Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.11.2013, Az. 1 StR 498/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2013, 1061

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Gegenstand

Steuerhinterziehung: Anforderungen an die Berechnung der nichtversteuerten Mehrumsätze und Mehrerlöse


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Februar 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

1. Das [X.] hat den Angeklagten wegen „Umsatzsteuerhinterziehung in 5 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Gewerbe- und Einkommensteuerhinterziehung“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

2

2. Die Revision des Angeklagten hat entsprechend dem umfassenden Aufhebungsantrag des [X.] mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensrügen (vgl. hierzu die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des [X.]) nicht ankommt.

3

a) Das [X.] hat Folgendes festgestellt: Der Angeklagte betrieb u.a. in den Jahren 2002 bis 2006 als Einzelunternehmer einen Pizza-Lieferservice mit mehreren Filialen sowie zusätzlich noch zwei Kellerbars („Pubs“). Einen Teil seiner Einkäufe erfasste er nicht in seiner Buchhaltung; die getätigten Umsätze wurden ebenfalls nur unvollständig verbucht, um die Höhe der erzielten Gewinne zu verschleiern (sog. „Parallelverkürzung“). In den jeweils gleichzeitig abgegebenen Erklärungen zur Umsatz-, Gewerbe- und Einkommensteuer der Jahre 2002 bis 2006 machte der Angeklagte jeweils falsche Erklärungen zur Höhe der getätigten Umsätze und des erzielten Gewinns, wodurch es zu Steuerverkürzungen in Höhe von insgesamt 1.713.650,14 Euro kam.

4

b) Das [X.] hat zwar nachvollziehbar Einkaufsmengen an Kartonage und Mehl, deren Verwendung in den Betrieben des Angeklagten sowie bestimmte Durchschnittspreise der abgegebenen Speisen festgestellt. Zudem hat es anhand von [X.] auf bestimmte Jahresumsätze pro „Pub“ geschlossen. Wie sich im Einzelnen die für die Jahre 2002 bis 2006 angenommenen Nettogesamtumsätze ([X.]) berechnen, hat das [X.] hingegen nicht dargelegt. Die angenommenen Summen lassen sich - wie der [X.] zutreffend ausgeführt hat - auch nicht auf der Grundlage der mitgeteilten [X.] nachvollziehen. Für das Revisionsgericht ist demnach nicht nachprüfbar, wie sich die [X.] errechnen, hinsichtlich derer der Angeklagte in den Jahren 2002 bis 2006 Umsatzsteuer hinterzogen haben soll.

5

Zudem legt das [X.] nicht dar, wie es die in den Jahren 2002 bis 2006 erzielten [X.] errechnet, die Grundlage des Vorwurfs der mehrfachen Einkommen- und Gewerbesteuerhinterziehung sind. Hinzu kommt, dass die festgestellten [X.] in den Jahren 2002, 2004 und 2005 niedriger sein sollen als die in diesen Jahren festgestellten [X.], was bereits denkgesetzlich ausgeschlossen ist.

6

c) Den Anforderungen an eine nachvollziehbare Steuerberechnung anhand der festgestellten Besteuerungsgrundlagen (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 12. Mai 2009 - 1 [X.], [X.], 639; vgl. auch Senat, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 [X.], [X.], 233) werden die [X.] demnach nicht gerecht. Angesichts des in sich widersprüchlichen Zahlenwerks können die Schuldsprüche insgesamt nicht bestehen bleiben. Von dem dargelegten Mangel sind sämtliche Feststellungen zu Umsätzen und Gewinnen betroffen (§ 353 Abs. 2 StPO). Um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen, hebt der Senat - dem Antrag des [X.] folgend - die Feststellungen insgesamt auf.

7

3. Für das weitere Verfahren verweist der Senat auf die abschließenden Anmerkungen in der Antragsschrift des [X.].

Wahl                       [X.]                           Cirener

             [X.]

Meta

1 StR 498/13

19.11.2013

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Stuttgart, 20. Februar 2013, Az: 11 KLs 147 Js 88727/11

§ 370 Abs 1 AO, § 370 Abs 4 AO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.11.2013, Az. 1 StR 498/13 (REWIS RS 2013, 1061)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1061

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 219/14

1 StR 498/13

Zitiert

1 StR 643/09

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