Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2015, Az. XII ZB 125/15

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 5693

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/15

vom

9. September 2015

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1896 Abs. 2, 3
Zur Erforderlichkeit einer [X.] bei einem vom Betroffenen geäu-ßerten Verdacht der unberechtigten Entnahme eines Geldbetrags durch den [X.] (im [X.] an Senatsbeschluss vom 16.
Juli 2014

XII
ZB
142/14
Z 2014, 1693).
BGH, Beschluss vom 9. September 2015 -
XII [X.]/15 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 9. September 2015
durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin [X.] und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu
3 gegen den Beschluss der 2.
Zivilkammer des [X.]s
[X.]
vom 24.
Februar 2015
wird zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
[X.]: 5.000

Gründe:
I.
Die 83jährige Betroffene leidet an
seniler Demenz, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Am 26.
September 2004 hatte
sie ihrer Tochter, der Beteiligten zu
3
(im Folgenden: Bevollmächtigte),
Vorsorgevollmacht
erteilt.
Mit Schreiben vom 14.
August 2013 widerrief die Betroffene die Vorsor-gevollmacht,
weil
sie das Vertrauen in die Bevollmächtigte verloren habe. Am 5.
September 2013 erteilte sie einer anderen Person
Vollmacht.
Im Zeitpunkt dieser beiden Erklärungen war die Betroffene jedoch nicht mehr geschäftsfähig.

1
2
-
3
-

Das Amtsgericht hat eine [X.] mit dem Aufgabenkreis
der Geltendmachung von Rechten der Betroffenen gegenüber der [X.] eingerichtet und die Beteiligte zu
1
als Berufsbetreuerin bestimmt.
Das [X.] hat die von der Bevollmächtigten im eigenen Namen eingelegte Beschwerde zurückgewiesen; hiergegen
richtet sich deren Rechts-beschwerde.

II.
1. Die
Rechtsbeschwerde ist nach §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 Alt.
1 und 2 FamFG
zulässig. Insbesondere ist die Bevollmächtigte als Tochter der [X.], die im ersten Rechtszug beteiligt worden ist, gemäß §
303 Abs.
2 Nr.
1
FamFG beschwerdebefugt
(vgl. Senatsbeschluss vom 9.
April 2014

XII
ZB
595/13

FamRZ 2014, 1099 Rn.
10
ff.).
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet.
a) Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Betroffene sei aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage, die [X.] zu kontrollieren bzw. dem von ihr geäußerten Wunsch auf Widerruf der Vorsorgevollmacht und Bevollmächtigung einer anderen Person Rechtsgültig-keit zu verleihen. Die Betreuerbestellung sei auch erforderlich,
da die Betroffene erklärt habe, sie wolle aufgrund eines tiefgreifenden Vertrauensverlusts nicht mehr von der Bevollmächtigten vertreten werden und widerrufe die Vollmacht. Diesem eindeutigen Willen der Betroffenen sei unabhängig von ihrer Geschäfts-fähigkeit zu entsprechen.
b)
Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.
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8
-
4
-

aa) Nach §
1896 Abs.
3 BGB kann ein Betreuer zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt wer-den. Mit dieser so genannten [X.] kann im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden, wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das [X.] rechtsfehler-frei festgestellt; dagegen erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts.
bb) Eine [X.] darf jedoch wie jede andere Betreuung (vgl. §
1896 Abs.
2 Satz
1 BGB) nur dann eingerichtet werden, wenn sie erforderlich ist. Da der Vollmachtgeber die Vorsorgevollmacht gerade für den Fall erteilt
hat, dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, um eine gericht-lich angeordnete Betreuung zu vermeiden, kann das Bedürfnis nach einer [X.] nicht allein damit begründet werden, dass der Vollmachtgeber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage ist, den [X.]n zu überwachen. Denn der Wille des Vollmachtgebers ist auch bei der Frage der Errichtung einer [X.] zu beachten (vgl. §
1896 Abs.
1
a BGB). Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer [X.] erforderlich machen. Notwendig ist der konkrete, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht
dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird
(vgl. Senatsbe-schluss vom 16.
Juli 2014

XII
ZB
142/14
amRZ 2014, 1693 Rn.
11).
Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb 9
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11
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-
5
-

geboten ist, weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist, oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht ist nicht erforderlich. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt (vgl. Senatsbeschluss vom 16.
Juli 2014

XII
ZB
142/14
Z 2014, 1693 Rn.
12).
cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das [X.] die Be-schwerde gegen die Bestellung der
Beteiligten zu
1 zur Kontrollbetreuerin zu Recht zurückgewiesen. In der
vom [X.] in Bezug genommenen Anhö-rung vom 25.
Juli 2014
hat die Betroffene den konkreten Verdacht erhoben, die Bevollmächtigte habe sie hintergangen. Nach ihrer
Rückkehr aus dem [X.] in die eigene
Wohnung habe eine Geldkassette mit 7.000

nur ihre Tochter genommen haben könne, da sie Schlüssel zur Wohnung habe.
[X.] der Vorwurf zu, die Bevollmächtigte habe einen Betrag von 7.000

entnommen, ohne ihn für die Betroffene zu verwenden, bestünden jedenfalls Rückzahlungsansprüche der Betroffenen gegen die Bevollmächtigte. Die [X.] ist daher erforderlich, um die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel der Betroffenen

etwa
durch Verlangen nach Auskunft und Rechen-schaftslegung (§
666 BGB)

zu klären und eventuelle Ersatzansprüche gegen die Bevollmächtigte geltend zu machen. Ließe
danach
das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls der
Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten,
dient die [X.] auch
dazu, eine Erweiterung der Betreuung um den
13
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-
6
-

Aufgabenkreis des Vollmachtwiderrufs (vgl. Senatsbeschluss vom 28.
Juli 2015

XII
ZB
674/14
s Rn.
10
ff.) sowie
die Regelbetreuung anzuregen.

Dose

[X.]

Klinkhammer

Günter

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.01.2015 -
405 [X.] 522/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 24.02.2015 -
2 [X.] -

Meta

XII ZB 125/15

09.09.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2015, Az. XII ZB 125/15 (REWIS RS 2015, 5693)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5693

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XII ZB 125/15

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