Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2003, Az. 5 StR 169/00

5. Strafsenat | REWIS RS 2003, 2677

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Nachschlagewerk: jaBGHSt : neinVeröffentlichung: jaUStG § 4 Nr. 20 lit. [X.] ein Gesangssolist stellt eine —kulturelle [X.]im Sinne von § 4 Nr. 20 lit. a UStG dar (im Anschluß anEuGH, Urteil vom 3. April 2003, [X.]/00 [X.], Beschluß vom 18. Juni 2003 - 5 StR 169/00 LG [X.] -5 StR 169/00BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSvom 18. Juni 2003in der Strafsachegegenwegen Steuerhinterziehung- 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 18. Juni 2003beschlossen:Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 22. Dezember 1998 nach § 349Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Um-satzsteuerhinterziehung in 19 Fällen verurteilt worden ist: indiesem Umfang wird der Angeklagte freigesprochen; inso-weit hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens ein-schließlich der Kosten, die durch die Vorabentscheidung [X.] der [X.], sowie die dem Angeklagten dadurch entstandenennotwendigen Auslagen zu tragen.[X.][X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in58 Fällen sowie wegen versuchter Steuerhinterziehung und wegen Betrugszu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteiltund ihn im übrigen freigesprochen.[X.] Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat mit Beschluß vom5. April 2000 [X.] 5 StR 226/99 [X.] (abgedruckt in [X.], 219) das ange-fochtene Urteil teilweise aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen; im [X.] die Revision verworfen. Der Angeklagte wurde insoweit vom Landge-richt [X.] durch Urteil vom 25. Januar 2001 zu einer Gesamtfreiheits-- 3 -strafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt (rechtskräftig durch [X.] Senats vom 7. November 2001 [X.] 5 StR 269/01).2. Wegen der hier gegenständlichen Vorwürfe der Umsatzsteuerhin-terziehung in 19 Fällen wurde das Verfahren bereits in dem Beschluß vom5. April 2000 zur gesonderten Entscheidung abgetrennt, da insoweit ein [X.] beim [X.] gemäß Art. 234 Abs. 3 [X.] durchzuführen war (Vorlagebeschlußvom 5. April 2000 [X.] 5 StR 169/00, abgedruckt in [X.], 267 mit [X.].[X.] dieses Verfahrens ist die Frage, ob der Angeklagte da-durch Umsatzsteuern verkürzt hat, daß er entgegen seinen Verpflichtungengemäß § 18 Abs. 8 Nr. 1 UStG, §§ 51 ff. UStDV (a. F.) als Leistungsempfän-ger für steuerpflichtige Umsätze, die im Ausland ansässige Unternehmer [X.] erbracht haben, keinen Steuerabzug vorgenommen hat ([X.] Nr. 3 bis 6 und 8 bis 22 der Urteilsgründe [X.] [X.] vom22. Dezember 1998).Der Schuldspruch beruht insoweit im einzelnen auf folgenden Fest-stellungen:a) Der Angeklagte betrieb seit 1971 ein Konzertbüro für [X.] später auch für Klassikkonzerte. Anfang der neunziger Jahre wurde erzu einem der bedeutendsten Konzertveranstalter [X.]. Seine Ge-schäfte wickelte er über vier Unternehmen ab, deren alleiniger [X.] Geschäftsführer er im Tatzeitraum war. In den Jahren 1992 bis 1997 tratder Angeklagte im wesentlichen als Veranstalter klassischer Konzerte auf.Bei diesen wurden vor allem Lieder und Opernarien dargeboten, bei [X.] der [X.] im Vordergrund stand. [X.] Jahren 1996/1997 organisierte er die Welttournee der drei Tenöre [X.], [X.] und [X.]. Für sämtliche [X.] 4 -staltungen hatten die zuständigen Kulturbehörden dem Angeklagten Be-scheinigungen darüber ausgestellt, daß die —Veranstaltungsumsätzefi solchennach § 4 Nr. 20 lit. a UStG —gleichwertigfi seien.Der Angeklagte zog allerdings in erheblichem Umfang von den in [X.] 1993 bis 1997 an ausländische Künstler gezahlten Gagen keine Ein-kommensteuern und Umsatzsteuern ab, meldete diese bei den [X.] nicht an und führte sie auch nicht ab. Ihm war hierbei bekannt, daß er [X.] der als Konzertveranstalter auftretenden vier Unternehmengemäß § 18 Abs. 8 Nr. 1 UStG, §§ 51 ff. UStDV grundsätzlich zum Abzug,zur [X.]eldung und zur Abführung der anfallenden Umsatzsteuern verpflich-tet [X.]) Hinsichtlich der auf die Konzertveranstaltungen entfallenden Um-satzsteuern stellte sich der Angeklagte auf den Standpunkt, daß er [X.] für solche Konzerte einbehalten und abführen müßte, die vonden [X.] als —gleichartige Einrichtungenfi mit —gleichen [X.] im Sinne von § 4 Nr. 20 lit. a UStG anerkannt worden seien [X.] wie andere begünstigte Einrichtungen, die von Gesetzes wegen vonder Umsatzsteuer befreit seien, hätten behandelt werden müssen.c) Das [X.] hielt demgegenüber eine solche Steuerbefreiungnach § 4 Nr. 20 lit. a UStG nicht für gegeben, weil es sich bei den Solistennicht um Einrichtungen im Sinne dieser Vorschrift gehandelt habe.Bei den Auftritten hätte die jeweilige Einzelpersönlichkeit der [X.] Vordergrund gestanden und nicht eine Gesamtdarbietung der [X.] sei das musikalische Arrangement auf den Vortrag des einzelnenKünstlers zugeschnitten gewesen. Schließlich seien die Verträge mit [X.] als Einzelpersonen abgeschlossen worden, so daß die vertraglichgeschuldete Leistung nicht die eines Duos oder Trios gewesen sei. [X.] Zugrundelegung der weit gefaßten [X.] Nr. 107 Abs. 1- 5 -könnten Einrichtungen im Sinne von § 4 Nr. 20 lit. a UStG nur Musik- [X.] sein, die aus zwei oder mehr Mitwirkenden bestehen. [X.] könnten die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen wie die in§ 4 Nr. 20 lit. a UStG genannten Einrichtungen wie z. [X.], [X.] oder Chöre.Einen Verstoß der vorgenannten Auslegung von § 4 Nr. 20 lit. a UStGgegen Art. 13 Teil [X.]. n der [X.]/[X.] vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der [X.] über die Umsatzsteuern [X.] Gemeinsames Mehrwertsteuersy-stem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (im folgenden:Sechste Richtlinie) sah das [X.] nicht. Art. 13 Teil [X.] stellees in das Ermessen der Mitgliedstaaten, die Steuerbefreiung kulturellerDienstleistungen von weiteren Bedingungen abhängig zu machen. [X.] seien zum Beispiel, daß keine systematische Gewinnerzielungerstrebt werden dürfe oder die Leitung und Verwaltung im wesentlichen eh-renhalber erfolgen müsse. Dies zeige, daß die Sechste Richtlinie in ersterLinie wirtschaftlich schwache und in besonderem Maße dem Gemeinwohlverpflichtete Einrichtungen als förderungswürdig ansehe. Im übrigen sei [X.] Frage des nationalen Rechts, wenn die Mitgliedsstaaten die nach derSechsten Richtlinie zulässigen Ausnahmen von der Regelbesteuerung [X.] ausschöpften. Außerdem sei diese Steuerbefreiung nach der Rechtspre-chung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ohnehin nicht aufnatürliche Personen anwendbar.II. Mit Beschluß vom 5. April 2000 hat der Senat dem [X.] folgende Fragen zur Vorabentscheidung nachArt. 234 Abs. 3 [X.] vorgelegt:1. Ist Art. 13 Teil [X.]. n der [X.]/[X.] vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften derMitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern [X.] Gemeinsames Mehrwertsteuer-- 6 -system: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. [X.] 1977Nr. [X.], 1) dahin auszulegen, daß der dort verwendete Begriff der —ande-ren ... anerkannten [X.] auch einen Solisten erfaßt, der [X.] erbringt?2. Falls Frage 1 bejaht wird:Ergeben sich Einschränkungen aus der in Art. 13 Teil A gewähltenÜberschrift —... dem Gemeinwohl dienender [X.], etwa wenn die Soli-steneinsätze vorrangig Vermarktungszwecken dienen?III. Mit Urteil vom 3. April 2003 ([X.]/00, H ,[X.], 638) hat der Gerichtshof ([X.]) auf diese Fragenwie folgt entschieden:1. Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe n der Sechsten [X.] vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechts-vorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern [X.] [X.]: einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage istdahin auszulegen, daß der Begriff der —anderen ... anerkannten [X.] als Einzelkünstler auftretende Solisten nicht ausschließt.2. Aus der Überschrift des Artikels 13 Teil A dieser Richtlinie als sol-cher ergeben sich keine Einschränkungen der Möglichkeiten der Steuerbe-freiung nach dieser Bestimmung.B. Auf der Grundlage dieser Entscheidung des Gerichtshofs ist [X.] vom Vorwurf der Umsatzsteuerverkürzung in den hier noch [X.] (Fälle [X.] Nr. 3 bis 6 und Nr. 8 bis 22der Urteilsgründe) [X.] 7 -Zwar läßt es das Gemeinschaftsrecht in Art. 13 Teil [X.] 2 der[X.]/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmoni-sierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatz-steuer [X.] Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtigeBemessungsgrundlage (ABl. [X.], [X.]) zu, die Inanspruchnahme der Steu-erbefreiungen für kulturelle Leistungen nach Art. 13 Teil [X.] 1 lit. n derSechsten Richtlinie von bestimmten, im einzelnen aufgeführten Bedingungenabhängig zu machen. Zu diesen möglichen Bedingungen zählt u.a., daß einesystematische Gewinnerzielung nicht angestrebt wird (vgl. dazu EuGH[X.], 638, 640 f., Rdn. 28/29 und 39). [X.] hat der nationale Ge-setzgeber von diesen gemeinschaftsrechtlichen Möglichkeiten zur Ein-schränkung der Steuerbefreiungen keinen Gebrauch gemacht. § 4 Nr. 20lit. a UStG sieht vielmehr vor, daß Umsätze aus bestimmten, im einzelnenaufgeführten kulturellen Darbietungen ebenso steuerfrei sind wie die [X.] gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständigeLandesbehörde bescheinigt, daß sie die gleichen kulturellen Aufgaben wiedie vom Gesetz bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Eine solche Bescheini-gung war dem Angeklagten für jede der hier zu beurteilenden [X.] von den zuständigen Kulturbehörden erteilt worden. Da eine un-terschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung von Gesangssolisten und kul-turellen Gruppen durch Auslegung des Begriffs der —[X.] nach derVorabentscheidung des Gerichtshofs vom 3. April 2003 nicht zu rechtfertigenist, waren die im Rahmen der Konzertveranstaltungen erbrachten Leistungender ausführenden Gesangssolisten gegenüber dem Veranstalter ebensosteuerfrei wie die gesamte konzertante Veranstaltung, so daß der [X.] 8 -nicht verpflichtet war, die erbrachten Leistungen der Umsatzsteuer zu unter-werfen. Demnach ist der Angeklagte insoweit aus Rechtsgründen mit [X.] aus § 467 Abs. 1 StPO (vgl. zu den Kosten des [X.] aaO S. 641, Rdn. 41) freizusprechen.[X.] Basdorf [X.]

Meta

5 StR 169/00

18.06.2003

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2003, Az. 5 StR 169/00 (REWIS RS 2003, 2677)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2677

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XI R 30/21 (XI R 37/18), XI R 30/21, XI R 37/18

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