Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2008, Az. 4 StR 77/08

4. Strafsenat | REWIS RS 2008, 3350

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[X.] vom 17. Juni 2008 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 17. Juni 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. September 2007 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsver-wahrung angeordnet worden ist. I[X.] Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen. II[X.] Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und exhibitionistischer Handlungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Hiergegen wendet sich der Ange-klagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit es sich gegen die Anordnung der [X.] - 3 - gung in der Sicherungsverwahrung richtet; im Übrigen ist das Rechtsmittel un-begründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die auf § 66 Abs. 1 StGB gestützte Anordnung der Sicherungsverwah-rung hat keinen Bestand, da die [X.] das Vorliegen von Rückfallverjäh-rung (§ 66 Abs. 4 Satz 3 StGB) mit nicht tragfähiger Begründung ausgeschlos-sen hat. 2 a) Das [X.] hat als frühere Verurteilungen im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB das Urteil des [X.] vom 13. Dezember 1983 und das Urteil des [X.]s Koblenz vom 13. Dezember 1995 herangezogen. Bezüglich der Verurteilung durch das [X.] hat es rechtsfehler-frei den 7. Oktober 1983 als Tatzeitpunkt festgestellt. Zum Tatzeitpunkt der letz-ten durch das Urteil des [X.]s Koblenz abgeurteilten Tat hat es [X.] ausgeführt: Die damals erkennende [X.] habe zwar den [X.]punkt der letzten Tat auf die [X.] zwischen Dezember 1992 und die erste Jahreshälfte 1993 bestimmt. Wenigstens eine der damals abgeurteilten insgesamt vier Miss-brauchstaten sei jedoch im Frühjahr 1993 begangen worden, und zwar nach Aussage der Geschädigten, fials es [X.] war, da es noch warm ge-wesen seifi. Hieraus ergebe sich [X.] so das [X.] [X.] dass wenigstens eine Tat in der ersten Jahreshälfte 1993 nach Sommeranfang begangen worden sei. Obwohl nach der Angabe der damaligen Geschädigten, es sei noch warm ge-wesen, eher der Spätsommer 1993 als Tatzeitraum in Betracht komme, sei für die Berechnung der Rückfallverjährung in Bezug auf die [X.] zu Gunsten des Angeklagten vom Sommeranfang, mithin dem 1. Juni 1993, als —[X.] Tattag auszugehen. 3 b) Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden Bedenken. 4 - 4 - aa) Feststellungen rechtskräftiger Urteile zu früheren Tatgeschehen ein-schließlich der [X.], die in einem späteren Verfahren von Bedeu-tung sein können, binden den neu entscheidenden Tatrichter nicht ([X.]St 43, 106, 107; [X.] StPO 51. Aufl. [X.]. 170 m.w.N.). Solche [X.] können zwar im Wege des [X.] gemäß § 249 Abs. 1 StPO in die neue Hauptverhandlung eingeführt und verwertet werden; der neue [X.] darf sie jedoch nicht ungeprüft übernehmen ([X.] aaO). 5 bb) Nach den Feststellungen ist das [X.] Koblenz in den Grün-den seines Urteils vom 13. Dezember 1995 davon ausgegangen, dass die letz-te der abgeurteilten Taten im [X.]raum Dezember 1992 und erste Jahreshälfte 1993 begangen wurde. Danach wäre zu Gunsten des Angeklagten bezogen auf die [X.] von Rückfallverjährung auszugehen, da die [X.] des § 66 Abs. 4 Satz 3 StGB unter Berücksichtigung der - allerdings nur pauschal - mitgeteilten [X.] (§ 66 Abs. 4 Satz 4 StGB) am 15. April 1993, d.h. innerhalb des bezeichneten [X.], abgelaufen wäre. 6 cc) Die [X.] war - wie ausgeführt - an die Bestimmung des Tat-zeitraums durch das [X.] Koblenz nicht gebunden, sondern befugt, den Tatzeitpunkt zu präzisieren oder aber auch abweichend neu zu bestimmen. Ihre Annahme, —zu Gunstenfi des Angeklagten sei vom 1. Juni 1993 als dem —frü-hestmöglichenfi Tatzeitpunkt auszugehen, ist jedoch nicht tragfähig begründet. Das [X.] stützt sich insoweit ausschließlich auf die - in sich widersprüch-liche - Angabe der damaligen Geschädigten, es —sei [X.] gewesen, da es noch warm warfi. Näheres wird hierzu nicht mitgeteilt, insbesondere bleibt offen, bei welcher Gelegenheit und in welchem Zusammenhang diese Aussage erfolgte. In Anbetracht des widersprüchlichen Inhalts der Aussage hätte ihre Verlässlichkeit jedoch näherer Erörterung bedurft. Dies gilt umso mehr, als auch 7 - 5 - der frühere Tatrichter ersichtlich diesen Teil der Aussage der Geschädigten nicht zum Anlass genommen hat, den Tatzeitpunkt näher zu konkretisieren, sondern es bei der zeitlichen Einordnung —Dezember 1992 bzw. in der ersten Jahreshälfte 1993fi belassen hat. 2. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung des [X.]. In der neuen Hauptverhandlung wird die Frage des [X.]punktes der letzten durch das [X.] Koblenz vom 13. Dezember 1995 abgeurteilten Tat im Wege des [X.] (vgl. [X.]St 43, 106 ff.) zu klären sein. Des Weiteren sind die [X.] (vgl. § 66 Abs. 4 Satz 4 StGB) im [X.], d.h. jeweils unter konkreter Bezeichnung von Beginn und Ende, festzustel-len (vgl. [X.] 55. Aufl. § 66 Rdn. 21 m.w.N.). 8 Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanovi Ernemann

Meta

4 StR 77/08

17.06.2008

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2008, Az. 4 StR 77/08 (REWIS RS 2008, 3350)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3350

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