Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.04.2023, Az. 4 StR 439/22

4. Strafsenat | REWIS RS 2023, 2297

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Gegenstand

Promille-Grenzwert bei einem E-Scooter mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. Juli 2022 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung sowie fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz unter Einbeziehung der Geldstrafe aus einem vorausgegangenen Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt, eine isolierte Sperre für die Fahrerlaubnis verhängt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

2

Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:

3

Die Verurteilung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) im Fall II.2. der Urteilsgründe ist rechtsfehlerfrei. Nach den Feststellungen führte der Angeklagte den zuvor entwendeten „E-Scooter der Marke [X.]“ im Rahmen einer „Probefahrt“ auf einem öffentlichen Geh- und Radweg. Eine ihm ungefähr 75 Minuten nach Fahrtende entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,29 ‰. Im Ergebnis zu Recht hat das [X.] allein aus diesem Wert, der mangels eines Nachtrunks auch für den Fahrtzeitraum mindestens zugrunde gelegt werden konnte, auf die – absolute – Fahruntüchtigkeit des Angeklagten geschlossen.

4

Nach der Rechtsprechung des [X.] gilt der Grenzwert, von dem an eine absolute Fahruntüchtigkeit unwiderleglich indiziert ist, für alle Kraftfahrer ([X.], Beschluss vom 28. Juni 1990 – 4 [X.], [X.]St 37, 89, 99 mwN), insbesondere auch für Fahrer von Krafträdern ([X.], Beschluss vom 14. März 1969 – 4 [X.], [X.]St 22, 352, 360) einschließlich Fahrräder mit Hilfsmotor (Mofa) ([X.], Beschluss vom 29. Oktober 1981 – 4 [X.], [X.]St 30, 251, 254). Ob an dieser pauschalen Betrachtung auch mit Blick auf die neu aufgekommene Fahrzeugklasse der Elektrokleinstfahrzeuge festgehalten werden kann, hat der [X.] bisher offengelassen ([X.], Beschluss vom 2. März 2021 – 4 StR 366/20, [X.], 608).

5

Die Frage, die das [X.] im Anschluss an die soweit ersichtlich einhellige obergerichtliche Rechtsprechung ([X.], Beschluss vom 31. Mai 2022 – (3) 121 Ss 40/22 (13/22); [X.], Urteil vom 10. Mai 2022 – (3) 121 Ss 67/21 (27/21), juris Rn. 16 ff.; [X.], Urteil vom 16. März 2022 – 9 Rev 2/22, BeckRS 2022, 10351 Rn. 19; BayObLG, Beschluss vom 24. Juli 2020 − 205 [X.] 216/20) bejaht hat, bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn nach den Feststellungen handelte es sich bei dem vom Angeklagten geführten „E-Scooter“ nicht um ein Elektrokleinstfahrzeug. Dies ergibt sich, ohne dass es weiterer Feststellungen zu der technischen Beschaffenheit des Fahrzeugs bedurft hätte, bereits daraus, dass dieses eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h erreichen konnte, wohingegen Elektrokleinstfahrzeuge gemäß § 1 Abs. 1 [X.] nur solche Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb sind, deren bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h beträgt. Da das Fahrzeug ausweislich der im Urteil in Bezug genommenen Lichtbilder keine Pedale aufwies, scheidet auch seine Klassifizierung als sog. „Pedelec“ und damit als Fahrrad des Straßenverkehrszulassungsrechts (§ 63a Abs. 2 StVZO) aus.

6

Im Ergebnis ist daher zweifelsfrei belegt, dass der Angeklagte ein Kraftfahrzeug führte, für das der Grenzwert von 1,1 ‰ Geltung beansprucht, und angesichts seiner festgestellten Blutalkoholkonzentration daher fahruntüchtig war.

Quentin

  

Maatsch

  

Ri[X.] Dr. Scheuß ist wegen
Urlaubs an der Unterschrifts-
leistung gehindert.

  

  

  

  

Quentin

  

Messing

  

Momsen-Pflanz

  

Meta

4 StR 439/22

13.04.2023

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Oldenburg (Oldenburg), 26. Juli 2022, Az: 3 KLs 62/21

§ 316 StGB, § 1 Abs 1 eKFV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.04.2023, Az. 4 StR 439/22 (REWIS RS 2023, 2297)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2297

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Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr


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205 StRR 216/20

4 StR 366/20

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