Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.04.2013, Az. X ZR 105/12

X. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6888

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS

X
[X.]

Verkündet am:

9. April 2013

Wermes

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
VO 261/2004 ([X.]) Art. 3 Abs. 1 Buchst. a; [X.] [X.]/[X.] Art. 2
Dem Gerichtshof der [X.] wird gemäß Art. 267 A[X.]V folgende [X.] zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:
Ist das Abkommen zwischen der [X.]ischen Eidgenossenschaft und der Euro-päischen [X.] über den Luftverkehr vom 21.
Juni 1999 in der Fassung des Beschlusses Nr.
2/2010 des [X.]es [X.]/[X.] vom 26.
November 2010 dahin auszulegen, dass die Verordnung ([X.]) Nr.
261/2004 des [X.] und des Rates vom 11.
Februar 2004 über eine gemein-same Regelung für Ausgleichs-
und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr.
295/91 entsprechend ihrem Art.
3 Abs.
1 Buchst.
a auch für Fluggäste gilt, die auf Flughäfen in der [X.] einen Flug in ei-nen Drittst[X.]t antreten?
[X.], Beschluss vom 9. April 2013 -
X [X.] -
LG [X.] am [X.]

AG [X.] am [X.]

-
2
-
Der X. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck, die Richter Dr.
Grabinski, [X.] und [X.] und die Richterin Schuster

beschlossen:

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Dem Gerichtshof der [X.] wird gemäß Art. 267 A[X.]V folgende Frage zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:

Ist das Abkommen zwischen der [X.]ischen Eidgenossen-schaft und der [X.] über den Luftverkehr vom 21.
Juni 1999 in der Fassung des Beschlusses Nr.
2/2010 des [X.]es [X.]/[X.] vom 26.
No-vember 2010 dahin auszulegen, dass die Verordnung ([X.]) Nr.
261/2004 des [X.] und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Aus-gleichs-
und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr. 295/91 entsprechend ihrem Art.
3 Abs.
1 Buchst.
a auch für Fluggäste gilt, die auf Flughäfen in der [X.] einen Flug in einen Drittst[X.]t an-treten?
-
3
-
Gründe:

I.
Die Klägerin verlangt von der [X.] eine Ausgleichszahlung wegen eines nicht planmäßig durchgeführten Fluges.
Die Klägerin buchte bei der [X.], einem Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in der [X.], für den 3. Februar 2011 einen Flug von [X.] am [X.] nach [X.] (Flugnummer

) und einen direkten Anschlussflug von [X.] nach
[X.] in [X.] mit einem Zwischenstopp in [X.] (Flugnummer

). Der
Flug von
[X.] am [X.] nach [X.] erfolgte planmäßig. Der Abflug des [X.] in [X.] verzögerte sich um 6
Stunden und 10
Minuten. Dieser Flug endete tatsächlich in [X.]. Die Klägerin wurde sodann mit dem Bus von [X.] nach [X.] befördert und erreichte dieses Ziel am Abend des [X.] mit einer Ver-spätung von mehr als 20
Stunden.
Die Klägerin macht wegen der Verspätung eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600

Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageforderung weiter.
II.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klage sei entgegen der [X.] des Amtsgerichts zulässig, aber unbegründet.
Die internationale
Zuständigkeit der [X.] Gerichte ergebe sich aus §
29 ZPO. Erfüllungsort im Sinne dieser Vorschrift sei für die geltend gemachten Ansprü-che nach der Verordnung ([X.]) Nr.
261/2004 des [X.] und des Rates vom 11.
Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs-
und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei [X.] oder großer Verspätung von Flügen (im Folgenden: Fluggastrechteverord-nung)
im Hinblick auf das in deren Erwägungsgrund
1 angestrebte hohe [X.] auch der vereinbarte [X.] in [X.] am [X.]. Dies gelte auch bei Sach-verhalten, bei denen die Verspätung nicht schon an diesem [X.], sondern erst im Rahmen eines Anschlussflugs an einem anderen Ort eingetreten sei.
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4
5
-
4
-
Allerdings sei der Anspruch nicht begründet, weil die Fluggastrechteverord-nung
gemäß deren Art.
3 Abs.
1 nur bei Verspätungen anzuwenden sei, wenn der Abflug in der [X.] erfolgt sei oder die Fluggesellschaft in deren [X.] ihren Sitz oder eine
Niederlassung habe. Die Verspätung sei jedoch erst bei dem Anschlussflug in [X.] und somit nicht in der [X.] eingetreten. Es handele sich nicht um einen einheitlichen Flug von [X.] am [X.] zum Endziel, vielmehr seien eigenständige Flüge hintereinander geschaltet worden, um letztlich das gewünschte Endziel zu erreichen. Daher sei auf den verspäteten Abflug in [X.] abzustellen.
III.
Die Entscheidung über die Revision hängt von der Auslegung des [X.] zwischen der [X.]ischen Eidgenossenschaft und der [X.] über den Luftverkehr vom 21.
Juni 1999 in der Fassung des Beschlus-ses Nr.
2/2010 des [X.]es [X.]/[X.] vom 26.
November 2010 (im Folgenden: Luftverkehrsabkommen) in Verbindung mit der Fluggastrechteverordnung ab.
1.
Zurecht hat das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit deut-scher Gerichte bejaht. Diese Zuständigkeit ergibt sich im Streitfall aus dem Erfül-lungsort der Hauptleistung des dem Flug zugrundeliegenden Vertrages.
a)
Gemäß Art.
5 Nr.
1 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständig-keit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Han-delssachen vom 30.
Oktober 2007 (im Folgenden: [X.]), das für die [X.] am 1.
Januar 2011 in [X.] getreten ist (Amtliche Sammlung des [X.] Bundesrechts 2010, 5609), kann, wenn Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, eine Person mit Wohnsitz oder Sitz (Art.
60 Abs.
1 Buchst.
a [X.]) im Gebiet eines anderen Vertragsst[X.]tes vor dem Gericht des Ortes
verklagt werden, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen gewesen wäre. Dabei ist gemäß Art.
5 Nr.
1 Buchst.
b zweiter Spiegelstrich [X.] bei der Erbringung von Dienstleistungen der Ort als Erfüllungsort anzusehen, an dem die Dienstleistung nach dem [X.] worden ist oder hätte erbracht werden müssen.
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9
-
5
-
Diese Regelung entspricht Art.
5 Nr.
1 Buchst.
b der Verordnung ([X.]) Nr.
44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen vom 22.
Dezember 2000 ([X.]). Wie diese dient sie dem Zweck, für Liefer-
und Dienst-leistungsverträge eine einheitliche Zuständigkeitsregel für Klagen aus Kauf-
und Dienstleistungsverträgen zu bestimmen (vgl. [X.], Urteile vom 3.
Mai 2007

[X.]/05, [X.].
2007, [X.] Rn.
26 und 36 -
[X.]olor [X.]; vom 9.
Juli 2009

[X.]/08, [X.]. 2009, [X.] Rn.
34 -
Rehder). Hierfür wird an den Erfüllungsort der vertragscharakteristischen Leistung angeknüpft, der als Gerichtsstand nach dieser Regelung für sämtliche Klagen und nicht nur für diejenige, die sich auf die vertrags-charakteristische Leistung stützt, maßgeblich ist (vgl. [X.], Urteile vom 23.
April 2009

[X.]/07, [X.]. 2009, I-3327 Rn.
54 -
Falco Privatstiftung und [X.]; vom 25.
Februar 2010 -
[X.]-381/08, [X.]. 2010, I-1255 Rn.
49
f. -
[X.]ar Trim).
b)
Auch wenn die im Streitfall geltend gemachte Forderung nicht vertraglich vereinbart ist, knüpft sie gleichwohl an das Bestehen eines Vertrages an, weil sie gemäß Art.
3 Abs.
2 Buchst.
a Fluggastrechteverordnung
eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug voraussetzt (vgl. [X.], Urteil vom 12.
November 2009

Xa
ZR
76/07, NJW 2010, 1070 Rn.
18). Der Gerichtsstand des [X.] be-stimmt sich deshalb für Klagen auf Ausgleichszahlungen gemäß Art.
7 Fluggast-rechteverordnung
nach dem Erfüllungsort der vertragscharakteristischen Leistung des dem Flug zugrundeliegenden Vertrages; diese ergibt sich aus den einzelnen Leistungen des [X.] zur Beförderung des Fluggastes nebst seinem Reisegepäck (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Juli 2009 [X.]O Rn.
40 -
Rehder). Da diese Leistungen naturgemäß an mehreren Orten erbracht werden, ist zur Bestimmung des [X.] als Anknüpfung für den Gerichtsstand gemäß Art.
5 Nr.
1 Buchst.
b zweiter Spiegelstrich [X.] auf die Orte abzustellen, an denen nach dem Vertrag die Hauptleistung zu erbringen ist (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Juli 2009 [X.]O Rn.
38 -
Rehder). Dies sind die Orte des [X.] und der Ankunft; hier werden die vertragscharakteristischen Leistungen hauptsächlich erbracht (vgl. [X.] Urteil vom 9.
Juli 2009 [X.]O Rn.
43 -
Rehder). Orte, die lediglich überflogen werden, zählen dazu ebenso wenig wie der Ort einer Zwischenlandung (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Juli 2009 [X.]O Rn.
40 -
Rehder).
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-
6
-
c)
Bei einer aus mehreren Flügen bestehenden Flugverbindung ohne nen-nenswerten Aufenthalt auf den Umsteigeflughäfen wie im Streitfall ist als für den Ver-trag maßgeblicher
[X.]
der [X.] der ersten Teilstrecke anzusehen (vgl. zu Art.
5 Rom-I-VO: [X.], Urteil vom 28.
August 2012 -
X
ZR
128/11, [X.], 378 Rn.
30; [X.]/[X.], BGB, Bearb.
2010, Art.
5 Rom-I-VO Rn.
56, 52; Münch-Komm.BGB/[X.], 5. Aufl., Art.
5 Rom-I-VO Rn. 29). Hier werden die auch für die weitere Flugreise maßgeblichen Leistungen zur Abfertigung der Fluggäste und der Entgegennahme ihres Reisegepäcks nebst dem Start für den die erste Teilstrecke betreffenden Flug erbracht.

Im Streitfall kommt es nicht darauf an, ob die in [X.] als Umsteigeflughafen zu erbringenden Leistungen für die vertragscharakteristische Leistung so wesentlich sind, dass sie neben dem Ankunftsort der Flugreise in
[X.] ebenfalls solche Hauptleistungen darstellen, die einen weiteren Erfüllungsort im Sinne von Art.
5 Nr.
1 Buchst.
b zweiter Spiegelstrich [X.] zu begründen vermögen. Da die an einem Umsteigeflughafen zu erbringenden Leistungen für den Fluggast von geringer Bedeutung sind und eher einer Zwischenlandung ähneln, vermögen sie den ersten [X.] als Erfüllungsort im Hinblick auf einen für den [X.] nicht zu verdrängen.
d)
Ein Gerichtsstand gemäß Art.
5 Nr.
1 Buchst.
b zweiter Spiegelstrich
[X.] ist im Streitfall folglich an dem [X.] des die erste ver-tragliche Teilstrecke betreffenden Flugs in [X.] am [X.]
begründet.
2.
Ob der Klägerin die geltend gemachte Ausgleichszahlung zusteht, hängt davon ab, ob die Fluggastrechteverordnung auf den von ihr gebuchten direkten An-schlussflug von [X.] nach [X.] anwendbar ist.
a)
Die Fluggastrechteverordnung ist nicht bereits deshalb anwendbar, weil die Klägerin die erste Teilstrecke ihrer Flugreise in [X.] am [X.] und damit in einem Mitgliedsst[X.]t der [X.] angetreten hat. Für diesen Flug war die Anwendbarkeit der Fluggastrechteverordnung zwar gemäß deren Art.
3 Abs.
1 Buchst.
a eröffnet. Dieser Flug wurde indessen planmäßig durchgeführt. Er
bildet keine
Ursache dafür, dass die Klägerin ihr Endziel erst mit erheblicher Verspätung erreicht hat.
12
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16
-
7
-
Der Gerichtshof der [X.] hat entschieden, dass eine Ver-spätung von mindestens drei Stunden hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Annullie-rung des Flugs gleichzusetzen ist (vgl. [X.] Urteile vom 19.
November 2009

[X.]402/07, [X.]. 2009, I-10923 Rn.
60, 61 -
Sturgeon u.a.; vom 23.
Oktober 2012

[X.]/10, [X.], 272 Rn.
34-38 -
Nelson u.a.; vom 26.
Februar 2013 -
[X.]-11/11, Rn.
32

[X.] u.a.). Dabei
kommt es für den erlittenen Zeitverlust nicht auf die Verspätung bei Antritt der Flugreise, sondern auf jene am Endziel an (vgl. [X.], Urteil vom 26.
Februar 2013 [X.]O Rn.
35 -
[X.] u.a.).
Dieser Zeitverlust muss aber aufgrund eines verspäteten Fluges eingetreten sein (vgl. [X.], Urteil vom 23.
Oktober 2012 [X.]O Rn.
40 -
Nelson u.a.). Es muss also eine kausale Beziehung zwischen einem nicht planmäßig durchgeführten Flug und dem am Endziel erlittenen Zeitverlust bestehen. Der nicht planmäßig durchge-führte Flug muss unter den Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung [X.], denn Erwägungsgrund
6 Fluggastrechteverordnung
zeigt, dass nur solche Flug-gäste geschützt werden sollen, die einen Flug in der [X.] antreten oder, wenn es sich um
ein Luftfahrtunternehmen der [X.] handelt, an ei-nem Flughafen der [X.] ankommen. Dieser Schutz wird durch einen planmäßig ablaufenden Flug vollständig erreicht, so dass ein solcher Flug keine [X.] Ansprüche begründen kann. Weiterhin sind die Fluggäste eines Fluges in dem Sinne als Kollektiv zu sehen, dass Fluggäste ein und desselben Fluges grundsätzlich nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen, ihr Schutz nach der Fluggastrechteverordnung also identisch sein muss (vgl. [X.], Urteil vom 10.
Juli 2008

[X.]/07, [X.]. 2008, [X.] Rn.
38 -
Emirates [X.]). Dies wäre nicht ge-geben, wenn Fluggäste eines nicht planmäßig durchgeführten Fluges von der Flug-gastrechteverordnung unterschiedlich geschützt würden, je nachdem, welche [X.] sie unmittelbar vorher störungsfrei und planmäßig mit einem anderen Flug entweder aus der [X.] oder aus einem Drittst[X.]t kommend zurück-gelegt haben. Ansprüche wegen einer großen Verspätung (am Endziel) setzen des-halb nach der Fluggastrechteverordnung voraus, dass diese Verspätung durch einen Flug (mit-)verursacht wurde, der gemäß Art.
3 Abs.
1 der Verordnung in deren An-wendungsbereich fällt (vgl. [X.], Urteil vom 13.
November 2012 -
X
ZR
12/12, [X.], 137 Rn.
13, 14).
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-
8
-
Für eine Ausgleichszahlung wegen der von der Klägerin erlittenen Verspätung am Endziel ihrer Flugstrecke reicht es deshalb nicht aus, dass ihr erster Flug von [X.] am [X.] nach [X.] in einem Mitgliedst[X.]t der [X.] ange-treten wurde.
b)
Der Klägerin kann eine Ausgleichszahlung für diesen Zeitverlust deshalb nur dann zustehen, wenn ihr Flug von [X.] nach [X.] in [X.] in den An-wendungsbereich der Fluggastrechteverordnung fällt.
[X.])
Weder der [X.] noch der Zielort dieses Fluges liegen in einem Mit-gliedsst[X.]t der [X.]. Gemäß dem Luftverkehrsabkommen und dem Beschluss Nr.
1/2006 des gemäß Art.
23 Abs.
4 dieses Abkommens bestimmten [X.]es [X.]/[X.] ([X.]
[X.] 2006, [X.]) sowie dem Folgebeschluss Nr. 2/2010 ([X.]
[X.] 2010, [X.]/54; [X.] AS 2011, 205) ist die Fluggastrechteverordnung jedoch seit dem 1. Dezember 2006 auch für das Gebiet der [X.] anzuwenden. In beiden Beschlüssen wird die Fluggastrechte-verordnung als Teil des Anhangs des Abkommens vom 21.
Juni 1999 aufgelistet. Gemäß Art.
2 des Abkommens gelten die im Anhang aufgelisteten Bestimmungen in dem Umfang, in dem sie den Luftverkehr oder unmittelbar damit zusammenhängen-de Angelegenheiten wie im Anhang aufgeführt betreffen.
[X.])
Der Senat neigt zu der Auffassung, dass mit dieser Erstreckung der Flug-gastrechteverordnung auf das Gebiet der [X.] auch solche Flüge in den Anwen-dungsbereich der Verordnung fallen, die vom Gebiet der [X.] abgehen und ihr Ziel in einem Drittst[X.]t haben.
Der durch den Beschluss Nr.
2/2010 vom [X.] neu gefasste Anhang zum Luftverkehrsabkommen bestimmt im zweiten Spiegelstrich, dass für die im Anhang aufgeführten Rechtsakte eine darin enthaltene Bezugnahme auf die Mit-gliedst[X.]ten der [X.] oder der [X.] für die Zwecke des Abkommens so zu verstehen ist, dass damit auch auf die [X.] [X.] wird. Art.
3 Abs.
1 Fluggastrechteverordnung
könnte folglich in der Weise an-zuwenden sein, dass es für Ansprüche nach dieser Verordnung ausreicht, wenn der [X.] eines Fluges oder, wenn der Sitz des Luftfahrtunternehmens in der [X.] oder in der [X.] liegt, der Ankunftsort in der [X.] liegt.
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9
-
Eine solche Auslegung des [X.] nebst Anhang [X.] nicht nur seinem Wortlaut, sondern auch dem in der Präambel dieses Abkom-mens formulierten Ziel, die Vorschriften für den Luftverkehr innerhalb [X.] unter Einbeziehung des Gebietes der [X.] einander anzugleichen. Danach
sollen die Luftverkehrsunternehmen in der [X.] unter den gleichen Bedingungen operieren können und müssen wie jene in den Mitgliedst[X.]ten der [X.]. Die Verbraucher und Kunden der Luftverkehrsunternehmen sollen denselben Qualitäts-standard in der [X.] vorfinden und folglich auch die gleichen Rechte gegenüber diesen Unternehmen in der [X.] geltend machen können wie in den Mitgliedst[X.]-ten der [X.], und die Luftverkehrsunternehmen sollen ihrerseits den gleichen Wettbewerbsbedingungen unterliegen. Damit ließe es sich schwer vereinba-ren, wenn die Fluggastrechteverordnung nur auf Fluggäste anzuwenden wäre, die auf dem Gebiet der [X.] einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mit-gliedst[X.]tes der [X.] antreten. Denn gemäß Art.
3 Abs.
1 Buchst.
a Fluggastrechteverordnung
ist die Verordnung auch auf Fluggäste anzuwenden, die von einem Flughafen der [X.] in einen Drittst[X.]t fliegen.
[X.])
Vom Zivilgericht des [X.] wird indessen die Auffassung vertreten, dass die Fluggastrechteverordnung für Fluggäste, die in der [X.] einen Flug antreten, nur gelte, wenn ihr Ziel in einem Mitgliedst[X.]t der [X.] liegt (Zivilgericht [X.], [X.] vom 11.
März 2011 -
V.2010.1734
und vom 15.
Mai 2012

[X.]; [X.] ([X.]), www.bazl.admin.ch/dienstleistungen/passagierrechte/01019/index.html). Diese Ent-scheidungen stützen sich auf
die Erwägung, Art.
15 des [X.] sehe Verkehrsrechte der Luftfahrtunternehmen der [X.] und der [X.] nur für Strecken zwischen der [X.] einerseits und der [X.] andererseits sowie innerhalb der [X.] vor; deshalb komme
auch die Anwendung der Fluggastrechteverordnung nur in diesem Umfang in Betracht. In der [X.] Literatur wird ergänzend argumentiert, eine Ausdehnung der Flug-gastrechteverordnung auf Flüge von der [X.] in Drittst[X.]ten führe zu einem [X.] zu Bestimmungen des [X.] Bundesgesetzes über das [X.] (IPRG) (vgl. [X.], Das bilaterale Luftverkehrsabkommen der [X.] und der [X.], in Thürer/[X.]/[X.]/Kellerhals, Bilaterale Verträ-ge
I
&
II [X.]-[X.], S.
557 Rn.
156).
24
25
-
10
-
dd)
Der Senat hält diese Bedenken gegen eine Anwendbarkeit der Fluggast-rechteverordnung auf Flüge von der [X.] in Drittst[X.]ten nicht für durchgreifend. Die Beschränkung der Regelung von Verkehrsrechten in Art.
15 des Luftverkehrsab-kommens auf Flüge von der [X.] in die [X.] betrifft einen anderen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend auf das gesamte Abkommen und die da-rin vorgesehenen Regelungen für den Luftverkehr insgesamt übertragbar ist. Als völ-kerrechtlicher Vertrag ist das Abkommen dem [X.] Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht nicht untergeordnet, weshalb (geringfügige) Abwei-chungen von dessen Regeln keinen Einfluss auf die Auslegung des [X.] müssen.
Hinzu kommt, wie der Streitfall zeigt, dass durch den Beförderungsvertrag auch bei Fluggästen, die in der [X.] einen Flug in einen Drittst[X.]t antreten, eine Verbindung mit dem Luftverkehr zwischen der [X.] und der [X.] bestehen kann und häufig bestehen wird.
Denn der verspätete Flug war für die Klägerin, die im Gebiet eines Mitglied-st[X.]ts der [X.] einen Zubringerflug in die [X.] angetreten hatte, ein direkter Anschlussflug. Der Umstand, dass nach der Fluggastrechteverordnung für jeden Flug gesondert zu prüfen ist, ob er der Verordnung unterfällt und welche Rechte die Verordnung den Fluggästen dieses Flugs im Falle der Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung verleiht, besagt nicht notwendigerweise, dass auch der Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung im Rahmen des [X.] ausschließlich danach zu bestimmen ist, auf welchem Flug es zu einer Störung der ordnungsgemäßen Erfüllung des [X.] ge-kommen ist, den der Fluggast mit dem Luftverkehrsunternehmen geschlossen hat und der mindestens einen aus einem Mitgliedst[X.]t der [X.] abge-henden Flug umfasst. Die Verordnung verknüpft eine solche Mehrzahl von Flügen gegebenenfalls miteinander, insbesondere indem sie bei der Bemessung der Aus-gleichszahlung nach Art. 7 Fluggastrechteverordnung
auf das
Endziel und damit bei den ausdrücklich geregelten direkten Anschlussflügen nach Art. 2 Buchst.
h Flug-gastrechteverordnung
auf den letzten Zielort abstellt, an dem der einzelne Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen [X.] ankommt. Ebenso geht die Verordnung bei den ein ausführendes Luftver-26
27
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11
-
kehrsunternehmen treffenden Verpflichtungen davon aus, dass dieses Unternehmen im Namen der Person handelt, die in einer Vertragsbeziehung mit dem betreffenden Fluggast steht (Art. 3 Abs. 5 Fluggastrechteverordnung). Daher könnte schon ein Beförderungsvertrag zwischen dem Luftverkehrsunternehmen und dem Fluggast, der einen Flug zwischen der [X.] und der [X.] umfasst, die Anwen-dung der Fluggastrechteverordnung erfordern.
Diese Anwendung könnte nach dem Verständnis des Senats jedoch nicht in der Weise erfolgen, dass die Verordnung nur für Fluggäste gilt, die ihre Reise in der [X.] begonnen haben und in der [X.] einen direkten Anschluss-flug in einen Drittst[X.]t antreten. Denn dies wäre mit dem oben dargestellten Grund-satz unvereinbar, dass die Fluggastrechteverordnung der Gesamtheit der Fluggäste eines Fluges grundsätzlich die gleichen Rechte einräumt und nur bei der Höhe der Ausgleichsleistung gegebenenfalls nach dem Endziel des einzelnen Fluggastes diffe-renziert. Auch unter diesem Gesichtspunkt sprechen nach Auffassung des Senats die besseren Gründe
für eine umfassende Geltung der Fluggastrechteverordnung für Fluggäste, die in der [X.]
einen Flug in einen Drittst[X.]t antreten.
29
-
12
-
ee) Gleichwohl handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage, deren Antwort [X.] offenkundig und klar ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bliebe und sich damit eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.] erüb-rigen würde. Insbesondere besteht angesichts der genannten Entscheidungen des [X.] Gerichts die Gefahr dauerhaft voneinander abweichender Entschei-dungen (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Oktober 1982 -
[X.]-283/81, [X.].
1982, 3415
Rn.
16

[X.] u.a.).
Meier-Beck
Grabinski
Bacher

[X.]
Schuster
Vorinstanzen:
AG [X.] am [X.], Entscheidung vom 03.02.2012 -
32 [X.] 1418/11 (18) -

LG [X.]/[X.], Entscheidung vom 28.06.2012 -
2-24 S 48/12 -

30

Meta

X ZR 105/12

09.04.2013

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.04.2013, Az. X ZR 105/12 (REWIS RS 2013, 6888)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6888

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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