Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.01.2024, Az. 2 StR 100/23

2. Strafsenat | REWIS RS 2024, 2006

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Tenor

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2017 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass

a) das vorgenannte Urteil in der Entscheidungsformel unter Ziffer 1 dahingehend geändert und neu gefasst wird, dass der Angeklagte der Urkundenfälschung in achtzehn Fällen schuldig ist, und

b) wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung zwischen Erlass des Urteils und der Übersendung der Akten an das Revisionsgericht beide Gesamtfreiheitsstrafen als vollständig vollstreckt gelten.

2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, jedoch wird die Gebühr um die Hälfte ermäßigt; die Hälfte der im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

1

Das [X.] hatte den Angeklagten im ersten Rechtsgang durch Urteil vom 19. Juni 2014 – bei [X.] im Übrigen – wegen Urkundenfälschung in 24 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt, von der es drei Monate wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt hat. Die Bildung einer nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe hat es zurückgestellt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat dieses Urteil mit Beschluss vom 28. Juli 2015 in den Fällen II.2.,3.,7.,8.,13.,15.,16. und 19. bis 22. der Urteilsgründe mit den das Gebrauchmachen der Urkunde betreffenden Feststellungen, im [X.] sowie im Ausspruch über die Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, die weitergehende Revision verworfen und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückverwiesen.

2

Das [X.] hat im zweiten Rechtsgang das Urteil vom 19. Juni 2014 „dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen Urkundenfälschung in 18 Fällen schuldig ist.“ Es hat ihn unter Einbeziehung diverser Vorverurteilungen, jeweils unter Auflösung der in diesen Verfahren gebildeten Gesamtstrafen, zu einer Gesamtfreiheitstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Wochen verurteilt. Die Vollstreckung der letztgenannten Gesamtfreiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Das in einer der früheren Entscheidung ausgesprochene Berufsverbot hat das [X.] aufrechterhalten. Außerdem hat es angeordnet, dass von der erstgenannten Gesamtfreiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung sechs Monate, eine Woche und drei Tage als vollstreckt gelten.

3

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Diese hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

4

Ein Verfahrenshindernis aufgrund einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung liegt nicht vor.

5

1. Nach der Rechtsprechung des [X.] wird ein Verfahrenshindernis begründet durch Umstände, die es ausschließen, dass über einen [X.] mit dem Ziel einer Sachentscheidung verhandelt werden darf. Diese müssen so schwer wiegen, dass von ihnen die Zulässigkeit des gesamten Verfahrens abhängig gemacht werden muss (st. Rspr., vgl. [X.], Urteile vom 25. Oktober 2000 – 2 [X.], [X.]St 46, 159, 168 f.; vom 11. August 2016 – 1 [X.], [X.], 108, 109).

6

Ein Anwendungsfall wird innerhalb dieser Rechtsprechung in der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung gesehen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 2000 – 2 [X.], [X.]St 46, 159). So verletzt eine erhebliche Verzögerung eines Strafverfahrens den Betroffenen in seinem aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herrührenden Recht auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren und zugleich die in Artikel 6 Abs. 1 [X.] niedergelegte Gewährleistung, die eine Sachentscheidung innerhalb angemessener Dauer sichern soll (vgl. [X.], Beschluss vom 13. November 2003 – 5 [X.], [X.], 639, 640 mwN).

7

Allerdings führt eine Verletzung des Beschleunigungsgebots grundsätzlich nicht zu einem Verfahrenshindernis, sondern ist durch die Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verzögerung und ggf. durch eine Kompensation in Anwendung der sog. [X.] ausreichend berücksichtigt (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 25. Oktober 2000 – 2 [X.], [X.]St 46, 159, 168 f.; vom 11. August 2016 – 1 [X.], [X.], 108, 109; Beschluss vom 17. Januar 2008 – [X.], [X.]St 52, 124, 146; vgl. auch [X.], Urteile vom 13. November 2008 – 10597/03, [X.], 519, 521 Rn. 68; vom 20. Juni 2019 – 497/17, NJW 2020, 1047, 1048 Rn. 55). Lediglich in außergewöhnlichen Sonderfällen, wenn eine angemessene Berücksichtigung des Verstoßes im Rahmen der Sachentscheidung bei umfassender Gesamtwürdigung nicht mehr in Betracht kommt, kann eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung ein Verfahrenshindernis begründen, das den Abbruch des Verfahrens rechtfertigen kann (vgl. [X.], Urteile vom 11. August 2016 – 1 [X.], [X.], 108, 109 mwN; vom 6. September 2016 – 1 [X.], [X.], 193, 195 Rn. 30).

8

2. Ein solch außergewöhnlicher Sonderfall ist vorliegend zu verneinen. Zwar ist festzustellen, dass das Verfahren überlang und insgesamt sechs Jahre, elf Monate und zwei Wochen rechtsstaatswidrig verzögert worden ist. Es genügt jedoch, einen Ausgleich durch eine Kompensationsentscheidung zu gewähren.

9

a) Dem liegt im Wesentlichen folgender Verfahrensablauf zugrunde:

aa) Bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung liegen nach den durch die Revision nicht beanstandeten Feststellungen und Wertungen des [X.]s durch die Justizbehörden verursachte [X.] von zwei Jahren, vier Monaten und zwei Wochen vor.

Hiernach begannen die Ermittlungen betreffend die aus den Jahren 2004 und 2005 stammenden Taten im Jahr 2007. Im Ermittlungsverfahren fand zwischen dem 28. März 2008 und dem 1. August 2008 über einen Zeitraum von vier Monaten keine Verfahrensförderung statt.

Nach Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft am 20. Oktober 2009 ließ das [X.] die Anklage mit Beschluss vom 7. April 2011 zu und eröffnete das Hauptverfahren. Die Hauptverhandlung begann am 3. November 2011. Mit Urteil vom 19. Juni 2014 wurde der Angeklagte wegen Urkundenfälschung in 24 Fällen verurteilt. Mit Beschluss vom 28. Juli 2015 – 2 [X.] ([X.], 430) hob der Senat das Urteil wie ausgeführt auf.

In der Folge gingen die Akten am 23. Oktober 2015 bei der Staatsanwaltschaft und am 29. Oktober 2015 erneut bei dem [X.] ein. Der Neubeginn der Hauptverhandlung war für den 5. Juli 2017 vorgesehen. Tatsächlich begann sie aufgrund eines Befangenheitsantrags der Verteidigung vom 4. Juli 2017 erst am 18. Oktober 2017. Die Hauptverhandlung endete mit dem nunmehr angefochtenen Urteil vom 6. Dezember 2017.

bb) Daneben stellt der Senat nach Auswertung des Akteninhalts von Amts wegen eine weitere Verfahrensverzögerung von vier Jahren und sieben Monaten nach Erlass der angefochtenen Entscheidung fest.

(1) Zwar ist eine sich nicht aus den Urteilsgründen ergebende Verletzung des Beschleunigungsgebots im Revisionsverfahren grundsätzlich nur auf eine Verfahrensrüge hin zu prüfen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 28. Mai 2020 – 3 [X.], juris Rn. 24). Allerdings ist für Verzögerungen nach [X.] ein Eingreifen des [X.] wegen geboten, wenn der Angeklagte diese Gesetzesverletzung nicht form- und fristgerecht rügen konnte (vgl. [X.], Beschluss vom 2. August 2000 – 3 [X.], [X.], 52; vom 20. Juni 2007 – 2 [X.], [X.]R [X.] Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 32; [X.]/[X.]/[X.], 9. Aufl., [X.], Art. 6 Rn. 38; MüKo-StGB/[X.], 4. Aufl., § 46 Rn. 514; offengelassen durch [X.], Beschluss vom 26. Juli 2023 – 3 StR 506/22, juris Rn. 6).

(2) Davon ausgehend ist nach Ablauf der [X.] eine weitere Verzögerung von vier Jahren und sieben Monaten festzustellen, die auf die erheblich verzögerte Versendung der Verfahrensakten durch die Staatsanwaltschaft an das Revisionsgericht zurückzuführen ist. Die dort vollständig am 9. Juli 2018 eingegangenen Verfahrensakten wurden erst am 8. März 2023 – soweit die Übersendungsverfügung das Datum 8. März 2022 trägt, handelt es sich um ein offenkundiges Schreibversehen – weitergeleitet, weil sie in der Zwischenzeit „außer Kontrolle“ geraten waren. Sie erreichten am 16. März 2023 den [X.] und gingen am 24. April 2023 beim Senat ein. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Bearbeitungszeit (vgl. auch § 347 Abs. 1 Satz 2 StPO) und eingedenk des Umstandes, dass [X.] stets als Eilsachen zu behandeln sind (Nr. 153 [X.]), ergibt sich hieraus eine rechtsstaatswidrige Verzögerung von vier Jahren und sieben Monaten.

b) Dieser Verfahrensablauf begründet eine unangemessene Verfahrensdauer einschließlich rechtsstaatswidriger [X.] von insgesamt sechs Jahren, elf Monaten und zwei Wochen. Es ist jedoch ausreichend, dies durch eine Kompensationsentscheidung auszugleichen.

aa) Die Verfahrensdauer ist für sich genommen unangemessen lang. Seit Bekanntgabe der Vorwürfe an den Angeklagten am 17. März 2008 sind fünfzehn Jahre und elf Monate vergangen.

Zwar darf bei dieser Betrachtung nicht unberücksichtigt bleiben, dass die [X.] auch maßgeblich durch die über zweieinhalb Jahre andauernde Hauptverhandlung bis zum [X.] im ersten Rechtsgang bedingt ist und die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens ein weiteres Jahr und vier Monate erforderte.

Gleichwohl übertrifft die Verfahrensdauer die gesetzliche Verfolgungsverjährung von fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) mittlerweile um das Doppelte, was auch angesichts rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten des gesamten Tatkomplexes – so wurde dem Angeklagten mit Anklage vom 20. Oktober 2009 Steuerhinterziehung in fünfundzwanzig Fällen sowie Urkundenfälschung in [X.] Fällen zur Last gelegt – unangemessen ist (vgl. [X.] NJW 1993, 3254, 3255). Auch das Höchstmaß des Regelstrafrahmens von fünf Jahren (§ 267 Abs. 1 StGB; vgl. hierzu [X.], 220, 222) ist in diesem Umfang überschritten. Hinzu treten die dargelegten nicht zu rechtfertigenden [X.] durch [X.] von nunmehr insgesamt sechs Jahren, elf Monaten und zwei Wochen.

bb) Ein Verfahrenshindernis geht damit jedoch nicht einher.

(1) Dies gilt zunächst für den durch das [X.] ermittelten Zeitraum, wonach bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung durch [X.] verschuldete [X.] von zwei Jahren, vier Monaten und zwei Wochen gegeben sind.

Gemessen an den durch das [X.] festgestellten Belastungen des Angeklagten im Zeitraum vom 26. April 2012 bis Dezember 2012 waren diese im Rahmen der Sachentscheidung zu berücksichtigen und das [X.] hatte hierfür – wie rechtsfehlerfrei geschehen – eine Kompensationsentscheidung zu treffen.

(2) Nichts Anderes gilt auch bei Berücksichtigung der gesamten Verfahrensdauer einschließlich aller durch die [X.] verschuldeten [X.], insbesondere der besonders ins Gewicht fallenden unterlassenen Weiterleitung der Akten an das Revisionsgericht durch die Staatsanwaltschaft.

Insoweit gewinnt zunächst Bedeutung, dass die getroffenen Feststellungen den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch der angefochtenen Entscheidung tragen und das Verfahren nunmehr durch die Senatsentscheidung seinen Abschluss findet (vgl. bei einer fast fünfjährigen, willkürlich unterlassenen Aktenübersendung an das Revisionsgericht [X.], Urteil vom 9. Dezember 1987 – 3 [X.], [X.]St 35, 137, 140 f.), die Akten dem Revisionsgericht auch nicht willkürlich vorenthalten wurden, sondern „außer Kontrolle“ geraten waren (vgl. [X.] aaO).

Zudem ist weder ersichtlich noch von der Revision konkret vorgetragen, dass der Angeklagte durch das Verfahren besonderen Belastungen ausgesetzt war, die über die allgemeine Dauer des Verfahrens hinausgegangen wären und allein durch eine Einstellung ausgeglichen werden könnten. So befand er sich in dem hiesigen Verfahren zu keinem Zeitpunkt in Untersuchungshaft (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Juli 2023 – 3 StR 506/22, juris Rn. 7).

Des Weiteren stand für ihn bereits im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Senatsentscheidung vom 28. Juli 2015 rechtskräftig fest, dass er sich in dreizehn (von nunmehr achtzehn) Fällen der Urkundenfälschung schuldig gemacht hat und er hierfür unter anderem eine Freiheitsstrafe von drei Monaten als Einzelstrafe, im Übrigen Geldstrafen von 60 bzw. 90 Tagessätzen verwirkt hatte. Dass darüber hinaus die weiteren Fälle eine Strafbarkeit begründeten, war einerseits aufgrund des Aufhebungsgrundes der nicht ausschließbar fehlerhaften konkurrenzrechtlichen Bewertung in diesen Fällen, andererseits aufgrund des Umstandes, dass nur die Feststellungen zum Gebrauchmachen und nicht des Herstellens der falschen Urkunden aufgehoben wurden, ebenfalls erkennbar. Für den Angeklagten war mithin ersichtlich, dass er trotz der Aufhebung nicht mit einem Teilfreispruch, sondern vielmehr mit einem weiteren Schuldspruch und der Verhängung weiterer Einzelstrafen zu rechnen hatte. Dabei hatte er als alleiniger Revisionsführer stets Gewissheit darüber, dass eine Strafverschärfung ausgeschlossen war (§ 358 Abs. 2 StPO).

In einer Gesamtschau der überlangen Verfahrensdauer einschließlich der durch die Justiz verschuldeten Verzögerungen sowie des Umstands, dass sich die Taten nur im Bereich mittlerer Kriminalität bewegten, andererseits aber der geringen und allgemein bleibenden Belastungssituation des Angeklagten, genügt eine weitere Kompensationsentscheidung.

II.

Die Revision des Angeklagten hat insoweit Erfolg, als sie zu einer weiteren Kompensation für die nach Urteilsverkündung eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung führt. Im Übrigen bleibt sie mit den [X.] der Verletzung formellen und materiellen Rechts erfolglos.

1. Die Verfahrensrügen haben aus den Gründen der Antragsschrift des [X.]s keinen Erfolg.

2. Die auf die Sachrüge veranlasste Nachprüfung der Verurteilung des Angeklagten deckt keinen sachlich-rechtlichen Fehler des Urteils zu seinem Nachteil auf.

a) Schuld- und Strafausspruch entsprechen der Sach- und Rechtslage. Einzig der [X.] der angefochtenen Entscheidung bedarf der Korrektur. Eine „Abänderung“ des Urteils vom 19. Juni 2014 scheidet aus, da der Urteilsspruch vom 19. Juni 2014 teilweise durch die Senatsentscheidung vom 28. Juli 2015 aufgehoben wurde und er im Übrigen in Rechtskraft erwachsen ist.

b) Schließlich hält auch die Höhe der Kompensation für die festgestellte rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung rechtlicher Nachprüfung stand. Das [X.] hat nach dem sog. [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Januar 2008 – [X.], [X.]St 52, 124) zur Entschädigung für die bis [X.] eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von zwei Jahren, vier Monaten und zwei Wochen angeordnet, dass fünf Monate – soweit laut [X.] insgesamt sechs Monate, eine Woche und drei Tage als vollstreckt gelten, ist in diesen Zeitraum ein für vollstreckt erklärter Teil in Höhe von einem Monat, einer Woche und drei Tagen aus einer einbezogenen Vorverurteilung eingeflossen – der verhängten ersten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Dies hält sich im Rahmen des dem Tatrichter eingeräumten [X.] und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. zum Maßstab [X.], Urteile vom 23. Oktober 2013 – 2 [X.], [X.], 21; vom 12. Februar 2014 – 2 StR 308/13, [X.], 599; Beschlüsse vom 1. Juni 2015 – 4 StR 21/15, [X.], 540; vom 11. August 2016 – 1 [X.], [X.], 108, 110; vom 1. Dezember 2020 – 2 StR 384/20, [X.], 355 Rn. 8).

3. Daneben ist das Urteil um eine Kompensation für den nach [X.] eingetretenen und aufgezeigten Konventionsverstoß zu ergänzen.

Diese ist aufgrund des erheblichen Umfangs der Verzögerung so zu bemessen, dass der nach Abzug der bereits durch das [X.] ausgesprochenen Kompensation und nach Anrechnung (§ 51 Abs. 2 StGB) der bereits vollstreckten und in die Gesamtfreiheitsstrafen einbezogenen Vorstrafen – hierbei handelt es sich um eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten sowie eine Gesamtgeldstrafe von 260 Tagessätzen, wobei von dieser wiederum 40 Tagessätze als vollstreckt gelten – verbleibende vollstreckungsfähige Strafrest der beiden Gesamtfreiheitsstrafen als vollstreckt gilt, so dass dem Angeklagten keine weiteren Freiheitsentziehungen drohen.

Dabei ist unbeachtlich, dass diese Art der Kompensation sich – vorbehaltlich der Berechnung durch die Vollstreckungsbehörde – maßgeblich auf die zweite Gesamtfreiheitsstrafe auswirken wird und einen Ausgleich nur bei Widerruf der Strafaussetzung gewähren würde (vgl. [X.], Urteil vom 20. Juni 2019 – 497/17, NJW 2020, 1047, 1049 Rn. 58).

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 473 Abs. 4 Satz 1 StPO. Aufgrund des mit der weitergehenden Kompensationsentscheidung einhergehenden Teilerfolgs der Revision wäre es unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten, so dass die Gerichtsgebühr um die Hälfte zu ermäßigen ist und die Staatskasse die Hälfte der gerichtlichen sowie der notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen hat.

[X.]     

  

Ri[X.] Prof. Dr. Krehl
ist in den Ruhestand getreten
und daher  gehindert zu
unterschreiben.

  

     Eschelbach

[X.]

  

     Zeng     

  

     Grube     

  

Meta

2 StR 100/23

17.01.2024

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Mühlhausen, 6. Dezember 2017, Az: 11 KLs 500 Js 55411/07

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.01.2024, Az. 2 StR 100/23 (REWIS RS 2024, 2006)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 2006

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