Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2003, Az. II ZR 244/01

II. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 208

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[X.] DES VOLKESURTEILII [X.]/01Verkündet am:15. Dezember 2003VondrasekJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: jaBGB § 276 [X.]; HGB § 161 Abs. 1Ändern sich nach Herausgabe eines Anlageprospekts Umstände oder Bedin-gungen, welche zu einer Verzögerung des Projekts oder zu einer Verminderungder für einen Abschreibungszeitraum in Aussicht gestellten Verlustzuweisungführen können, sind die Prospekthaftungsverantwortlichen verpflichtet, [X.] oder einen Warnhinweis Beitrittswillige jedenfalls biszum Zeitpunkt der Annahme der Beitrittserklärung hierüber zu unterrichten.[X.], Urteil vom 15. Dezember 2003 - II [X.]/01 -[X.]leswig-HolsteinischesOLG in [X.] [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 15. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden RichterDr. h.c. Röhricht und [X.], [X.], Dr. Graf undDr. [X.] Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des5. Zivilsenats des [X.] [X.] vom 19. Juli 2001 aufgehoben und das Urteil des [X.] der 7. Zivilkammer des [X.] vom18. August 1999 abgeändert.Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klä-gerin 51.129,19 % Zinsen seit dem 18. Dezember 1998Zug um Zug gegen Übertragung des Geschäftsanteils der [X.] Nominalbetrag von 100.000,00 DM an der [X.], eingetragen im [X.] ([X.]), zu zahlen.Es wird festgestellt, daß sich die Beklagten mit der Annahme desvorstehend bezeichneten zu übertragenden Geschäftsanteils [X.] befinden.Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamt-schuldner.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Klägerin, die sich an einem Windparkprojekt beteiligt hatte, verlangtvon den Beklagten [X.]adensersatz aus typisierter Prospekthaftung in Höheihrer Kommanditeinlage Zug um Zug gegen Übertragung ihres [X.].Die Beklagten zu 1 bis 3 gründeten mit dem Zweck der Errichtung [X.] in [X.]/S. die [X.] (im folgenden: [X.]) und übernahmen eine Komman-diteinlage von jeweils 7.500,00 DM. Persönlich haftende Gesellschafterin [X.], deren Gesellschafter und [X.] die Beklagten zu 1 bis 3 waren. Für das Projekt war zunächst [X.] und am 30. September 1998 eine Baugenehmigung eingeholtworden. Zugleich war man über ein beauftragtes Ingenieurbüro wegen der [X.] des erzeugten Stroms notwendigen Netzanbindung mit [X.] 9. Juli 1998 an das örtliche Energieversorgungsunternehmen, die[X.]. AG, herangetreten. Diese teilte mit [X.]reiben vom 30. Juli 1998 mit,daß die nur begrenzt zur Verfügung stehende Aufnahmekapazität für Wind-energieleistung in der Reihenfolge der eingehenden Anträge vergeben werde,worauf das beauftragte Ingenieurbüro die für den [X.] gewünschteAnschlußleistung der Netzanbindung auf 12,86 MW bezifferte und als Terminfür die Netzanbindung den 30. Dezember 1998 bezeichnete. Die [X.]. [X.] hierauf mit [X.]reiben vom 3. September 1998 und weiterem [X.] 18. September 1998 sowie mit Faxschreiben vom 29. September 1998 mit,daß sie aus Kapazitätsgründen für das vorgesehene Umspannwerk [X.] eine Einspeiseleistung von 3,4 MW zur Verfügung stellen könne und imübrigen der Mitarbeiter [X.]. AG in Abrede stelle, zu einem- 4 -früheren Zeitpunkt Angaben über eine höhere Einspeisekapazität des [X.] gemacht zu haben. Daraufhin erhob die mit der [X.] Realisierung des Windparks beauftragte [X.]. undB. mbH, deren Ge-sellschafter und Geschäftsführer ebenfalls die Beklagten zu 1 bis 3 waren, [X.] Oktober 1998 beim [X.] Klage auf Anschluß der acht [X.] an das Netz der [X.]. AG, für die zwischenzeitlich eine Bau-genehmigung vorlag.Zwischenzeitlich hatte die mit der Werbung von Kommanditisten für die[X.] beauftragte Beklagte zu 4, die [X.], deren Gesellschafter und [X.] wiederum die Beklagten zu 1 bis 3 waren, einen Prospekt überdas Beteiligungsangebot mit Stand Juni 1998 herstellen lassen und verbreitetediesen zur Werbung von zeichnungsinteressierten Kommanditisten. In [X.] werden neben dem [X.] selbst die P. Unterneh-mensgruppe, die beteiligten Gesellschaften, der Standort [X.] in S.sowie die zur Verwendung geplanten Windkraftenergieanlagen [X.] N. erläutert. [X.]. wird folgendes [X.] im ÜberblickWindpark8 Windenergieanlagen N. je 1.300 kW Nennleistung ...- 5 -Errichtung5 Windenergieanlagen bis zum 31.12.1998, weitere 3 im [X.] % kumuliert in den ersten vier Jahren, davon 99,8 % in1998 und 57,6 % in 1999, jeweils bezogen auf die geleistetePflichteinlage."Darüber hinaus steht unter der Überschrift "Chancen und [X.] 33 f.) u.a. das Folgende:"Zeitpunkt der [X.] diesem Prospekt wird entsprechend dem gegenwärtigen Pla-nungsstand davon ausgegangen, daß eine Teilinbetriebnahme [X.] von 5 Anlagen bis zum 31. Dezember 1998 erfolgt. [X.] 3 Energiewindanlagen werden im März 1999 errichtet. Sollte es [X.] zeitlichen Verzögerung der geplanten Teilerrichtungen kom-men, würde sich die prognostizierte Rendite vermindern. ...Darüber hinaus können die mit dem regionalen Energieversor-gungsunternehmen (SC[X.] AG) noch nicht abgeschlossenenVerhandlungen ebenfalls zu einer Verzögerung der Inbetriebnahmeführen. Der Windpark soll an das [X.] werden, das nach unserem derzeitigen Kenntnisstandüber ausreichende Kapazitäten zur Aufnahme des erzeugten [X.]. ..."- 6 -Unter dem Stichwort "Die beteiligten Gesellschaften - weitere [X.] f.) ist neben den verschiedenen Firmen der P.-Gruppe unter [X.] "Stromabnahme" die [X.]. AG, [X.], aufgeführt.Mit Beitrittserklärung vom 25. September 1998, angenommen durch die[X.] am 30. September 1998, erklärte die Klägerin ihre Beteiligung [X.] an der [X.] mit einer Bareinlage von 100.000,00 [X.] der Folge kam es zu Lieferschwierigkeiten hinsichtlich der ersten fünfWindkraftanlagen, welche im Zeitraum vom 30. November 1998 bis10. Dezember 1998 errichtet werden sollten. Nachdem die Herstellerin [X.] am 27. November 1998 mitgeteilt hatte, daß im [X.] überhauptkeine Windenergieanlage mehr geliefert werden könnte, erfolgte auf Drängender [X.] eine Auslieferung von zwei Windkraftanlagen in der 51. [X.], am 7. Mai 1999 wurde die dritte Anlage geliefert und im Juli 1999 [X.] restlichen fünf Anlagen errichtet.Nachdem die [X.] die Klägerin mit [X.]reiben vom 4. [X.] über die [X.]wierigkeiten mit der Netzanbindung und die nicht fristge-rechte Lieferung der Windenergieanlagen informiert hatte, verlangte diese [X.] vom 16. Dezember 1998 die Rückzahlung der geleistetenKommanditeinlage.Am 9. Februar 1999 schloß die [X.] mit der [X.]. AG ei-nen Prozeßvergleich, wonach sich die [X.]. AG zur Abnahme des er-zeugten Stromes in Höhe von 11,44 MW, in einem für den Betrieb der Gesamt-anlage ausreichenden Umfang, [X.] der eingetretenen Verzögerung mit der Errichtung der [X.] und der nicht rechtzeitig erfolgten Netzanbindung verminderte sichdie in Aussicht gestellte Verlustzuweisung für das [X.] auf etwa 65 % an-stelle der im Prospekt genannten 99,8 %.Die Klägerin ist der Ansicht, daß der Beteiligungsprospekt in verschiede-nen Punkten unrichtige, irreführende und unvollständige Angaben enthalte, wasden Beklagten bekannt gewesen sei. Unter anderem werde im Prospekt mit [X.] der [X.]. AG als Vertragspartner der falsche Eindruck er-weckt, daß die uneingeschränkte Netzanbindung der geplanten [X.] bereits vertraglich vereinbart sei. Tatsächlich seien die Probleme mit derEinspeisekapazität des [X.] bekannt gewesen, bevor dieKlägerin ihren Beitritt beantragt habe; deshalb seien die Beklagten verpflichtetgewesen, den Prospekt zu korrigieren. Außerdem seien die in dem [X.] und Verlustzuweisungen nicht zu erreichen gewesen.Die Beklagten sind demgegenüber der Auffassung, daß die Verweige-rung einer uneingeschränkten Netzanbindung durch die [X.]. AG rechts-widrig gewesen und sie mit einem solchen Verhalten nicht hätten rechnen müs-sen. Zudem habe zwischen der [X.] und der [X.]. AG ein [X.] Rechtsverhältnis bestanden. Von den Lieferschwierigkeiten [X.] hätten sie erst im November 1998 erfahren.Das [X.] hat die Klage abgewiesen, da es keine schuldhaft odervorwerfbar unrichtigen oder unvollständigen Angaben im [X.] konnte, welche für den Beitragsentschluß der Klägerin erheblich ge-wesen seien. Die Berufung der Klägerin wurde durch das [X.] 8 -Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren [X.] weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und zur Verurteilung [X.].[X.] Mit Recht hat das Berufungsgericht eine Verantwortlichkeit der [X.] zu 1 bis 3 als Initiatoren und Gründungskommanditisten der [X.] für den Inhalt des [X.] angenommen (st. Rspr., vgl. [X.]Z83, 222, 223 f.; 115, 214, 218). Ebenso gilt dies für die von den Beklagten zu 1bis 3 geführte Beklagte zu 4, welche entsprechend ihrem Aufgabenbereich inder P.-Unternehmensgruppe den Prospekt erstellt und verbreitet hat.I[X.] Entgegen der Ansicht des [X.] waren die [X.], den [X.] zu ändern oder zumindest um einen [X.] zu ergänzen, als sich die [X.]. AG erstmals weigerte, dengeplanten Windpark in vollem Umfang an das Stromnetz anzubinden und damitdie Realisierung des Projekts in Frage stand.1. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten [X.] hat der Prospekt über das Beteiligungsangebot, welcher im [X.] die wesentliche Unterrichtungsmöglichkeit für einen Beitrittsinteressen-ten darstellt, ein zutreffendes und vollständiges Bild über sämtliche Umständezu vermitteln, welche für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind ([X.]Z79, 337, 344 f.; 123, 106, 109 f.; [X.].Urt. v. 29. Mai 2000 - [X.], [X.], 1296, 1297). Ändern sich diese Umstände nach Herausgabe des Pro-- 9 -spekts, so haben die Verantwortlichen davon durch Prospektberichtigung oderdurch entsprechende Hinweise bei Abschluß des [X.] ([X.]Z 71, 284, 291; 123, 106, 110).Nach diesen Grundsätzen waren die Beklagten verpflichtet, nach der [X.] schriftlichen Weigerung der im Prospekt als Vertragspartnerin bezeichne-ten [X.]. AG, den vom Windpark erzeugten Strom nur zu einem Teil desgeplanten Umfangs abzunehmen, Beitrittswillige hiervon zu unterrichten. [X.] davon, ob die Weigerung der [X.]. AG, den Windpark vollumfäng-lich an das Stromnetz anzubinden, gerechtfertigt war oder nicht, und [X.] sie hierbei gegen Vorschriften des Stromeinspeisungsgesetzes verstoßenhaben sollte, drohte dadurch eine zumindest nicht unerhebliche Verzögerungdes Projekts und der Aufnahme der Stromerzeugung, wenn nicht sogar das[X.]eitern des Gesamtprojekts als solches.2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagtenseien deswegen nicht zu einem Hinweis an [X.], weil die Auffassung der [X.]. AG erkennbar fehlerhaft gewesensei und darüber hinaus der Prospekt einen Hinweis enthalten habe, daß [X.] verbindliches Angebot des örtlichen [X.]) Maßgeblich ist zunächst, daß auch eine rechtswidrige Weigerung ei-nes Energieversorgungsunternehmens schon deswegen einen mitteilungs-pflichtigen Umstand darstellt, weil sich daraus ein möglicherweise langerRechtsstreit entwickeln kann, wodurch, wie hier, der Projektbeginn zumindestverschoben wird und als Folge auch die von den Anlegern erstrebten Abschrei-bungssätze nicht erreicht werden.- 10 -b) Auch der abstrakte [X.], daß die Verhandlungen mit der[X.]. AG noch nicht abgeschlossen seien, reichte zum [X.] Klägerin nicht mehr zu einer vollständigen Aufklärung eines Anlegers aus,nachdem das Energieversorgungsunternehmen ausdrücklich eine umfassendeStromabnahme abgelehnt hatte und damit die Verhandlungen praktisch ge-scheitert waren. Daß danach auch die Beklagten nicht mehr mit einer planmä-ßigen Umsetzung des Projekts rechneten, ergibt sich deutlich aus einem Tele-faxschreiben des Beklagten zu 2 als Geschäftsführer der [X.] vom9. Dezember 1998, wonach mit einer Netzanbindung erst ab Mitte 1999 [X.] wurde. Dem entsprach auch die nur zögerliche Errichtung der restlichensechs Windkraftanlagen ab Mai 1999.II[X.] Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]ats entspricht es [X.], daß ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlichgeworden ist ([X.]Z 79, 337, 346; [X.]Z 84, 141, 148; [X.].Urt. v. 14. Juli 2003- II ZR 202/02, [X.], 1651, 1653). Entscheidend ist insoweit, daß durchunzutreffende oder unvollständige Information des Prospekts in das Recht [X.] eingegriffen worden ist, in eigener Entscheidung und Abwägung desFür und Wider darüber zu befinden, ob er in das Projekt investieren will odernicht ([X.].Urt. v. 29. Mai 2000 aaO, [X.], 1296, 1297; [X.].Urt. v. 14. [X.] aaO, [X.], 1651, 1653). Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin beivollständiger Aufklärung sich dennoch für die Anlage entschieden hätte, sindvon den Beklagten nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, so daß- 11 -die weiteren Einwendungen der Klägerin gegen den [X.] dahinstehenkönnen.RöhrichtGoette[X.]GrafStrohn

Meta

II ZR 244/01

15.12.2003

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2003, Az. II ZR 244/01 (REWIS RS 2003, 208)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 208

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