Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2008, Az. VII ZR 280/05

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5925

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAM[X.]N D[X.]S VOLK[X.]S URT[X.]IL [X.]/05 Verkündet am: 24. Januar 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1; [X.] § 642; [X.]/B § 2 Nr. 5, § 6 Nr. 6 a) Der gemäß § 642 [X.] zu zahlenden [X.]ntschädigung liegt eine steuerbare Leis-tung des Unternehmers zugrunde. Diese [X.]ntschädigung ist [X.]ntgelt im Sinne von § 10 Abs. 1 UStG und damit Bemessungsgrundlage für den Umsatz. b) Die gemäß § 2 Nr. 5 [X.]/B zu zahlende geänderte Vergütung ist [X.]ntgelt im Sinne von § 10 Abs. 1 UStG für die geänderte Leistung des Auftragnehmers und damit Bemessungsgrundlage für den Umsatz. c) § 6 Nr. 6 [X.]/B gewährt dem Auftragnehmer einen Schadensersatzanspruch, dem keine steuerbare Leistung zugrunde liegt, so dass hierfür eine Umsatzsteuer-pflicht ausscheidet. [X.], Urteil vom 24. Januar 2008 - [X.]/05 - [X.] [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2008 durch [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 27. Zivilsenats des [X.] vom 22. November 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 94.846,77 • und Zinsen verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und [X.]ntscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin macht Ansprüche wegen Bauzeitverlängerung geltend. 1 Die Beklagte beauftragte unter Vereinbarung der [X.]/B die Klägerin im Mai 1998 mit Heizungs-, Lüftungs-, Sanitär- und MSR-Leistungen, die nach der ursprünglichen Planung [X.]nde Mai 1999 fertiggestellt sein sollten. In der [X.] vereinbarten die Parteien zahlreiche Nachträge. 2 Mit Schreiben vom 18. November 1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sich die Fertigstellung des Bauvorhabens um zwei bis drei Monate 3 - 3 - verschiebe. Ihr, der Beklagten, sei bewusst, dass die Auftragnehmer Mehrkos-ten anmelden könnten. In der Folgezeit erstellte die Beklagte mehrere aktuali-sierte Terminpläne; zuletzt war ein Fertigstellungstermin im März 2001 vorge-sehen. Die Klägerin stellte ihre Leistungen im Mai 2001 fertig; die Beklagte nahm diese ab. 4 Die Klägerin hat mit der Klage unter Berücksichtigung von [X.] rund 1 Mio. • verlangt. Das [X.] hat die Klage bis auf einen Be-trag in Höhe von 53,15 • (= 103,96 DM) abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klägerin weitere 109.960,62 • (= 215.064,28 DM) für eine Bauzeitverzöge-rung von drei Monaten zugesprochen. Dieser Betrag enthält Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 15.167 •. Mit der vom Senat in Höhe dieses Betrags zuge-lassenen Revision möchte die Beklagte die Abweisung der Klage insoweit er-reichen. [X.]ntscheidungsgründe: Die Revision führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und in-soweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 5 I. Das Berufungsgericht hat es offengelassen, ob der Anspruch der Kläge-rin aus § 2 Nr. 5 [X.]/B, aus § 6 Nr. 6 [X.]/B oder aus § 642 [X.] folgt. Das Berufungsgericht hat wegen des Schreibens der Beklagten vom 18. November 1998 und des weiteren Verhaltens der Beklagten angenommen, die Beklagte trage die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Klägerin wegen einer 6 - 4 - Verzögerung von drei Monaten der insoweit geltend gemachte Anspruch nicht oder nicht in voller Höhe zustehe. Der [X.]rsatzanspruch sei, selbst wenn dieser aus § 6 Nr. 6 [X.]/B herzuleiten wäre, zumindest ein [X.], so dass insoweit Umsatzsteuer anfalle. II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 7 1. Auch ohne eine besondere Vereinbarung ist davon auszugehen, dass die Beklagte nach dem zwischen den Parteien geschlossenen [X.] von Umsatzsteuer nur insoweit verpflichtet ist, wie die Klägerin steuerba-ren Umsatz hatte; soweit die Klägerin dagegen allein gemäß § 14 Abs. 2 oder 3 UStG a.F. (§ 14 c UStG n.F.) verpflichtet sein sollte, Umsatzsteuer abzuführen, weil sie in ihrer Rechnung Umsatzsteuer ausgewiesen hat, kann dies eine ent-sprechende Zahlungspflicht der Beklagten nicht begründen (vgl. [X.], Urteil vom 22. November 2007 - [X.] ZR 83/05, zur [X.] in [X.] vorgese-hen). Das Berufungsgericht hätte daher der Klägerin nicht Umsatzsteuer zu-sprechen dürfen ohne zu entscheiden, ob der Anspruch aus § 2 Nr. 5 [X.]/B, § 642 [X.] oder § 6 Nr. 6 [X.]/B begründet ist, denn die Umsatzsteuerpflicht ist hinsichtlich dieser Ansprüche nicht einheitlich zu beurteilen. [X.]rgibt sich der [X.] aus § 2 Nr. 5 [X.]/B, ist er auf die für die Leistung des Auftragnehmers zu entrichtende Vergütung gerichtet, die aufgrund der Änderung des [X.] oder anderer Anordnungen des Auftraggebers zu erhöhen ist. Damit [X.] sich auch die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer entsprechend (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). [X.]benso gewährt § 642 [X.] einen Anspruch, bei dem Umsatzsteuer anfällt (dazu 2.). Dagegen besteht keine [X.] - 5 - pflicht, soweit der Auftraggeber gemäß § 6 Nr. 6 [X.]/B zur Zahlung von [X.] verpflichtet ist (dazu 3.). 9 2. [X.]iner gemäß § 642 [X.] zu zahlenden —[X.] liegt eine steuerbare Leistung zugrunde. 10 a) Steuerbarer Umsatz liegt vor, wenn zwischen der erbrachten Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wo-bei die gezahlten Beträge die tatsächliche Gegenleistung für eine bestimmbare Leistung darstellen, die im Rahmen eines Rechtsverhältnisses, in dem gegen-seitige Leistungen ausgetauscht werden, erbracht wurde ([X.], Urteil vom 18. Juli 2007 - [X.]/05, [X.] 2007, Beilage 4, S. 424 = [X.] 2007, 667, [X.]. 19; [X.], Urteil vom 22. November 2007 - [X.] ZR 83/05, zur Veröffentli-chung in [X.] bestimmt). Unerheblich ist es, ob die Gegenleistung nach der zivilrechtlichen Dogmatik als Schadensersatz oder als Vergütung bezeichnet wird (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juli 2001 - [X.], [X.], 1903, 1904 = NJW 2001, 3535 = [X.] 2001, 534). Nicht erforderlich ist es auch, dass dem Leistungsaustausch ein rechtlich verbindliches Verpflichtungsgeschäft zugrunde liegt ([X.], Urteil vom 22. Oktober 1997 - [X.], [X.] 1998, 875 = NJW-RR 1998, 803 = [X.] 1998, 94 m.w.[X.]). [X.]ntscheidend ist allein, ob die Zahlung der Summe mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in einer Wechsel-beziehung steht. Das Verhalten des Leistenden muss darauf abzielen oder [X.] geeignet sein, ein [X.]ntgelt für die erbrachte Leistung auszulösen ([X.], Urteile vom 17. Juli 2001 - [X.], [X.], 1903, 1904 = NJW 2001, 3535 = [X.] 2001, 534 und vom 22. Oktober 1997 - [X.], [X.] 1998, 875 = NJW-RR 1998, 803 = [X.] 1998, 94 m.w.[X.]). b) Die [X.]ntschädigung gemäß § 642 [X.], deren Rechtsnatur umstritten ist (vgl. [X.], [X.], 185, 193; [X.]/[X.], [X.], 1804 ff.; 11 - 6 - Schilder, Der Anspruch aus § 642 [X.] - Grundlagen und Berechnung der zu-sätzlichen Vergütung, 2006, [X.] ff., jeweils m.w.[X.]), ist nach diesem steuer-rechtlichen Verständnis ein [X.]ntgelt für Leistungen des Unternehmers, mit de-nen sie in einer Wechselbeziehung steht. Der Unternehmer wird dafür vergütet, dass er für den Besteller Kapital und Arbeitskraft bereithält (vgl. [X.], Urteil vom 7. Juli 1988 - [X.] ZR 179/87, [X.], 739, 740). Dem entspricht, dass sich die Höhe der —[X.] nach der Höhe der vereinbarten Vergütung bestimmt, § 642 Abs. 2 [X.]. Die Vorschriften zur Berechnung von Schadens-ersatz, §§ 249 ff. [X.], sind dagegen nicht auf den Anspruch aus § 642 [X.] anwendbar ([X.], Urteil vom 21. Oktober 1999 - [X.] ZR 185/98, [X.] 143, 32, 40). Der Annahme, dass mit dem Anspruch aus § 642 [X.] eine steuerbare Leistung entgolten wird, steht das Urteil des Gerichtshofs der [X.]uropäischen Gemeinschaften vom 18. Juli 2007 ([X.], [X.] 2007, Beilage 4, S. 424 = [X.] 2007, 667) nicht entgegen. Dort hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Angeld, das ein Gast bei einer Hotelbuchung zu zahlen hat, nicht Gegen-leistung für eine steuerbare Leistung ist. Im Unterschied zu diesem Angeld, das im Falle der Vertragsdurchführung mit dem Übernachtungspreis verrechnet wird, besteht der Anspruch gemäß § 642 [X.] neben dem Anspruch auf die vereinbarte Vergütung (vgl. [X.], Urteil vom 21. Oktober 1999 - [X.] ZR 185/98, aaO). Zudem muss der Unternehmer in den Fällen des § 642 [X.] über das bei der Vereinbarung der Vergütung angenommene Maß hinaus seine Leistung bereithalten; der Hotelbetreiber in dem vom Gerichtshof entschiedenen Fall er-bringt dagegen mit der Freihaltung des reservierten Zimmers nur die Leistung, zu der er aufgrund des Beherbergungsvertrages ohnehin verpflichtet ist (vgl. [X.], aaO, [X.]. 23 ff.). 12 - 7 - 3. § 6 Nr. 6 [X.]/B gewährt dagegen einen Schadensersatzanspruch, dem keine steuerbare Leistung zugrunde liegt. 13 14 a) Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Anspruchs aus § 6 Nr. 6 [X.]/B in der Literatur ist nicht einheitlich (für die Annahme eines —echtenfi Schadensersatzes vgl. etwa [X.], [X.]. vom 21. August 2000, [X.] 7100-4/00; [X.] in: Rau/Dürrwächter, UStG, Stand 2003, § 1 [X.]. 443; [X.] in: Rau/Dürrwächter, UStG, Stand 2003, § 10 [X.]. 65, [X.]; [X.] in: [X.]Metzenmacher, UStG, Stand 8/05, [X.] § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.]. 298; Binner, [X.] 2005, 185, 189; [X.]/Matten, [X.] 2003, 626, 632; für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung hingegen z.B. Kapellmann/Schiffers, Ver-gütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, [X.], 5. Aufl., [X.]. 1497). b) Schadensersatzzahlungen gemäß § 6 Nr. 6 [X.]/B sind keine Gegen-leistung für eine Leistung des Auftragnehmers an den Auftraggeber. Die Leis-tung des Auftragnehmers ist das Werk. Das Werk wird durch Behinderungen, die Ansprüche nach § 6 Nr. 6 [X.]/B auslösen können, nicht verändert (vgl. [X.], [X.], 487, 490; [X.] in: [X.]/[X.]/Lang, Bau-verzögerung und Leistungsänderung, 5. Aufl., [X.]. 307). Anders als im Fall des § 2 Nr. 5 [X.]/B bleiben die Pflichten des Auftragnehmers und daher auch die Vergütung als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer unverändert. 15 Der Auftragnehmer erbringt aufgrund der Behinderungen im Unterschied zu § 642 [X.] keine zusätzlichen steuerbaren Leistungen. Mit dem [X.] wird der Ausgleich des Vermögensschadens verlangt, der sich aus Behinderungen ergibt, die sich als vertragliche Pflichtverletzungen erwei-sen. Dies gilt auch dann, wenn als Schaden [X.]rsatz für die Kosten verlangt wird, die dem Auftragnehmer dadurch entstanden sind, dass er für die Herstellung 16 - 8 - des Werks zusätzlichen Aufwand hatte, etwa durch den zusätzlichen [X.]insatz eines Projekt- oder Bauleiters, wie dies die Klägerin hier unter anderem geltend macht; auch dieser Aufwand ist keine Leistung an den Auftraggeber. Dem ent-spricht es, dass der nach § 6 Nr. 6 [X.]/B zu ersetzende Schaden auf der Grundlage der §§ 249 ff. [X.] errechnet wird. Soweit aus der [X.]ntscheidung des Senats vom 21. März 1968 ([X.] ZR 84/67, [X.] 50, 25, 29 f.) eine andere Auf-fassung abzuleiten sein könnte, hält der Senat hieran nicht fest. 4. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen. Dieses wird die Feststellungen treffen [X.], die erforderlich sind, um beurteilen zu können, aus welchem Rechtsgrund die Klage begründet ist. 17 Dressler [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], [X.]ntscheidung vom 22.04.2004 - 23 O 159/03 - [X.], [X.]ntscheidung vom 22.11.2005 - 27 U 53/04 -

Meta

VII ZR 280/05

24.01.2008

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2008, Az. VII ZR 280/05 (REWIS RS 2008, 5925)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5925

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZR 83/05 (Bundesgerichtshof)


5 U 52/19 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


11 U 136/18 (Oberlandesgericht Köln)


V R 36/09 (Bundesfinanzhof)

(Steuerpflicht vereinnahmter Leistungsentgelte auch bei Unterbleiben der Leistung - Unionsrechtskonforme Besteuerung des Entgelts vor Leistungserbringung …


VII ZR 81/17 (Bundesgerichtshof)

Bauvertrag mit öffentlichem Auftraggeber: Anspruch auf Ersatz von nach Vertragspreisen kalkulierten Vorhaltekosten wegen verzögerter Zuschlagserteilung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.