Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2017, Az. XI ZR 66/16

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 16850

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:240117BXIZR66.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XI ZR 66/16
vom
24.
Januar 2017
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der X[X.]
Zivilsenat des [X.] hat durch den Vizepräsidenten Prof.
Dr.
Ellenberger, den
Richter Dr.
Joeres sowie
die Richterinnen Dr.
Menges, Dr.
Derstadt
und Dr.
Dauber

am 24.
Januar 2017

beschlossen:

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger gegen den Beschluss des 17.
Zivilsenats des [X.] vom 1.
Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§
97
Abs.
1 ZPO).
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 65.000

Gründe:
[X.]
Die Parteien schlossen am
18.
August 2009 -
die Kläger als Verbrau-cher

drei Darlehensverträge über insgesamt 275.000

ä-gen waren jeweils gleichlautende Widerrufsbelehrungen folgenden Inhalts bei-gefügt.

1
-
3
-

-
4
-

Mit Schreiben vom 18.
Dezember 2013 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.
Ihre Klage auf Feststellung, dass die Darlehensverträge nicht mehr [X.] und die Kläger der Beklagten aus den Darlehensverträgen nur die nach Abzug sämtlicher von den Klägern an die Beklagte geleisteten Zahlungen zu-züglich Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Eingang der einzelnen Zahlungen bei der Beklagten verbleibende Nettodarlehenssumme nebst Nutzungsentschädigung in Form der marktüblichen Verzinsung der [X.] schulden, außerdem auf Zahlung vorgerichtlicher Rechts-anwaltskosten, hilfsweise auf Rückzahlung der von den Klägern erbrachten Zins-
und Tilgungsleistungen nebst Herausgabe von Nutzungen und Feststel-lung, dass die nach dem 31.
Dezember 2014 geleisteten Tilgungen der Kläger auf die streitgegenständlichen Darlehen auf die Restschuld der Darlehen ange-rechnet werden, hat das [X.] abgewiesen. Die dagegen gerichtete Be-rufung hat das Berufungsgericht nach Erteilung eines Hinweises durch ein-stimmigen Beschluss zurückgewiesen
(OLG
Frankfurt/Main, BeckRS
2016, 07389).

I[X.]
Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist un-begründet, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] nicht erfordern (§ 543 Abs.
2 Satz
1 ZPO). Das gilt
auch bei einer Beurteilung anhand revisionsrechtlicher Maßstäbe (vgl. BVerfGK
6, 79, 81
ff.; 18, 105, 111
f.; 19, 467, 475).
2
3
4
-
5
-

1. Das Berufungsgericht ist zu Recht und ohne, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ein Zulassungsgrund nach §
543 Abs.
2 Satz 1 ZPO besteht, davon ausgegangen, die Beklagte habe die Kläger ordnungsgemäß über das ihnen nach §
495 Abs.
1 BGB zustehende Widerrufsrecht belehrt.
a) Die Angabe der Widerrufsfrist mit "zwei Wochen"
stand in Überein-stimmung mit §
355 Abs.
1 Satz
2 BGB in der hier gemäß Art.
229 §
22 Abs.
2, §
32 Abs.
1, §
38 Abs.
1 Satz
1 EGBGB maßgeblichen, zwischen dem 8.
De-zember 2004 und dem 10.
Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: aF). Anders als in dem Fall, der dem Senatsurteil vom 12.
Juli 2016 (XI
ZR
564/15, WM
2016, 1930
Rn.
19, zur [X.] bestimmt in [X.]) zugrunde lag, war hier der [X.] "Bitte Frist im Einzelfall prüfen"
mit der Einleitung "Bearbeitungshinweis:"
versehen und damit deutlich an den die
Belehrung ertei-lenden Mitarbeiter der Beklagten und nicht an die Kläger als Kunden gerichtet.
b) Eines
Hinweises
darauf, bei einer Mehrheit von Darlehensnehmern könne jeder für sich seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete [X.] widerrufen, bedurfte es entgegen der Rechtsauffassung der Klä-ger nicht (Senatsurteil vom 11.
Oktober 2016

XI
ZR
482/15, WM
2016, 2295 Rn.
13, zur [X.] bestimmt in [X.]).
c) Die Angaben
zu den Widerrufsfolgen standen
in Einklang
mit den [X.] der Anlage
2 zu §
14 Abs.
1 und 3 [X.] in der hier maßgeblichen, zwischen dem 4.
August 2009 und dem 10.
Juni 2010 geltenden Fassung (künf-tig: aF) und waren, ohne dass es auf die Gesetzlichkeitsfiktion des [X.] ankäme, hinreichend deutlich (Senatsbeschluss vom 27.
Septem-ber 2016

XI
ZR
309/15, juris Rn.
9).
5
6
7
8
-
6
-
d) Die Ausführungen im
Abschnitt "Finanzierte Geschäfte"
machten die Widerrufsbelehrung der Beklagten ebenfalls nicht undeutlich, obwohl [X.] Verträge nicht vorlagen. [X.] müssen für verschiedene [X.] offen sein (Senatsurteil vom 23.
September 2003

XI
ZR 135/02, WM
2003, 2232, 2234 unter [X.]). Wie der Senat mit Urteil vom 23.
Juni 2009 (XI
ZR
156/08, WM
2009, 1497 Rn.
17) entschieden hat, ist eine Widerrufsbelehrung nicht generell unwirksam, weil
sie Elemente zu finanzierten Geschäften enthält, zu deren Aufnahme der Unternehmer nicht verpflichtet ist.

Auch der
Gestaltungshinweis (10) der Anlage
2 zu §
14 Abs.
1 und 3 [X.] aF sah
den nur fakultativen Wegfall der "nachfolgenden Hinweise für finanzierte Geschäfte"
vor, wenn ein verbundener Vertrag
nicht vorlag. Dass der Verordnungsgeber die Verwendung dieser Hinweise freistellte, weil "die Beurtei-lung, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht, im
Einzelfall schwierig sein kann"
(BMJ, Begründung zur [X.] zur Änderung der [X.], BAnz.
2008, 957, 962 unter [X.]]), führt nicht dazu, dass "Sammelbelehrungen"
als undeutlich und unwirksam zu [X.] sind. Vielmehr hat
der (Parlaments-)Gesetzgeber

wenn auch für an-dere als Verbraucherdarlehensverträge

selbst durch die Übernahme des [X.] nicht veränderten Gestaltungshinweises
(10) der Anlage
2 zu §
14 Abs.
1 und 3 [X.] aF
(dazu BT-Drucks.
16/11643, S.
147) in Gestal-tungshinweis
(11), später (10) und schließlich (12) der Anlage
1 zu Art.
246 §
2 Abs.
3 Satz
1 EGBGB und Gestaltungshinweis
(7), später (8) der Anlage
2 zu Art.
246 §
2 Abs.
3 Satz
1 EGBGB in Verbindung mit §
360 Abs.
1 Satz
1, Abs.
2 Satz
1, Abs.
3 Satz
1 und
2 BGB, jeweils in der zwischen dem 11.
Juni 2010 und dem 12.
Juni 2014 geltenden Fassung
(künftig: aF),
zu erkennen ge-geben, von der hinreichenden Deutlichkeit einer Widerrufsbelehrung (und Rückgabebelehrung)
auch dann auszugehen, wenn sie nicht erforderliche Hin-9
10
-
7
-
weise zu finanzierten Geschäften enthält (vgl. OLG
München, BKR
2015, 337, 338
f.).
Sein
erst ab dem 30.
Juli 2010
wirksamer
gesetzgeberischer Wille, bei der Gestaltung des Musters für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarle-hensverträge gemäß
Anlage
6 zu Art.
247 §
6 Abs.
2 und §
12 Abs.
1 EGBGB eine Information über
verbundene
Verträge
nur bei deren Vorliegen zuzulassen (BT-Drucks.
17/1394, S.
30, linke Spalte oben; dazu auch [X.]/
[X.], 7.
Aufl., §
358 Rn.
71), betrifft nicht den
Anwendungsbereich
des §
360 BGB aF und ist für die Interpretation des Deutlichkeitsgebots des
§
355 Abs.
2 Satz
1 BGB aF
nicht maßgeblich. Entsprechend geht auch die [X.] Rechtsprechung davon aus, "Sammelbelehrungen"
seien nicht per se undeutlich und unwirksam (OLG
Düsseldorf, Urteil vom 29.
Januar 2016

22
U 126/15, juris Rn.
111; OLG
Köln, Urteil vom 24.
Februar 2016

13
U
84/15, juris Rn.
76
ff.; Beschluss vom 23.
März 2015

13
U
168/14, juris Rn.
6; Beschluss vom 3.
Mai 2016

13
U
33/16, juris Rn.
9
ff.; OLG
München, BKR
2015, 337, 338
f.
und
WM
2016, 123, 124
ff.; Beschluss vom 21.
Mai 2015

17
U
709/15, juris
Rn.
5; OLG
Naumburg, Urteil vom 7.
Oktober 2015

5
U
95/15, juris Rn.
24).
Hier entsprachen die von der Beklagten verwandten Textbausteine

mit einem offensichtlichen Schreibversehen: "Pflicht zum Wertersatzpflicht"
statt "Pflicht zum Wertersatz"
und mit einigen unmaßgeblichen Anpassungen bei der Sprecherperspektive

im
Wesentlichen einer Kombination der Texte im Gestal-tungshinweis (10) des
Musters
für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage
2 zu §
14 Abs.
1 und 3 [X.] aF und waren hinreichend deutlich.
2. Weil das Begehren der Kläger in der Sache keinen Erfolg hat,
kann hier dahinstehen, ob die Kläger mit ihren Hauptanträgen zulässig im Wege der 11
12
13
-
8
-
Feststellungsklage gegen die Beklagte vorgehen konnten. Ein Feststellungsbe-gehren, das das Berufungsgericht für zulässig erachtet hat, kann bei tatsächlich fehlendem Feststellungsinteresse in der Revisionsinstanz aus sachlichen Grün-den abgewiesen werden (Senatsurteil vom 1.
Juli 2014

XI
ZR
247/12, WM
2014, 1621 Rn.
18; [X.], Urteile vom 24.
Februar 1954

II
ZR
3/53, [X.]
12, 308, 316, vom 9.
November 1967

KZR
10/65, GRUR
1968, 219, 221
unter [X.] und vom 27.
März 2015

V
ZR
296/13, WM
2015, 1005 Rn.
9 [X.]). Gründe der prozessualen Fairness gebieten es in einem solchen Fall nicht, dem Kläger zuvor die Möglichkeit zu geben, von der unzulässigen und unbegründe-ten Feststellungs-
zu einer ebenso unbegründeten Leistungsklage überzuge-hen. Entsprechend wäre
im Revisionsverfahren die das Feststellungsbegehren der Kläger sachlich zurückweisende Entscheidung des Berufungsgerichts auf-rechtzuerhalten. Deshalb ist eine Zulassung der Revision auch nicht veranlasst, um zur Anwendung des §
256 ZPO in Fällen wie dem vorliegenden weitere Maßgaben zu entwickeln.
-
9
-
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2 Halbsatz
2 ZPO abgesehen.

Ellenberger
Joeres
Menges

Derstadt
Dauber
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.06.2015 -
2-10 O 322/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 01.02.2016 -
17 [X.] -

14

Meta

XI ZR 66/16

24.01.2017

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2017, Az. XI ZR 66/16 (REWIS RS 2017, 16850)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16850

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XI ZR 66/16

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