Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.01.2014, Az. 23 W (pat) 47/10

23. Senat | REWIS RS 2014, 8602

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – „LED mit organischer Kleberschicht“ – zur Zulässigkeit der Änderung des Patentanspruchs - Wechsel von einer organischen LED auf eine LED – zum Verständnis des Fachmanns zum Anmeldezeitpunkt


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2004 061 949.2-33

hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dr. Strößner, des [X.] Dr. [X.], der Richterin [X.] und des [X.] Dr. Zebisch

beschlossen:

1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für [X.] des [X.] vom 6. Juli 2010 wird aufgehoben.

2. Es wird ein Patent mit der Bezeichnung „LED mit organischer Kleberschicht“, dem Anmeldetag 22. Dezember 2004 und der ausländischen Priorität 16. Januar 2004 [X.] auf der Grundlage folgender Unterlagen erteilt:

Patentansprüche 1 - 14, eingereicht am 21. Januar 2014, sowie Beschreibungsseiten 1 - 8, eingereicht am 21. Januar 2014 und 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3, eingegangen am Anmeldetag.

Gründe

I.

1

Die vorliegende Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2004 061 949.2-33 und der Bezeichnung „LED mit organischer [X.]chicht“ wurde am 22. Dezember 2004 beim [X.] unter Inanspruchnahme der [X.] Priorität [X.] vom 16. Januar 2004 eingereicht. Gleichzeitig mit der Anmeldung wurde [X.] gestellt. Die Anmeldung wurde am 11. August 2005 mit der [X.] 2004 061 949 A1 veröffentlicht.

2

Die Prüfungsstelle für [X.] hat im Prüfungsverfahren auf den Stand der Technik gemäß den folgenden Druckschriften verwiesen:

3

[X.] [X.]2 40 414 A1,

4

[X.] JP 2003-243 699 A und

5

[X.] 2001-244 503 A.

6

Sie hat in einem Bescheid vom 26. Oktober 2009 eine Anzahl von Gründen aufgeführt, warum die Lehre der vorliegenden Anmeldung nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Die ermittelten Druckschriften hat sie in diesem Bescheid lediglich genannt, ohne auf deren Inhalt in Bezug auf die vorliegende Anmeldung näher einzugehen. Sie hat dazu angegeben, dass wegen der vorliegenden Mängel ein Merkmalsabgleich nicht möglich sei. Abschließend hat sie die Anmelderin zur Vereinbarung eines Anhörungstermins aufgefordert und ihr mitgeteilt, dass auf Grund der Mängel mit einer Zurückweisung der Anmeldung gerechnet werden müsse.

7

In der darauf folgenden Anhörung am 6. Juli 2010 hat die Anmelderin zwei neue Sätze Patentansprüche als Haupt- und Hilfsantrag eingereicht. Die Prüfungsstelle hat in der Folge dazu ausgeführt, dass die Ansprüche gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert seien. Dem hat die Anmelderin in der Anhörung widersprochen.

8

In der Folge hat die Prüfungsstelle die Anmeldung in der Anhörung zurückgewiesen, weil sowohl der Gegenstand des Haupt- als auch des [X.] gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert sei (§ 38 [X.]).

9

Gegen diesen, der Anmelderin am 19. August 2010 zugestellten Beschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 16. September 2010, am selben Tag beim [X.] eingegangen, fristgemäß Beschwerde eingelegt, die sie erst mit Schriftsatz vom 7. Januar 2014 nach Eingang der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2014, mit der der Senat noch auf die Druckschrift

[X.] [X.]0 17 337 A1

hingewiesen hatte, mit Gründen versehen hat. Mit der Beschwerdebegründung hat sie auch einen Satz neuer Patentansprüche 1 bis 17 eingereicht.

In der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2014 hat der Vertreter der Anmelderin einen neuen Anspruchssatz mit unabhängigen Ansprüchen 1 bis 4 und von diesen abhängigen Ansprüchen 5 bis 14, sowie eine neue Beschreibung überreicht und beantragt,

1. den Beschluss der Prüfungsstelle für [X.] des [X.]s vom 6. Juli 2010 aufzuheben;

2. ein Patent mit der Bezeichnung „LED mit organischer [X.]chicht“, dem Anmeldetag 22. Dezember 2004 und der ausländischen Priorität 16. Januar 2004 [X.] auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 - 14, eingereicht am 21. Januar 2014, sowie

Beschreibungsseiten 1 - 8, eingereicht am 21. Januar 2014 und

2 Blatt Zeichnungen mit [X.]uren 1 - 3, eingegangen am Anmeldetag.

Der in der mündlichen Verhandlung überreichte Anspruch 1 lautet (

1. LED mit:

1.1 einem leitenden Substrat (10, 310); mit einer Oberseite mit  einem ersten Bereich und einem zweiten Bereich;

1.2 einem über dem ersten Bereich des leitenden Substrats ausgebildeten Ohm'schen Metallwulst (121, 3121),

1.3 einer über dem zweiten Bereich und dem Ohm'schen Metallwulst (121) ausgebildeten ersten Reaktionsschicht (110, 3110);

1.4 einem über der ersten Reaktionsschicht (110, 3110) ausgebildeten organischen Klebematerial (122, 3122);

1.5 einer über dem organischen Klebematerial (122, 3122) ausgebildeten zweiten Reaktionsschicht (111, 3111);

1.6 wobei durch das Vorliegen des Ohm'schen Metallwulsts (121, 3121) Teile der ersten Reaktionsschicht (110, 3110) durch das organische Klebematerial (122, 3122) dringen, um zur zweiten Reaktionsschicht (111, 3111) einen Ohm'schen Kontakt zu bilden; und

1.7 einer über der zweiten Reaktionsschicht (111, 3111) ausgebildeten [X.],

1.8 wobei die [X.] aus einem aus der aus AlGaInP, [X.], In[X.] und AlIn[X.] bestehenden [X.] ausgewählten Material besteht.

Der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung überreichte selbständige Anspruch 2 lautet (

2. LED mit:

2.1 einer [X.] mit einer Oberfläche mit einem ersten Bereich und einem zweiten Bereich;

2.2 einem über dem ersten Bereich der [X.] ausgebildeten Ohm'schen Metallwulst,

2.3 einer über dem zweiten Bereich und dem Ohm'schen Metallwulst ausgebildeten zweiten Reaktionsschicht; (111, 3111);

2.4 einem über der zweiten Reaktionsschicht (111, 3111) ausgebildeten organischen Klebematerial (122, 3122);

2.5 einer über dem organischen Klebematerial (122, 3122) ausgebildeten ersten Reaktionsschicht (110, 3110);

2.6 wobei durch das Vorliegen des Ohm'schen Metallwulsts Teile der zweiten Reaktionsschicht (111, 3111) durch das organische Klebematerial (122, 3122) dringen, um zur ersten Reaktionsschicht (110, 3110) einen Ohm'schen Kontakt zu bilden; und

2.7 einem über der ersten Reaktionsschicht (110, 3110) ausgebildeten leitenden Substrat (10, 310),

2.8 wobei die [X.] aus einem aus der aus AlGaInP, [X.], In[X.] und AlIn[X.] bestehenden [X.] ausgewählten Material besteht.

Der weitere selbständige, in der mündlichen Verhandlung eingereichte Anspruch 3 lautet (

3. LED mit:

3.1 einem leitenden Substrat (210);

3.2 einer über dem leitenden Substrat (210) ausgebildeten Ohm'schen Metallschicht (2111) mit einer durch einen [X.] ausgebildeten konvex-konkaven Fläche;

3.3 einer über der konvex-konkaven Fläche der Ohm'schen Metallschicht (2111) ausgebildeten ersten Reaktionsschicht (2120);

3.4 einem über der ersten Reaktionsschicht (2120) ausgebildeten organischen Klebematerial (2112);

3.5 einer über dem organischen Klebematerial (2112) ausgebildeten zweiten Reaktionsschicht (2121);

3.6 wobei durch das Vorliegen des konvexen Teils der konvex-konkaven Fläche Teile der ersten Reaktionsschicht (2120) durch das organische Klebematerial (2112) dringen, um zur zweiten Reaktionsschicht (2121) einen Ohm'schen Kontakt zu bilden; und

3.7 einer über der zweiten Reaktionsschicht (2121) ausgebildeten [X.],

3.8 wobei die [X.] aus einem aus der aus AlGaInP, [X.], In[X.] und AlIn[X.] bestehenden [X.] ausgewählten Material besteht.

Als letzten unabhängigen Anspruch hat der Vertreter der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung den Anspruch 4 eingereicht, welcher folgendermaßen lautet (

4. LED mit:

4.1 einer [X.];

4.2 einer über der [X.] ausgebildeten Ohm'schen Metallschicht mit einer durch einen [X.] ausgebildeten konvex-konkaven Fläche;

4.3 einer über der konvex-konkaven Fläche der Ohm'schen Metallschicht ausgebildeten zweiten Reaktionsschicht;

4.4 einem über der zweiten Reaktionsschicht ausgebildeten organischen Klebematerial;

4.5 einer über dem organischen Klebematerial ausgebildeten ersten Reaktionsschicht;

4.6 wobei durch das Vorliegen des konvexen Teils der konvex-konkaven Fläche Teile der zweiten Reaktionsschicht durch das organische Klebematerial dringen, um zur ersten Reaktionsschicht einen Ohm'schen Kontakt zu bilden; und

4.7 einem über der ersten Reaktionsschicht ausgebildeten leitenden Substrat,

4.8 wobei die [X.] aus einem aus der aus [X.], [X.], In[X.] und AlIn[X.] bestehenden [X.] ausgewählten Material besteht.

Hinsichtlich der untergeordneten Ansprüche 5 bis 14 sowie der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die form- und fristegerecht erhobene Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2014 auch als begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beschlusses der Prüfungsstelle für [X.] und zur Erteilung des Patents gemäß dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, denn die geltenden Patentansprüche sind zulässig und ihre Lehre ist sowohl ausführbar als auch patentfähig.

1. Die Erfindung betrifft eine LED mit einer organischen [X.]chicht.

LEDs finden viele Anwendungen, und sie finden sich in optischen Anzeigevorrichtungen, [X.], Datenspeichern, Kommunikationsgeräten, Beleuchtungseinrichtungen sowie medizinischen Geräten. Infolgedessen ist es wichtig, die Helligkeit von LEDs zu verbessern und den [X.] für sie zu vereinfachen, um ihre Kosten zu senken.

Bei einem Typ einer LED und einem zugehörigen Herstellungsverfahren wird eine [X.] durch eine [X.]chicht mit einem transparenten Substrat verbunden. Dazu befinden sich eine erste und eine zweite Reaktionsschicht an der Ober- und der Unterseite der [X.]chicht, um ein Abziehen dieser [X.]chicht zu verhindern. Das transparente Substrat verbessert die Helligkeit der LED, da so in Richtung des Substrats emittiertes Licht nicht in diesem absorbiert wird. Die [X.]chicht erlaubt es, die [X.], unabhängig von dem verwendeten transparenten Substrat, an anderer Stelle auf einem an die [X.] angepassten [X.], das für die von der [X.] emittierte Strahlung undurchlässig sein kann, herzustellen. Jedoch ist die transparente [X.]chicht nur für LEDs geeignet, bei denen sich zwei Elektroden auf derselben Seite befinden, da sie wegen ihrer fehlenden Leitfähigkeit ungeeignet für LEDs ist, bei denen sich Elektroden auf der Ober- und der Unterseite befinden. Außerdem muss bei LEDs mit beiden Elektroden auf einer Seite ein Teil der [X.] durch einen Ätzprozess entfernt werden, um so einen Zugang zu den unteren Schichten der Schichtenfolge zu schaffen und die zwei Elektroden auf derselben Seite herstellen zu können. Dadurch wird nicht nur Material und damit ein großer Teil der [X.] vergeudet, sondern es ist auch die Kompliziertheit des [X.]es gegenüber einer LED mit Elektroden auf gegenüberliegenden Seiten erhöht (

Vor diesem Hintergrund liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine LED mit organischer [X.]chicht, zu schaffen, die so aufgebaut ist, dass zwischen einer LED-Stapelschicht und einem leitenden Substrat ein ohmscher Kontakt ausgebildet werden kann, um einen elektrischen Strom zu leiten (

Diese Aufgabe wird durch die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 bis 4 gelöst.

Das Wesentliche der in diesen Ansprüchen beanspruchten LEDs besteht darin, dass eine elektrische Leitung über eine an sich isolierende organische [X.]chicht erfolgen soll. Dazu wird eine Struktur, die eine oder mehrere Erhebungen aufweist, welche nach dem Kleben durch diese organische [X.]chicht hindurchdringen, auf einer Unterlage ausgebildet. Diese Erhebungen sind im Falle der Ansprüche 1 und 2 als Metallwulst ausgebildet, der durch die [X.]chicht hindurchragt. Zur besseren Anhaftung des [X.] und zur Kontaktierung sind der Metallwulst und auch die Flächen neben dem oder den [X.] mit einer Reaktionsschicht versehen, welche auf dem oder den [X.] in Kontakt mit einer weiteren Reaktionsschicht kommt, die sich auf dem zu kontaktierenden Teil auf der anderen Seite der [X.]chicht befindet. Im zweiten Fall der Ansprüche 3 und 4 besteht die Struktur aus einer Metallschicht mit einer mittels eines „[X.]es“ ausgebildeten „konvex-konkaven“ Fläche. Darunter ist, wie die [X.]uren zeigen, eine raue Fläche mit Erhebungen und Vertiefungen zu verstehen, die durch einen Ätzprozess hergestellt wurde, welcher wie üblich aus einem Aufbringen des Ätzmittels und anschließendem Warten für eine bestimmte Zeit besteht, weshalb die Bezeichnung „[X.]“ verwendet wurde. Das Prinzip der Durchkontaktierung ist aber wiederum das gleiche. Die vorspringenden konvexen Bereiche der rauen Oberfläche durchdringen mit der darüberliegenden Reaktionsschicht die organische [X.]chicht und kontaktieren die auf der gegenüberliegenden Seite der [X.]chicht vorhandene weitere Reaktionsschicht.

Die einzelnen selbständigen Ansprüche geben nun im Detail unterschiedliche Ausführungsformen der LED an und zeigen auch auf, dass die Strukturen nicht nur am Substrat, sondern auch am lichtemittierenden Schichtenstapel angebracht sein können. Insbesondere beanspruchen die Ansprüche 1 und 2, sowie 3 und 4 jeweils eine bestimmte Form der Durchkontaktierung, wobei die Struktur in einem Fall jeweils auf dem Substrat, im anderen Fall jeweils auf dem lichtemittierenden Schichtenstapel angebracht ist.

Im Sinne der Anmeldung ist unter „über“ sowohl „über“ als auch „auf“ zu verstehen.

2. Als zuständiger Fachmann zur Beurteilung der Erfindung ist hier ein berufserfahrener Halbleiterphysiker oder ein berufserfahrener Chemiker der Fachrichtung physikalische Chemie mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss zu definieren, der mit der Entwicklung und Optimierung von Leuchtdiodenchips betraut ist.

3. Die geltenden Ansprüche sind zulässig (§ 38 [X.]).

3.1 So geht der geltende Anspruch 1 aus dem ursprünglichen Anspruch 11 hervor (Merkmale 1.1 bis 1.7). Dieser war ursprünglich auf eine organische LED gerichtet, während der geltende Anspruch auf eine LED gerichtet ist, bei der die [X.] aus einem aus der aus AlGaInP, [X.], In[X.] und AlIn[X.] bestehenden [X.] ausgewählten Material besteht. Der geltende Anspruch 1 ist demnach auf eine anorganische LED gerichtet. Dabei entstammen die Materialangaben für die [X.] (Merkmal 1.8) dem ursprünglichen Anspruch 20. Dieser Wechsel von einer organischen LED auf eine LED, bei der die [X.] aus den angegebenen Materialien besteht, ist jedoch zulässig.

Der Senat kann sich somit der Ansicht der Prüfungsstelle nicht anschließen, dass in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen eine organische LED und keine anorganische LED offenbart sei. So hat die Prüfungsstelle ausgeführt, dass bereits der Bezeichnung und auch der Beschreibung, wo immer wieder der Begriff „organische LED“ verwendet wird, auch wenn dazwischen der Begriff LED alleinstehend verwendet wird, dies zu entnehmen sei. Auch die ursprünglichen Ansprüche seien auf organische LEDs gerichtet gewesen. Der Fachmann werde damit versuchen, die Ausführungsbeispiele als OLEDs zu verstehen. Auf [X.], [X.] 33 bis [X.], [X.] 36 der ursprünglichen Beschreibung, dort werden die verwendeten Materialien für die einzelnen Schichten angegeben, gelange der Fachmann schließlich zu Textstellen, die ihn an der Ausführbarkeit der beschriebenen Bauelemente hindern würden. Das eigentlich Gewollte sei hier für den Fachmann nicht mehr eindeutig und zweifelsfrei zu erkennen, so dass die Berichtigung eines offensichtlichen Irrtums daher ausgeschlossen sei.

Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. So ist es zwar richtig, dass in den ursprünglichen Unterlagen nahezu überall von einer organischen LED die Rede ist, doch hat der Fachmann diesen Ausdruck zum Anmeldezeitpunkt anders verstanden. So ist der Begriff „organische Leuchtdiode“ zu diesem Zeitpunkt noch nicht so gefestigt gewesen wie heute. Heute wird unter einer organischen Leuchtdiode, einer OLED, eine Leuchtdiode verstanden, bei der die Lichterzeugung in einer organischen Schicht erfolgt, während bei einer anorganischen LED die Lichterzeugung in einer anorganischen Schicht erfolgt. Dabei können sowohl die organische LED als auch die anorganische LED weitere organische und/oder anorganische Schichten aufweisen. Entscheidend für die Bezeichnung ist demnach nur die lichtemittierende Schicht. Einige Kreise haben auch zum Anmeldezeitpunkt diese Begriffe bereits so verwendet. Jedoch war zum Anmeldezeitpunkt diese Bezeichnung bei weitem noch nicht so eindeutig und im Extremfall wurde eine anorganische LED, wenn sie auch nur eine organische Schicht enthielt, als „organische LED“ bezeichnet. Diese Unterschiede in der Bezeichnung waren auch eine Folge von Übersetzungen durch mit dem Gebiet unzureichend vertraute Übersetzer. Der Fachmann hat dies für das Verständnis der vorliegenden Anmeldung in Betracht gezogen.

Hiervon ausgehend hat der Fachmann im vorliegenden Fall unter einer organischen LED demnach eine LED verstanden, die mindestens eine organische Schicht enthält. Eine solche ist in allen offenbarten LEDs vorhanden, denn das Klebematerial ist ein organisches. Im Übrigen weisen ihn die Materialangaben auf eine anorganische LED hin, da für die [X.] gemäß dem ursprünglichen Anspruch 20, dessen Lehre im Erstbescheid als nicht ausführbar bezeichnet wurde, AlGaInP, [X.], In[X.] und AlIn[X.] als Materialien angegeben werden. Auch die für die übrigen Schichten angegeben Materialien, sowie die der Anmeldung zugrundeliegende Problematik machen nur im Zusammenhang mit einer anorganischen LED Sinn. Der Fachmann hat zum Anmeldezeitpunkt demnach sehr wohl verstanden, dass mit einer „organischen LED mit [X.]chicht“ eigentlich eine „LED mit organischer [X.]chicht“ gemeint ist. Damit ist die Änderung der Bezeichnung von „organischer LED“ in „LED“, wie sie in den Ansprüchen erfolgt ist, nicht nur zulässig, sondern zur Klarstellung nach heutigem Verständnis der Bezeichnungen unbedingt notwendig. Die Aufnahme der offenbarten anorganischen Materialien in den Anspruch 1 war notwendig (Merkmal 1.8), denn unmittelbar und eindeutig werden nur anorganische LEDs mit [X.]en aus den genannten Materialien offenbart.

Die zusätzliche Klarstellung des Ausdrucks „teilweise oder ganz“ im Merkmal 1.6 durch das [X.], dass „Teile der ersten Reaktionsschicht durch das organische Klebematerial dringen“ ist ebenfalls zulässig, da dies in den [X.]. 1 und 3 deutlich gezeigt wird (

3.2 Der geltende Anspruch 2 geht in der gleichen Weise aus dem ursprünglichen Anspruch 12 hervor wie Anspruch 1 aus dem ursprünglichen Anspruch 11. Er ist demnach ebenfalls zulässig.

3.3 Ausgehend vom ursprünglichen Anspruch 24 wurden in Anspruch 3 dieselben Änderungen vorgenommen wie beim Anspruch 1. Die im Merkmal 3.8 aufgenommenen Materialangaben können allerdings nicht mehr dem ursprünglichen Anspruch 20 entnommen werden, da sich dieser nicht auf Anspruch 24 bezieht. Jedoch sind diese Materialangaben ursprünglich auf [X.], [X.] 29 bis 32 der Beschreibung offenbart. Diese Stelle bezieht sich auf alle gezeigten LEDs, also insbesondere auch auf die mit dem Anspruch 3 korrespondierende LED aus [X.]. 2 (

Die Charakterisierung der „konvex-konkaven Fläche“ durch den Einschub „mit einer durch einen [X.] ausgebildeten“ im Merkmal 3.2 ist auf [X.], [X.] 1 bis 4 der ursprünglichen Beschreibung offenbart, so dass auch sie zulässig ist. Damit geht der in Anspruch 3 beanspruchte Gegenstand nicht über den Umfang der ursprünglichen Offenbarung hinaus.

3.4 Der geltende Anspruch 4 geht in derselben Weise aus dem ursprünglichen Anspruch 25 hervor. Dass dort an Stelle eines leitenden Substrats [X.] von einer [X.] die Rede ist, erkennt der Fachmann als eine Möglichkeit des leitenden Substrats, denn die beanspruchten Gegenstände sind gemäß [X.], [X.] 31 bis [X.], [X.] 5 Lösungen der Aufgabe, „eine organische LED mit [X.]chicht zu schaffen, die so aufgebaut ist, dass zwischen einer LED-Stapelschicht und einem leitenden Substrat ein Ohm’scher Kontakt ausgebildet werden kann“. Auch die Lehre des Anspruchs 4 ist demnach ursprünglich offenbart, so dass Anspruch 4 zulässig ist.

3.5 Auch die Unteransprüche sind zulässig. Sie gehen aus den ursprünglichen Ansprüchen 13 bis 19, 23 und 29 sowie aus der Beschreibung, die auch den Inhalt dieser Patentansprüche nochmals wiederholt, hervor.

4. Die Lehren der Ansprüche sind ausführbar (§ 34 Abs. 4 [X.]).

Der von der Prüfungsstelle im Erstbescheid genannte Widerspruch zwischen der Bezeichnung der LED als „organische LED“ und den angegebenen Materialien für deren [X.] besteht bei den geltenden Ansprüchen nicht mehr, da nunmehr nur noch eine LED beansprucht wird, deren [X.] aus einem aus der aus AlGaInP, [X.], In[X.] und AlIn[X.] bestehenden [X.] ausgewählten Material besteht, und die Bezeichnung als „organische LED“ nicht mehr vorkommt.

Auch die ursprünglich bestehende Unklarheit bezüglich des Begriffs „[X.]“ Fläche ist durch die Angabe, dass diese Fläche durch einen [X.] ausgebildet ist, nunmehr beseitigt.

Der Ansicht der Prüfungsstelle, dass der Fachmann die das Klebematerial betreffenden Abkürzungen PI (Polyimid), [X.] (Benzocyclobuten) und PFCB ([X.]) in Anspruch 11 nicht kenne, kann ebenfalls nicht gefolgt werden, da es sich um bei Klebstoffen gebräuchliche Abkürzungen handelt.

5. Die gewerblich anwendbaren (§ 5 [X.]) Gegenstände der Ansprüche 1 bis 4 sind hinsichtlich des ermittelten Standes der Technik neu (§ 3 [X.]) und beruhen diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns (§ 4 [X.]).

5.1 Aus der den nächstliegenden ermittelten Stand der Technik darstellenden Druckschrift [X.] ist in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Anspruchs 1 eine

1. LED (

SiC

1.3 einer über dem ersten und dem zweiten Bereich ausgebildeten ersten Reaktionsschicht (

1.4 einem über der ersten Reaktionsschicht (

1.5 einer über dem organischen Klebematerial (

1.6‘ wobei  Teile der ersten Reaktionsschicht (

1 2 5 4 6 3 7

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem aus Druckschrift [X.] demnach dadurch, dass

1. über dem ersten Bereich des leitenden Substrats und unter der ersten Reaktionsschicht ein Ohm'scher Metallwulst ausgebildet ist (

2. die [X.] aus einem aus der aus AlGaInP, [X.], In[X.] und AlIn[X.] bestehenden [X.] ausgewählten Material besteht (

3 4 0,6 4 5 5 6 0,5 x 1-x

Jedoch erhält der Fachmann aus der Druckschrift [X.] keinen Hinweis, unter den Kontakten (

5.2 Dies gilt auch für den Gegenstand des Anspruchs 2. Dort ist ein Ohm’scher Metallwulst zwischen der [X.] und der zweiten Reaktionsschicht beansprucht. In Druckschrift [X.] müsste sich gemäß dem Anspruch 2 somit ein Ohm’scher Metallwulst zwischen den aktiven Schichten (

5.3 Auch offenbart Druckschrift [X.] keine Metallschicht mit einer durch einen Ätzwarteprozess ausgebildeten konvex-konkaven Fläche, so dass eine solche weder zwischen dem leitenden Substrat (

5.4 Auch die anderen ermittelten Druckschriften geben auf die in Druckschrift [X.] nicht offenbarten Merkmale keinen Hinweis.

So beschreibt die Druckschrift [X.] eine organische LED und deren Verkapselung. Sie beschäftigt sich mit der Verbindung eines Substrats (

Druckschrift [X.] zeigt zwar eine LED, die eine lichtemittierende Schichtenfolge (

Druckschrift [X.] beschreibt die Befestigung einer lichtemittierenden Schichtenfolge (

Die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 4 werden somit weder durch eine der Druckschriften für sich, noch durch die Zusammenschau der ermittelten Druckschriften nahegelegt. Sie sind somit patentfähig.

6. Die Unteransprüche 5 bis 14 beanspruchen vorteilhafte, nicht platt selbstverständliche Weiterbildungen der LED, so dass sie sich anschließen können.

7. In der geltenden Beschreibung ist der Stand der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, angegeben und die Erfindung anhand der Zeichnung ausreichend erläutert.

8. Bei dieser Sachlage war der angefochtene Beschluss der Prüfungsstelle für [X.] aufzuheben und das Patent wie beantragt zu erteilen.

Meta

23 W (pat) 47/10

21.01.2014

Bundespatentgericht 23. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.01.2014, Az. 23 W (pat) 47/10 (REWIS RS 2014, 8602)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8602

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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