Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2014, Az. 3 StR 237/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 4638

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 237/14
vom
24. Juni 2014
in dem Sicherungsverfahren
gegen

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 24.
Juni 2014 gemäß §
349 Abs.
4 StPO einstimmig beschlossen:

Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des [X.] vom 13.
Januar 2014 mit den Feststellungen auf-gehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem psy-chiatrischen Krankenhaus (§
63 StGB) angeordnet. Die auf sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Beschuldigten hat Erfolg.

1. Nach den Feststellungen des [X.] rief der Beschuldigte nachts in betrunkenem Zustand vom Balkon seiner Wohnung Parolen und ver-wendete Grußformeln der [X.]. Als ein ebenfalls alkoholisierter Gast aus einem gegenüber gelegenen Lokal ihn deshalb zur Rede stellte, verließ der Be-schuldigte das Haus und stach im Verlauf einer zuerst verbal, dann auch tätlich verlaufenen Auseinandersetzung mit einem Küchenmesser auf den Gast sowie 1
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den um Schlichtung des Streits bemühten Sohn
der Wirtin ein. Dabei verletzte er beide Männer erheblich.

Das [X.] hat -
dem Gutachten des psychiatrischen Sachverstän-digen folgend -
festgestellt, dass der Beschuldigte zur Tatzeit aufgrund einer bei ihm bestehenden paranoiden Schizophrenie unfähig war, das Unrecht der Taten einzusehen. Das seit Jahren bestehende Krankheitsbild habe sich [X.]. Im Vordergrund stehe ein paranoides Verfolgungsgesche-hen. Der Beschuldigte fühle sich bedroht, habe Angst und höre Stimmen. Unter psychotischem Erleben neige der Beschuldigte zu erheblichen Impulskontroll-störungen mit hochgradiger Gewaltanwendung. Zwar bestehe daneben auch ein Suchtgeschehen durch multiplen Substanzgebrauch (zuletzt vorwiegend Alkoholkonsum), doch stehe dies nicht im Vordergrund. Ohne Behandlung [X.] ähnlich gelagerte oder noch gravierendere Taten zu erwarten.

2. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken-haus hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende [X.], die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur dann angeordnet werden, wenn zweifelsfrei fest-steht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der [X.] aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht. Daneben muss eine Wahrscheinlichkeit höhe-ren Grades bestehen, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen. Der Tatrichter muss die die Unterbringung tragenden Umstände in den Urteilsgründen so umfassend dar-3
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stellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen ([X.], Beschluss vom 24.
Oktober 2013 -
3
StR 349/13,
juris
Rn.
5).

b) Durch die Urteilsgründe wird der notwendige Zusammenhang zwi-schen der psychischen Erkrankung und der Tat nicht hinreichend belegt. Den Feststellungen ist weder
zu entnehmen, dass sich der Beschuldigte in der [X.] verfolgt gefühlt, noch,
dass er Stimmen gehört hätte, verwirrt oder desorientiert gewesen sei. Solches wäre aber bei dem geschilderten [X.] und der aus ihm resultierenden Symptomatik zu erwarten gewesen, zumal das [X.] mit dem Sachverständigen von fehlender Einsichtsfä-higkeit -
also einer grundlegenden Verkennung der Situation -
ausgegangen ist.

Vielmehr imponiert die Tat als die von erheblichem Alkoholkonsum be-einflusste Schreierei des Beschuldigten unter Verwendung rechtsradikaler Pa-rolen und als eine sich langsam aufschaukelnde Streiterei zwischen zwei alko-holisierten Männern. Dass die festgestellte Schizophrenie des Beschuldigten hierzu in einem Ursachenzusammenhang stand, ist nicht dargelegt. Die [X.], "das Tatgeschehen"
sei "vielmehr primär von der paranoiden Verfassung des Beschuldigten geprägt"
gewesen ([X.]), reicht dazu nicht aus.

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3. Die Sache bedarf deshalb
insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung.

[X.][X.] Schäfer

Mayer Gericke
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Meta

3 StR 237/14

24.06.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2014, Az. 3 StR 237/14 (REWIS RS 2014, 4638)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4638

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