Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.05.2010, Az. I R 62/09

1. Senat | REWIS RS 2010, 6554

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Gegenstand

Sog. Schachtelprivileg nach Art. 20 DBA-Frankreich für Dividendeneinnahmen einer KGaA - Gegenstand des Klageverfahrens bei Erlass eines Änderungsbescheids während des Klageverfahrens


Leitsatz

Für Dividenden, die eine in Frankreich ansässige Kapitalgesellschaft an eine in Deutschland ansässige KGaA zahlt, ist das sog. Schachtelprivileg des Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 i.V.m. Buchst. b Doppelbuchst. aa Satz 1 DBA-Frankreich a.F. (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 und Buchst. b Satz 1 DBA-Frankreich n.F.) auch dann in voller Höhe zu gewähren, wenn persönlich haftende Gesellschafterin der KGaA eine Personengesellschaft ist    .

Tatbestand

1

A. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KG, war bis 2009 eine OHG, an der im Streitjahr 1996 sowohl unbeschränkt als auch --im Umfang von rd. 30,86 v.H.-- beschränkt steuerpflichtige Gesellschafter beteiligt waren. Die Klägerin war ihrerseits Komplementärin der Beigeladenen, einer börsennotierten [X.], und hielt an dieser einen Anteil von 73,837 v.H.; die übrigen Anteile der Beigeladenen wurden von Kommanditaktionären gehalten.

2

Die Beigeladene hielt u.a. --zu ca. 99 v.H. bzw. 100 v.H.-- Beteiligungen an zwei [X.] Kapitalgesellschaften. Aus diesen Beteiligungen vereinnahmte sie im Streitjahr 1996 phasengleich Dividenden in Höhe von insgesamt rd. ... Mio. DM, von denen für das Streitjahr gemäß der Beteiligungsquote auf die Klägerin ... DM entfielen.

3

In der Satzung der Beigeladenen ist wirtschaftlich eine umfassende Gewinnpoolung zwischen der Klägerin und den Kommanditaktionären vereinbart, die sowohl das Ergebnis der Klägerin als auch das Ergebnis der Beigeladenen umfasst. Rechtlich wird die Gewinnpoolung durch Ergebnisbeteiligungs- und Ergebnisaufteilungsabreden erreicht. Wird wegen des Bezugs von Dividenden aus der Beteiligung an einer [X.] von dieser Gesellschaft geschuldete ausländische Körperschaftsteuer durch die ausländische oder durch die [X.] Finanzverwaltung erstattet, steht nach der Satzung der Beigeladenen dieser der Erstattungsbetrag als Ertrag aus ihrer Beteiligung an der [X.] zu. Die Satzung der Beigeladenen begründet damit deren handelsrechtlichen Anspruch auf einen zusätzlichen Anteil an [X.] in Höhe der bei den Gesellschaftern durch die ausländischen Beteiligungen erzeugten steuerlichen Zusatzerträge (Erstattung ausländischer Körperschaftsteuer). Dies gilt entsprechend für den Fall, dass zusätzlich zu den Dividenden aus einer Beteiligung von der Beteiligungsgesellschaft entrichtete Körperschaftsteuer vergütet wird. Entsprechend dieser Satzungsvorschrift hat die Beigeladene den vollen Betrag der auf sie entfallenden [X.] der beiden [X.] Gesellschaften und den auf die Gesellschafter der Klägerin entfallenden Betrag der [X.] Steuergutschrift --des "[X.] als Beteiligungsertrag ausgewiesen. Die Gesellschafter der Klägerin haben ihre Ansprüche auf den "[X.]" an die Beigeladene abgetreten.

4

Die Klägerin beanspruchte --entgegen ihrer ursprünglichen [X.] für die der Beigeladenen zugeflossenen [X.] aus den beiden [X.] Beteiligungen das sog. [X.] gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 i.V.m. Buchst. [X.]. [X.] Satz 1 des Abkommens zwischen der [X.] und der [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und ü[X.] gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 ([X.] 1961, 398) in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung des [X.] vom 28. Septem[X.] 1989 ([X.] 1990, 772) --DBA-Frankreich a.F.--, nunmehr Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 und Buchst. [X.] DBA-Frankreich in der Fassung des [X.] vom 20. Dezem[X.] 2001 ([X.] 2002, 2372) --DBA-Frankreich n.F.--, und Art. 4 der Richtlinie ([X.]) Nr. 90/435 ü[X.] das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedst[X.]ten vom 23. Juli 1990 ([X.] --[X.]-- 1990 Nr. L 225, 6, [X.]. [X.] 1990 Nr. L 266, 20, geändert durch [X.] 1995, [X.] 1995 Nr. L 1, 144) --Mutter-Tochter-Richtlinie--.

5

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) folgte dem im Ergebnis --und entsprechend einer langjährigen steuerlichen Behandlung-- nur in Bezug auf die Kommanditaktionäre, nicht a[X.] in Bezug auf die Klägerin als (personalistische) [X.], und stellte die Besteuerungsgrundlagen entsprechend fest. Den (nunmehr nur noch) hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin auf (anteilige) Erstattung des sog. [X.] entsprach das [X.] im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellungen für das Streitjahr --abweichend von der zuvorigen [X.] lediglich bezogen auf die unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter der Klägerin; hinsichtlich der beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter lehnte es den Antrag wegen mangelnder Ansässigkeit jener Personen, wie a[X.] für die Anrechnung bzw. Erstattung gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. [X.]. [X.] Satz 2 DBA-Frankreich a.F. vonnöten, ab. In Einklang hiermit wurde der in dem (anteilig) festgestellten Gewinn der Klägerin enthaltene Ertrag wegen Gewährung des sog. [X.] in entsprechendem Umfang nicht mehr erfasst. Dass die Klägerin den Ertrag aus dem [X.] handels- ebenso wie steuerbilanziell tatsächlich nicht im Streitjahr, sondern erst im Wirtschaftsjahr 2000 ausgebucht hatte, ließ das [X.] dabei un[X.]ücksichtigt.

6

Die dagegen gerichtete Klage war mit ihrem Hauptantrag erfolgreich. Das [X.] ([X.]) gab ihr mit Urteil vom 23. Juni 2009  12 K 3439/01 (veröffentlicht in Internationales Steuerrecht --IStR-- 2009, 658) statt.

7

Während des Klageverfahrens hatte das [X.] den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer Außenprüfung durch a[X.]maligen Änderungsbescheid vom 17. Septem[X.] 2003 ersetzt; das [X.] war darü[X.] unterrichtet worden.

8

Seine Revision stützt das [X.] auf Verletzung formellen und materiellen Rechts. Es beantragt sinngemäß, das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

B. Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I. Die verfahrensrechtlichen Einwendungen des [X.] greifen nicht durch.

1. Das betrifft zunächst die "falsche" Bezeichnung der Klägerin im Rubrum des angegriffenen [X.]-Urteils. Diese Falschbezeichnung ist richtigzustellen; Klägerin ist nicht die OHG, sondern deren Rechtsnachfolgerin, die [X.]. Die in 2009 durchgeführte Umwandlung ist in der (formalen) Bezeichnung der Klägerin als Verfahrensbeteiligte nachzuvollziehen; das kann auch durch das Revisionsgericht geschehen.

2. Auch der Umstand, dass das [X.] den Änderungsbescheid vom 17. September 2003 bei seiner Entscheidung nicht einbezogen hat, führt nicht zum Erfolg der Revision.

Allerdings ist das Urteil des [X.] zu einem im Zeitpunkt der Entscheidung materiell nicht mehr wirksamen Verwaltungsakt ergangen (vgl. Beschluss des Großen [X.]s des [X.] --BFH--- vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, [X.], 1, [X.] 1973, 231). Denn Gegenstand des Klageverfahrens war ausschließlich der (abermalige) Änderungsbescheid vom 17. September 2003, der nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) in das Verfahren übergeleitet worden ist. Zwar hat die Klägerin ihren Antrag nicht entsprechend an diesen Bescheid angepasst, das [X.] ist über das Ergehen des Änderungsbescheids jedoch gemäß § 68 Satz 3 [X.]O in Kenntnis gesetzt worden. Sein Urteil ist dennoch gegen den zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr existenten Bescheid vom 7. August 2001 ergangen. Darin liegt ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens.

Jedoch widerspräche es Sinn und Zweck des § 68 Satz 1 [X.]O, der darin besteht, das Verfahren fortsetzen zu können, wenn die Vorentscheidung im Rechtsmittelverfahren in einem solchen Fall auch dann zwingend aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen wäre, wenn durch den Änderungsbescheid keine neuen Streitpunkte in das Verfahren eingeführt worden sind; der Zweck einer Aufhebung und Zurückverweisung würde sich dann darin erschöpfen, der Vorinstanz Gelegenheit zu geben, den Änderungsbescheid [X.] zu erfassen. Aus prozessökonomischen Gründen reicht deshalb in einem solchen Fall eine Richtigstellung in der Rechtsmittelentscheidung aus. Das wurde in der Vergangenheit für die Konstellation entschieden, dass das [X.] in Unkenntnis des Änderungsbescheides über den früheren Bescheid befunden hat (vgl. [X.] vom 29. August 2003 [X.]/03, [X.], 174, [X.] 2003, 944; BFH-Urteile vom 31. Mai 2006 [X.], [X.], 2232; vom 13. Dezember 2006 [X.], [X.], 214, [X.] 2007, 393; [X.]sbeschluss vom 7. August 2008 [X.]/07, [X.], 2053, dort unter konkludenter Aufgabe der früheren Sichtweise im Urteil vom 22. November 1995 [X.], [X.] 1996, 611). Der [X.] sieht jedoch keinen Grund, diese prozessökonomische und in Einklang mit § 68 Satz 1 [X.]O stehende Vorgehensweise auf eine derartige Konstellation zu verengen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Einbeziehung des aktenkundigen Änderungsbescheides in die abschließende Entscheidung jedenfalls dann nur versehentlich unterblieben ist, wenn keine anderweitigen Anhaltspunkte ersichtlich sind.

Im Streitfall kann danach von einer Zurückverweisung abgesehen werden. Zwar hat das [X.] nach Aktenlage das [X.] über den Erlass des Änderungsbescheides in Kenntnis gesetzt. Ausweislich der Ausführungen in Tatbestand und Entscheidungsgründen des [X.]-Urteils hatte die Vorinstanz indes bei der Entscheidungsfindung die Existenz des Änderungsbescheides offenkundig nicht (mehr) vor Augen, ebenso wenig, wie die Klägerin bei Formulierung ihres Klageantrags diesen an die neue Bescheidslage angepasst hat. Es kann somit ausgeschlossen werden, dass das [X.] bewusst nicht über den Änderungsbescheid, aus dem sich nach nunmehr übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten kein neuer Streitstoff ergeben hat, als Verfahrensgegenstand hat entscheiden wollen. Nach allem ist daher die Entscheidung des [X.] auf den Änderungsbescheid vom 17. September 2003 zu beziehen.

II. Die Revision ist auch in der Sache unbegründet.

1. Die Beigeladene war im Streitjahr in [X.] ansässig und unterfällt hier mit ihrem Welteinkommen (§ 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG 1991--, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes --EStG 1990--) der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1991). Darin einbezogen sind auch die Dividenden, die ihr seitens der [X.] Tochtergesellschaften zugeflossen sind.

2. Das Besteuerungsrecht für diese Dividenden steht im Ergebnis jedoch [X.] und nicht [X.] zu; sie sind nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 und Buchst. [X.]. [X.] Satz 1 [X.]-[X.] a.F. von der Bemessungsgrundlage der [X.] Körperschaftsteuer auszunehmen (im Ergebnis ebenso [X.], [X.] 2010, 57 und 63; [X.], [X.] 2010, 59; [X.] in [X.]/[X.][X.]/[X.] [Hrsg.], Brennpunkte des Steuerrechts, Festschrift für [X.], 2001, S. 67; vgl. auch --zu dem mit Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 und Buchst. [X.]. [X.] Satz 1 [X.]-[X.] a.F. vergleichbaren, in Art. 23 Abs. 3 Buchst. a Satz 3 des Abkommens zwischen der [X.] [X.] und den Vereinigten St[X.]ten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 vereinbarten sog. [X.] in Debatin/[X.], [X.], Art. 7 [X.] [X.] 122; anders [X.] in [X.]/Watrin [Hrsg.], Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Herzig, 2010, S. 897 ff., [X.] ff.; derselbe in Debatin/[X.], a.a.[X.], Art. 3 [X.] [X.] 31). Denn es handelt sich hierbei in Einklang mit jenen Regelungen um aus [X.] stammende Einkünfte, die einerseits nach dem [X.]-[X.] in [X.] besteuert werden können (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 [X.]-[X.] a.F.) und die andererseits den Dividenden (i.S. von Art. 9 Abs. 1 und 6 [X.]-[X.] a.F.) entsprechen, die von in [X.] ansässigen Kapitalgesellschaften an eine in [X.] ansässige Kapitalgesellschaft, der mindestens 10 v.H. des Gesellschaftskapitals der [X.] Gesellschaften gehören, gezahlt werden (Art. 20 Abs. 1 Buchst. [X.]. [X.] Satz 1 [X.]-[X.] a.F.).

a) Die Dividenden können grundsätzlich nach dem [X.]-[X.] in [X.] besteuert werden. Dass Art. 9 Abs. 4 Satz 1 [X.]-[X.] a.F. bei [X.] von mindestens 10 v.H. [X.] insofern ein Quellenbesteuerungsrecht versagt, steht dem nicht entgegen; es genügt für die Anwendung des Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 [X.]. Buchst. [X.]. [X.] Satz 1 [X.]-[X.] a.F., dass [X.] gemäß Art. 9 Abs. 2 [X.]-[X.] a.F. allgemein ein Besteuerungsrecht zusteht. Im Einzelnen wird dazu auf das [X.]surteil vom 29. Mai 1996 [X.] ([X.], 422, [X.] 1997, 63, dort unter [X.] der Entscheidungsgründe) verwiesen.

b) Bei der beigeladenen [X.]aA handelt es sich --nach Maßgabe des insoweit ausschlaggebenden [X.] Rechts (s. dazu auch [X.]surteil vom 20. August 2008 [X.], [X.], 509, [X.] 2009, 234)-- um eine in [X.] ansässige (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a [X.]-[X.] a.F.) Kapitalgesellschaft, die im erforderlichen Mindestumfang von 10 v.H. Beteiligungen am Kapital der beiden [X.] Tochtergesellschaften hält. Die Tochtergesellschaften sind ihrerseits Kapitalgesellschaften, die in [X.] ansässig sind, und die in Rede stehenden Dividenden dieser Gesellschaften wurden an die Beigeladene gezahlt.

c) Damit sind sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des sog. [X.]s i.S. von Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 und Buchst. [X.]. [X.] Satz 1 [X.]-[X.] a.F. erfüllt. Die unter den Beteiligten diskutierten Rechtsfragen danach, ob eine [X.]aA "Person" i.S. des Einleitungssatzes von Art. 20 Abs. 1 [X.]. Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b [X.]-[X.] a.F. ist und ob sie als eine solche Person aus wirtschaftlicher oder steuerrechtlicher Sicht Zahlungsempfängerin der Dividenden ist, stellt sich angesichts dessen nicht.

[X.]) Zwar regelt Art. 20 Abs. 1 [X.]-[X.] a.F., in welcher Weise die Doppelbesteuerung "bei Personen, die in der [X.] ansässig sind", vermieden wird. In der Regel geschieht dies nach Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Vorschrift durch Freistellung der aus [X.] stammenden Einkünfte jener Personen, bei denen es sich um in einem Vertragsst[X.]t ansässige natürliche oder juristische Personen handeln muss. Doch steht diese Regelung unter dem Vorbehalt der Sonderregeln für Dividenden in Abs. 1 Buchst. b und Buchst. c der Vorschrift, in denen (auch) die Voraussetzungen für die betroffenen "Personen" im Sinne des Einleitungssatzes spezifiziert und eingegrenzt werden. Nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. [X.]. [X.] Satz 1 [X.]-[X.] a.F. sind das --gewissermaßen als eine Teilmenge jener Personen i.S. des [X.] in der [X.] ansässige Kapitalgesellschaften, zu denen die Beigeladene fraglos gehört (vgl. § 278 des Aktiengesetzes). Personen im Sinne des Einleitungssatzes, die das sog. [X.] nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. [X.]. [X.] Satz 1 [X.]-[X.] a.F. beanspruchen können, sind so gesehen einerseits nur, andererseits jedwede Kapitalgesellschaften, die (nur) in der [X.] ansässig sind. Einschränkungen nach der Gesellschafterstruktur jener Kapitalgesellschaften enthält das Abkommen insofern nicht.

Sie werden --im Hinblick auf die Qualifizierung als eine solche Kapitalgesellschaft-- auch innerst[X.]tlich nicht getroffen. Soweit solches für den Komplementär einer [X.]aA geschieht, betrifft das (lediglich) die Einkommenszuordnung zwischen der [X.]aA und ihrem persönlich haftenden Gesellschafter (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1991 [X.]. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 1990), nicht jedoch die (Subjekt-)Eigenschaft der [X.]aA als Kapitalgesellschaft und damit auch nicht ihre abkommensrechtliche Behandlung im Zusammenhang mit der Gewährung des sog. [X.]s. Um die abkommensrechtliche Behandlung der [X.]aA und des persönlich haftenden Gesellschafters als "Person" (vgl. dazu [X.]surteil vom 17. Oktober 1990 [X.], [X.], 38, [X.] 1991, 211) geht es in jenem Zusammenhang indes nicht. Ebenso wenig kommt die sog. Wurzeltheorie, nach der der Komplementär der [X.]aA originäre gewerbliche Einkünfte (i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1990) und keine (umqualifizierten, vgl. § 20 Abs. 3 EStG 1990) Dividenden erzielt (vgl. grundlegend [X.] vom 21. Juni 1989 [X.], [X.], 382, [X.] 1989, 881; näher [X.], Das "[X.]aA-Modell", 2008, [X.] f.), in diesem Zusammenhang zum Zuge: Zwar ist es im Ausgangspunkt Sache des innerst[X.]tlichen und nicht des [X.]s, wem eine Einkunft (in [X.] nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 EStG 1990, ggf. auch § 42 Abs. 1 der Abgabenordnung) zuzurechnen ist. (Erst) an diese Zurechnung knüpft aus methodischer Sicht das [X.] --über die [X.] an und hiernach ist die sich hieraus ergebende Steuerfreistellung zu gewähren. Doch setzt sich Art. 20 Abs. 1 Buchst. [X.]. [X.] Satz 1 [X.]-[X.] a.F. über diese materielle Zurechnung abkommensspezifisch hinweg und begünstigt die [X.]aA als solche, und zwar auch dann, wenn die zu gewährende Freistellung aufgrund der innerst[X.]tlichen Zurechnung --wie im Streitfall der Komplementärin in der Rechtsform einer Personengesellschaft-- (auch) einer Person zugute kommt, der die Freistellung an sich nicht zusteht; die (Teil-)Transparenz der "hybriden" [X.]aA wirkt sich nicht aus. Dafür, dass § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1991 [X.]. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 1990 umgekehrt als sog. Treaty override konzipiert wäre, wonach das [X.] hinter dem nationalen Steuerrecht zurücktreten können soll, ist nichts ersichtlich.

bb) Gleiches gilt für die Frage, ob Empfänger der Dividenden jenseits des bloßen Zahlungsvorganges die "hinter" der [X.]aA stehenden Gesellschafter sind. Art. 20 Abs. 1 Buchst. [X.]. [X.] Satz 1 [X.]-[X.] a.F. stellt darauf nicht ab. Ausschlaggebend ist hiernach vielmehr allein die Zahlung an eine in der [X.] ansässige Kapitalgesellschaft ("... gezahlt ..."). Letzteres ist unter den Gegebenheiten des Streitfalls die [X.]aA, nicht deren persönlich haftender Gesellschafter. Ob dies nach Maßgabe eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, das sich enger als das [X.]-[X.] an das Musterabkommen der [X.] ([X.]) anlehnt und wie dort die Begriffe des "Nutzungsberechtigten" als desjenigen verwendet, welcher die betreffenden Einkünfte "bezieht" (so [X.] in Festschrift Herzig, a.a.[X.], S. 897, 906; s. in diesem Zusammenhang auch [X.]surteil in [X.], 509, [X.] 2009, 234), anders ist, mag dahinstehen; in Art. 20 Abs. 1 Buchst. [X.]. [X.] Satz 1 [X.]-[X.] a.F. werden beide Begriffe nicht aufgegriffen. Maßgeblich ist deswegen der bloße Abfluss der Beträge bei den leistenden Gesellschaften an die inländische Kapitalgesellschaft (vgl. zu diesem spezifisch abkommensrechtlichen Verständnis des Ausdrucks "Zahlung" [X.] in Debatin/ [X.], a.a.[X.], Art. 10 [X.] [X.] 39; [X.] in [X.]/ [X.]/Grotherr, [X.], Art. 10 OECD-[X.] [X.] 46 f.; [X.] in H[X.]se, [X.]/[X.], Art. 10 [X.] [X.] 44).

3. Ist das Urteil der Vorinstanz im Ergebnis in dem von der Klägerin gestellten Hauptantrag zu bestätigen, kam es auf die weiteren Streitfragen, insbesondere derjenigen nach der vollen Erfassung und Anrechnung bzw. Erstattung der [X.] Steuergutschrift (des sog. avoir fiscal) für die unbeschränkt ebenso wie für die beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter der Klägerin, die diese mit ihrem Hilfsantrag beansprucht, nicht mehr an.

Meta

I R 62/09

19.05.2010

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 23. Juni 2009, Az: 12 K 3439/01, Urteil

Art 9 Abs 4 S 1 DBA FRA, Art 20 Abs 1 Buchst a S 1 DBA FRA, Art 20 Abs 1 Buchst b DBuchst aa S 1 DBA FRA, § 15 Abs 1 S 1 Nr 3 EStG 1990, § 9 Abs 1 Nr 1 KStG 1996, § 68 S 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.05.2010, Az. I R 62/09 (REWIS RS 2010, 6554)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6554

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