Bundessozialgericht, Urteil vom 05.07.2016, Az. B 2 U 19/14 R

2. Senat | REWIS RS 2016, 8767

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Gegenstand

Gesetzliche Unfallversicherung - Arbeitsunfall - sachlicher Zusammenhang - Handlungstendenz - betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung - betriebliche Verbundenheit - sachbereichsinterne Weihnachtsfeier - Einvernehmen mit der Dienststellenleitung - Teilnahme der Sachgebietsleiterin


Leitsatz

Eine im Einvernehmen mit der Dienststellenleitung von einem Sachgebiet veranstaltete Weihnachtsfeier steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn die Teilnahme allen Angehörigen des Sachgebiets offen steht und die Sachgebietsleiterin teilnimmt (Aufgabe von BSG vom 22.8.1955 - 2 RU 49/54 = BSGE 1, 179).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 29. April 2014 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 15. Mai 2013 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darum, ob ein Unfall der Klägerin bei einer betrieblichen [X.] ein nach dem [X.] versicherter Arbeitsunfall war.

2

Die Klägerin ist als Sozialversicherungsfachangestellte bei der [X.] ([X.]) [X.] in der Dienststelle K. beschäftigt. Die [X.] [X.] hat ca 2350 Mitarbeiter, von denen ca 230 in der Dienststelle K. tätig sind. Diese Dienststelle ist auf der untersten Organisationsebene in Sachgebiete untergliedert. Jeweils zwei Sachgebiete bilden einen Sachbereich, jeweils zwei Sachbereiche sind zu einem Referat zusammengefasst. Die Referate unterstehen direkt dem Dienststellenleiter, ebenso wie das Sachgebiet Büroleitung.

3

[X.] vereinbarten die Teilnehmer einer Besprechung der Sachbereichs- und Sachgebietsleiter, an der auch der Dienststellenleiter teilnahm, dass auch im [X.] die Sachgebiete eine eigene [X.] während der Kernarbeitszeit durchführen dürften. [X.] beschloss derselbe Teilnehmerkreis, dass auch im [X.] die Regelungen der [X.] zu der sachgebietsinternen [X.] gelten würden. Die jeweilige [X.] der Sachgebiete durfte frühestens um 12.00 Uhr beginnen und war durch Betätigung der Zeiterfassung zu dokumentieren. Der Büroleitung waren die Termine der [X.]n sowie der voraussichtliche Beginn rechtzeitig bekanntzugeben. Die Teilnehmer der [X.] erhielten eine Zeitgutschrift in Höhe von [X.] der wöchentlichen Arbeitszeit.

4

Die Planung der [X.] des Sachgebiets der Klägerin, dem insgesamt 13 Mitarbeiter angehörten, übernahmen die Sachgebietsleiterin und zwei weitere Mitarbeiter. Die Sachgebietsleiterin kündigte die Veranstaltung für den [X.] an und lud alle Mitarbeiter des Sachgebiets hierzu ein. Nach einem gemeinsamen Kaffeetrinken in den Räumen der Dienststelle machten sich am [X.] die teilnehmenden zehn Personen, darunter die Sachgebietsleiterin, auf den Weg zu einer gemeinsamen Wanderung. Dabei rutschte die Klägerin aus. Sie stürzte auf den rechten Arm und zog sich eine Ellenbogenprellung rechts sowie eine Verstauchung und Prellung des rechten Handgelenks zu.

5

Die Beklagte lehnte mit [X.] vom 19.7.2011 und Widerspruchsbescheid vom 17.11.2011 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Das [X.] hat auf die Klage der Klägerin durch Urteil vom [X.] die [X.]e der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass das Unfallereignis vom [X.] ein Arbeitsunfall war. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die [X.] nicht von der Autorität der Dienststellenleitung getragen gewesen sei. Eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung könne der versicherten Tätigkeit nur zugerechnet werden, wenn der Arbeitgeber die Veranstaltung als eigene durchführen wolle und alle Betriebsangehörigen eingeladen habe. Die Feier sei von dem Sachgebiet ohne Beauftragung oder Beteiligung des [X.] geplant und durchgeführt worden. Ein Einvernehmen mit der Dienststellenleitung habe nicht vorgelegen, weil der Zeitpunkt der Feier lediglich anzuzeigen, nicht aber abzustimmen gewesen sei. Von dem Ablauf der [X.] sei der Dienststellenleiter nicht in Kenntnis zu setzen gewesen. Außerdem habe kein Vertreter der Unternehmensleitung teilgenommen. Die Veranstaltung habe auch nicht allen Betriebsangehörigen [X.]. Dadurch, dass die Dienststellenleitung den einzelnen Abteilungen [X.]n gestattet habe, werde keine Ausnahme von dem Erfordernis der Teilnahmemöglichkeit aller Betriebsangehörigen eröffnet.

6

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 8 Abs 1 [X.]. Sie ist der Auffassung, dass die [X.] der Dienststellenleitung zuzurechnen sei. An der [X.] hätten zehn von 13 Beschäftigten der Abteilung der Klägerin teilgenommen. Eine Quote von [X.] sei ausreichend. [X.] sei, dass die Feier nur mit Angehörigen des Sachgebiets der Klägerin stattgefunden habe, denn betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen dürften auch im Rahmen organisatorisch abgegrenzter Abteilungen durchgeführt werden.

7

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des [X.] vom 29. April 2014 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 15. Mai 2013 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und sieht die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen als nicht gegeben an. Die sachgebietsinterne [X.] habe nicht allen Beschäftigten der Dienststelle [X.] und sei auch nicht von der Autorität der Unternehmensleitung getragen gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Das Urteil des [X.] war aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] zurückzuweisen. Die Klägerin hat am [X.] einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall gemäß § 2 Abs 1 [X.], § 8 Abs 1 [X.]B VII erlitten, als sie bei einer Wanderung im Rahmen der [X.] ihres Sachgebiets stürzte.

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 [X.]B VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 [X.]B VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 [X.]B VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb Versicherte ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod der Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl B[X.] vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.]; B[X.] vom [X.] - [X.] U 3/13 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.] Rd[X.]0 und - [X.] U 12/12 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.] Rd[X.]4; B[X.] vom [X.] - [X.] 4-2700 § 8 [X.] Rd[X.]2; B[X.] vom 13.11.2012 - [X.] U 19/11 R - B[X.]E 112, 177 = [X.] 4-2700 § 8 [X.], Rd[X.]; B[X.] vom 24.7.2012 - [X.] U 9/11 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.] Rd[X.]6 f). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Vorinstanzen haben insofern noch hinreichend deutlich festgestellt (§ 163 [X.]G), dass die Klägerin einen Unfall mit einem Körperschaden im Rechtssinn erlitten hat, der kausal auf den Spaziergang während der [X.] als Verrichtung zurückzuführen ist. Die Wanderung zum Zeitpunkt des Unfalls erfüllte auch das hier allein streitige Tatbestandsmerkmal der versicherten Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 [X.] [X.]B VII.

Die Klägerin war als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 [X.] [X.]B VII versichert, weil die [X.] in einem inneren Zusammenhang mit ihrer versicherten Tätigkeit als Sozialversicherungsfachangestellte stand. Eine nach § 2 Abs 1 [X.] [X.]B VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigte liegt vor, wenn die Verletzte zur Erfüllung eines von ihr begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl § 7 Abs 1 [X.]B IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 [X.] [X.]B VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 [X.] [X.]B VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder die Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zurzeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (B[X.] vom 23.4.2015 - [X.] U 5/14 R - [X.] 4-2700 § 2 [X.]; B[X.] vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.]; B[X.] vom 15.5.2012 - [X.] U 8/11 R - B[X.]E 111, 37 = [X.] 4-2700 § 2 [X.], Rd[X.] ff; B[X.] vom 13.11.2012 - [X.] U 27/11 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.] Rd[X.]3 f; B[X.] vom 14.11.2013 - [X.] U 15/12 R - [X.] 4-2700 § 2 [X.] Rd[X.]3).

Eine den Versicherungsschutz als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 [X.] [X.]B VII begründende Tätigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, zB einer betrieblichen [X.]. Die in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliederten Beschäftigten unterstützen durch ihre von der Unternehmensleitung gewünschte und ggf sogar geforderte Teilnahme das von ihr dadurch zum Ausdruck gebrachte Unternehmensinteresse, die betriebliche Verbundenheit zu fördern. Der Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung rechtfertigt es, die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung als Bestandteil der geschuldeten versicherten Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 [X.] [X.]B VII zu betrachten (stRspr vgl zB B[X.] vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.]; B[X.] vom 26.10.2004 - [X.] U 16/04 R - [X.] 4-1500 § 163 [X.] Rd[X.] 7 ff; B[X.] vom 7.12.2004 - [X.] U 47/03 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.]1 Rd[X.] 7 ff; B[X.] vom [X.] - [X.] U 4/08 R - [X.] Aktuell 2009, 1411 und - [X.] U 27/08 R - [X.] Aktuell 2010, 275 mwN; vgl auch bereits B[X.] vom 22.8.1955 - 2 [X.] 49/54 - B[X.]E 1, 179, 181 ff und B[X.] vom [X.] - B[X.]E 7, 249, 250 ff; vgl diese Rechtsprechung zusammenfassend [X.], [X.] 2015, 118 und 201 ). Aufgrund dieser Einordnung der Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung als Teil der geschuldeten Tätigkeit reicht auch bei der konkreten Verrichtung eine auf die Teilnahme an der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung gerichtete Handlungstendenz des Versicherten aus. Maßgebend ist hier mithin, dass es sich bei der am [X.] durchgeführten [X.] um eine im Schutzbereich des § 2 Abs 1 [X.] [X.]B VII liegende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung handelte.

Hierfür war bereits nach bisheriger Rechtsprechung zunächst erforderlich, dass die Veranstaltung "im Einvernehmen" mit der Unternehmensleitung stattfand (zuletzt B[X.] vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.]; B[X.] vom 9.12.2003 - [X.] U 52/02 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.] und B[X.] vom 26.10.2004 - [X.] U 16/04 R - [X.] 4-1500 § 163 [X.]). Bereits in seinem Urteil vom 9.12.2003 (aaO, Rd[X.]5) hat der Senat ausgeführt, dass eine Veranstaltung dann von der Autorität der Unternehmensleitung getragen ist, wenn der Veranstalter dabei nicht oder nicht nur aus eigenem Antrieb und freier Entschließung, sondern im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung oder für diese handelt (B[X.] vom 28.8.1963 - 5 [X.] 40/60 - [X.] [X.] 66 zu § 542 [X.] aF). Die Unternehmensleitung muss nicht selbst Veranstalter sein; es genügt, dass sie die Veranstaltung billigt und fördert. Veranstalter - im Auftrag der Unternehmensleitung - kann auch der Betriebsrat (B[X.] vom 20.2.2001 - [X.] U 7/00 R - B[X.]E 87, 294 = [X.] 3-2200 § 539 [X.] 54) oder eine Gruppe bzw einzelne Beschäftigte des Unternehmens sein. Die Billigung der Unternehmensleitung muss sich nicht nur auf die wegen der Durchführung einer Veranstaltung erforderlichen betrieblichen Änderungen (zB der Arbeitszeit, das Benutzen betrieblicher Räume) erstrecken, sondern die Durchführung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung muss von ihr gewollt sein (B[X.] vom 10.12.1975 - 8 [X.] - B[X.]E 41, 58 = [X.] 2200 § 548 [X.]1), zumal mögliche Unfälle bei solchen Veranstaltungen Auswirkungen auf die von dem Unternehmen zu zahlenden Beiträge haben können (vgl § 162 Abs 1 [X.]B VII). Bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen in einzelnen organisatorischen Einheiten des Unternehmens, insbesondere wenn das Unternehmen über mehrere Betriebsstätten oder wie vorliegend Dienststellen verfügt, genügt es, wenn die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit oder zB Dienststelle als Veranstalter seitens des Unternehmens fungiert. Diesen Kriterien folgend hat der erkennende Senat am 26.6.2014 (aaO) den Versicherungsschutz bei der Teilnahme an einer [X.] lediglich eines "Teams" eines [X.] verneint, weil sie nicht von der Leitung des [X.] oder im Einvernehmen mit dieser als betriebliche Veranstaltung durchgeführt worden war. Weder der Geschäftsführer des [X.] noch der dem Team der dortigen Klägerin übergeordnete zuständige Bereichsleiter hatten dort die Feier als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung angeregt, organisiert oder die Beschäftigten des Teams oder deren Teamleiterin mit der Durchführung der Feier beauftragt. Durch die in einer E-Mail geäußerten guten Wünsche des Bereichsleiters an die Beschäftigten des Teams nahm dieser die Feier zwar zustimmend zur Kenntnis, erklärte diese damit jedoch nicht zur betrieblichen, von der Unternehmensleitung getragenen Gemeinschaftsveranstaltung. Die Initiierung und Organisation lediglich durch die Teamleiterin reichte nicht aus, der [X.] den Charakter einer von der Unternehmensleitung getragenen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung zu geben.

Anders lagen die Verhältnisse jedoch im vorliegenden Fall. Hier ist von einem "Einvernehmen" des zuständigen Dienststellenleiters der Dienststelle [X.] mit der jeweiligen sachgebietsbezogenen [X.] auszugehen. Für ein solches "Einvernehmen" reicht es aus, wenn der Dienststellenleiter in einer schriftlich protokollierten Dienstbesprechung mit den jeweiligen Sachgebietsleitern vereinbart, dass die jeweiligen Sachgebiete [X.]n veranstalten dürfen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Dienststellenleiter bei diesen Vereinbarungen seinerseits gegen Anweisungen oder Regelungen eines übergeordneten Dienstherrn verstieß. Es war als Ergebnis der Besprechungen konkret festgehalten worden, dass der Beginn der [X.]n nicht vor 12 Uhr mittags liegen durfte. Zudem war der Beginn und die Teilnahme durch Betätigung der Zeiterfassung zu dokumentieren. Die [X.]n waren der direkt dem Dienststellenleiter unterstehenden Büroleitung anzuzeigen und die Beschäftigten erhielten eine Zeitgutschrift in Höhe von [X.] der wöchentlichen Arbeitszeit. Allein letzterer Umstand verdeutlicht das übergeordnete dienstliche Interesse an der jeweils sachgebietsbezogenen Feier.Durch die Gesamtheit dieser zudem seit Jahren praktizierten Vereinbarungen wird mithin hinreichend deutlich, dass die Feiern der einzelnen Sachgebiete im Einvernehmen mit der Behördenleitung und damit im dienstlichen Interesse stattfanden, ohne dass es rechtserheblich darauf ankommt, ob den Arbeitnehmern aufgrund der betrieblichen Übung sogar arbeitsrechtlich ein Anspruch auf eine entsprechende Veranstaltung zustand.

Soweit das B[X.] bislang als weiteres Kriterium für versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen darauf abgestellt hat, dass die Unternehmensleitung persönlich an der Feier teilnehmen muss, wird hieran nicht länger festgehalten. Das B[X.] ist bislang in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass es Zweck betrieblicher Gemeinschaftsveranstaltungen sei, die betriebliche Verbundenheit nicht nur der Beschäftigten untereinander, sondern auch der Beschäftigten mit der Unternehmensleitung zu fördern. Deshalb wurde seit dem grundlegenden Urteil des Unfallsenats des B[X.] vom 22.8.1955 (2 [X.] 49/54 - B[X.]E 1, 179) gefordert, dass eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gerade auch den Zweck erfüllen müsse, die Verbundenheit der betrieblichen Leitung mit der Belegschaft zu fördern. Deshalb sei grundsätzlich die Teilnahme der Unternehmensleitung oder einer von ihr beauftragten Person an der Veranstaltung erforderlich (stRspr, vgl zB B[X.] vom 7.12.2004 - [X.] U 47/03 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.]1 Rd[X.] 7, 9; B[X.] vom [X.] - [X.] U 4/08 R - [X.] Aktuell 2009, 1411 mwN und vom [X.] - [X.] U 27/08 R - [X.] Aktuell 2010, 275; kritisch zu der insoweit erfolgten Fortsetzung der Rechtsprechung des [X.] [X.], [X.] 2015, 118, 119). Die Teilnahme an Veranstaltungen, die nur der Kontaktpflege bzw der Pflege der Verbundenheit der Beschäftigten untereinander dienen, begründete nach der bisherigen Rechtsprechung demgegenüber keinen Versicherungsschutz (vgl zB B[X.] vom 28.3.1985 - 2 [X.] 47/83 - [X.] 1985, [X.]2, 17 und vom 26.10.2004 - [X.] U 16/04 R - [X.] 4-1500 § 163 [X.] Rd[X.] 9; vgl dazu aber auch [X.], NZS 2006, 57, 58, 61), selbst wenn gesellschaftliche Erwartungshaltungen im Arbeitsleben es den Beschäftigten geboten erscheinen lassen, an bestimmten Veranstaltungen und Zusammenkünften teilzunehmen (vgl B[X.] vom [X.] - 2 [X.] 29/96 - [X.] 1997, 2160).

Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen müssen im Interesse gerade auch des allein die [X.] tragenden Unternehmers sein, um unter den Schutz der [X.] fallen zu können. Solche Veranstaltungen müssen damit einen betrieblichen Zweck verfolgen. Hierfür ist es zur Überzeugung des Senats ausreichend, wenn durch sie das Betriebsklima gefördert und der Zusammenhalt der Beschäftigten untereinander gestärkt wird (ebenso auch [X.], NZS 2006, 57, 58, 61). Dass gerade die Betriebsleitung im Rahmen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung persönlichen Kontakt zu den Beschäftigten herstellen können muss, ist mit Blick auf eine veränderte Arbeitswelt nicht (mehr) notwendig. Ein unfallversicherungsrechtlich schützenswerter betrieblicher, dem Unternehmen dienender Zweck wird vielmehr schon dann erreicht und gefördert, wenn kleinere Untergliederungen eines Betriebs Gemeinschaftsveranstaltungen durchführen. Die Teilnahme der Betriebsleitung oder des Unternehmers persönlich ist hierfür nicht erforderlich, wenngleich es ihr natürlich weiterhin offensteht, ihr Einvernehmen mit solchen dezentralen Gemeinschaftsveranstaltungen auszuschließen und lediglich zentrale Feiern zu dulden. Gibt die jeweilige Betriebsleitung aber - wie hier sogar durch jahrelange Praxis - klar zu erkennen, dass sie jeweils sachgebietsbezogene Feiern wünscht, so ist es vom Schutzzweck des § 2 Abs 1 [X.] [X.]B VII her ausreichend, dass durch eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung die Verbundenheit und das Gemeinschaftsgefühl der Beschäftigten lediglich in dem jeweiligen Sachgebiet oder Team gefördert wird. Notwendig ist dafür aber, dass die Feier allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des jeweiligen Teams offensteht und die jeweilige Sachgebiets- oder Teamleitung entsprechend dem zuvor hergestellten "Einvernehmen" mit der Betriebsleitung auch an der Veranstaltung teilnimmt. Dies war hier der Fall, weil die von der Dienststellenleitung ermächtigte Sachgebietsleiterin alle Beschäftigten ihres Sachgebiets eingeladen hatte und die Feier auch selbst durchführte. Zugleich handelte es sich um ein Programm (Kaffee trinken und Wanderung), das nicht aufgrund seiner Ausgestaltung von vornherein auf einen kleinen Interessentenkreis beschränkt war (vgl zu der insoweit weiterhin zutreffenden Rechtsprechung B[X.] vom [X.] - [X.] U 27/08 R - USK 2009-79: betrieblich organisiertes Fußballturnier in [X.] oder B[X.] vom [X.] - [X.] U 4/08 R - [X.] Aktuell 2009, 1411: Angebot einer Fahrt im Fesselballon). Auf die tatsächliche Anzahl der Teilnehmenden im Sinne einer absoluten Untergrenze kommt es nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 2 U 19/14 R

05.07.2016

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG Kassel, 15. Mai 2013, Az: S 4 U 176/11, Urteil

§ 8 Abs 1 S 1 SGB 7

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 05.07.2016, Az. B 2 U 19/14 R (REWIS RS 2016, 8767)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8767

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