Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.07.2014, Az. 9 AZR 41/13

9. Senat | REWIS RS 2014, 3871

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Gegenstand

Zulässigkeit der Revision - unzureichende Revisionsbegründung


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 11. Oktober 2012 - 6 [X.]/12 - wird als unzulässig verworfen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob der Klägerin zum [X.]punkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf tariflichen Mehrurlaub aus dem [X.] zustand, den der beklagte [X.] abzugelten hat.

2

Die im Oktober 1952 geborene Klägerin war vom 1. September 1975 bis zum 31. Oktober 2010 als Lehrerin bei dem Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand [X.] der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 ([X.]) Anwendung. In § 26 [X.] war zum [X.]punkt des Ausscheidens der Klägerin im [X.] unter der Überschrift „Erholungsurlaub“ Folgendes geregelt:

        

„(1)   

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der [X.] beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr:

                          

…       

                          

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr

30 Arbeitstage.

                 

…       

        

(2)     

Im Übrigen gilt das [X.] mit folgenden Maßgaben:

                 

…       

        
                 

b)    

Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, steht als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs nach Absatz 1 zu; § 5 [X.] bleibt unberührt.

                 

c)    

[X.] das Arbeitsverhältnis, so vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen tariflichen Zusatzurlaubs für jeden vollen Kalendermonat um ein Zwölftel.

                 

…“    

        

3

Die Klägerin stellte am 31. Januar 2008 einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Ab dem 11. Februar 2008 war sie arbeitsunfähig krank. Nach dem Ablauf des [X.] erhielt sie vom 24. März 2008 bis zum 5. Juli 2009 Krankengeld. Für die [X.] danach beantragte sie Arbeitslosengeld. Der Beklagte erteilte der Klägerin in diesem Zusammenhang auf ihr Anschreiben vom 4. Juni 2009 am 12. Juni 2009 eine Arbeitsbescheinigung. Vom 6. Juli 2009 bis zum 31. Juli 2010 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld. Nach Durchführung eines Rechtsbehelfsverfahrens wurde der Klägerin mit [X.] vom 19. August 2010 rückwirkend ab dem 1. August 2009 und längstens bis zum 30. April 2018 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Mit Schreiben vom 28. September 2010, ausweislich des Eingangsstempels eingegangen beim Beklagten am 25. Oktober 2010, übersandte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den [X.] und teilte dem Beklagten Folgendes mit:

        

„Auftragsgemäß darf ich Sie bitten, bis spätestens 15.10.2010 die Urlaubsabgeltungsansprüche meiner Mandantschaft abzurechnen und den sich hieraus ergebenden Betrag an meine Mandantin zu überweisen.“

4

Der Beklagte rechnete im November 2010 für die [X.], 2009 und 2010 eine Urlaubsabgeltung im Umfang von je 20 Tagen im Hinblick auf den gesetzlichen Mindesturlaub ab und brachte den entsprechenden Nettobetrag zur Auszahlung.

5

Die Klägerin hat ua. die Auffassung vertreten, ihr stehe weitere Abgeltung für fünf Urlaubstage aus dem [X.] zu. Der tarifliche Mehrurlaub sei weder im Hinblick auf den Bezug des Arbeitslosengelds noch im Hinblick auf die Gewährung der Erwerbsminderungsrente zu kürzen.

6

Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie Urlaubsabgeltung für das [X.] in Höhe von 658,35 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. April 2011 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis der Parteien habe im [X.] geruht. Urlaubsansprüche seien aus diesem Grunde schon nicht entstanden, jedenfalls sei er berechtigt gewesen, den tariflichen Mehrurlaubsanspruch nach § 26 Abs. 2 Buchst. c [X.] zu kürzen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und einer auf Rückzahlung überzahlter Urlaubsabgeltung gerichteten Widerklage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung einer Urlaubsabgeltung für tariflichen Mehrurlaub aus dem [X.].

Entscheidungsgründe

9

I. Die Revision ist unzulässig. Sie ist nicht ordnungsgemäß begründet.

1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des [X.]s so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Deshalb muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (st. Rspr., zB [X.] 15. Januar 2013 - 9 [X.] - Rn. 9 mwN). Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdacht hat. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung vor diesem Hintergrund nicht ([X.] 18. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 10 mwN). Auch der pauschale Hinweis auf die Entscheidung eines anderen Gerichts kann eine eigene Auseinandersetzung des Rechtsmittelführers mit der angefochtenen Entscheidung grundsätzlich selbst dann nicht ersetzen, wenn dieses Gericht zu dem mit dem Rechtsmittel angestrebten Ergebnis gekommen ist ([X.] 19. Februar 2013 - 9 [X.] - Rn. 15 unter Hinweis auf [X.] 19. Oktober 2010 - 6 [X.]  - Rn. 14 ).

2. Vor diesem Hintergrund enthält die Revisionsbegründung vom 14. Februar 2013 keine ausreichende Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils.

a) Das [X.] hat unter III der Entscheidungsgründe eingehend begründet, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien spätestens seit dem 6. Juli 2009 ruhte und das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vor dessen Beendigung nicht aufgehoben wurde. Aus diesem Grunde sei der nach § 26 Abs. 2 Buchst. b [X.] entstandene tarifliche Mehrurlaub von zehn [X.] gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. [X.] vollständig zu kürzen, sodass im Ergebnis kein Anspruch bestehe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das [X.] bereits zuvor unter I 2 a der Entscheidungsgründe im Zusammenhang mit § 26 Abs. 2 Buchst. a [X.] ausgeführt hat, dass die Tarifvertragsparteien Urlaubs- und Abgeltungsansprüche, die den von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 [X.] begründeten Anspruch auf [X.] von vier Wochen übersteigen, frei regeln können.

b) Die Revisionsbegründung setzt sich mit der Begründung des [X.]s, warum das Arbeitsverhältnis im Jahr 2010 bis zu seiner Beendigung ruhte, nicht auseinander, sondern gibt auf Seite 2 oben nur die Ansicht wieder, die Auffassung der Vorinstanzen zum Ruhen sei unrichtig. Die Revisionsbegründung befasst sich auch nicht in ausreichendem Maße mit der Frage der Wirksamkeit des § 26 Abs. 2 Buchst. [X.]. Die Klägerin führt in der Revisionsbegründung unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 7. August 2012 (- 9 [X.] - Rn. 13 bis 19, [X.]E 142, 371) nur aus, eine Tarifvorschrift, die eine Kürzung des Urlaubsanspruchs im Falle der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers anordne, verstoße gegen die in § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] angeordnete Unabdingbarkeit des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs. Sodann weist die Klägerin selbst darauf hin, dass sie mit ihrer Klage allerdings nicht die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, sondern des tariflichen Mehrurlaubs begehre. Die damit erforderliche Auseinandersetzung mit den Ausführungen des [X.]s dazu, dass die Tarifvertragsparteien den tariflichen Mehrurlaub frei regeln können, fehlt. Die Klägerin beschränkt sich darauf, auf die Entscheidung vom 22. Mai 2012 (- 9 [X.] - Rn. 21 bis 25, [X.]E 141, 374) zu verweisen, in der der Senat festgestellt habe, dass der [X.] keine von der gesetzlichen Bestimmung in § 7 Abs. 4 [X.] abweichende Regelung enthalte. Bereits die pauschale Bezugnahme auf ein anderes Urteil, ohne die dort aufgestellten Rechtssätze auf den vorliegenden Fall zu übertragen und damit aufzuzeigen, wo der Rechtsfehler des [X.] liegt, genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung der Revision. Hätte sich die Klägerin dem Aufwand unterzogen, die Ausführungen des Senats zu den Randnummern 21 bis 25 des herangezogenen Urteils auf den vorliegenden Fall anzuwenden, wäre zutage getreten, dass sich dort keine Ausführungen zu der Frage finden, ob der tarifliche Mehrurlaub um Zeiten des Ruhens gekürzt werden kann. Der Senat hat sich vielmehr mit der Frage der Geltung der Surrogatstheorie für tariflichen Mehrurlaub befasst. Dabei hat der Senat unter der Randnummer 22 - im Einklang mit der Entscheidung des [X.]s - darauf hingewiesen, dass die Tarifvertragsparteien bei der Ausgestaltung des tariflichen Mehrurlaubs durch europarechtliche Vorgaben grundsätzlich nicht beschränkt sind.

II. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

  Brühler  

        

  Krasshöfer  

        

  Klose  

      

        

        

  Heilmann  

        

  Matth. Dipper 

                 

Meta

9 AZR 41/13

22.07.2014

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Suhl, 23. September 2011, Az: 6 Ca 757/11, Teilurteil

§ 72 Abs 5 ArbGG, § 551 Abs 3 S 1 Nr 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.07.2014, Az. 9 AZR 41/13 (REWIS RS 2014, 3871)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3871

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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