Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2013, Az. 2 StR 338/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 2505

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2
StR 338/13

vom
24. September 2013
in dem Sicherungsverfahren
gegen

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 24. September 2013
gemäß § 349
Abs.
4 [X.] beschlossen:

Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 10. April 2013
mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur
neuen
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat im Hinblick auf eine rechtswidrige Tat der gefährli-chen Körperverletzung angeordnet, den Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen. Die Revision des Beschuldigten hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Die Voraussetzungen des § 63 StGB werden durch die Urteilsfeststel-lungen nicht hinreichend belegt.
Die Anordnung des §
63 StGB setzt voraus, dass
der Beschuldigte eine rechtswidrige Tat begangen hat; zu dieser gehören grundsätzlich auch die inneren Merkmale des durch die Tat verwirklichten Straf-tatbestands (vgl.
etwa [X.], Beschluss vom 14. März 1989 -
1
[X.], [X.]R
StGB
§
63 Tat
2; [X.], StGB, 60. Aufl., §
63 Rn.
3, jeweils mwN).
Zur inneren Tatseite des §
224 Abs.
1 Nr.
5 StGB enthält das angefochtene Urteil aber keine ausreichenden Feststellungen.

1
2
-
3
-
a) Der wegen chronischer paranoider Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis schuldunfähige Beschuldigte war der Auffassung, der Zeuge N.

, ein
Polizeibeamter, sei unberechtigt in sein Haus eingedrungen. Er ent-schloss sich, den Vornamen des Zeugen N.

in Erfahrung zu bringen, um ihm
einen Brief zu schreiben und Hausverbot zu erteilen.
Am [X.] begegnete der Beschuldigte dem im selben Wohnviertel wohnhaften Zeugen N.

f-forderung des Zeugen, das Grundstück zu verlassen, kam der Beschuldigte nicht nach. Vielmehr folgte er dem Zeugen auf die fünfstufige Treppe vor der Haustür und forderte ihn weiter zur Nennung seines
Vornamens auf.

Der Zeuge N.

, der auf einem 90 cm oberhalb des Erdbodens gelege-nen Podest vor der Haustür stand und in einer Hand einen Karton mit Einkäufen bei sich trug, schloss mit dem in der anderen Hand befindlichen Schlüssel die Haustür auf,
drehte sich dann zu dem Beschuldigten um
und erklärte, nicht mit ihm sprechen zu wollen; er bat den Beschuldigten zu gehen. In diesem Moment griff d

mit der rechten Hand an die offene [X.] des Zeugen N.

und riss daran, so dass der Zeuge vom
Podest
fiel. Hierbei war ihm die Höhe des [X.] ebenso bewusst wie die Tatsache, dass der Weg unterhalb des [X.] gepflastert war, so dass ihm die Gefährlichkeit seines Tuns, insbesondere die darin liegende Gefahr erheblicher Verletzungen bei einem Aufprall aus solcher Höhe auf einen gepflasterten Weg, bekannt
war(UA S.
7); ihm sei es -
so das [X.]
-
zumindest gleichgültig gewesen, ob sich der Zeuge N.

gegebenenfalls lebensgefährlich verletze.
Tatsächlich erlitt der Zeuge infolge des Sturzes

poten-tiell lebensgefährliche Verletzungen, die operativ versorgt werden mussten.
3
4
5
6
-
4
-
b) Nach diesen Feststellungen hat der Beschuldigte zwar in objektiver Hinsicht den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung verwirklicht. Die weitere Annahme, der Beschuldigte habe -
bezogen auf den Tatbestand des §
224 Abs.
1 Nr.
5 StGB
-
vorsätzlich gehandelt (UA S.
7, 15) findet jedoch in dem festgestellten Sachverhalt keine ausreichende Stütze. Aus ihm ergibt sich lediglich, dass der Beschuldigte an die Jacke des Zeugen griff und an ihr riss. Dagegen ist nicht festgestellt, dass die Tat in der Vorstellung des Beschuldigten auf eine Lebensgefährdung angelegt war (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 18.
März 1992 -
2 StR 84/92, [X.]R StGB § 223a Abs.
1 Lebensgefährdung
6; [X.] aaO §
224 Rn.
13). Das [X.] geht hinsichtlich des Vorstellungs-bildes des Beschuldigten -
dessen Einlassung folgend
-
vielmehr davon aus, dass er, aufgrund seiner Krankheit ohnehin unter Verfolgungs-
und Beeinträch-tigungserleben leidend, den Zeugen N.

bereits in sein Wahnsystem einbe-

13).
Wenn -
wie hier
-
aber die [X.] dafür entscheidend ist, ob sich die Handlung des [X.] als ein die Unterbringung gemäß §
63 StGB begrün-dendes Vergehen nach §
224 StGB oder als ein die Unterbringung regelmäßig nicht rechtfertigendes Vergehen nach §
229
StGB (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 18.
Juli 2013 -
4 [X.]/13
Rn.
43 juris) darstellt, dann muss [X.] -
und sorgfältiger als bislang geschehen
-
der innere Tatbestand erörtert werden, soweit dies nach dem psychischen Zustand des [X.] möglich ist
(vgl. auch [X.], Beschluss vom 14.
März 1989
-
1 [X.], [X.]R
StGB
§
63 Tat
2
mwN).
Ein
natürlicher Vorsatz der gefährlichen Körperverletzung nach §
224 Abs.
1 Nr.
5 StGB versteht sich nach dem äußeren [X.] und an-gesichts des geistigen Zustands des Beschuldigten hier auch nicht von selbst.
2. Die Sache bedarf deshalb neuer Prüfung durch den Tatrichter. Er wird sich dabei unter Hinzuziehung eines Sachverständigen genauer als bisher ins-7
8
9
-
5
-
besondere mit den konkreten Auswirkungen der Erkrankung des Beschuldigten auf die Tat auseinanderzusetzen haben.
[X.] [X.]Eschelbach

Ott [X.]

Meta

2 StR 338/13

24.09.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2013, Az. 2 StR 338/13 (REWIS RS 2013, 2505)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2505

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