Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2011, Az. XI ZR 271/08

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10650

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 271/08 Verkündet am: 11. Januar 2011 [X.], [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2011 durch [X.] [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Ellenberger und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 1. Juli 2008 aufgeho-ben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Parteien streiten über Ansprüche im Zusammenhang mit dem von der Beklagtenseite finanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung durch die [X.]. 1 Die Klägerseite erwarb im Jahre 1993 zu [X.] eine Eigen-tumswohnung in dem Objekt [X.]

in [X.].

. Der Kaufpreis betrug 111.959 DM. Zur Finanzierung des Kaufs schloss die Klägerseite mit der Beklagtenseite einen Darlehensvertrag über ein tilgungsfreies Vorausdarlehen in Höhe von 127.000 DM sowie zwei Bausparverträge. Die Vermittlung der [X.] - 3 - gentumswohnung und der Finanzierung erfolgte durch die Firma [X.]

, die im Auftrag der [X.]

GmbH (im Folgenden: [X.] ), einem Unternehmen der H.

Gruppe (im Folgenden: [X.]) tätig war, die ihrerseits seit 1990 in großem Umfang Anlageobjekte vertrieb, die die Beklagtenseite in Zusammenarbeit mit verschiedenen Banken finanzierte. Insoweit unterzeichnete die Klägerseite unter anderem einen [X.] und Finanzierungsvermittlungsauftrag, in welchem es heißt: "Ich erteile hiermit den Auftrag, [X.] das o. g. Objekt und die Finanzierung zu vermitteln. Der Auftrag soll durch die in Punkt 4 und 5 der nachfolgenden Aufstellung benannte Firma zu den dort genannten [X.] ausgeführt werden." Ausweislich Punkt 4 der Aufstellung sollte die Firma [X.]

eine Finanzierungs-vermittlungsgebühr in Höhe von 2.540 DM (entspricht 2% des [X.]) und ausweislich Punkt 5 eine Courtage in Höhe von 3.863 DM (entspricht 3,45% des Kaufpreises) erhalten. Die Darlehensvaluta wurde in der Folge [X.]. Mit der Klage verlangt die Klägerseite - gestützt auf einen [X.] wegen vorvertraglicher [X.] - die Rück-abwicklung des kreditfinanzierten Kaufs der Eigentumswohnung. Sie begehrt insbesondere die Rückzahlung geleisteter Zinsen und die Feststellung, dass aus dem Darlehensvertrag ihr gegenüber keine Zahlungsansprüche bestehen, Zug um Zug gegen Auflassung des Miteigentumsanteils, sowie die Feststellung, dass die Beklagtenseite ihr sämtlichen Schaden zu ersetzen hat, der im Zu-sammenhang mit dem finanzierten Erwerb der Eigentumswohnung steht. Ihre Ansprüche stützt die Klägerseite unter anderem darauf, dass sie durch den [X.] und Finanzierungsvermittlungsauftrag arglistig über die Höhe der [X.] getäuscht worden sei. Die Beklagtenseite ist dem entgegen getreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat zudem im Wege der Widerklage die Feststellung begehrt, dass der [X.] 3 - 4 - durch den Haustürwiderruf der Klägerseite nicht aufgelöst worden ist, sondern wirksam fortbesteht. 4 Das [X.] hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattge-geben. Die Berufung der Klägerseite, die sich nicht gegen den Erfolg der Wi-derklage gerichtet hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerseite ihr Klage-begehren weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 5 [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausgeführt, ein vorvertragliches Aufklärungsverschulden der Beklagtenseite liege nicht vor, und zwar insbeson-dere auch kein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung über die Höhe der Ver-triebsprovisionen. Die Beklagtenseite sei nicht verpflichtet gewesen, die Kläger-seite auf die Höhe der Vertriebsprovisionen hinzuweisen, solange diese - wie hier - nicht zu einer sittenwidrigen Überhöhung des Kaufpreises führten. 6 - 5 - I[X.] 7 Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheiden-den Punkt nicht stand. 8 1. Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des [X.], dass das einen Immobilienerwerb finanzierende Kreditinstitut den Darlehensnehmer grundsätzlich nicht von sich aus auf eine im Kaufpreis enthaltene und an den Vertrieb gezahlte Provision hinweisen muss, sofern diese nicht zu einer so [X.] Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrs-wert der Immobilie beiträgt, dass das Kreditinstitut von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen musste (st. Rspr., zuletzt Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - [X.] ZR 104/08, [X.], 1451 Rn. 17 mwN, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Rechtlich nicht zu [X.] ist auch, dass das Berufungsgericht eine solche sittenwidrige Übervortei-lung hier nicht festgestellt hat. 2. Mit diesen Ausführungen lässt sich eine Haftung der Beklagtenseite für ein Aufklärungsverschulden im Zusammenhang mit den Vertriebsprovisio-nen aber nicht abschließend verneinen. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] liegt ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung der [X.] auch dann vor, wenn die Bank Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Fondsprospekt über das finanzierte Geschäft arglistig getäuscht wurde (Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - [X.] ZR 104/08, [X.], 1451 Rn. 20 mwN). Wie der erken-nende Senat bereits mehrfach zu ebenfalls die Beklagtenseite betreffenden vergleichbaren Fällen institutionalisierten Zusammenwirkens entschieden hat (vgl. Senatsurteile vom 20. März 2007 - [X.] ZR 414/04, [X.], 876 Rn. 56 und vom 27. Mai 2008 - [X.] ZR 132/07, [X.], 1260 Rn. 26 mwN), wird die 9 - 6 - Kenntnis der Beklagtenseite von einer solchen arglistigen Täuschung der [X.] durch den Vertrieb widerleglich vermutet, wenn die Unrichtigkeit der Anga-ben zum Anlageobjekt objektiv evident ist. 10 Ein solcher Fall ist nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt im Hinblick auf die Vertriebsprovisionen gegeben. Die Klägerseite hat sich zur Begründung eines Aufklärungsverschuldens der Beklagtenseite nämlich unter Beweisantritt auch darauf berufen, durch den Objekt- und [X.] sei bei ihr gezielt der unrichtige Eindruck erweckt worden, dass für die Vermittlung von Erwerb und Finanzierung der [X.] lediglich die dort ausdrücklich ausgewiesenen und keine weiteren Vertriebsprovisionen zu zahlen seien, obwohl tatsächlich im Einvernehmen zwi-schen Vertrieb und Beklagtenseite wesentlich höhere Vertriebsprovisionen an die Vermittler geflossen seien. Danach ist eine arglistige Täuschung der Klägerseite über die Höhe der Vertriebsprovisionen dargetan, über die die Beklagtenseite sie hätte aufklären müssen. Wie der erkennende Senat in seinem nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Urteil vom 29. Juni 2010 ([X.] ZR 104/08, [X.], 1451 ff.) ent-schieden und im Einzelnen begründet hat, ist der formularmäßige Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag, der auch im Streitfall unstreitig zum Einsatz gekommen ist, angesichts des darin enthaltenen formularmäßigen Hinweises, der Auftrag solle durch die in Punkt 4 und 5 der nachfolgenden Aufstellung be-nannten [X.] zu den dort im Einzelnen genannten Ge-bührensätzen ausgeführt werden, unter Berücksichtigung der Unklarheitenregel des § 5 [X.] (jetzt § 305c Abs. 2 BGB) dahin auszulegen, dass es sich bei den als Finanzierungsvermittlungsgebühr und Courtage bezeichneten Provisio-nen um die [X.] handelt, zu denen die jeweilige Vermittlungsge-sellschaft den Auftrag insgesamt ausführen sollte (Senatsurteil vom 29. Juni 11 - 7 - 2010 - [X.] ZR 104/08, [X.], 1451 Rn. 28 ff.). Dies war aber nach dem unter Beweis gestellten Vorbringen der Klägerseite eine bewusste Fehlinformation, da tatsächlich wesentlich höhere Provisionen an die Vermittler gezahlt werden sollten und wurden. 12 Das Berufungsgericht, das die nach dem Senatsurteil vom 29. Juni 2010 gebotene Auslegung des formularmäßigen Objekt- und Finanzierungsvermitt-lungsauftrages und das sich daraus möglicherweise ergebende Aufklärungs-verschulden der Beklagtenseite bei Abfassung seines Urteils noch nicht be-rücksichtigen konnte, hat den Sachverhalt unter diesem Gesichtspunkt noch nicht geprüft und die für einen entsprechenden Schadensersatzanspruch erfor-derlichen weiteren Feststellungen noch nicht getroffen. II[X.] Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 13 - 8 - Dieses wird, nachdem die Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Sach-vortrag erhalten haben, nach Maßgabe des [X.] vom 29. Juni 2010 ([X.] ZR 104/08, [X.], 1451 ff.) die erforderlichen Feststellungen zum [X.] eines etwaigen Schadensersatzanspruchs wegen [X.] im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung der Klägerseite durch den Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag zu treffen haben. 14 [X.] Joeres [X.] [X.]: [X.], Entscheidung vom [X.] - 4a [X.]/05 - [X.], Entscheidung vom 01.07.2008 - 4 U 204/06 -

Meta

XI ZR 271/08

11.01.2011

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2011, Az. XI ZR 271/08 (REWIS RS 2011, 10650)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10650

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