Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.09.2017, Az. XII ZB 420/16

12. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4651

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Gegenstand

Verfahrensbeistand im Umgangsverfahren: Vergütung bei Zurückverweisung der Sache durch das Beschwerdegericht


Leitsatz

Der Verfahrensbeistand erhält nach Zurückverweisung der Sache durch das Beschwerdegericht für das Verfahren vor dem Ausgangsgericht keine erneute pauschale Vergütung.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Familiensenats des [X.] vom 22. August 2016 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.

Wert: 1.100 €

Gründe

I.

1

Die Rechtsbeschwerde betrifft die Vergütung des [X.].

2

In dem von der Kindesmutter beantragten Umgangsverfahren wurde der Beteiligte zu 2, ein Rechtsanwalt, zum Verfahrensbeistand ihrer beiden Kinder unter Übertragung zusätzlicher Aufgaben gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG bestimmt. Das Amtsgericht wies das [X.] weitgehend zurück, ohne zuvor die Kinder anzuhören. Auf die Beschwerde der Kindesmutter hob das [X.] den amtsgerichtlichen Beschluss auf und verwies die Sache insbesondere zur Nachholung der Kindesanhörung an das Amtsgericht zurück. Im weiteren amtsgerichtlichen Verfahren schlossen die Beteiligten unter Mitwirkung des [X.] einen gerichtlich gebilligten Umgangsvergleich.

3

Der Verfahrensbeistand hat die Festsetzung seiner Vergütung auf 3.300 € beantragt und dabei auch für das Verfahren nach Zurückverweisung eine Pauschale von 550 € pro Kind geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Vergütung des [X.] für zwei Instanzen auf 2.200 € festgesetzt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Das [X.] hat die hiergegen gerichtete Beschwerde des [X.] zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen ursprünglichen Vergütungsantrag weiter.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

5

1. Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

6

Die Vergütung des [X.] richte sich gemäß § 158 Abs. 7 FamFG nach Fallpauschalen in jedem Rechtszug. Der Gesetzgeber habe sich bewusst gegen ein aufwandsbezogenes Vergütungssystem entschieden. Bei dem Verfahren erster Instanz nach Aufhebung und Zurückverweisung handele es sich um kein neues Verfahren, sondern lediglich um eine Fortsetzung desjenigen Verfahrens, das vor Erlass des später aufgehobenen Beschlusses bereits begonnen habe und durch die Aufhebung nicht betroffen sei. Dieser Verfahrensabschnitt sei bereits durch die Vergütung des [X.] für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von 1.100 € abgegolten. Auch durch § 31 Abs. 1 [X.] werde klargestellt, dass das weitere Verfahren nach einer Zurückverweisung mit dem früheren Verfahren einen Rechtszug im Sinne des § 29 [X.] bilde. Soweit sich für die Vergütung des Rechtsanwalts in § 21 [X.] eine abweichende Regelung ergebe, könne diese für die Vergütung des [X.] nicht herangezogen werden.

7

2. Dies hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.

8

a) Die Vergütung des berufsmäßigen [X.] ist in § 158 Abs. 7 FamFG geregelt. Danach erhält er die Vergütungspauschale in jedem Rechtszug. Wenn der Verfahrensbeistand für mehrere Kinder bestellt wurde, erhält er diese Pauschale, wie der [X.] bereits entschieden hat, für jedes Kind ([X.]sbeschluss [X.], 40 = [X.], 1893 Rn. 16 ff.).

9

aa) Ob das Verfahren vor dem Ausgangsgericht nach einer Zurückverweisung durch das Rechtsmittelgericht als eigener Rechtszug in diesem Sinne zu betrachten ist, ist umstritten.

Von Teilen der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur wird die Frage bejaht ([X.], 1330 Rn. 7 ff.; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] FamFG 2. Aufl. § 158 Rn. 36; [X.]/[X.]/[X.] FamFG 11. Aufl. § 158 Rn. 21; [X.]/[X.] FamFG 19. Aufl. § 158 Rn. 47; [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 158 Rn. 22; Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3. Aufl. § 158 Rn. 59; [X.] 2015, 213, 214; [X.] [X.] 2013, 192, 193 f.; [X.] FamRZ 2014, 165, 170). Andere sehen in dem Verfahren vor dem Ausgangsgericht lediglich die Fortsetzung des früheren Verfahrens erster Instanz, welche keinen weiteren Vergütungsanspruch begründe ([X.], 483 f.; Haußleiter/[X.] FamFG 2. Aufl. § 158 Rn. 31).

bb) Die letztgenannte Ansicht ist zutreffend. Für einen nach Zurückverweisung der Sache erneuten Anfall der Pauschalvergütung des [X.] im Verfahren vor dem Ausgangsgericht fehlt eine gesetzliche Grundlage.

(1) Die gesetzliche Regelung in § 158 Abs. 7 FamFG ist - noch vor ihrem Inkrafttreten - im Hinblick auf Rechtsmittelverfahren erst durch das [X.] im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 ([X.]) ergänzt worden. Dass die Fallpauschale für jeden Rechtszug gewährt wird, sollte dem Verfahrensbeistand, der im zweiten und dritten Rechtszug tätig wird, im Unterschied zur Fassung im [X.] einen zusätzlichen Vergütungsanspruch verschaffen, da er andernfalls nur eine einmalige Fallpauschale erhielte (BT-Drucks. 16/12717 [X.]). Damit zielte die Erweiterung der Vergütung ausschließlich auf Rechtsmittelverfahren. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber für das an die erste Instanz zurückverwiesene Verfahren einen weiteren Vergütungsanspruch des [X.] begründen wollte, bestehen dagegen nicht.

(2) Für das gegenteilige Ergebnis lässt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht die in § 21 [X.] für die Rechtsanwaltsvergütung getroffene Regelung anführen. Zwar hat sich der Gesetzgeber bei der Bemessung der Fallpauschalen in § 158 Abs. 7 FamFG im Ausgangspunkt an den für den Regelverfahrenswert von 3.000 € anfallenden Rechtsanwaltsgebühren orientiert. Mit der Pauschalvergütung hat er sich aber im Interesse einer für den Verfahrensbeistand als auch die Justiz unaufwändigen und unbürokratischen Handhabung bewusst von der Systematik der Rechtsanwaltsvergütung gelöst (BT-Drucks. 16/9733 S. 294). Dementsprechend hat der [X.] eine Analogie zur Rechtsanwaltsvergütung auch in anderen Zusammenhängen, namentlich bei der Tätigkeit des [X.] für mehrere Kinder und für Aufwendungen des [X.], abgelehnt ([X.]sbeschlüsse [X.], 40 = [X.], 1893 Rn. 20, 32 f. und vom 13. November 2013 - [X.] 612/12 - FamRZ 2014, 191 Rn. 8 f.). Überdies erfährt auch die Rechtsanwaltsvergütung im zurückverwiesenen Verfahren bereits dadurch eine wesentliche Einschränkung, dass die im erstinstanzlichen Ausgangsverfahren entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen ist (Vorb. 3 Abs. 6 VV [X.]) und auch der Rechtsanwalt mithin zusätzlich nur einen Teil der Gebühren erhält, die im erstinstanzlichen Verfahren üblicherweise entstehen.

(3) Schließlich ergibt sich auch aus dem verfassungsrechtlichen Gebot einer auskömmlichen Vergütung nichts anderes. Die pauschale Vergütungsregelung zeichnet sich dadurch aus, dass sie dem Verfahrensbeistand die Möglichkeit einer Mischkalkulation aus einfachen und komplex gelagerten Fällen eröffnet (vgl. [X.]sbeschlüsse [X.], 40 = [X.], 1893 Rn. 21 ff. und vom 17. November 2010 - [X.] 478/10 - FamRZ 2011, 199 Rn. 18 ff.; BT-Drucks. 16/9733 S. 294). Der Fall der Zurückverweisung ist gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 und 3 FamFG zudem dadurch gekennzeichnet, dass das erstinstanzliche Gericht entweder noch nicht in der Sache entschieden hat oder das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Dementsprechend besteht die Aufgabe des erstinstanzlichen Gerichts nach der Zurückverweisung vor allem in der Nachholung oder Ergänzung einer bislang unterbliebenen oder unvollständigen Sachaufklärung, etwa einer - wie im vorliegenden Fall - verfahrensfehlerhaft unterbliebenen Kindesanhörung. Da im Übrigen regelmäßig an das bisherige Verfahren vor dem Ausgangsgericht anzuknüpfen ist, besteht die Aufgabe des [X.] im wesentlichen aus Tätigkeiten, die bei ursprünglich vollständiger Durchführung des Verfahrens durch das Ausgangsgericht ohnehin angefallen wären. Die weitere Voraussetzung der Zurückverweisung, dass eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung notwendig wäre (§ 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG), verdeutlicht zudem, dass der Verfahrensbeistand im Fall der vom Beschwerdegericht selbst durchgeführten Beweiserhebung ebenfalls keine zusätzliche Vergütung erhalten hätte, während er bei Zurückverweisung der Sache an das Ausgangsgericht für das Verfahren vor dem Beschwerdegericht die volle pauschale Vergütung erhält.

b) Für den erneuten Anfall einer pauschalen Vergütung für das zurückverwiesene Verfahren mangelt es somit an der notwendigen gesetzlichen Grundlage.

Dose     

      

[X.]     

      

Schilling

      

Guhling     

      

Krüger     

      

Meta

XII ZB 420/16

27.09.2017

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Rostock, 22. August 2016, Az: 10 WF 134/16

§ 69 Abs 1 S 2 FamFG, § 69 Abs 1 S 3 FamFG, § 158 Abs 7 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.09.2017, Az. XII ZB 420/16 (REWIS RS 2017, 4651)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 3663 MDR 2017, 1450-1451 REWIS RS 2017, 4651


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. XII ZB 420/16

Bundesgerichtshof, XII ZB 420/16, 27.09.2017.


Az. 10 WF 134/16

Oberlandesgericht Rostock, 10 WF 134/16, 22.08.2016.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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