Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2018, Az. XII ZB 634/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 13163

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:280218BXII[X.]634.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 634/17

vom

28. Februar
2018

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§ 44, 70 Abs. 1
Lässt das Beschwerdegericht analog §
44 FamFG auf eine Gegenvorstellung hin die Rechtsbeschwerde nachträglich zu, ohne festzustellen, dass seine ur-sprüngliche Entscheidung, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, objektiv willkürlich gewesen wäre oder den Instanzenzug unzumutbar und in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verkürzt hätte, ist die Zulassungsentscheidung verfahrensfehlerhaft ergangen und bindet das Rechtsbeschwerdegericht nicht (im [X.] an Senatsbeschluss vom 5.
Juli 2017

XII
[X.]
509/15

FamRZ 2017, 1608 sowie [X.] Urteil vom 4.
März 2011

V
ZR
123/10

NJW 2011, 1516).
[X.], Beschluss vom 28. Februar 2018 -
XII [X.] 634/17 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 28.
Februar
2018
durch [X.], die
Richter Schilling, Dr.
Günter und Dr.
Botur
und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss der 7.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 28.
Juli
2017
wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu
1
verworfen.
[X.]: 142

Gründe:
I.
Die Staatskasse (Beteiligte
zu
1) und der Betreuer (Beteiligter zu
2) strei-ten über den Stundensatz der zu bewilligenden Betreuervergütung.
Der Beteiligte
zu
2 ist
als Berufsbetreuer des Betroffenen bestellt. Er verfügt
über abgeschlossene Ausbildungen als [X.] (stellvertretender [X.] mit Ausbildereignung) und als Arbeitspädagoge. Das Amtsgericht hatte ihm im August 1999 in anderweitigen Betreuungsverfahren einen Stundensatz von 60
DM als Vergütung zuerkannt, weil er über eine andere, einer Hoch-schulausbildung vergleichbare abgeschlossene Ausbildung verfüge. In der Fol-gezeit
wurden die Vergütungen für den Beteiligten
zu
2 durchgehend auf der Grundlage eines
Stundensatzes
von 60
DM und ab 1.
Juli 2005
von 44

fest-gesetzt.
1
2
-
3
-

Vorliegend hat der Betreuer beantragt, seine Vergütung für den Zeitraum vom 1.
Januar bis 31.
März 2017 bei einem Stundensatz von 44

Aufwand von 13,5
Stunden auf 594

sse einen Stundensatz von 33,50

hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Die dagegen gerichtete Be-schwerde
der Staatskasse
hat das [X.] zurückgewiesen, wobei es die Rechtsbeschwerde ausdrücklich nicht zugelassen hat. Erst auf die Gegenvor-stellung der Staatskasse hat es der Entscheidung eine weitere Begründung hinzugefügt und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Staatskasse den Ansatz eines Stundensatzes von nur 33,50

i-ter.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist
nach §
74
Abs.
1 FamFG zu verwerfen, weil sie mangels wirksamer Zulassung nach
§
70 Abs.
1 FamFG nicht statthaft ist.
1. Das [X.] hat zur Begründung der nachträglichen Zulassung der Rechtsbeschwerde
ausgeführt,
dass es nach nochmaliger umfassender Prüfung seiner Entscheidung die Voraussetzungen der Zulassung der Rechts-beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache für gegeben erachte. Eine Abweichung von dem seinerzeit zugesprochenen Vergütungssatz komme nicht nur wegen des entstandenen Vertrauensschutzes nicht in [X.], sondern scheide auch im Hinblick auf die Rechtskraft der Entscheidung über den Vergütungssatz aus dem [X.] aus. Daher werfe
die Entschei-dung klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen auf, die über den konkreten Einzelfall hinaus in einer Vielzahl von Fällen auftreten könnten, so 3
4
5
-
4
-

dass
ein abstraktes Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwick-lung und Handhabung des Rechts bestehe.
2. Die
Rechtsbeschwerde ist vom [X.] nicht wirksam zugelassen worden.
a) Allerdings ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß §
70 Abs.
2 Satz
2 FamFG an die Zulassung auch dann gebunden, wenn die seitens des Beschwerdegerichts
für maßgeblich erachteten Zulassungsgründe aus Sicht des [X.] nicht vorliegen. Durfte die Zulassung dagegen verfahrensrechtlich überhaupt nicht ausgesprochen werden, ist sie unwirksam
(vgl. Senatsbeschluss vom 4.
August 2004

XII
ZA
6/04

FamRZ 2004, 1633
f.). Dies gilt auch für eine verfahrensrechtlich nicht vorgesehene
nachträg-liche Zulassungsentscheidung, wenn das Beschwerdegericht

wie hier

seine bewusste Entscheidung, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, aufgrund einer
Gegenvorstellung ändert, ohne eine Verletzung von [X.] des Beschwerdeführers durch die willkürliche Nichtzulassung festzustellen
(Senatsbeschluss vom 5.
Juli 2017

XII
[X.]
509/15

FamRZ 2017, 1608 Rn.
13).
b) Zwar kann ein Beschluss, in den eine Zulassung
der Rechtsbe-schwerde
versehentlich nicht aufgenommen wurde, wegen offenbarer [X.] nach §
42 FamFG berichtigt werden, wenn sich aus den Umständen auch für Dritte eindeutig ergibt, dass die Rechtsbeschwerde schon im ursprüng-lichen Beschluss zugelassen werden
sollte (Senatsbeschluss vom 5.
Juli 2017

XII
[X.]
509/15

FamRZ 2017, 1608 Rn.
14). Unabhängig davon kann das Be-schwerdegericht die Rechtsbeschwerde nachträglich auf eine Anhörungsrüge hin für das Rechtsbeschwerdegericht bindend zulassen, wenn bei der vorange-gangenen Entscheidung, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, ein Verstoß 6
7
8
-
5
-

gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör vorgelegen hat (vgl. [X.] Urteile vom 16.
September 2014

VI
ZR
55/14

NJW-RR 2014, 1470 Rn.
7
ff.; vom 1.
Dezember 2011

IX
ZR
70/10

NJW-RR 2012, 306 Rn.
7
f. und vom 4.
März 2011

V
ZR
123/10

NJW 2011, 1516 Rn.
6
f., alle zu §
321
a ZPO).
Die un-terbliebene Zulassung der Rechtsbeschwerde kann für sich genommen
den Anspruch auf rechtliches Gehör aber nicht verletzen, es sei denn, auf die Zu-lassungsentscheidung bezogener Vortrag der Beteiligten wurde [X.] übergangen
(vgl. [X.] NJW-RR 2008, 75, 76;
[X.]
Urteil vom 4.
März 2011

V
ZR
123/10

NJW 2011, 1516 Rn.
6). Die Zulassung der Rechtsbe-schwerde auf eine Gegenvorstellung in analoger Anwendung des §
321
a ZPO setzt nach der Rechtsprechung des [X.]
(vgl. [X.] Urteile vom 16.
September 2014

VI
ZR
55/14

NJW-RR 2014, 1470 Rn.
12 und vom 4.
März 2011

V
ZR
123/10

NJW 2011, 1516 Rn.
9
f., jeweils mwN)
jedenfalls
voraus, dass die Zulassung zuvor willkürlich unterblieben ist (vgl. [X.]E 101, 331, 359
f.
=
FamRZ 2000, 345, 350) oder eine unzumutbare, sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Verkürzung des Instanzenzugs (vgl. [X.] FamRZ 2010, 1235, 1236 mwN) vorliegt. Denn sowohl der aus Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG hergeleitete Anspruch des Beschwerdeführers auf [X.] als auch das Recht auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1 iVm Art.
20 Abs.
3
GG) schützen nicht vor jeder fehlerhaften Anwendung der Verfahrensordnung.
Erst recht ist die Gegenvorstellung nicht auf eine Kontrolle der Entscheidung in der Sache
gerichtet, wenn keine Verletzung von [X.] vorliegt (vgl. [X.]Z 150,133, 136 =
NJW 2002, 1577 und Be-schluss vom 15. Februar 2006

IV
[X.]
57/04

FamRZ 2006, 695, 696).
c) Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das [X.] die Rechts-beschwerde nachträglich verfahrensfehlerhaft zugelassen.

9
-
6
-

Eine Ergänzung des (ersten) Beschlusses nach §
43 FamFG schei-
det schon deswegen aus, weil das [X.]
die Rechtsbeschwerde aus-drücklich nicht zugelassen hat
(vgl. auch Senatsbeschluss vom 9.
Juli 2014

XII
[X.]
7/14

FamRZ 2014, 1620 Rn.
12).
Auch eine Berichtigung gemäß §
42 FamFG kommt nicht in Betracht, nachdem in den Gründen ausgeführt wurde, einer Zulassung der Rechtsbeschwerde bedürfe es wegen der Einzelfallbezo-genheit des Vertrauensschutzes nicht. Eine Anhörungsrüge nach §
44 FamFG liegt schon deswegen nicht vor, weil der Beschwerdeführer selbst nicht behaup-tet, in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden zu sein. Auch auf die Gegenvorstellung konnte das [X.] die Zulassung der Rechtsbe-schwerde nicht in analoger Anwendung des §
44 FamFG aussprechen. Der Beschluss über die nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde lässt nicht erkennen, dass das [X.] eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten des Beschwerdeführers geprüft und angenommen hat, dass seine ursprüngli-che Entscheidung, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, objektiv willkürlich gewesen wäre oder den Instanzenzug unzumutbar und in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verkürzt hätte. Die Ausführungen beschränken sich [X.], das [X.] habe die Gegenvorstellung zum Anlass genommen, die angefochtene Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht noch [X.] umfassend zu prüfen, und erachte die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nun-mehr für gegeben.
3. Die Rechtsbeschwerde ist damit schon mangels wirksamer Zulassung unzulässig.
Mithin kommt es nicht darauf an, dass das [X.] sowohl in dem Ausgangsbeschluss die Rechtsprechung des Senats zum Vertrauensschutz einer früher fehlerhaften Festsetzung der Betreuervergütung (Senatsbeschluss 10
11
12
-
7
-

vom 6.
November 2013

XII
[X.]
86/13

FamRZ 2014, 113 Rn.
14, 23) als auch in dem ergänzenden Beschluss die Rechtskraft einer früheren Festsetzung der Betreuervergütung (vgl. Senatsbeschluss vom 6.
Juli 2016

XII
[X.]
439/14

FamRZ 2016, 1759 Rn.
11
ff.) verkannt hat.

Dose

Schilling

Günter

Botur

Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.06.2017 -
16a [X.]/06 -

LG [X.], Entscheidung vom 28.07.2017 -
7 [X.] -

Meta

XII ZB 634/17

28.02.2018

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2018, Az. XII ZB 634/17 (REWIS RS 2018, 13163)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13163

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