Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.06.2018, Az. 1 StR 78/18

1. Strafsenat | REWIS RS 2018, 6989

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:280618U1STR78.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
1 StR 78/18

vom
28. Juni 2018
in der Strafsache
gegen

wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

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2
-
Der 1.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom
28.
Juni 2018, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,

[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
[X.],
[X.]in am Bundesgerichtshof
Dr. Fischer
und [X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Bär,

Staatsanwalt

als Vertreter der [X.],

die Angeklagte persönlich,

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger,

Justizangestellte

in der Verhandlung ,
Justizobersekretärin

bei der Verkündung

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 26.
Oktober 2017, so-weit es sie betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.
3.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und die Vollstre-ckung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt.
Die Angeklagte rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
1
2
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4
-
I.
Nach den Feststellungen des [X.]s buchte die Angeklagte per In-ternet am 10.
Januar 2017 für ihren Ehemann ein Hotelzimmer in [X.], weil er nicht über eine Kreditkarte verfügte und daher keine Internetbuchung vornehmen konnte. Sie hatte in den Monaten zuvor mit ihm regelmäßig Kokain konsumiert und wusste spätestens seit Ende des Jahres 2016, dass die Fahr-ten ihres Ehemanns nach [X.] jeweils der Beschaffung erheblicher Mengen
von Kokain für den gewinnbringenden Weiterverkauf in [X.] und dem gemeinsamen [X.] dienten und auch die anstehende Reise denselben Zweck verfolgte. Tatsächlich war mit dem [X.] Lieferanten der Erwerb von einem Kilogramm Kokain für 41.000

Januar 2017 führte ihr Ehemann in seinem PKW 482,42
g Kokain (Kokainhydrochlorid
448,5
g) nach [X.] ein.
Im Rahmen einer in der Hauptverhandlung getroffenen Verständigung räumten sämtliche Angeklagte die Tatvorwürfe aus
der Anklageschrift in vollem Umfang ein, wenngleich die Angeklagte stets betonen ließ, von einem nicht strafbaren Verhalten ihrerseits ausgegangen zu sein (UA S.
4). Sie gab hierbei an, sie habe bei Buchung des Hotelzimmers billigend in Kauf genommen, dass der Aufenthalt ihres Ehemanns in [X.] der Beschaffung von Betäu-bungsmitteln dienen könnte, da sie zu jener [X.] gemeinsam mit ihm Kokain konsumiert habe und somit jeder Aufenthalt ihres Ehemanns außerhalb des gemeinsamen ehelichen Haushalts aus ihrer Sicht der Beschaffung von Betäu-bungsmitteln habe dienen können. Positive Kenntnis vom Zweck der Fahrt nach [X.] habe sie jedoch erst wenige Stunden nach der Hotelbuchung erlangt (UA S.
15).
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5
-
Die [X.] hat einen minder schweren Fall des §
30 Abs.
1 Nr.
4, Abs.
2 BtMG verneint. Bei dessen Prüfung hat sie zu Gunsten der Angeklagten

neben anderen Aspekten

e-ringe kriminelle Energie erfordert habe und am unteren Rand des strafwürdigen Verhaltens anzusiedeln sei, und die Haupttat mit großer Wahrscheinlichkeit auch ohne ihren Tatbeitrag mit gleichem Erfolg begangen worden wäre (UA S.
24). Die Beihilfe als vertypten [X.] hat sie nicht erwähnt.
Bei der Festsetzung der Einzelstrafe hat die [X.] die bei der [X.] genannten Strafzumessungsgesichtspunkte erneut abgewo-gen und eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten
für tat-
und schuldangemessen erachtet.
II.
Die Nachprüfung des Urteils auf die Revision der Angeklagten hat ledig-lich im Strafausspruch einen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben. [X.] der Verfahrensrügen wird auf die zutreffenden Ausführungen des [X.] in seiner Antragsschrift vom 8.
Februar 2018 Bezug genommen.
1.
Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die [X.] ist aufgrund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt, dass die Angeklagte bei der Buchung des Hotelzimmers billigend in Kauf genommen hat, dass die Fahrt ihres Ehemanns nach [X.] der Be-schaffung einer nicht unerheblichen Menge Kokain diente, sie deshalb mit der tatsächlich eingeführten Menge rechnete und diese Menge billigend in Kauf nahm. Die Wertung dieses Tatbeitrags als Beihilfe (§
27 StGB), also einer [X.], die die Herbeiführung des [X.] durch den Haupttäter objektiv 5
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6
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fördert oder erleichtert, ohne dass sie für den Eintritt des Erfolges in irgendeiner Weise kausal
werden muss (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 8.
März 2001

4
StR
453/00, NJW 2001, 2409, 2410 mwN), ist ohne Rechtsfehler.
2.
Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die [X.] hat nicht bedacht, dass nach ständiger Rechtsprechung in den Fällen, in denen das Gesetz bei einer Straftat einen minder schweren Fall vorsieht und im Einzelfall ein gesetzlicher [X.] nach §
49 Abs.
1 StGB gegeben ist, bei der [X.] vorrangig zu prüfen ist, ob ein minder schwerer Fall vorliegt ([X.], Beschlüsse vom 16.
November 2017

2
StR
404/17 mwN
und
vom 17.
März 2016

1
StR
47/16). Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falls abzulehnen, sind bei der weitergehenden Prüfung, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt, gesetzlich vertypte Strafmilderungsgründe zusätzlich heranzuziehen. Erst wenn der Tatrichter da-nach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich ver-typten [X.]es gemilderten Regelstrafrahmen zu Grunde legen ([X.] aaO). Das [X.] hat diese Prüfungsreihenfolge nicht beachtet und nicht erkennbar erwogen, ob das Vorliegen des
vertypten [X.]s der Beihilfe allein oder in Verbindung mit den allgemeinen Strafmilderungsgründen die Annahme eines minder schweren Falls des §
30 Abs.
2 BtMG rechtfertigen kann.
Da die [X.] ihrer Strafzumessung den nach §§
27 Abs.
2,
49 Abs.
1 StGB gemilderten Strafrahmen des §
30 Abs.
1 Nr.
4 BtMG (sechs [X.] bis elf Jahre und drei Monate) zugrunde gelegt, sich bei der Festsetzung der Freiheitsstrafe an dem unteren Bereich des eröffneten Strafrahmens orien-9
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7
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tiert und eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt hat, die Strafrahmenuntergrenze des §
30 Abs.
2 BtMG demgegenüber aber bei drei Monaten liegt, kann der [X.]

anders als der Antrag des Generalbundesan-walts

nicht ausschließen, dass der Tatrichter bei zutreffender Prüfungsreihen-folge zu einer niedrigeren Freiheitsstrafe gelangt wäre.
Der [X.] kann offenlassen, ob die im Vorspann des Urteils getroffene l-enngleich sie stets habe betonen lassen, von einem nicht strafbaren Verhalten ihrerseits ausgegangen zu sein (UA S.
4), in einem unauflösbaren Widerspruch mit der Feststellung in der Strafzumessung steht,
(UA S.
24) abgelegt, die Strafzumessung also darüber hinausgehend auch deshalb [X.] ist, weil die [X.] das Geständnis der Angeklagten nicht uneinge-schränkt als [X.] eingestellt hat.
Der [X.] hat
aber deshalb
die dem Strafausspruch zugehörigen Feststellungen insgesamt aufgehoben, um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
Raum
Jäger
[X.]

Fischer
Bär
12

Meta

1 StR 78/18

28.06.2018

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.06.2018, Az. 1 StR 78/18 (REWIS RS 2018, 6989)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6989

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