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BUNDESGERICHTSHOF
I[X.] NA[X.]EN DES VOLKES
VERSÄU[X.]NISURTEIL
VIII ZR 317/10
Verkündet am:
6. Juli 2011
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 573 Abs. 1 Satz 1
Zu den an eine Eigenbedarfskündigung zu stellenden formellen Anforderungen.
[X.], Versäumnisurteil vom 6. Juli 2011 -
VIII ZR 317/10 -
LG [X.] I
AG [X.]
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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2011
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin Dr.
[X.]ilger, [X.]
Achilles und Dr.
Schneider sowie die Richterin Dr.
Fetzer
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des [X.]s [X.]ün-chen I -
14. Zivilkammer
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vom 24. November 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die [X.] ist [X.]ieterin einer Einzimmerwohnung der Kläger in [X.].
. [X.]it Schreiben vom 29. April 2008 kündigten die Kläger das [X.]ietverhältnis zum 31. Januar 2009
mit der Begründung, dass die Wohnung für die Klägerin zu 2 benötigt werde, die
seit Ende Februar 2008 ein Studienjahr in [X.] absolviere und danach ihr Studium in
[X.].
fortsetzen und einen eigenen Hausstand begründen
wolle; in das ehemalige
Kinderzimmer der elterlichen Wohnung
könne sie nicht mehr zurück, weil es inzwischen von ihrer Schwester genutzt werde.
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Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das [X.] hat sie unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. [X.]it der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederher-stellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die [X.] in der mündlichen Revisions-verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war. Inhaltlich be-ruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der [X.]n, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1962 -
V
ZR 110/60, [X.]Z 37, 79, 81 ff.).
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Räumungsklage sei unbegründet, weil die von den Klägern mit Schreiben vom 29. April 2008 ausgesprochene Kündigung aus formellen Grün-den unwirksam sei. Die Kläger hätten
die Gründe für die Kündigung nicht aus-reichend dargestellt. Es
fehle insbesondere an konkreten Angaben zur derzeiti-gen Wohnsituation der [X.]. Im [X.] sei ledig-lich angegeben, dass sie im Anwesen K.
wohne, also in einem von zwei benachbarten Gebäuden. [X.]it dem Hinweis auf das [X.] sei die Wohnsituation nicht beschrieben, weil die Klägerin zu 2 dort gar 2
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nicht mehr gewohnt habe. Nach ihren eigenen Angaben
im Prozess
habe die Klägerin zu 2 vor ihrem Auslandsaufenthalt
einen Teil [X.] einer zu sa-nierenden Drei-Zimmer-Wohnung in dem
zum Wohnhaus ihrer Eltern benach-barten Gebäude
bewohnt und damit sogar teilweise bereits einen eigenen Hausstand begründet. Diese die Verteidigungsmöglichkeiten der [X.]n be-einflussenden Umstände hätten im [X.] dargelegt werden müssen.
Das Interesse des wegen Eigenbedarf kündigenden Vermieters liege gerade in der angestrebten Verbesserung seiner bisherigen Wohnsituation, de-ren Schilderung daher für die Wirksamkeit einer Kündigung unerlässlich sei.
Darauf, ob die [X.] Kenntnis von der bisherigen Wohnsituation der Klägerin zu 2 gehabt habe, komme es nicht an, denn die Kündigungsgründe müssten selbst dann nochmals im [X.] selbst wiederholt wer-den, wenn sie
dem [X.]ieter bereits zuvor mündlich mitgeteilt oder in einem [X.] geltend gemacht worden seien; dies gelte entsprechend, wenn der [X.]ieter die Gründe aus eigenem Wissen kenne.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
[X.]it der vom Berufungsgericht
gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Kläger auf Räumung und Herausgabe der Wohnung der [X.]n nicht verneint werden.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die von den [X.] nicht aus formellen Gründen unwirksam. Das Berufungsgericht überspannt die Anforderungen, die gemäß § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB an die An-gabe der Gründe für das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendi-gung des [X.]ietverhältnisses zu stellen sind.
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Im Ansatz zutreffend
geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Zweck des [X.] in § 573 Abs. 3 BGB darin besteht, dem [X.]ieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforder-liche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vgl. BT-Drucks. 6/1549, S.
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f. zu §
564a Abs. 1 Satz 1 BGB
aF). Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das [X.] den Kündigungsgrund so [X.], dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die An-gabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese
Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend
(Senatsurteile vom 17. [X.]ärz 2010 -
VIII
ZR 70/09, NZ[X.] 2010, 400 Rn.
8, sowie vom 27. Juni 2007 -
VIII
ZR 271/06, NJW 2007, 2845 Rn.
23).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird das [X.] der Kläger diesen Anforderungen gerecht. Denn darin ist ausgeführt, dass die zum damaligen Zeitpunkt im Ausland studierende Klägerin zu 2 An-fang des Jahres 2009 zur Fortsetzung ihres Studiums nach [X.].
zurück-kehren und in einem eigenen Hausstand leben wolle. Damit ist das berechtigte Interesse der Kläger an der Beendigung des [X.]ietverhältnisses über die von der [X.]n bewohnte Einzimmerwohnung ausreichend dargelegt. Angaben zu der -
früheren
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Wohnsituation der Klägerin
zu 2 bedurfte es entgegen der Auf-fassung des Berufungsgerichts nicht. Ihr Interesse an der Wohnung der Beklag-ten ergibt
sich daraus, dass sie von einem längeren Auslandsaufenthalt nach [X.].
zurückkehrt und deshalb nunmehr eine Wohnung in [X.].
benö-tigt. Die Wohnsituation
der Klägerin zu 2
vor dem Auslandsaufenthalt ist für [X.] nachvollziehbar dargelegten Erlangungswunsch offensichtlich ohne Bedeu-tung.
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Im Übrigen kann
dem Berufungsgericht auch nicht darin gefolgt werden, dass Umstände, die dem [X.]ieter
bereits zuvor mitgeteilt wurden oder ihm sonst bekannt sind, nochmals ausdrücklich im [X.] wiedergegeben werden müssen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Vermieter
grundsätzlich
auf Kündigungsgründe Bezug nehmen, die in einem früheren, dem [X.]ieter zugegangenen Schreiben dargelegt sind; eine Wiederholung in der Kündigung selbst ist nicht erforderlich
(Senatsurteil vom 2. Februar 2011 -
VIII
ZR 74/10, NZ[X.] 2011, 275 Rn.
14). Entsprechendes gilt für
den Fall, dass dem [X.]ieter bestimmte
für die Beurteilung einer Eigenbedarfskündigung bedeut-same Umstände -
etwa die bisherige Wohnsituation der [X.]
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bereits bekannt sind. Derartige Angaben brauchen im [X.] nicht wiederholt zu werden; dies wäre eine sinnlose und durch berechtigte Inte-ressen des [X.]ieters nicht zu rechtfertigende [X.].
III.
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand ha-ben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur En-dentscheidung reif, da das Berufungsgericht -
vor dem
Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig
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keine Feststellungen zum Kündi-
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gungsgrund getroffen hat; die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurück-zuverweisen
(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Ball
Dr. [X.]ilger
Dr. Achilles
Dr. Schneider
Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 07.07.2009 -
411 C 4159/09 -
LG [X.] I, Entscheidung vom 24.11.2010 -
14 S 15600/09 -
Meta
06.07.2011
Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2011, Az. VIII ZR 317/10 (REWIS RS 2011, 5063)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 5063
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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