander Verwendung finden. Nach Punkt 2.4.1 der Zertifizierungsrichtlinie der PKIBw, Anteil [X.], vom 15. Juli 2020 stellt die [X.] Certification Authority Zertifikate aus, mit denen fortgeschrittene Signaturen erzeugt werden können. Sie ist jedoch kein angezeigter oder akkreditierter Zertifizierungsdiensteanbieter. Die Eigenschaft als akkreditierter Zertifizierungsdiensteanbieter hat sie auch zwischenzeitlich nicht erworben. Dieser Vortrag des [X.] ist durch die Vorlage einer Liste akkreditierter Vertrauensdienstleister untermauert worden, in der neben der [X.] auch andere Dienstleister - etwa die [X.], die [X.], die [X.] und die [X.] - angeführt sind, aber nicht die [X.].

Hiernach genügt die Nutzung der dem Antragsteller für die Signatur elektronischer Schreiben zur Verfügung gestellte PKI-Karte der [X.] nicht den Anforderungen an eine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des § 3a Abs. 2 Satz 2 [X.]. Vielmehr handelt es sich hier lediglich um eine fortgeschrittene elektronische Signatur im Sinne von Art. 26 eIDAS-VO (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Juli 2020 - 2 [X.] 1.20 - [X.]E 169, 112 Rn. 15).

Soweit § 3a Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 bis 4 [X.] darüber hinaus weitere sichere Verfahren als zulässige elektronische Formen zulässt, wird das normale Lotus-Notes-System der [X.] hiervon ebenfalls nicht erfasst. Da das Gesetz die zulässigen elektronischen Formen aus Gründen der Rechtssicherheit abschließend regelt, ist es nicht möglich, andere nach Ansicht eines Beteiligten vergleichbar sichere Verfahren ohne gesetzliche Zulassung ebenfalls anzuerkennen. Der Eingang der elektronisch signierten E-Mail beim [X.] am 17. Juli 2020 wahrt daher die Frist nicht.

4. Der Fristablauf wurde nicht durch Umstände gehemmt, die im Sinne von § 7 [X.] als unabwendbarer Zufall zu werten sind.

a) Es liegt zunächst kein Fall des § 7 Abs. 2 [X.] vor. Die Ablehnung des Antrages auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des [X.] bedurfte als truppendienstliche Erstmaßnahme, gegen die nicht unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eröffnet ist, keiner Rechtsbehelfsbelehrung, weil die Regelungen über die Beschwerdeeinlegung als jedem Soldaten bekannt vorausgesetzt werden können ([X.], Beschlüsse vom 6. Oktober 2015 - 1 [X.] 1.15 - [X.] 449 § 3 SG Nr. 80 Rn. 39 m.w.[X.], vom 1. März 2018 - 1 [X.] 27.17 - [X.] 11 Art 6 GG 189 Rn. 22 und vom 21. November 2019 - 1 [X.] 16.19 - juris Rn. 22).

b) Ein unabwendbarer Zufall im Sinne des § 7 Abs. 1 [X.] ist auch nicht darin zu sehen, dass der Antragsteller nicht rechtzeitig auf den Formmangel hingewiesen worden wäre. Zum einen hätte der Antragsteller als Offizier den Formmangel selbst erkennen können, da eine umfassende Unterrichtung über die Formen und Fristen der Beschwerdeerhebung Gegenstand der militärischen Ausbildung ist (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Juli 2020 - 2 [X.] 1.20 - [X.]E 169, 112 Rn. 17). Zum anderen ist der Antragsteller noch vor Fristablauf fernmündlich darüber informiert worden, dass eine Originalunterschrift erforderlich sei. Damit hätte er ohne weiteres seine Beschwerde fristwahrend bei seinem nächsten [X.] schriftlich oder mündlich zur Niederschrift einlegen können. Dass er die Möglichkeit, durch unverzügliches Handeln die Frist noch zu wahren, verstreichen ließ, muss er sich zurechnen lassen. Der Antragsteller hat selbst angegeben, dass ihm der angegriffene Bescheid am 17. Juni 2020 eröffnet worden war. Er wusste daher, dass die Frist am 17. Juli 2020 ablief und dass er für eine formgerechte Einlegung der Beschwerde noch an diesem Tage Sorge tragen musste. Dass die reguläre [X.] dies nicht gewährleistete, fällt hiernach in seinen Risiko- und Verantwortungsbereich.

c) Es ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Es kommt nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 32 [X.] oder § 60 VwGO vorlägen, denn diese Normen sind weder direkt, noch analog oder ihrem Rechtsgedanken nach anwendbar. § 7 [X.] stellt nämlich eine für das Wehrbeschwerderecht getroffene Sonderregelung dar, die bei Fristversäumnis die allgemeinen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt ([X.], Urteil vom 17. November 1995 - 8 C 38. 93 - [X.] 311 § 7 [X.] Nr. 1 <4> m.w.[X.]).

d) Ein Fristmangel ist auch nicht deswegen unbeachtlich, weil die Beschwerdestelle dessen ungeachtet in der Sache entschieden hätte ([X.], Beschlüsse vom 27. November 2014 - 1 [X.] 61.13 - [X.] § 17 [X.] Nr. 91 Rn. 41 und vom 28. Februar 2019 - 1 [X.] 40.18 - juris Rn. 12). Denn das [X.] hat lediglich im Rahmen der Dienstaufsicht das Begehren des Antragstellers auch inhaltlich geprüft und die Beschwerde ausdrücklich wegen Fristversäumnis zurückgewiesen, sodass eine rein prozessuale Beschwerdeentscheidung vorliegt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 27. November 2014 - 1 [X.] 61.13 - [X.] § 17 [X.] Nr. 91 Rn. 41 und vom 26. Februar 2020 - 1 [X.] 64.19 - [X.] § 6 [X.] Nr. 8 Rn. 32). Das Ergebnis der dienstaufsichtlichen Prüfung kann auch nicht zulässig Gegenstand eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.] (hier [X.]. § 21 Abs. 1 Satz 2 [X.]) sein ([X.], Beschluss vom 26. November 2020 - 1 [X.] 75.19 - juris Rn. 26 m.w.[X.]).

e) Vor diesem Hintergrund bedarf es auch nicht der vom Antragsteller beantragten Beweiserhebung. Da der Zulassungsantrag bestandskräftig abgelehnt wurde, kommt es nicht mehr darauf an, ob einem Zulassungsanspruch des Antragstellers unzureichende Englischkenntnisse entgegengehalten werden können oder ob dieser mehrfach die Bereitschaft zu einer Sprachausbildung erklärt hat. Ohne Bedeutung ist auch, ob die Fürsorgepflicht des Dienstherrn es erfordert hätte, den Antragsteller frühzeitig eine Sprachausbildung zu ermöglichen.

Meta

1 WB 27/21

25.11.2021

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

§ 5 Abs 1 S 2 WBO, § 6 Abs 1 WBO, § 6 Abs 2 S 1 WBO, § 7 Abs 1 WBO, § 7 Abs 2 WBO, § 3a Abs 2 VwVfG, Art 3 Nr 11 EUV 910/2014, Art 12 EUV 910/2014, Art 15 EUV 910/2014, Art 20 EUV 910/2014, Art 24 EUV 910/2014, Art 26 EUV 910/2014

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.11.2021, Az. 1 WB 27/21 (REWIS RS 2021, 803)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 803

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