Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2018, Az. 4 StR 348/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 10133

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:250418B4STR348.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 348/17

vom
25. April
2018
in der Strafsache
gegen

wegen schweren Raubes u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25.
April 2018
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 26.
April 2017 mit den zugehörigen Fest-stellungen aufgehoben
a)
im Schuldspruch, soweit der Angeklagte in den Fäl-len
II.4. und 5. der Urteilsgründe verurteilt worden ist, und
b)
im Gesamtstrafenausspruch.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen (besonders) schweren Raubes, Raubes in Tateinheit mit Freiheitsberau-bung und Körperverletzung, wegen Körperverletzung
in zwei Fällen, darunter in einem Fall tateinheitlich mit Nötigung, wegen Nötigung, Urkundenfälschung in 1
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Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Haftpflichtversicherung sowie wegen Besitzes und Abgabe von Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Maßregelentscheidung nach den §§
69, 69a StGB getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensbeanstandungen und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
Die Verurteilung des Angeklagten wegen jeweils tateinheitlich begange-nen Raubes bzw. schweren Raubes in den Fällen
II.4. und 5. der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
1.
Nach den Feststellungen fand sich der Angeklagte mit der von der Geschädigten ausgehenden Beendigung der gemeinsamen Beziehung nicht ab. Er stellte der Geschädigten in vielfältiger Weise nach, wobei er mehrfach gewaltsam in ihre Wohnung eindrang, der Geschädigten ihr Smartphone weg-nahm und es gegen ihren Willen auf neue Nachrichten hin kontrollierte.
Am Abend des 1.
Mai 2016 gelangte der Angeklagte erneut gegen den Willen der Geschädigten in ihre Wohnung. Als die Geschädigte versuchte, aus der Wohnung zu fliehen, verschloss der Angeklagte von innen die Tür, um sie im [X.] festzuhalten. Der um Hilfe rufenden Geschädigten hielt er den Mund zu und schlug und trat in der
Absicht auf sie ein, sie zu verletzen und ihr Schmerzen zuzufügen. Sodann ging er in das Schlafzimmer und holte das dort liegende Smartphone der Geschädigten. Als die Geschädigte ihm das [X.] wegnahm, entriss er es ihr gewaltsam. Außerdem biss er die Geschädigte 2
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in den Oberarm und schlug oder trat sie erneut, um sie zu demütigen.
Gegen 22.00
Uhr verließ der Angeklagte die Wohnung, wobei er das Smartphone der Geschädigten und die Telefonschnur zum Festnetzanschluss mitnahm, um eine anderweitige Kontaktaufnahme insbesondere mit der Mutter der Geschädigten zu verhindern. Er beabsichtigte, die beiden Gegenstände für sich zu behalten. Zu einem späteren [X.]punkt gab er sie an die Geschädigte zurück (Tat
II.4. der Urteilsgründe).
Am 16.
Mai 2016 verschaffte sich der Angeklagte wiederum eigenmäch-tig Zutritt zur Wohnung der Geschädigten und brachte sie unter Bedrohung mit einer an die Schläfe der Geschädigten gehaltenen ungeladenen [X.] dazu, ein gerade geführtes Telefongespräch abrupt zu beenden und die Frage des Angeklagten nach dem Fortbestand ihrer Beziehung zu [X.]. Anschließend verstaute der zunächst zufriedengestellte Angeklagte die Schreckschusspistole in einer mitgebrachten Reisetasche. Als wenig später das Mobiltelefon der Geschädigten klingelte und sie das Gespräch entgegenneh-men wollte, geriet der Angeklagte erneut in Wut. Er nahm der Geschädigten gewaltsam das Smartphone aus der Hand und riss das Kabel der [X.]. Dabei äußerte er, dass ihm jetzt alles egal sei und er mit der Pistole schießen werde, wenn jemand hereinkäme. Anschließend verließ er die Wohnung und nahm das Smartphone und die [X.] mit, um diese Gegen-stände für sich zu behalten (Tat
II.5. der Urteilsgründe).
2.
Die Feststellungen belegen

vor dem Hintergrund der besonderen Gegebenheiten des Falles

nicht hinreichend, dass der Angeklagte bei der Wegnahme der jeweiligen Gegenstände mit der nach §
249 Abs.
1 StGB erfor-derlichen Zueignungsabsicht handelte.
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5
-
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 30.
Oktober 2017 insoweit ausgeführt:

Die Zueignungsabsicht ist gegeben, wenn der Täter im [X.]punkt der Wegnahme die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers
oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich
oder einen [X.] erlangen und sie der Substanz oder dem Sach-wert nach seinem Vermögen oder dem eines [X.] einverleiben

oder zuführen will ([X.], Urteil vom 28.
Juni 1961

2
StR
184/61 =
[X.]St 16, 190 [192] =
NJW 1961, 2122; Beschluss vom 5.
März 1971

3
StR 231/69 =
[X.]St 24, 115 [119] =
NJW 1971, 900; Urteil vom 27.
Januar 2011

4
StR
502/10 =
NStZ 2011, 699 [701]). An dem für eine Aneig-nung erforderlichen Willen des [X.], den Bestand seines Vermögens oder den des Vermögens eines [X.] zu mehren, fehlt es dagegen, wenn er das [X.] nur zur Erzwingung einer Gebrauchsan-maßung einsetzt oder wenn er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie

Forderung zu benutzen oder um den Eigentümer durch bloßen Sach-entzug zu ärgern (vgl. [X.], Urteile vom 26.
September 1984

3
StR 367/84 =
NJW 1985, 812; vom 27.
Januar 2011

4
StR
502/10 =
NStZ 2011, 699, 701

jeweils mwN; [X.], Beschlüsse vom 28.
April 2015

3
StR
48/15 (NStZ-RR 2015, 371); vom 9.
Juni 2015

3
StR
146/15.
Nach diesen Maßstäben ist die Zugeignungsabsicht des Angeklagten bei den Taten
4. und 5. nicht belegt. Zwar stellt das [X.] fest, dass l-

8,
9). Im Rahmen der Strafzumessung führt das [X.] jedoch aus, dass es dem Angeklagten in beiden Fällen nicht in erster
Linie auf die Aneignung der Geräte ankam. Bei der Tat
4. ging es ihm ä-digten (UA S.
25). Ähnlich wird im Fall

g-te auch hier nicht in erster Linie die Entwendung des Telefons und der [X.] bezweckt hatte, sondern die telefonische Kontaktaufnahme

26).
Den Feststellungen ist nicht hinreichend zu entnehmen, was weiter mit dem Handy geschehen sollte und ob der Angeklagte eventuell erst spä-7
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6
-
ter über den Verbleib der Gegenstände
entscheiden wollte. Zwar kann die Zueignungsabsicht auch bei einer Wegnahme mit dem Willen vor-handen sein, die Sache zunächst zu behalten und sich erst später [X.] schlüssig zu werden, wie über sie zu verfügen sei ([X.], Urteil vom
25.
Oktober 1968

4
StR
398/68, [X.] 1969, 306, 307). Doch ergeben die Feststellungen gerade nicht, dass der Angeklagte zum [X.]punkt der Wegnahme der Gegenstände

wenn auch nur vorübergehend

diese über die für seine Zwecke (hier: Verhinderung der telefonischen Kontakt-aufnahme durch die Geschädigte oder deren Kontrolle) benötigte [X.] hinaus behalten wollte.
Auch eine

bei fehlender Zueignungsabsicht mögliche (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Juli 1960

5
StR
80/60 =
[X.]St 14, 386 =
NJW 1960, 1729)

Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung (§
253 Abs.
1, §
255 StGB) kommt auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht in [X.], denn der Angeklagte handelte nicht in der Absicht, sich oder einen [X.] zu bereichern. [X.] Besitz einer Sache bildet
einen Vermö-gensvorteil nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen will. Daran fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten [X.] hinnimmt (vgl. nur [X.], Urteil vom 27.
Januar 2011

4
StR
502/10 =
NStZ 2011, 699, 701; Beschluss vom 14.
Februar 2012

3
StR
392/11 =

Dem schließt sich der Senat an, zumal der Angeklagte im Rahmen sei-ner vom [X.] als glaubhaft bewerteten Einlassung, auf welche die ge-troffenen Feststellungen maßgeblich gestützt sind, zur Tat
II.5. der Urteilsgrün-de angegeben hat, die Geschädigte habe sich wegen der mitgenommenen [X.] bei ihm melden sollen.
8
-
7
-
Die Aufhebung der Verurteilungen in den Fällen
II.4. und 5. der [X.] entzieht dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage. [X.] wird der [X.] hiervon nicht berührt.
Franke
Roggenbuck
Cierniak
Bender
Ri[X.] Dr.
Quentin ist ur-laubsbedingt gehindert zu unterschreiben.
Franke

9

Meta

4 StR 348/17

25.04.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2018, Az. 4 StR 348/17 (REWIS RS 2018, 10133)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10133

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


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