Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.09.2014, Az. IX ZA 16/14

9. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2810

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Gegenstand

Insolvenzverfahren: Wirkung der Freigabe eines Grundstücks durch einen Treuhänder hinsichtlich von Freistellungsansprüchen gegen eine Rechtsschutzversicherung; Rückforderung von Rechtsanwaltshonorar durch den Treuhänder


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Revisionsverfahrens gegen das Urteil des [X.] vom 10. April 2014 zu gewähren, wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt von den beklagten Re[X.]htsanwälten Rü[X.]kzahlung von [X.] zur Masse, das die Beklagten von dem Re[X.]htss[X.]hutzversi[X.]herer der S[X.]huldnerin erhalten haben. Mit Bes[X.]hluss vom 12. Februar 2010 wurde vom [X.] über das Vermögen der Dr. J.                    (S[X.]huldnerin) das Verbrau[X.]herinsolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum [X.]händer bestellt. Anfang Juni 2010 erteilte die S[X.]huldnerin den Beklagten, Re[X.]htsanwälten in [X.], den Auftrag, sie in einem Zwangsversteigerungsverfahren wegen eines in [X.] gelegenen Grundstü[X.]ks am Bezirksgeri[X.]ht [X.]          in [X.] zu vertreten. Die Beklagten, die keine Kenntnis vom Insolvenzverfahren hatten, erholten die Kostende[X.]kungszusage des [X.] Re[X.]htss[X.]hutzversi[X.]herers der S[X.]huldnerin für ihre Tätigkeit und übernahmen die Vertretung. In der Folgezeit erlangte der Beklagte zu 2 Kenntnis vom laufenden Insolvenzverfahren. Der Kläger gab das Grundstü[X.]k aus einem eventuellen Insolvenzbes[X.]hlag frei. Die Honorarnote der Beklagten vom 1. Juli 2010 über 2400 € wurde am 16. Juli 2010 von dem Re[X.]htss[X.]hutzversi[X.]herer, der seinerseits von dem Insolvenzverfahren keine Kenntnis hatte, an die Beklagten bezahlt. Der Kläger verlangt diesen Betrag na[X.]h § 816 Abs. 2 BGB heraus. Er hält die [X.] Geri[X.]hte für gemäß Art. 3 Abs. 1 EuInsVO international zuständig.

2

Das Amtsgeri[X.]ht hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit der [X.] Geri[X.]hte als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen geri[X.]htete Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben. Der Kläger begehrt nunmehr Prozesskostenhilfe für die vom [X.] zugelassene Revision.

II.

3

Der Prozesskostenhilfeantrag ist abzulehnen, weil die Klage keine hinrei[X.]hende Aussi[X.]ht auf Erfolg hat, § 114 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 4 InsO.

4

1. Das [X.] hat wie das Amtsgeri[X.]ht die Klage als unzulässig angesehen, weil es an der internationalen Zuständigkeit der [X.] Geri[X.]hte fehle. Diese ergebe si[X.]h ni[X.]ht aus Art. 3 Abs. 1 EuInsVO. Dana[X.]h sei zwar na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des Geri[X.]htshofs der [X.] eine Zuständigkeit für alle Klagen begründet, die unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren hervorgehen oder in engem Zusammenhang damit stehen. Ein sol[X.]her enger Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren sei hier jedo[X.]h zu verneinen, weil der Kläger das Grundstü[X.]k in [X.] aus einem eventuellen Insolvenzbes[X.]hlag freigegeben habe. Deshalb habe die S[X.]huldnerin die Beklagten zur Vertretung in dem beim Bezirksgeri[X.]ht [X.]        anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren beauftragen können. Der Re[X.]htss[X.]hutzversi[X.]herer sei dur[X.]h die Zahlung an die Beklagten freigeworden, weil er keine Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehabt habe. Hinsi[X.]htli[X.]h des insolvenzfreien Vermögens bleibe der S[X.]huldner verwaltungs- und verfügungsbefugt. Die von der S[X.]huldnerin dadur[X.]h begründeten Verbindli[X.]hkeiten seien weder Insolvenzforderungen no[X.]h Masseverbindli[X.]hkeiten. Sie könnte ihren Anspru[X.]h nur aus dem insolvenzfreien Vermögen befriedigen.

5

Das [X.] hat die Revision zugelassen, weil die Auslegung des Art. 3 Abs. 1 EuInsVO grundsätzli[X.]he Bedeutung habe.

6

2. Die Klage hat keine hinrei[X.]hende Aussi[X.]ht auf Erfolg, selbst wenn die [X.] Geri[X.]hte international zuständig wären. Denn jedenfalls fehlte es dann an der Anspru[X.]hsvoraussetzung des § 816 Abs. 2 BGB. Für die Ents[X.]heidung na[X.]h § 114 ZPO kommt es aber allein auf die Erfolgsaussi[X.]ht in der Sa[X.]he selbst an, die bereits im Prozesskostenhilfeverfahren beurteilt werden kann ([X.], Bes[X.]hluss vom 16. Juli 2003 - [X.], [X.], 1552, 1553; vom 7. Februar 2008 - [X.]). Ein davon losgelöster mögli[X.]her Erfolg des konkret eingelegten Re[X.]htsmittels ist unerhebli[X.]h ([X.], Bes[X.]hluss vom 12. Oktober 2006 - [X.], [X.]. 2007, 94 f mwN).

7

a) Die internationale Zuständigkeit der [X.] Geri[X.]hte kann si[X.]h vorliegend, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, nur aus Art. 3 Abs. 1 EuInsVO ergeben. Dies setzt na[X.]h ständiger Re[X.]htspre[X.]hung des Geri[X.]htshofs der [X.] voraus, dass die Klage unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren hervorgegangen ist und in engem Zusammenhang mit diesem steht (vgl. zuletzt [X.], Urteil vom 12. Februar 2009 - [X.]/07, [X.], [X.], 427 Rn. 21; vom 19. April 2012 - [X.]/07, [X.], [X.], 1049 Rn. 27; vom 16. Januar 2014 - [X.]/12, [X.], [X.], 181 Rn. 30).

8

Läge diese Voraussetzung vor, hätte aber gegen die Re[X.]htss[X.]hutzversi[X.]herung kein Freistellungsanspru[X.]h bestanden. In den für den Versi[X.]herungsvertrag na[X.]h dem S[X.]hreiben der Re[X.]htss[X.]hutzversi[X.]herung, das der Kläger im S[X.]hriftsatz vom 23. Mai 2013 in Bezug und si[X.]h zu eigen gema[X.]ht hat, vereinbarten [X.] 2002 bestand na[X.]h § 3 Abs. 3 Bu[X.]hst. [X.] Re[X.]htss[X.]hutz ni[X.]ht für die Wahrnehmung re[X.]htli[X.]her Interessen, die im ursä[X.]hli[X.]hen Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren stehen, das über das Vermögen des Versi[X.]herungsnehmers, hier der S[X.]huldnerin, eröffnet wurde oder eröffnet werden soll. Die Beklagten mögen dann Ni[X.]htbere[X.]htigte im Sinne des § 816 Abs. 2 BGB gewesen sein. Der Kläger war jedenfalls ni[X.]ht Bere[X.]htigter im Sinne dieser Vors[X.]hrift.

9

b) Jedenfalls war mit der erfolgten Freigabe des Grundstü[X.]ks konkludent die Freigabe des damit verbundenen Freistellungsanspru[X.]hs wegen Re[X.]htsstreitigkeiten das Grundstü[X.]k betreffend gegen den Re[X.]htss[X.]hutzversi[X.]herer verbunden, solange die Re[X.]htss[X.]hutzversi[X.]herung fortbesteht. Der Kläger konnte die Re[X.]htss[X.]hutzversi[X.]herung für die Masse bedingungsgemäß selbst ohne Freigabe ni[X.]ht in Anspru[X.]h nehmen. Mit der Freigabe waren s[X.]hlüssig die Re[X.]hte umfasst, die die Geltendma[X.]hung der Re[X.]hte am Grundstü[X.]k tatsä[X.]hli[X.]h erst ermögli[X.]hten. Die Ni[X.]htfreigabe des Anspru[X.]hs gegen die Re[X.]htss[X.]hutzversi[X.]herung das Grundstü[X.]k betreffend hätte der S[X.]huldnerin ges[X.]hadet, ohne der Masse zu nutzen. So kann die Freigabeerklärung na[X.]h [X.] und Glauben ni[X.]ht verstanden werden.

Kayser                      Vill                           Lohmann

                Pape                     Möhring

Meta

IX ZA 16/14

18.09.2014

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZA

vorgehend LG München I, 10. April 2014, Az: 6 S 23641/13

§ 4 InsO, § 3 Abs 3 Buchst c ARB 2002, § 816 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.09.2014, Az. IX ZA 16/14 (REWIS RS 2014, 2810)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2810

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XII ZB 231/17

12 U 26/20

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