Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2013, Az. XII ZB 64/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4726

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 64/13

vom

26. Juni 2013

in der Familiensache

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
26.
Juni
2013
durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin [X.] und [X.]
Klinkhammer, Schilling und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7.
[X.]s für Familiensachen des [X.] vom 10.
Janu-ar 2013 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
[X.]: 1.187,33

Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Aussetzung einer durch den [X.] bedingten Kürzung der Rente des Antragstellers.
Auf den am 10.
Februar
2007
zugestellten Antrag hatte das [X.] die am 1.
Oktober 1982
geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgen-den: Ehemann) und der Beteiligten (im Folgenden: Ehefrau) rechtskräftig ge-schieden. Zugleich hatte es den Versorgungsausgleich nach dem bis zum 31.
August 2009 geltenden Recht durchgeführt.
Während der Ehezeit (1.
Oktober 1982
bis 31.
Januar
2007,
§
1587 Abs.
2 [X.]) hatten beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Renten-versicherung
erworben.
Der Versorgungsausgleich wurde dahin geregelt, dass vom [X.] des Ehemanns bei der Antragsgegnerin (Deutsche
Rentenversicherung Bund; im Folgenden: [X.]) Rentenanwartschaften in 1
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3
-

Höhe von monatlich 510,71

im Wege des Splittings nach §
1587
b Abs.
1 BGB auf das [X.] der Ehefrau bei der [X.] übertragen wurden, bezogen auf den 31.
Januar
2007
als Ehezeitende.
Seit dem 1.
Juni 2011 bezieht der Ehemann von der [X.]
eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, die seit dem 1.
Januar 2012
1.050,76

beträgt. Ohne Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs hätte die Rente des Ehemanns in der gesetzlichen Rentenversicherung 1.561,47

Daneben bezieht der Ehemann weitere
Einkünfte aus Vermietung und Verpach-tung in Höhe von monatlich 1.807

Im Scheidungsverfahren hatte die Ehefrau Ansprüche auf nachehelichen
Unterhalt
in Höhe von monatlich 1.600,50

Höhe von rund 30.000

geltend gemacht, die zwischen den Eheleuten streitig waren. Über diese
Ansprüche
schlossen die Eheleute im Scheidungstermin am 1.
September 2009 folgenden gerichtlichen Vergleich:
"1.
Der Antragsteller verpflichtet sich, zum Ausgleich des nach-ehelichen Unterhaltes sowie zur Übertragung des Miteigen-tumsanteils der Antragsgegnerin an ihn an der Immobilie
M-Straße in K

an die Antragsgegnerin insgesamt einen Be-trag von 115.000

Die Zahlung ist fällig zum 31.
Oktober 2009.
2.
.

3.
Der Antragsteller stellt die Antragsgegnerin von den Darle-

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5
-
4
-

4.
Die Parteien erklären, wechselseitig auf evtl. bekannte
oder unbekannte Ansprüche aus Zugewinnausgleich zu verzich-ten."
Die Ehefrau bezieht keine Versorgung aus dem im Versorgungsaus-gleich
übertragenen Anrecht. Unterhalt zahlt der Ehemann ihr nicht.
Den am 16.
Januar
2012
gestellten Antrag, die Kürzung seiner laufenden Versorgung gemäß §
33 [X.] auszusetzen, hat das [X.] [X.]. Das [X.] hat
die Beschwerde des Ehemanns [X.]; hiergegen richtet sich seine zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das [X.] hat die Voraussetzungen einer Rentenkürzung nach §
33 [X.] verneint. Für eine Aussetzung der Kürzung sei [X.], dass diese Einfluss auf den Unterhalt habe. Das sei nicht der Fall, wenn die Unterhaltsansprüche abgefunden worden seien.
[X.] für die Aussetzung der Rentenkürzung sei die neben die
Kür-zung der Rente aus dem Regelsicherungssystem tretende Unterhaltsbelastung des [X.]. Zu dieser
Doppelbelastung komme es jedoch
nicht mehr, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte auf Unterhalt verzichtet habe
oder Unterhalt deshalb nicht mehr in Betracht komme, weil etwaige [X.] abgefunden worden seien.
Andernfalls würden [X.] eröffnet, die der Gesetzgeber mit der Neufassung des §
33 [X.] habe verhindern wollen.
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5
-

2. Die angefochtene Entscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
a) Gemäß §
33 Abs.
1 [X.] wird die Kürzung der laufenden Ver-sorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die aus-gleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte
(vgl. [X.]sbeschluss vom 21.
März 2012

XII
ZB
234/11

FamRZ 2011, 853 Rn.
17
ff.).
Die Vorschrift beruht
auf der Rechtsprechung des [X.], wonach ein verfassungswidriger Zustand einträte, wenn der [X.] neben der grundsätzlich hinzunehmenden Rentenkürzung zusätzlich durch Unterhaltszah-lungen belastet wird, durch die er in der Freiheit seiner Lebensführung weiter eingeschränkt würde ([X.] 53, 257, 303
f. =
[X.], 326, 335).
Dies zu vermeiden entspricht einer in der Gesetzesbegründung zu §
33 [X.] hervorgehobenen Zielsetzung (BT-Drucks. 16/10144 S.
72).
b) Wie der [X.] bereits entschieden hat, beschränkt §
33 Abs.
3 [X.]
die Aussetzung der Rentenkürzung auf die Höhe des gesetzli-
chen Unterhaltsanspruchs, den der geschiedene Ehegatte nach §
33 Abs.
1 [X.]
bei ungekürzter Versorgung hätte. Hierdurch begegnet die [X.] auch der Gefahr von Manipulationen durch kollusives Zusammenwirken
der Eheleute ([X.]sbeschlüsse vom 7.
November 2012

XII
ZB
271/12

FamRZ 2013, 189
Rn.
19
und vom 21.
März 2012

XII
ZB
234/11
Z 2012, 853 Rn.
23 mwN).

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12
-
6
-

Weiter hat der [X.] entschieden, dass die Aussetzung der Rentenkür-zung durch die Regelung des §
33 Abs.
3 [X.] auch
auf das Maß des tatsächlich geschuldeten

gegebenenfalls geringeren

Unterhaltsbetrags be-schränkt ist ([X.]sbeschluss
vom 7.
November 2012

XII
ZB
271/12
FamRZ 2013, 189 Rn.
22). Denn über den tatsächlich zu zahlenden
Betrag hinaus tritt eine Doppelbelastung des [X.], durch die er in der Freiheit seiner Lebensführung mehr als zulässig eingeschränkt würde und vor der er deshalb von [X.] wegen geschützt werden müsste, nicht ein.
c) Allerdings hat der [X.] zur früheren Vorschrift des §
5 [X.] entschieden, dass auch dann, wenn der [X.]
den Un-terhaltsanspruch des berechtigten Ehegatten im Wege eines Vergleichs durch eine Unterhaltsabfindung ausgleicht, nicht ausgeschlossen sei, dass der [X.] über den Zeitpunkt seiner Leistung hinaus in seiner Lebensführung eingeschränkt ist. Der Verpflichtete könne durch die Leistung einer Abfindung im Einzelfall erheblichen Belastungen ausgesetzt sein, die einer
fortlaufenden Unterhaltszahlung gleichkommen könnten. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn der Verpflichtete ein Darlehen habe
aufnehmen müssen, um seiner
Leistungs-pflicht aus dem Vergleich nachkommen zu können. Aber
auch wenn der [X.] die Abfindung aus eigenen Mitteln
habe finanzieren können, müsse
er in der Folgezeit auf die sonst
erwirtschafteten Erträge aus dem [X.] verzichten. Wie
schwer die Abfindung den Verpflichteten belaste, hänge
von seiner
übrigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ab. Auch könne der
Zeit-punkt eine Rolle spielen, zu dem die Abfindung gezahlt wurde. Die
Belastung werde umso stärker sein, je näher der Zeitpunkt an dem
Ausscheiden aus dem Erwerbsleben liege. Des Weiteren könne
von
Bedeutung sein, ob der Verpflich-tete die Abfindung in einem Betrag
oder in mehreren auf eine längere Zeit ver-13
14
-
7
-

teilten Raten zu leisten habe
([X.], 202, 205
f.
=
FamRZ 1994, 1171, 1172; vgl. auch [X.], 2374; BVerwGE 109, 231).
Ob diese Rechtsprechung auch auf die Nachfolgeregelung des §
33 [X.]
übertragen werden
kann, ist in der
Literatur umstritten
(bejahend: [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht
5.
Aufl. §
33 [X.] Rn.
4; [X.] Versorgungsausgleich 6.
Aufl. Rn.
965; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
33 [X.] Rn.
11; [X.]/Brudermüller BGB 72.
Aufl. §
33 [X.] Rn.
3;
Ruland Versorgungsausgleich 3.
Aufl. Rn.
950; [X.] Der neue [X.] in der Praxis Rn.
219; [X.] Praxis des Versorgungs-ausgleichs
§
33 [X.] Rn.
7; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.] Versorgungsausgleich
§
33 [X.] Rn.
18; verneinend: KG Beschluss vom 24.
Oktober 2012

25
UF
50/12

juris; [X.] Versorgungsausgleich
in der Praxis Kap.
X Rn.
39; Gutdeutsch [X.] 2010, 149, 150; [X.]/v.
[X.]/[X.]/Gutdeutsch/Wagner Handbuch des Fachanwalts Familienrecht
9.
Aufl. Kap.
7 Rn.
324; [X.] 2011, 291, 292; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
33 [X.] Rn.
23
ff.).
Soweit die ablehnende Auffassung allerdings damit begründet worden ist, dass die Kürzung der Versorgung kausal für den Wegfall oder die Verringe-rung des Unterhalts sein müsse, hat der [X.] bereits entschieden, dass es
auf diesen Zusammenhang nicht ankommt, sondern nur auf das Maß der [X.] durch Versorgungskürzung und Unterhaltsbelastung ([X.]sbe-schluss vom 7.
November 2012

XII
ZB
271/12
mRZ 2013, 189 Rn.
20).
Zweifelhaft könnte die Übertragung
der Rechtsprechung zum früheren §
5 Abs.
1 [X.] deswegen sein, weil
es für eine
vollständige
Aussetzung der Kürzung der Versorgung nach dieser Vorschrift
genügte, dass der Berechtigte 15
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-
8
-

gegen den Verpflichteten überhaupt einen Unterhaltsanspruch
gleich welcher Höhe
hat, während
die Aussetzung der Kürzung nach §
33 [X.] nun-mehr von der Höhe des tatsächlich geschuldeten Unterhalts abhängt. Einem laufend
geschuldeten Unterhalt könnte der im Vorhinein entrichtete Abfin-dungsbetrag daher nur dann gleichstehen, wenn er in bestimmter Höhe auf ein-zelne Unterhaltsmonate umgerechnet
werden könnte
([X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 5.
Aufl. §
33 [X.] Rn.
4; [X.] Versorgungsaus-gleich 6.
Aufl. Rn.
965;
aA offenbar [X.] in: [X.]/[X.]/[X.] Ver-sorgungsausgleich §
33 [X.] Rn.
18).
Ob und gegebenenfalls
nach welchem Umlegungsmaßstab dies in [X.] kommen könnte, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu wer-den. Denn die rechnerische Umlegung eines gezahlten [X.] auf einen bestimmten Unterhaltszeitraum, für den
dann
die Ausset-zung der Kürzung der Versorgung beansprucht werden könnte, setzt zumindest voraus, dass der auf die Unterhaltsabfindung entfallende Betrag feststeht. [X.] fehlt es im vorliegenden Fall.
Nach den getroffenen Feststellungen bezieht sich die vom Ehemann ge-leistete Abfindung sowohl auf
den nachehelichen Unterhalt als auch auf [X.], ohne dass sich bestimmen ließe, welcher
Anteil der
geleisteten
Summe auf den Unterhalt entfällt. Deshalb ist es nicht möglich zu ermitteln, in welcher Höhe der Ehemann tatsächlich Unterhalt geleistet hat
und
dadurch

18
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-
9
-

nachwirkend laufend belastet ist.
[X.]n dies jedoch nicht festgestellt werden, kommt eine Kürzung der Aussetzung wegen Unterhalt von vornherein nicht in Betracht.

Dose

[X.]

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.05.2012 -
51 [X.]/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 10.01.2013 -
II-7 [X.] -

Meta

XII ZB 64/13

26.06.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2013, Az. XII ZB 64/13 (REWIS RS 2013, 4726)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4726

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