Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2000, Az. IV ZR 99/99

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 829

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:18. Oktober 2000WeschenfelderJustizsekretärinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________BGB §§ 2307 Abs. 1 Satz 2, 2191, 21801. Ein Pflichtteilsberechtigter, der vom Erben den Pflichtteil aus dem vollen [X.] Nachlasses erhalten hat, braucht sich diese Zahlung auch nicht teilweise aufein [X.] anrechnen zu lassen, das nicht vom Erben, sondern vonden Rechtsnachfolgern der [X.] zu erfüllen ist.2. Das [X.] kann erst nach dem Erbfall, aber schon vor Eintritt des[X.]falles ausgeschlagen werden.[X.], Urteil vom 18. Oktober 2000 - [X.] - [X.] [X.] 2 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.], [X.], Dr. [X.],Terno und die Richterin [X.] auf die mündliche Verhandlung vom18. Oktober 2000für Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22.Zivilsenats des [X.] vom 18. März1999 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen schuldhafter [X.] Amtes als Testamentsvollstrecker in Anspruch. Sie und ihr Bruderentstammen der ersten Ehe des am 20. September 1979 verstorbenenErblassers. Dieser war in zweiter Ehe mit der 1999 verstorbenen Streit-helferin verheiratet. In seinem Testament aus dem Jahre 1978 setzte [X.] die Klägerin und deren Bruder als Erben ein. Sein hälftigesErbbaurecht an einem Grundstück vermachte er der Streithelferin bis zu- 3 -deren Tode, von da an der Klägerin. Er gestattete der Streithelferin dieVeräußerung und wies den Testamentsvollstrecker an, den Verkaufser-lös in festverzinslichen Wertpapieren anzulegen, die die Klägerin nachdem Tod der Streithelferin erhalten sollte.Am 13. Dezember 1979 schlug die Klägerin die Erbschaft als Te-stamentserbin aus. Auf ihren Pflichtteil erhielt sie ca. 1,2 Mio. [X.]. Fürdie Berechnung dieses Betrages wurde vom gesamten Wert des Nach-lasses mit Einschluß des hälftigen Erbbaurechts ausgegangen, das [X.] [X.] angesetzt wurde.In einem Schreiben vom 8. Januar 1980 belehrte der Beklagte [X.] dahin, daß die Klägerin infolge der Ausschlagung nichtmehr [X.]nehmerin sei und die Streithelferin über das Erb-baurecht nach Belieben verfügen könne. Sie veräußerte am 25. Juni1990 das Erbbaurecht für 1.050.000 [X.]. Die Klägerin hat schon vor demTod der Streithelferin Feststellung begehrt, daß der Beklagte ihr [X.] schulde, weil er den Erlös des Erbbaurechts nicht in [X.] angelegt habe. Nach dem Tod der Streithelferin hat die Klägerinden Schaden auf 1.050.000 [X.] nebst Zinsen beziffert. Der [X.], die Klägerin habe auch das [X.] ausgeschlagen; imübrigen sei ihr im Hinblick auf den erhaltenen Pflichtteil ein Schadennicht entstanden.Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klä-gerin ist zurückgewiesen worden. Dagegen wendet sie sich mit der [X.] 4 -Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Zurückverweisung der Sache an das Beru-fungsgericht.1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Klägerin auchdas [X.] ausgeschlagen hat. Es hat vielmehr zugunsten derKlägerin unterstellt, daß der Beklagte, dem die Fürsorge für das Nach-vermächtnis der Klägerin anvertraut war (§ 2223 BGB), das Nachver-mächtnis nicht für ausgeschlagen halten durfte. Gleichwohl habe der [X.] die ihm obliegende Sorgfalt nicht verletzt, als er der Streithelferinfreie Hand zur Verfügung über das Erbbaurecht ließ. Es sei nämlichnicht damit zu rechnen gewesen, daß der Wert des [X.]sesden Pflichtteil übersteige. Tatsächlich habe die Klägerin mit [X.] in Höhe von 1,2 Mio. [X.] mehr erhalten, als ihr aufgrund des[X.]ses zustehe. Aus einer entsprechenden Anwendungvon § 2307 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB folge, daß der [X.] immer nur die Wahl habe zwischen dem, was der Erblasser ihmzugedacht hat, oder dem Pflichtteil.Im übrigen habe die Klägerin einen Schaden nicht dargelegt. Esgenüge nicht zu bestreiten, daß der Verkaufserlös noch im Nachlaß [X.] vorhanden sei. Vielmehr hätte die Klägerin im [X.] müssen, daß Wertpapiere im Nachlaß nicht vorhanden seien,deren Übertragung sie verlangen [X.] -Das hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nichtstand.2. a) Nach § 2307 Abs. 1 Satz 2 BGB steht dem [X.], der mit einem Vermächtnis bedacht ist und dieses nicht aus-schlägt, ein Recht auf den Pflichtteil nicht zu, soweit der Wert des [X.] reicht. Das gilt nach überwiegender Meinung auch für einaufschiebend bedingtes Vermächtnis. Danach ist das hier der Klägerinzugedachte [X.] vollständig und ohne Rücksicht auf denspäteren Eintritt der Bedingung auf den Pflichtteil anzurechnen ([X.] NJW 1991, 988; [X.]/[X.], [X.]. § 2307[X.]. 6; [X.]/[X.], [X.]. § 2307 [X.]. 2; [X.]/Kuchinke, Lehrbuch des Erbrechts 4. Aufl. § 37 V 6 c S. 832 [X.]. 115;Ebenroth, Erbrecht [X.]. 970). Nach anderer Auffassung ist wegen [X.] des [X.]s zunächst davon auszugehen, daßder Pflichtteilsberechtigte kein Vermächtnis erhalten hat, der [X.] aus dem gesamten Nachlaß zu errechnen. Fällt das Vermächtnis(oder [X.]) aber später an, müsse sich der [X.] darauf den schon erhaltenen Pflichtteil anrechnen lassen (OLGKarlsruhe Justiz 1962, 152; [X.]/[X.], [X.]. § 2307[X.]. 6 a.E.; [X.], NJW 1992, 28; [X.], [X.] 1996, 327).Im vorliegenden Fall hat die Klägerin den vollen Pflichtteil erhal-ten, aus welchen Gründen auch immer. Dann hat nach allen [X.] jedenfalls im [X.]fall eine Anrechnung stattzu-finden, soweit sich Pflichtteil und Wert des [X.]ses decken.- 6 -b) Das gilt jedoch nur, wenn sich die Ansprüche auf den [X.] auf das Vermächtnis gegen dieselbe Person richten, der Erbe alsoauch mit dem Vermächtnis beschwert ist. Die Revision rügt mit Recht,daß der Erbe als Schuldner des Pflichtteils im vorliegenden Fall nichtidentisch ist mit den Schuldnern des [X.]ses, nämlich denErben der [X.]. Auch soweit der Pflichtteil aus [X.] berechnet worden ist, das die Klägerin aufgrund des Nach-vermächtnisses in Anspruch nimmt, kann die empfangene [X.] also nicht auf das [X.] angerechnet werden. [X.] haben die Erben der [X.] das [X.] in voller Höhe zu erfüllen unabhängig davon, daß der Erbe den vonihm gezahlten Pflichtteil nach Anfall des [X.]ses jedenfallszum Teil wegen ungerechtfertigter Bereicherung von der Klägerin zu-rückverlangen könnte.Damit war der Beklagte als Testamentsvollstrecker verpflichtet,den [X.]anspruch der Klägerin ungekürzt zu erfüllen. [X.] bezahlten Pflichtteils un-terliegt der Testamentsvollstreckung ebensowenig wie der [X.] selbst (§ 2213 Abs. 1 Satz 3 BGB). Die Klägerin macht hier [X.] die Erfüllung des [X.]ses geltend, sondern einenSchadensersatzanspruch. Ihr Schaden ist aber nicht deshalb geringer,weil der Erbe den Pflichtteil bisher auch nicht teilweise zurückverlangthat. Darauf können sich die Schuldner des [X.]anspruchsnicht berufen. Der Pflichtteilsanspruch hat nicht den Sinn, den [X.] bei der Erfüllung des [X.]ses zu entlasten.Im Gegenteil besteht ein Pflichtteilsanspruch nicht, soweit das [X.] -mächtnis reicht (§ 2307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Wenn der Erbe hier von [X.] (teilweisen) Rückforderung des Pflichtteils absieht, wirkt dies nichtzugunsten der Schuldner des [X.]ses, sondern allein zu-gunsten der Klägerin, der Schwester des Erben.3. Auch die Bedenken des Berufungsgerichts gegen einen Scha-den der Klägerin greifen nicht durch. Ihr Schaden ergibt sich daraus,daß sie infolge der Pflichtverletzung des Beklagten nicht in den Genußdes [X.]ses kommt.Als Testamentsvollstrecker haftet der Beklagte nicht etwa nur un-ter der Voraussetzung auf Schadensersatz, daß die Klägerin zuvor ohneErfolg versucht hätte, ihren Anspruch gegenüber den Erben der [X.]in durchzusetzen (vgl. [X.], Urteil vom 21. Mai 1953- IV ZR 230/52 - [X.] § 2258 Nr. 1 a.E.). Vielmehr ist es in erster [X.] seine Aufgabe, für die Erfüllung des [X.]ses zu sorgen(§§ 2203, 2223 BGB). Welche Rückgriffsansprüche sich für den Beklag-ten ergeben könnten (etwa analog § 255 BGB; vgl. [X.],[X.]. § 421 [X.]. 28 f.), ist hier nicht zu entscheiden.Auf nähere Angaben der Klägerin darüber, daß die Übertragungvon Wertpapieren aus dem Nachlaß der Streithelferin nicht möglich sei,kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht an. [X.] ist nach dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils unstreitig,daß eine Anlage des Verkaufserlöses in Wertpapieren nicht erfolgt ist.4. Das Berufungsgericht wird aber zu klären haben, ob die Kläge-rin auch das [X.] ausgeschlagen hat bzw. ob der Beklagte- 8 -es bei Anwendung der von ihm zu fordernden Sorgfalt jedenfalls für aus-geschlagen halten durfte. Zum Streit der Parteien über die [X.] eventuellen Ausschlagungserklärung ist auf folgendes hinzuwei-sen:Das Vermächtnis wird gemäß § 2180 Abs. 2 Satz 1 BGB durch Er-klärung gegenüber dem Beschwerten (oder dem Testamentsvollstrecker)ausgeschlagen. Diese Erklärung ist - anders als die Erbausschlagung(§ 1945 BGB) - nicht formbedürftig und kann auch durch schlüssigesVerhalten zum Ausdruck kommen ([X.]/[X.], § 2180 BGB [X.]. 5;[X.]/[X.], § 2180 [X.]. 2; [X.]/M. Wolf, § 2180[X.]. 3). Bei einem [X.] wie im vorliegenden Fall ist keinGrund ersichtlich, warum eine eventuelle Ausschlagung, die bereits [X.] des [X.]falles erklärt wird, nicht wirksam sein sollte.§ 2180 Abs. 2 Satz 2 BGB fordert nur, daß die Ausschlagung nach Ein-tritt des Erbfalls erklärt wird. Es entspricht allgemeiner Meinung, daß [X.] bei einem aufschiebend bedingten oder befristeten [X.] (§§ 2177, 2178 BGB) schon vor [X.] erklärt wer-den kann ([X.]/[X.], § 2180 [X.]. 6; [X.]/[X.],- 9 -§ 2179 [X.]. 7; [X.]/M. Wolf, § 2180 [X.]. 6). Daß der Eintritt der [X.] ungewiß sein kann, weil - wie im vorliegenden Fall - das Nach-vermächtnis nur anfällt, wenn der [X.]nehmer den [X.] überlebt, steht nicht entgegen.Dr. [X.] Prof. [X.] Dr. [X.] Terno [X.]

Meta

IV ZR 99/99

18.10.2000

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2000, Az. IV ZR 99/99 (REWIS RS 2000, 829)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 829

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