Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2011, Az. IV ZR 173/10

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1631

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 173/10

Verkündet am:

9. November 2011

Heinekamp

[X.]

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Kessal-Wulf, [X.], [X.], [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
auf die mündliche Verhandlung vom 9. Novem-ber 2011

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20.
Zi-vilsenats des [X.] vom 16.
Juli 2010 aufgehoben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Genossenschaftsbank, begehrt Versicherungs-leistungen im Zusammenhang mit einer von der A.

S.

GmbH (im Folgenden: A.

GmbH) bei den Beklagten im Wege der offenen Mitversicherung im Jahr
2005 genommenen Geld-
und Wert-transportversicherung (Vertrag CLS
100-03). Die zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen (im Folgenden: [X.]) sind im Senatsurteil vom heutigen Tag im Verfahren IV
ZR 251/08 auszugsweise wiedergegeben. 1
-
3
-

Versicherte dieses Vertrages sind die jeweiligen Auftraggeber der Geldentsorgung und -versorgung.

Geschäftsführer der A.

GmbH verwendeten seit dem [X.] dieser zum Transport überlassenes Bargeld zweckwidrig, indem sie damit unter anderem Verbindlichkeiten der A.

GmbH gegenüber anderen Auftraggebern beglichen. Nach Aufdeckung dieser Geschäfts-praktiken im [X.] 2006 fochten die Beklagten den Versicherungsver-trag wegen arglistiger Täuschung
bei Vertragsschluss an.

Die Klägerin macht einen Schaden aufgrund der unterbliebenen Befüllung von Geldautomaten in Höhe von 1.243.000

56.260,61

51.540

der Leerung von Einzahlungsautomaten
und der Entsorgung von Rest-geldkassetten aus [X.],
den Verlust einer [X.] von 150.000

und weitere Schäden in Höhe von insgesamt 39.430,62

mit der von der Klägerin in Auftrag ge-gebenen Bargeldentsorgung und -versorgung geltend. Hiermit war die A.

GmbH auf der Grundlage eines mit der Klägerin geschlossenen "Vertrages über den Transport, die Bearbeitung und die Verwahrung von Bargeld und sonstigen Werten" (im Folgenden: Transportvertrag) betraut.

Die Klägerin beruft sich unter Berücksichtigung eines [X.] Betrages von 525.654,40

ntrag auf einen

jeweils am Mitversicherungsanteil orientierten

Leistungsanspruch aus dem [X.]. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob die [X.] schon infolge der Anfechtung leistungsfrei sind sowie ob die A.

GmbH im
Umgang mit dem ihr anvertrauten Bargeld gegen ver-2
3
4
-
4
-

tragliche Verpflichtungen verstoßen und dadurch einen Versicherungsfall ausgelöst hat.

Das [X.] hat den Beklagten zu
1 auf den Hauptantrag zur Zahlung anteiliger Versicherungsleistung wegen der
Fehlbeträge,
der un-terbliebenen Befüllung von Geldautomaten
und des Verlustes der Bar-geldreserve
verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das [X.] hat der Klägerin auf ihre Berufung gegenüber der Beklagten zu
2 insofern ebenfalls aufgrund
des Hauptantrages eine anteilige Versi-cherungsleistung zugesprochen
und
die
Berufung des Beklagten zu
1 zu-rückgewiesen. Mit ihrer Revision wenden sich die Beklagten gegen ihre Verurteilung.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beru-fungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Versicherungsleistung, den sie geltend zu machen berechtigt sei, gegenüber den
Beklagten entspre-chend ihrer Beteiligungsquoten wegen der
Fehlbeträge
von 56.260,61

und 51.540

des Verlustes der [X.] von 150.000

der unterbliebenen Befüllung von Geldautomaten mit 1.243.000

zu.

5
6
7
8
-
5
-

An die Verpflichtung aus Ziffer
15.4 [X.], Ansprüche nur gegen den führenden Versicherer entsprechend seiner Beteiligungsquote geltend zu machen, sei die Klägerin nicht gebunden. Mit der Anfechtung des Vertra-ges wegen arglistiger Täuschung hätten die Beklagten zugleich ihre aus Ziffer
15.4 [X.] folgende Verpflichtung infrage gestellt. Nach [X.] und Glauben könnten sie daher von der Klägerin nicht mehr verlangen, sich ihrerseits daran zu halten.

Hinsichtlich der Fehlbeträge von 56.260,61

51.540

ausgebliebener Gutschriften aufgrund der Leerung von [X.] und der Entsorgung von [X.] aus Auszahlungsau-tomaten sei ein Versicherungsfall eingetreten. Dies ergebe sich aus drei unterschiedlichen Gründen.

Die nach Ziffer
3.1 [X.] versicherte Gefahr für das allein vom Versi-cherungsschutz umfasste Bargeld habe sich
bereits durch eine von der A.

GmbH vorgenommene Vermischung der
zu entsorgenden Gelder
der Klägerin mit denen
anderer Auftraggeber verwirklicht, da dies ohne hinreichende Dokumentation erfolgt sei. Das sei mitursächlich für den Schaden der Klägerin und habe den vertraglichen Verpflichtungen der A.

GmbH widersprochen. Es habe zumindest stets klar sein müs-sen, mit welchem Anteil welcher Auftraggeber Bruchteilseigentümer einer bestimmten Geldmenge gewesen sei. Wegen der fehlenden Dokumenta-tion sei es der Klägerin hingegen unmöglich, den Verbleib der
an die A.

GmbH übergebenen Gelder
nachzuweisen.

Ein versicherter
Zugriff sei auch in der Einzahlung des Bargeldes der Klägerin auf ein Konto der A.

GmbH bei der [X.]
zu sehen. Darin liege ein Verstoß gegen die
im Rahmen der 9
10
11
12
-
6
-

Geldentsorgung übernommenen
Verpflichtungen. Der aus [X.] stammende Betrag von 56.260,61

den Vorgaben
des [X.] nach Zählung von der A.

GmbH zur Einzah-lung auf ein Konto der Klägerin bei der [X.] zu brin-gen gewesen; das aus
[X.] aus Geldautomaten zu
entsor-gende
Bargeld in Höhe von 51.540

...

-Verfah-rens auf ein Konto der

einzuzahlen
gewesen. Dass die Klägerin in Abweichung von dieser Vereinbarung

gegebenenfalls auch nur still-schweigend

mit einer Einzahlung auf ein Eigenkonto der A.

GmbH einverstanden gewesen sei, habe diese nicht annehmen dürfen.

Letztlich sei ein Versicherungsfall gegeben, weil davon auszuge-hen sei, dass die A.

GmbH die
zu entsorgenden Gelder
nicht bei der [X.] eingezahlt habe. Dies stehe fest, da die [X.] ihrer diesbezüglichen Darlegungslast nicht genügt hätten.

Auch mit der [X.] von 150.000

sei ein Versicherungs-fall
verbunden. Diese sei als Notkasse in den Bereich der A.

GmbH gelangt, eine Rückerstattung sei nicht erfolgt.

Hinsichtlich der unterbliebenen Bestückung von Geldautomaten mit einem Betrag von insgesamt 1.243.000

e-rungsfall vor. Diese Geldmenge sei der A.

GmbH am 29.
August 2006 von der [X.] im Auftrag der Klägerin ausgezahlt worden, zur Befüllung der
Automaten sei es jedoch nicht mehr gekom-men. Wenn dieses Geld mit dem anderer Auftraggeber vermischt oder auf ein Konto der A.

GmbH eingezahlt worden sei, ergebe sich die Leistungspflicht der Beklagten aus den Überlegungen zur [X.]. Im Fall einer Bargeldunterschlagung durch einen Mitarbeiter der 13
14
15
-
7
-

A.

GmbH folge die Pflicht zur Leistung
unmittelbar aus den Zif-fern
2.1, 2.1.1, 3.1 und 3.1.2 [X.].

Vom versicherten Schaden in Höhe von insgesamt 1.500.800,60

sei ein der Klägerin zurückgezahlter Betrag von 525.564,50

zu bringen, so dass ein Anspruch in Höhe von 975.236,10

Dieser sei nicht infolge der von den Beklagten erklärten Anfechtung des Versicherungsvertrages entfallen. Mit der Geltendmachung dieses [X.] seien diese gegenüber der Klägerin aufgrund Ziffer
9.3.3 Abs.
2 [X.] ausgeschlossen.

Die Klägerin treffe auch kein anrechenbares Mitverschulden; [X.] für eine grob fahrlässige Verursachung des [X.]S. des §
61 VVG
a.[X.] bestünden nicht. Die Einstandspflicht der Versicherer sei nicht durch die Vereinbarung einer Höchstsumme von 10
Mio.

9.3.3 Abs.
2 [X.] begrenzt. Auch ein gedehnter Scha-denfall liege nicht vor.

[X.] Das hält rechtlicher
Nachprüfung in entscheidungserheblichen Punkten
nicht stand.

1. Das Berufungsgericht nimmt allerdings richtig an, dass die Klä-gerin infolge der erklärten Anfechtung des Versicherungsvertrages durch die Beklagten nicht an die Verpflichtung aus Ziffer
15.4 Satz
1 [X.] ge-bunden ist, nur gegen den führenden Versicherer Klage zu erheben.

Wie der Senat mit Urteil vom heutigen Tag im Verfahren IV
ZR 251/08
(unter II 1)
näher dargelegt hat, ist der Anwendungsbereich der in 16
17
18
19
20
-
8
-

Ziffer
15.4 Satz
1 [X.] vereinbarten

lediglich passiven

Prozessfüh-rungsklausel nicht eröffnet. Es fehlt an dem von ihr vorausgesetzten Gleichlauf der Einwendungen der Versicherer, die dem Anspruch auf Versicherungsleistung entgegengehalten werden können. Darüber hin-aus stellt sich die Erhebung dieses Einwandes bei gleichzeitigem Beru-fen auf die Unwirksamkeit des Vertrages insgesamt infolge Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bei Vertragsschluss als ein nach §
242 BGB zu missbilligendes Verhalten dar.

2. Einen nach Ziffer
3.1 [X.] versicherten Schaden hat das [X.] sowohl betreffend den aus Einzahlungsautomaten zu ent-sorgenden Betrag von 56.260,61

als auch bezüglich der unterbliebe-nen Befüllung von Geldautomaten (1.243.000

im Ergebnis zutreffend festgestellt, einen solchen jedoch in Bezug auf die Entsorgung von Rest-geldkassetten aus [X.] (51.540

e-serve von 150.000

.

a) Über die hier genommene Geld-
und Werttransport-Versiche-rung ist nur transportiertes Bargeld
gegen typische Transportrisiken bei und während des Transports bis zu dessen Abschluss versichert. [X.] ist dabei lediglich das Sacherhaltungsinteresse des versicherten Auftraggebers. Der Versicherungsschutz erfasst nur einen "stofflichen" Zugriff auf versicherte Sachen, nicht aber einen Zugriff auf Buch-
oder Giralgeld (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21.
November 2007 -
IV
ZR 48/07, VersR
2008, 395 Rn.
4
ff. und

IV
ZR 70/07, TranspR
2008, 129 Rn.
4
ff.; Senatsurteil vom 25.
Mai 2011, HEROS
I

IV
ZR 117/09, VersR
2011, 918 Rn.
21
ff.; a.[X.], VersR
2011, 1081, 1082
f.).

21
22
-
9
-

b) Die Klägerin muss als Versicherte darlegen und beweisen, dass der geltend gemachte Schaden in den vertraglich abgesteckten [X.] der Versicherung fällt; erst dann
obliegt es den Beklagten als Versicherer nachzuweisen, dass der Verlust nicht auf einer Transportge-fahr beruht (vgl. nur Senatsurteil vom 25.
Mai 2011, HEROS
I

IV
ZR 117/09, VersR
2011, 918 Rn.
41).

aa) Die vom Berufungsgericht vorgenommene abweichende Vertei-lung der Darlegungslast rechtfertigt sich weder daraus, dass die Klägerin behauptet, durch eine vorsätzliche Straftat der A.

GmbH zu Scha-den gekommen zu sein, noch aus einer Auslegung des [X.] (vgl. dazu Senatsurteil vom 25.
Mai 2011, HEROS
I

IV
ZR 117/09, VersR
2011, 918 Rn.
42
ff.).

bb) Beweiserleichterungen zugunsten der Klägerin sind

entgegen der Annahme des Berufungsgerichts

auch nicht damit zu begründen, dass

wie von der Klägerin behauptet

die [X.] durch die A.

GmbH nicht hinreichend dokumentiert ist. Eine etwaige unzu-reichende Dokumentation kann sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Versicherer auswirken. Im Gegensatz zu den Auftraggebern ist ihnen nicht bekannt, welche Gelder der A.

GmbH zum Transport anver-traut worden sind. Ihnen steht auch kein Anspruch gegenüber der A.

GmbH auf Auskunft über deren Behandlung, Verbleib und Ver-buchung zu. Dagegen haben es die Auftraggeber selbst in der Hand, ihre Interessen am
Erhalt des Transportgutes durch entsprechende vertragli-che Vereinbarungen und die Überwachung ihrer Einhaltung zu schützen.

c) Den danach erforderlichen Nachweis eines innerhalb des nach Ziffer
5.1 Satz
1 [X.] versicherten Zeitraums eingetretenen Versiche-23
24
25
26
-
10
-

rungsfalles i.S. von Ziffer
3.1 [X.] hat die Klägerin für den aus [X.] zu entsorgenden Betrag von 56.260,61

erbracht.

aa) Der von den Versicherungsbedingungen vorausgesetzte "stoff-liche"
Zugriff erfordert einen nach außen in Erscheinung tretenden Akt des Zugreifenden, in dem sich der Zugriff auf eine für
den Transport vor-gesehene Sache manifestiert. Ein solcher Zugriff ist hier schon deshalb anzunehmen, weil die geschuldete Übergabe an die [X.] nicht nach den Vorgaben des [X.] ausgeführt [X.] ist.

Daher kommt es nicht darauf an, ob

wie die Klägerin behauptet

bereits vor Einzahlung bei der [X.] ein "stofflicher"
Zugriff erfolgt ist. Denn auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten, den sich die Klägerin zu Eigen gemacht hat, steht fest, dass die A.

GmbH das für die Klägerin zu entsorgende Bargeld letztlich vollständig auf bei der [X.] unterhaltene eigene Konten einge-zahlt hat. Allein dies begründet einen Verstoß gegen die im [X.] niedergelegten Pflichten und damit einen vom Versicherungs-schutz umfassten "stofflichen"
Zugriff.

Das folgt aus der Regelung in Ziffer
1 der Anlage
2 zum [X.] ("Vereinbarung über die Bearbeitung und Verwahrung sowie die Abholung von Werten"). Danach sind "Bargeldbestände, die aus Ein-n-den Bankarbeitstag gebündelt an die jeweilige
Filiale der [X.]

zu liefern". Nach Ziffer
2 werden die eingenommenen
und von der A.

GmbH bearbeiteten Gelder "zur Einzahlung bei einer Filiale der 27
28
29
-
11
-

[X.] zugunsten des Kontos
des Auftraggebers ge-bracht".

Der Zusammenschau dieser Regelungen hat das Berufungsgericht entnommen, dass das Bargeld im Zuge der Übergabe an die Deutsche [X.] von der A.

GmbH auf ein Konto der Klägerin bei der [X.] einzuzahlen (sog. [X.]) und die Einzahlung auf ein Eigenkonto der A.

GmbH nicht gestattet ist. Damit hat es den Transportvertrag in aus Rechtsgründen nicht zu bean-standender Weise ausgelegt. Seine tatrichterliche Auslegung unterliegt im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (vgl. nur [X.], Versäumnisurteil vom 6.
Juli 2005

VIII
ZR 136/04, NJW
2005, 3205 unter
II
2
a; Urteil vom 7.
De-zember 2004

XI
ZR 366/03, NJW-RR
2005, 581 unter II 2 a
bb (2)).

Die Vereinbarung des [X.] erschließt sich be-reits daraus, dass
die Einzahlung auf das Konto einer Bank bei der [X.] zu erfolgen
hatte. Gerade dies weist auf das [X.], da Banken
anders als andere Auftraggeber der A.

GmbH

berechtigt sind, eigene Konten bei der [X.] zu unterhalten. Zur Geldentsorgung bedarf es in diesem Fall keiner Zwischenschaltung eines weiteren
Kontos.
Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass das Geld gebündelt zu liefern ist.

bb) Der "stoffliche"
Zugriff durch Einzahlung auf ein eigenes Konto liegt innerhalb des nach Ziffer
5.1 Satz
1 [X.] versicherten Zeitraums, der erst endet, wenn das Bargeld "in die Obhut des
berechtigten Empfängers 30
31
32
-
12
-

übergeben" wird. Dazu ist hier erforderlich, dass zum einen das Trans-portgut der [X.] überlassen wird und diese zum an-deren die
vertragsgemäße

Anweisung erhält, welchem Konto das noch "stofflich" vorhandene Bargeld gutzuschreiben ist
(vgl. Senatsurteil im Verfahren IV
ZR 251/08 unter
II
3
c).

cc) Das Vorgehen der A.

GmbH ist

wie das Berufungsge-richt richtig sieht

auch nicht deshalb vertragsgemäß, weil die Klägerin einer Abweichung von den sich aus dem Wortlaut des [X.] ergebenden Weisungen von vornherein zugestimmt oder diese [X.] stillschweigend geduldet hätte.
Selbst bei unterstellter Kenntnis der Klägerin davon, dass sie im Zuge der Geldentsorgung lediglich

gegebenenfalls verzögerte

Überweisungen von einem Eigenkonto der A.

GmbH erhalten hat, ist nach den festgestellten Umständen zur Abwicklung des [X.] für ein stillschweigendes Abbedingen der vertraglichen Vereinbarung oder die Annahme einer rechtserheblichen Duldung kein Raum. Denn dies hätte dazu geführt, dass die zu entsor-genden Gelder einem erweiterten, teils nicht mehr versicherten Zugriff durch die Versicherungsnehmerin ausgesetzt gewesen wären (vgl. [X.] im Verfahren IV
ZR 251/08 unter
II
3
d).

d) Darüber hinaus ist ein Versicherungsfall innerhalb des nach Zif-fer
5.1 Satz
1 [X.] versicherten Zeitraums bezüglich des Geldbetrages von 1.243.000

r-gesehen gewesen ist.

aa) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Deutsche [X.] auf Weisung der Klägerin am 29.
August 2006 diesen Betrag an die A.

GmbH aus-33
34
35
-
13
-

gezahlt. Mit diesem Geld sind

auf der Grundlage des [X.]

am Folgetag einzeln benannte Geldautomaten in genau angegebe-ner Höhe zu befüllen gewesen. Das ist nicht erfolgt; der Verbleib des Geldes ist ungeklärt.

bb) Im Unterbleiben der im Rahmen des konkreten [X.] geschuldeten Ablieferung der jeweiligen Geldmengen an den vor-gesehenen [X.] liegt bereits ein "stofflicher"
Zugriff auf das Transportgut. Die A.

GmbH unterbricht damit

nach außen er-kennbar

den vereinbarten Ablauf der Geldversorgung. Sie handelt

wie im Fall einer vertragswidrigen Einzahlung zu entsorgender
Gelder
auf ein Eigenkonto

den vertraglichen Vorgaben zuwider und entzieht damit zu-gleich der Klägerin als Auftraggeberin die Möglichkeit zu bestimmen, wie mit dem Bargeld verfahren wird.

Dieser Zugriff liegt innerhalb des nach Ziffer
5.1 Satz
1 [X.] versi-cherten Zeitraums. Das der A.

GmbH im Rahmen der Geldversor-gung überlassene Bargeld ist nicht
"in die Obhut des berechtigten [X.]" gelangt, da es nicht zu den von der Klägerin benannten [X.] gebracht und dort eingesetzt worden ist.

Zur Annahme eines Versicherungsfalles bedarf es

anders als die Revision meint

daher keiner Feststellungen dazu, ob die A.

GmbH das Geld zu anderen Zwecken verwendet hat, oder zu dessen weiterem Verbleib.

e)
Dagegen trägt die Annahme des Berufungsgerichts nicht, be-züglich der Entsorgung von [X.] aus Auszahlungsautoma-ten (51.540

36
37
38
39
-
14
-

aa) Zwar sieht es
auch insofern
richtig, dass der nach außen in Er-scheinung tretende Akt des Zugreifenden, in dem sich der Zugriff auf ei-ne für den Transport vorgesehene Sache manifestiert, gegeben ist, wenn

wie hinsichtlich des aus Einzahlungsautomaten zu entsorgenden [X.] die geschuldete Übergabe an die Deutsche [X.] nicht nach den
vertraglichen Vorgaben zur Geldentsorgung ausgeführt wird.

bb) Diese Vorgaben entnimmt das Berufungsgericht für die Entsor-gung von [X.] jedoch fehlerhaft dem zwischen der Kläge-rin, der

AG
und der C.

AG [X.] über das sogenannte ...

-Verfahren
(vgl. dazu [X.] im Verfahren IV
ZR 251/08 unter
II
3
b und
c).

Die Klägerin hat erstmals im Berufungsverfahren behauptet, die [X.] seien
nach Maßgabe dieses Vertrages zu entsorgen
und die betreffenden
Gelder auf ein Konto der

AG
bei der Deut-schen [X.]
einzuzahlen
gewesen. Trotz Bestreitens der [X.] hat sie diesen
Vortrag, der in Widerspruch zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen
steht, dass auch die [X.] aufgrund des
mit der A.

GmbH geschlossenen
[X.]
zu entsorgen und die
Gelder Konten der Klägerin gutzubringen gewesen seien, nicht weiter substantiiert. Sie hat insbesondere nicht dargelegt, worin die im [X.] zur Entsorgung von [X.] aus Einzahlungsautomaten abwei-chende Behandlung gründet.

Daher durfte das Berufungsgericht seiner
Entscheidung nicht ohne weitere Sachaufklärung zugrunde legen, dass die [X.] auf Grundlage des Vertrages über das ...

-Verfahren
zu entsorgen [X.]. Zudem hat es nicht beachtet, dass bei einer Abwicklung auf diesem 40
41
42
43
-
15
-

Wege eine Versicherung unter dem Vertrag CLS
100-03 nur solange [X.], wie die Klägerin Auftraggeberin
der von der A.

GmbH durch-geführten Transporte ist (vgl. dazu Senatsurteil im Verfahren IV
ZR 251/08 unter
II
4
a und b
cc).

f) Des Weiteren hat die Klägerin einen Versicherungsfall bisher nicht bezüglich der [X.] in Höhe von 150.000

legt.

Die Revision greift
die Feststellungen des Berufungsgerichts, das sich insofern auf das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme bezieht, zum Bestand der Reserve nicht an. Daher
steht fest, dass die A.

GmbH zu
deren
Anlage
Bargeld in Höhe von 150.000

hat und dass noch im
August
2006 eine
Geldmenge in diesem Umfang
körperlich im Gewahrsam der A.

GmbH vorhanden
gewesen ist.

Ob es
in der Folge
zu dem
in den Versicherungsbedingungen vo-rausgesetzten "stofflichen"
Zugriff seitens der A.

GmbH auf dieses Bargeld gekommen ist
oder ob dieses nach dem Zusammenbruch der A.

GmbH
gegebenenfalls an andere Gläubiger
gelangt
oder noch
vorhanden ist,
hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt.
Allein dass eine Rückerstattung durch die A.

GmbH oder deren Insol-venzverwalter unterblieben ist, vermag dies nicht zu begründen.

3. Die Beklagten sind auch nicht

wie die Revision meint

deshalb nach §§
130, 131 VVG
a.[X.] i.V.m. §
79 Abs.
1 VVG
a.[X.] leistungsfrei, weil die Klägerin mit Blick auf eine etwaige Kenntnis von Pflichtverlet-zungen die Fortsetzung der Geschäftspraktiken der A.

GmbH er-möglicht oder zumindest begünstigt hätte.

44
45
46
47
-
16
-

Selbst bei einer

wie von der Revision behauptet

fahrlässigen
Schadenverursachung
durch die Klägerin ist Versicherungsschutz zu gewähren. Die §§
130, 131 VVG
a.[X.] sind gemäß Ziffer
4.2.1 [X.]
zuguns-ten der Versicherten abbedungen. Diese Regelung schließt vom Versi-cherungsschutz Schäden aus, "die vom Auftraggeber oder seinen Reprä-sentanten vorsätzlich herbeigeführt werden". Dem entnimmt ein durch-schnittlicher, juristisch nicht vorgebildeter Versicherungsnehmer einer Transportversicherung, der zudem die [X.] und In-teressen der Versicherten beachtet (vgl. dazu Senatsurteil vom 25.
Mai 2011, HEROS
I

IV
ZR 117/09, VersR
2011, 918 Rn.
22), dass nur [X.] vom versicherten Auftraggeber herbeigeführte Schäden ausge-nommen sind. Das darf er dahin verstehen, dass eine lediglich fahrlässi-ge oder grob fahrlässige Verursachung eines Schadens den zu gewäh-renden Versicherungsschutz nicht beeinträchtigt.

4. Mit Recht hat das Berufungsgericht einen gedehnten [X.] abgelehnt und
angenommen, dass die in Ziffer
9.3.3 Abs.
2 [X.] ver-einbarte Haftungshöchstgrenze von 10

n-spruch der Klägerin nicht berührt. Jeder einzelne vertragswidrige Um-gang mit zur Ent-
oder Versorgung überlassenem Bargeld begründet ei-nen "stofflichen"
Zugriff infolge separaten Verstoßes gegen die sich aus dem Transportvertrag ergebenden Pflichten und damit einen getrennt zu beurteilenden Versicherungsfall.

5. Das Berufungsgericht hat die Beklagten jedoch aufgrund Zif-fer
9.3.3 Abs.
2 [X.] zu Unrecht mit dem Einwand der Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung i.S. von §
123 Abs.
1 BGB ausgeschlossen.

48
49
50
-
17
-

Wie der Senat mit Beschluss vom 21.
September 2011 (HEROS
II

IV
ZR 38/09 Rn.
26
ff.) entschieden hat, ist ein vertraglicher, im Voraus erklärter Ausschluss der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bei Vertragsschluss unwirksam, wenn die Täuschung von dem [X.] selbst oder von einer Person verübt worden ist, die nicht Dritter i.S. des §
123 Abs.
2 BGB ist. Das gilt auch für das Verhältnis zwischen den
Beklagten als Versicherer gegenüber den Versicherten einer Versi-cherung für fremde Rechnung. Es kann daher offen bleiben, ob Zif-fer
9.3.3 Abs.
2 [X.] durch Auslegung ein solcher, gegenüber diesen [X.] Verzicht zu entnehmen ist.

Das Berufungsgericht wird der Frage nachzugehen haben, ob die Beklagten ihre Vertragserklärungen wirksam wegen arglistiger [X.] bei Vertragsschluss angefochten haben.

51
52
-
18
-

I[X.] Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif und daher gemäß §
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Dr. [X.][X.] [X.]

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.05.2008 -
1 O 55/07 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 16.07.2010 -
I-20 U 128/08 -

53

Meta

IV ZR 173/10

09.11.2011

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2011, Az. IV ZR 173/10 (REWIS RS 2011, 1631)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1631

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 172/10 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 15/10 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 171/10 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 16/10 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 172/10 (Bundesgerichtshof)

Geld- und Valorentransportversicherung: Unterbliebene Ablieferung von Bargeld zur Geldversorgung beim Auftraggeber entsprechend den Vorgaben des …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 173/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.