Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.07.2015, Az. XII ZB 670/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7475

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 670/14

vom

28. Juli
2015

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§ 7, 172, 181
Stirbt
während eines Abstammungsverfahrens der als Vater geltende Mann, so sind seine Eltern nach seinem
Tod jedenfalls so lange nicht am Verfahren zu beteiligen, wie nicht ein hierzu berechtigter übriger Beteiligter fristgerecht ge-mäß §
181 FamFG
die Fortsetzung des Verfahrens verlangt hat.

[X.], Beschluss vom 28. Juli 2015 -
XII [X.] 670/14 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
28. Juli
2015
durch den
Vor-sitzenden
Richter
Dose
und die Richter Schilling, [X.], Dr.
Nedden-Boeger
und Guhling
beschlossen:

Der weiteren Beteiligten zu 4
wird Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde
gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats und [X.] des [X.] vom 14. November 2014
gewährt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den vorbezeichneten Beschluss wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 4
zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Mutter des die Vaterschaft anfechtenden Mannes
nach dessen Tod an einem Abstammungsverfahren zu beteiligen ist, dessen Fortsetzung keiner der übrigen Beteiligten verlangt hat.
Der Antragsteller hatte am 9.
Mai 2011 die Vaterschaft für das am 20.
April 2011 geborene betroffene Kind anerkannt. Mit Schriftsatz vom 18.
April 2013 hat er die Vaterschaft angefochten. Der Schriftsatz ist der Kindesmutter 1
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3
-
(Beteiligte zu
2) am 17.
Mai 2013 zugestellt worden. Am 27.
Mai 2013 ist der Antragsteller verstorben. Im Anhörungstermin
vom 15.
Juli 2013, zu dem seine Verfahrensbevollmächtigte, die Beteiligte zu
2
sowie
ein Vertreter des [X.]
(Beteiligter zu
3) erschienen waren, hat das Amtsgericht die [X.] festgestellt. Weiter hat es darauf hingewiesen, dass das Verfahren nur fortgesetzt werde, wenn ein Beteiligter dies innerhalb einer
Frist von einem Monat verlange. Nachdem binnen dieser Frist kein Fortset-zungsantrag eingegangen war, hat das Amtsgericht mit Verfügung vom 19.
August 2013 die Erledigung des Verfahrens festgestellt.
Mit Schriftsatz vom 8. August 2014 hat die Mutter des Antragstellers (Be-teiligte zu 4)
beantragt, sie zum Verfahren hinzuzuziehen und dieses
fortzuset-zen. Das Amtsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Mit dem hier [X.] Beschluss hat das [X.] die sofortige Be-schwerde der Beteiligten zu 4
gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf [X.] als Beteiligte zurückgewiesen. Die Beteiligte zu 4
verfolgt mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde ihren Antrag auf Hinzuziehung weiter.

II.
Die aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß §§
7 Abs.
5 Satz
1 FamFG, 574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statthafte (vgl. [X.] vom 15.
Februar 2012 -
XII
[X.]
133/11 -
FamRZ
2012, 960 Rn.
4 und
vom 5.
Januar 2011 -
XII
[X.]
152/10 -
FamRZ 2011, 368 Rn.
2) und auch im Übrigen zulässige -
insbesondere nach der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist fristge-recht begründete -
Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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4
-
4
-
1. Das Beschwerdegericht hat seine in [X.], 687
veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
Das Amtsgericht habe den Antrag auf Hinzuziehung zu Recht abgelehnt. Wer am Vaterschaftsanfechtungsverfahren zu beteiligen sei, werde durch §
172 FamFG geregelt, der
die Eltern des verstorbenen Mannes nicht nenne. Die [X.] in der Vorschrift sei jedoch nicht abschließend. Vielmehr müssten nach §
7 Abs.
2 Nr.
1 FamFG auch diejenigen zum Verfahren hinzugezogen werden, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen werde. Das sei bei der Beteiligten zu 4
aber nicht der Fall.
Schon dem Wortlaut des §
181 FamFG könne entnommen werden, dass das Recht zur Stellung des [X.] nur den übrigen, also den be-reits bis zum Tod des Mannes
am Verfahren Beteiligten zustehe. Bei dem [X.] und damit auch bei dem Recht, die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen, handele es sich um höchstpersönliche
Rechte. Ausschlaggebend sei jedoch, dass die Erben oder Angehörigen des verstorbenen Mannes durch die Entscheidung im Vaterschaftsanfechtungsverfahren nicht unmittelbar, son-dern allenfalls reflexartig und damit mittelbar in ihren Rechten betroffen seien.
Das [X.] betreffe unmittelbar nur den Vater und das Kind selbst. Eine Rechtsbeeinträchtigung im erforderlichen Sinne
leite
sich zum einen nicht aus einer möglichen Erbenstellung ab, weil es vorliegend
nicht um die Vaterschaftsfeststellung, sondern um die Anfechtung einer bestehenden Vaterschaft gehe. Zum anderen ergebe sie sich auch nicht aufgrund der aus dem Verwandtschaftsverhältnis abgeleiteten Rechte und Pflichten,
etwa dem Umgangsrecht oder der Unterhaltspflicht.
Schließlich folge sie nicht aus [X.] Recht, nachdem der Gesetzgeber die früher in bestimmten Fallgestaltun-5
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5
-
gen bestehende Möglichkeit, dass Eltern die Vaterschaftsanerkennung ihres [X.] nach dessen Tod anfechten konnten, ersatzlos gestrichen habe.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
a) Die Beteiligung in [X.] regelt §
172 FamFG, wonach das Kind, die
Mutter und der Vater sowie in bestimmten Fällen auch das Ju-gendamt (auf seinen Antrag)
zu beteiligen sind. Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt, ist diese Aufzählung jedoch nicht abschließend. Vielmehr sind auch weitere Personen als sog. Mussbeteiligte zum Verfahren hinzuzuzie-hen, sofern die Voraussetzungen des §
7 Abs. 2 Nr.
1 FamFG vorliegen, also ihr Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird (vgl. BT-Drucks.
16/6308 S.
345; [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
172 Rn.
13).
Dass die
Eltern des [X.] -
ebenso wie seine sonstigen nächsten Verwandten -
zu dessen Lebzeiten zu diesen Mussbeteiligten gehören, wird zu Recht von niemandem
vertreten. Denn sämtliche verwandtschaftlichen und rechtlichen Beziehungen zum Kind stellen sich für sie nur als Reflex ihres [X.] zum Kindesvater, nicht aber als unmittelbares Recht dar (vgl. Senatsbeschluss [X.]Z 163, 37 = [X.], 1067
f.).
b) Die Beteiligte zu 4
macht ohne Erfolg geltend, mit dem Tod ihres [X.] sei sie durch das Abstammungsverfahren unmittelbar in ihren Rechten be-troffen und daher nach §
7 Abs.
2 Nr.
1 FamFG als Beteiligte zum Verfahren hinzuzuziehen.
aa) Stirbt in einer
Abstammungssache
im Sinne von §
169 FamFG ein Beteiligter vor Rechtskraft der Entscheidung, hat das Gericht gemäß §
181 Satz
1 FamFG die übrigen Beteiligten darauf hinzuweisen, dass das Verfahren 9
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nur fortgesetzt wird, wenn ein Beteiligter dies innerhalb einer Frist von einem Monat durch Erklärung gegenüber dem Gericht verlangt. Ohne
ein solches Ver-langen binnen der vom Gericht gesetzten Frist gilt das Verfahren gemäß §
181 Satz 2 FamFG als in der Hauptsache erledigt.
Während des Laufs der Frist nach §
181 FamFG befindet sich das [X.] mithin in einem Schwebezustand, in dem allein zu klären ist, ob es auf-grund des Antrags eines hierzu Berechtigten fortgesetzt wird oder mit dem Tod des Beteiligten sein Ende gefunden hat. Die Hinzuziehung nächster Verwandter des verstorbenen Mannes im Stadium zwischen dessen Tod und dem Fortset-zungsverlangen eines der übrigen Beteiligten bzw. dem Fristablauf käme
daher nur dann in Betracht, wenn den nächsten Verwandten selbst das Antragsrecht des §
181 Satz
1 FamFG zustünde und ihnen dadurch die Möglichkeit eröffnet wäre, den Schwebezustand durch ein eigenes Fortsetzungsverlangen zu been-den. [X.] man hingegen ihre Berechtigung im Sinne
des §
181 FamFG, fehlt es dann, wenn wie hier keiner der übrigen Beteiligten ein Fortsetzungsver-langen innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stellt, an einem (Haupt-
sache)Verfahren, an dem die nächsten Verwandten beteiligt werden könnten.
bb) Wie der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage in dem Parallelver-fahren XII
[X.]
671/14 entschieden hat, sind die Eltern des [X.] nach dessen Tod nicht gemäß §
181 Satz
1 FamFG berechtigt,
die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen. Dies ergibt die Auslegung der Vorschrift nach [X.], [X.], Sinn und Zweck sowie Systematik des Geset-zes.
Mangels eines Fortsetzungsverlangens durch einen der hierzu berechtig-ten übrigen Verfahrensbeteiligten gilt das Abstammungsverfahren daher als in 14
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7
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der Hauptsache erledigt. Für die von der Mutter des Verstorbenen begehrte Hinzuziehung ist mangels anhängigen Verfahrens
demnach kein Raum.
cc) Um eine Beteiligung im Rahmen der nach Erledigung der [X.] gemäß §§
83 Abs. 2, 81 FamFG zu treffenden Kostenentscheidung
geht es vorliegend nicht. Die Beteiligte zu 4, die im Übrigen auch nicht Erbin ihres ver-storbenen [X.] geworden ist, macht dies auch nicht geltend.
Die Frage, ob die nächsten Verwandten des Verstorbenen -
und damit gegebenenfalls auch die Beteiligte zu 4
-
im Falle eines wirksamen Fortset-zungsverlangens zu dem dann fortzuführenden Verfahren hinzuzuziehen wä-ren, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
[X.]Schilling Günter

Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.08.2014 -
1 [X.]/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.11.2014 -
7 [X.] 1338/14 -

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Meta

XII ZB 670/14

28.07.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.07.2015, Az. XII ZB 670/14 (REWIS RS 2015, 7475)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7475

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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