Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.04.2011, Az. II ZR 173/10

2. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7942

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Gegenstand

GmbH: Geltung der Eigenkapitalersatzregeln für den Nießbraucher eines Geschäftsanteils


Leitsatz

Der Nießbraucher eines GmbH-Geschäftsanteils kann Adressat der Eigenkapitalersatzregeln sein .

Tenor

Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass der [X.] beabsichtigt, die Revision durch Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

1

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht kein Grund für die Zulassung der Revision i.S. des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

2

1. Das Berufungsgericht sieht eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits allein in der Frage, ob auch ein Nießbraucher Adressat der [X.] sein kann.

3

Diese Frage bedarf keiner Klärung durch ein Urteil des [X.]. Abgesehen davon, dass davon auslaufendes Recht betroffen ist, besteht ein Klärungsbedarf in der Regel nur dann, wenn eine Rechtsfrage entweder in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum noch nicht angesprochen ist oder wenn über sie ein Meinungsstreit besteht. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Vielmehr herrscht im Schrifttum Einigkeit darüber, dass auf einen Nießbraucher §§ 32a, [X.] aF und die sog. Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen entsprechend anwendbar sind.

4

[X.] besteht lediglich insoweit, als teilweise die Gleichstellung des Nießbrauchers mit dem [X.]er dann angenommen wird, wenn sich der Nießbrauch auf den gesamten Geschäftsanteil oder jedenfalls auf seinen gesamten Ertrag erstreckt (so [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 4. Aufl., § 32a Rn. 74; [X.]/[X.], GmbHG, §§ 32a, b Rn. 152), oder erst dann, wenn der Nießbraucher über den [X.]er aufgrund der Abmachungen im Einzelfall Einfluss auf die [X.] ausüben kann - vornehmlich bei langjähriger Berechtigung und vergleichbar mit einem Treuhandverhältnis ([X.], [X.] 1986, 855, 857; [X.]/[X.] in [X.]/ [X.], GmbHG, 18. Aufl., § 32a Rn. 21; [X.] in [X.], GmbHG, 8. Aufl., § 32a, b Rn. 126; [X.]/[X.], GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, b Rn. 152; [X.]/[X.], GmbHG, 16. Aufl., § 32a Rn. 52; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], HGB, 2. Aufl., § 172a Rn. 72; Johlke/[X.] in von [X.]/[X.], Handbuch des [X.], 2. Aufl., Rn. 5.33; [X.]/[X.], GmbHG, 2. Aufl., § 32a, § 32b aF Rn. 199;Meyer, [X.] an GmbH-Geschäftsanteilen und an Aktien, 2002, [X.]). Die herrschende Meinung orientiert sich dabei an der Senatsrechtsprechung zum Pfandgläubiger und zum stillen [X.]er. Diese stellt der Senat im Rahmen des Eigenkapitalersatzrechts einem [X.]er gleich, wenn ihnen neben ihrer Beteiligung am Gewinn der [X.] in atypischer Weise weitreichende Befugnisse zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der [X.] eingeräumt sind, insbesondere wenn sie wie ein [X.]er die Geschicke der [X.] mitzubestimmen berechtigt sind ([X.], Urteil vom 13. Juli 1992 - [X.], [X.]Z 119, 191, 195 f. zum Pfandgläubiger; Urteil vom 7. November 1988 - [X.], [X.]Z 106, 7, 10 zum stillen [X.]er). Lediglich [X.] vertritt einen engeren Standpunkt. Danach ist der Nießbraucher nur dann einem [X.]er gleichzustellen, wenn der [X.]er, der den Nießbrauch bestellt, den Anteil für Rechnung des Nießbrauchers hält oder der Kredit wirtschaftlich gesehen aus dem Vermögen des Bestellers aufgebracht wird ([X.] in [X.][X.], GmbHG, 6. Aufl., § 32a aF Rn. 181 f.).

5

Auch die Frage, welcher dieser Meinungen der Vorzug zu geben ist, begründet keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Denn im vorliegenden Fall ist die Klägerin nach allen drei Meinungen einem [X.]er gleichzustellen. [X.] der Klägerin umfasst die gesamten Beteiligungen ihrer Kinder an der [X.]. Der Klägerin ist auch eine Position eingeräumt worden, die ihr entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der [X.] verschafft. Sie kann aufgrund der ihr eingeräumten Stimmrechtsvollmachten, die durch das Recht zum Widerruf der Schenkungen abgesichert sind, auf die Geschicke der [X.] wie ein [X.]er Einfluss nehmen. Sie hat darüber hinaus bei wichtigen Entscheidungen, selbst wenn sie von den Vollmachten keinen Gebrauch macht, ein Weisungsrecht. Ohne eine Weisung müssen sich die Kinder insoweit der Stimme enthalten. Weiter hat sie die gleichen Informationsrechte wie ein [X.]er. Auch nach der abweichenden Meinung von [X.] gilt nichts anderes. Denn die Kinder halten die Beteiligungen für Rechnung der Klägerin, da das Nießbrauchsrecht auf Lebenszeit eingeräumt ist und alle Vorteile aus der [X.]erstellung der Klägerin zustehen.

6

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

7

Das Berufungsgericht hat zu Recht eine Bindung des Darlehens der Klägerin nach § 32a Abs. 1, 3 Satz 1 GmbHG aF, § 172a Satz 1 HGB aF angenommen.

8

Die Klägerin ist aufgrund ihres Nießbrauchs insoweit - wie dargelegt - einem [X.]er gleichzustellen.

9

Die Klägerin hat der [X.] ein Darlehen gewährt.

Ob sich die [X.] zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung in einer Krise i.S. des § 32a Abs. 1 GmbHG aF befand, kann offen bleiben. Denn jedenfalls ist sie später [X.] geworden und damit in eine Krise geraten. Das hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei anhand des Verhaltens der Hausbank festgestellt. Die Bank war nur dann zu einer weiteren Kreditgewährung bereit, wenn die Klägerin ihr Darlehen stehen lassen würde. Daraus durfte das Berufungsgericht den Schluss ziehen, dass die [X.], hätte die Klägerin ihr Darlehen abgezogen, zu marktüblichen Bedingungen keinen Kredit mehr erhalten hätte.

Ob die Klägerin aufgrund der Regelungen im [X.]svertrag oder aufgrund späterer Vereinbarungen gehindert war, das Darlehen bei Eintritt der Krise abzuziehen, ist unerheblich. Entweder war das Darlehen schon deshalb nach den [X.] gebunden, weil es von vornherein auf eine Krisenfinanzierung angelegt war (vgl. [X.], Urteil vom 9. Oktober 1986 - [X.], [X.], 1554, 1555; Urteil vom 21. März 1988 - [X.], [X.]Z 104, 33, 38; Urteil vom 9. März 1992 - [X.], [X.] 1992, 616, 617; Urteil vom 28. Juni 1999 - [X.], [X.]Z 142, 116, 120; [X.] in[X.]/[X.], GmbHG, 4. Aufl., § 32a Rn. 63; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], HGB, 2. Aufl., § 172a Rn. 50), oder die Klägerin konnte es kündigen, hat es aber in der Krise "stehengelassen", was ebenfalls zu einer Bindung nach den [X.] führt (st. Rspr., s. etwa [X.], Urteil vom 14. Dezember 1992 - [X.], [X.]Z 121, 31, 35).

Bergmann            [X.]                    Drescher

          [X.]

Meta

II ZR 173/10

05.04.2011

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 12. August 2010, Az: 4 U 68/09

§ 32a GmbHG vom 19.12.1998, § 32b GmbHG vom 05.10.1994

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.04.2011, Az. II ZR 173/10 (REWIS RS 2011, 7942)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7942

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II ZR 173/10

IX ZR 243/18

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