Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2018, Az. II ZR 239/16

II. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 12037

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:200318BIIZR239.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR
239/16

vom

20.
März 2018

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 20.
März 2018
durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Drescher und [X.], [X.],
Dr.
Bernau sowie V.
Sander
einstimmig beschlossen:
Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der [X.] beab-sichtigt, die Revision gegen das Urteil der 1.
Zivilkammer des [X.] vom 31. August 2016 auf seine Kosten durch Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 7.200

festgesetzt.

Gründe:
[X.] Der Kläger ist Insolvenzverwalter über
das Vermögen einer [X.] und fordert vom [X.] die Rückzahlung von 3.600

e-mäß § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1, 2 HGB.
Der Beklagte übernahm als Kommanditist der Insolvenzschuldnerin eine Einlageverpflichtung in Höhe von 20.000

n ihrer Gründung im Jahr 2003 bis zur Insolvenzeröffnung Ende 2013 erwirtschaftete die Insolvenzschuldnerin fast jedes Jahr Verluste. Die Kapitalkonten der Kommanditisten waren bereits im Beitrittsjahr unter den Betrag der jeweiligen Hafteinlage herabgemindert. Von 2005 bis 2008 erhielt der Beklagte Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 1
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-

7.600

z-schuldnerin zahlte der Beklagte 4.000

reicht die freie Masse nicht aus, die angemeldeten Forderungen zu befriedigen.
Der Kläger nimmt den [X.] auf Zahlung der noch nicht zurückge-zahlten Ausschüttungen in Höhe von 3.600

Der Beklagte hat einen "Widerruf der Entnahmen von Liquidität" erklärt und hilfsweise mit einer Forderung aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung in Höhe von 3.600

Aufrechnung erklärt.
Das Amtsgericht hat den [X.] zur Zahlung der Klageforderung ver-urteilt.
Die hiergegen gerichtete Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. Er verfolgt mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision seinen [X.] weiter.
I[X.]
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor und die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
1.
Das Berufungsgericht ([X.], Urteil vom 31.
August 2016

1
S
31/16, juris) hat

soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung

aus-geführt: Die Haftung des [X.] sei nicht durch §
152 Abs. 2 Satz 1 KAGB ausgeschlossen, da die Vorschrift erst am 22. Juli 2013 in [X.] getreten sei und die Übergangsvorschrift des §
353 Abs. 4 KAGB keine Rückwirkung vorsehe. Ohnehin trete die persönliche Haftung des Kommanditisten auch im Falle eines Verstoßes gegen § 152 Abs. 2 Satz 1 KAGB ein, weil dieser lediglich im Innen-verhältnis zwischen Kommanditist und Gesellschaft zu einem Schadensersatz-anspruch führe, nicht jedoch zu einem Ausschluss der Haftung im Außenver-3
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4
-

hältnis. Ein solcher Ausschluss ergebe sich auch nicht aus einer entsprechen-den Anwendung des Verbraucherkreditrechts (§§
491
ff. [X.]). Zwar habe die Rechtsprechung die Vorschriften des Verbraucherkreditrechts auch auf einen Schuldbeitritt angewandt, dieser sei aber mit dem Wiederaufleben der [X.] nach §§
171, 172 Abs. 4 HGB nicht vergleichbar.
2.
Ein Zulassungsgrund besteht nicht. Die Rechtssache hat keine grund-sätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des [X.].
a)
Es stellen sich keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung.
aa)
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechts-frage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. [X.] ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a.
dann, wenn die Rechtsfrage vom [X.] bisher nicht entschie-den ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden ([X.], Beschluss vom 22.
September 2015
II
ZR
310/14, ZIP
2016, 266 Rn.
3 mwN).
bb) Es stellen sich keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen im Hinblick auf eine Rückwirkung des §
152 Abs. 2 KAGB auf Ausschüttungen vor Inkraft-treten dieses Gesetzes. Eine Rückwirkung ist nicht anzunehmen.
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-
5
-

In der Rechtsprechung des [X.] ist geklärt, dass Schuld-verhältnisse in Bezug auf Inhalt und Wirkung dem Recht unterstehen, das zur Zeit der Verwirklichung ihres Entstehungstatbestandes
galt, wenn eine Rück-wirkung nicht eindeutig gesetzlich bestimmt wird. Dieser allgemeine Rechtsge-danke wird aus Artikel
170 EG[X.] abgeleitet (st. Rspr.,
[X.], Urteil vom 18.
Oktober 1965

II
ZR
36/64, [X.]Z
44, 192, 194; Urteil vom 22.
Januar 1987

IX
ZR
100/86, [X.]Z
99, 363, 369; Urteil vom 19.
August 2010

VII
ZR
169/09, WM
2010, 2090 Rn.
6).
Die Haftung des [X.] für Schulden der Insolvenzschuldnerin lebte schon vor Inkrafttreten des [X.] wieder auf, das nach
Artikel
28 Abs. 2
des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/[X.] über die Verwalter alternativer Investmentfonds ([X.]) vom 4.
Juli 2013 ([X.]l. I S. 1981) am 22. Juli 2013 in [X.] getreten ist. Der Beklagte ist der [X.] bereits im Jahr 2003 beigetreten. Er hat von 2005 bis 2008 die streitgegenständlichen Ausschüttungen vereinnahmt. Zu diesem Zeitraum war sein Kapitalkonto unter den Betrag seiner Hafteinlage herabgemindert.
Eine eindeutige gesetzliche Bestimmung, die eine Rückwirkung be-stimmt, besteht nicht. Ein rückwirkendes Inkrafttreten des §
152 KAGB kann Artikel
28 Abs. 2 [X.] entgegen der Ansicht der Revision angesichts dessen eindeutigen Wortlauts nicht entnommen werden.
Das Kapitalanlagegesetzbuch hat mit §
353 KAGB eine ausdrückliche Übergangsregelung. Deren Anwendung auf geschlossene alternative Invest-mentfonds wie den vorliegenden ist nicht klärungsbedürftig, da insoweit keine Unklarheiten bestehen. Eine rückwirkende Anwendung des §
152 KAGB auf-12
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-
6
-

grund des §
353 KAGB ist eindeutig nicht vorgesehen. Sie wird von der [X.] auch nicht geltend gemacht.
cc)
Das vor Inkrafttreten des [X.] geltende und auf die streitgegenständliche Beteiligung anwendbare Recht ist im Hinblick auf die Behandlung von Ausschüttungen hinreichend geklärt. Der [X.] hat wiederholt klargestellt, dass jede Zuwendung an den Kommanditisten, durch die dem Ge-sellschaftsvermögen ein Wert ohne eine entsprechende Gegenleistung entzo-gen wird, eine Rückzahlung der Einlage gemäß §
172 Abs. 4 HGB darstellt (zu-letzt [X.], Beschluss vom 28.
Juni 2016

II
ZR
290/15, ZIP
2017, 77 Rn.
9). Danach kommt es auf den [X.] des Kommanditisten nicht an.
dd)
Ein Klärungsbedarf besteht auch nicht im Hinblick auf eine rückwir-kende Neuinterpretation des vor Inkrafttreten des [X.] geltenden Rechts. Eine solche kommt im Hinblick auf §
152 Abs.
2 KAGB

entgegen der Ansicht der Revision

nicht in Betracht. Sie setzte einen Willen des Gesetzgebers voraus, dass er die Rechtslage mit der Norm lediglich klar-stellen und keine konstitutive Neuregelung wollte (vgl. [X.], Urteil vom 1.
Dezember 2008

II
ZR
102/07, [X.]Z
179, 71 Rn.
12

MPS). Eine [X.] ist hier anzunehmen, weil es nach der Gesetzesbegründung für [X.] geschlossene alternative Investmentfonds, die keine zusätzlichen Anlagen tätigen, bei der bisherigen Rechtslage bleiben sollte (Gesetzentwurf der [X.] zum [X.], BT-Drucks.
17/12294, [X.]). Auch lassen die differenzierten gesetzlichen Übergangsregelungen
in §§
343
ff. KAGB erken-nen, dass keine bloße Klarstellung des bisherigen Rechts beabsichtigt war.
ee)
Soweit das Berufungsgericht die Revision im Hinblick auf die Frage zugelassen hat, welche Rechtsfolgen eine etwaige Anwendbarkeit des §
152 16
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18
-
7
-

Abs. 2 KAGB im Verhältnis zu [X.] hat, fehlt es bereits an der Entscheidungserheblichkeit. Auf die Rechtsfrage kommt es nicht an, weil §
152 Abs. 2 KAGB nicht anwendbar ist.
ff)
Die aufgeworfene Rechtsfrage einer entsprechenden Anwendbarkeit der §§
491
ff. [X.] auf Rückzahlungen nach §
172 Abs. 4 Satz 1, 2 HGB ist ebenfalls nicht klärungsbedürftig.
Dass in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Auffassungen zur Anwendbarkeit der §§ 491 ff. [X.] auf Rückzahlungen nach §
172 Abs.
4 Satz
1, 2 HGB vertreten werden, ist weder ersichtlich, noch von der Revision dargelegt worden. Die Anwendung des Verbraucherdarlehensrechts auf [X.] nach §
172 Abs. 4 Satz 1, 2 HGB liegt vielmehr fern (s.u. II[X.]
1.).
b)
Aus den genannten Gründen zur Ablehnung der grundsätzlichen [X.] folgt auch, dass der Streitfall keine Veranlassung gibt, Leit-sätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Eine Ent-scheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts ist nicht erfor-derlich. Auch für die Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gibt es keinen Anhalt.
II[X.]
Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das Be-rufungsgericht hat einen Anspruch des [X.] aus §
171 Abs.
1, 2, §
172 Abs.
4 Satz 1, 2 HGB zutreffend bejaht.
1.
Die Haftung des [X.] wegen Einlagenrückgewähr scheidet nicht aufgrund einer entsprechenden Anwendung des Verbraucherdarlehensrechts (§§
491 ff. [X.]) aus.
19
20
21
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-
8
-

Die Revision kann sich nicht auf die Rechtsprechung des [X.] zur entsprechenden Anwendung des Verbraucherkreditrechts auf den Schuldbeitritt zu einem Kreditvertrag berufen. Diese hat maßgeblich darauf [X.], dass der Vertrag über einen Schuldbeitritt einem Kreditvertrag bei wer-tender Betrachtung gleichzustellen sei, wenn es sich bei dem Vertrag, zu dem der Beitritt erklärt wird, um einen Kreditvertrag im Sinne des [X.] handelt. Da das Verbraucherkreditrecht die Beteiligung Dritter auf Seiten des Kreditnehmers nicht regelt, besteht im Fall des [X.] zu einem Kreditvertrag eine Lücke, die durch eine entsprechende Anwendung geschlos-sen werden
muss ([X.], Urteil vom 5.
Juni 1996

VIII
ZR
151/95, [X.]Z
133, 71, 74
f.).
Bei der Einlagenrückgewähr fehlt es bereits an einem Kreditvertrag, der als Anknüpfungspunkt dienen könnte. Eine Ausschüttung bei möglicher späte-rer Rückzahlungspflicht ist kein Kreditvertrag. Zudem bestehen grundsätzliche Unterschiede zwischen der
Haftung aus einem Schuldbeitritt und der Haftung des Kommanditisten. Letztere beruht auf einer gesetzlichen Regelung und nicht wie beim Schuldbeitritt zu einem Verbraucherdarlehen auf einer vertraglichen Vereinbarung. Schließlich ist die Interessenslage nicht vergleichbar. Zu Recht hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass das Verbraucherkreditrecht den Schutz des Vertragspartners bezweckt, die §§
171, 172 HGB hingegen den Schutz der Gläubiger der Gesellschaft.
2.
Der Beklagte kann nicht mit einem Schadensersatzanspruch ([X.]) aufrechnen. Die Revision wendet sich nicht gegen die Ablehnung eines An-spruchs des [X.] aus § 826 [X.] durch das Berufungsgericht. [X.] sind insoweit auch nicht ersichtlich. Ein auf einen Verstoß gegen §
152 24
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-
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-

Abs.
2 KAGB gestützter Schadensersatzanspruch scheitert bereits an der feh-lenden Anwendbarkeit der Vorschrift auf die Beteiligung des [X.].

Drescher

[X.]

[X.]

Bernau

V.
Sander
Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch [X.] erle-digt worden.
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.02.2016 -
1 C 368/15 -

[X.], Entscheidung vom 31.08.2016 -
1 [X.] -

Meta

II ZR 239/16

20.03.2018

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2018, Az. II ZR 239/16 (REWIS RS 2018, 12037)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12037

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