Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2011, Az. VI ZB 64/10

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3396

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 64/10

vom

13. September 2011

in dem selbstständigen Beweisverfahren

-
2
-
Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am 13.
September
2011
durch den Vorsitzenden [X.],
die
Richter Zoll
und Wellner,
die Richterin Die-derichsen
und
den Richter Pauge
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde
der
Antragsgegner zu 1 bis 6 und zu 8
ge-gen den
Beschluss des
7. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts [X.]
vom 3. November
2010
wird auf Kosten der
genannten Antragsgegner als unzulässig
verworfen.
[X.]: 100.000

Gründe:
I.
Der Antragsteller betreibt als Miterbe seiner Ehefrau ein selbstständiges Beweisverfahren zu der Behauptung, die acht Antragsgegner hätten den Tod seiner Ehefrau durch ärztliche Behandlungsfehler mitverursacht, weil sie als behandelnde Hausärzte, Radiologen und Neurologen den im März 2006 diag-nostizierten bösartigen Hirntumor nicht rechtzeitig erkannt hätten. Er hat die Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten zu dreizehn Fragen [X.]. Das [X.] hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, es sei bereits zweifelhaft, ob der Antragsteller infolge seiner fehlenden Aktivlegiti-mation als bloßer Miterbe ein rechtliches Interesse an der Beweisaufnahme 1
-
3
-
habe. Die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens sei aber [X.] deshalb unzulässig, weil der Antrag nicht auf die Feststellung der in §
485 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 bis 3 ZPO bezeichneten Tatsachen, sondern darauf gerichtet sei, Behandlungsfehler der Antragsgegner festzustellen und deren Haftung umfassend zu klären. Außerdem seien die auf alle Antragsgegner be-zogenen Fragen zu allgemein formuliert und auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet.
Das Beschwerdegericht hat auf die sofortige Beschwerde des
Antragstel-lers
den
Beschluss
des [X.]s im [X.] aufgehoben und im Übrigen dem Antrag stattgegeben.
Die Bestimmung und Instruktion des Sach-verständigen hat das Beschwerdegericht dem [X.] übertragen. Es hat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser verfolgen
die Antragsgegner
zu 1 bis 6 und zu 8
ihr Ziel der Zurückweisung des Antrags weiter.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.

Die Rechtsbeschwerde ist nur statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrück-lich bestimmt ist (§
574 Abs.
1 Satz
1
Nr.
1 ZPO) oder das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§
574 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 ZPO). Die erstgenannte Alternative liegt nicht vor. Die Statthaftigkeit ergibt sich auch nicht auf der Grundlage der zweiten Alternative. Zwar hat das Beschwer-degericht die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Zulassung der Rechtsbe-schwerde durch das Beschwerdegericht ist aber für das [X.] nicht bindend, wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Ent-scheidung bereits nicht
statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Ent-2
3
4
-
4
-
scheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden. Die Rechtsbeschwerde ist in diesem Fall auch dann unzulässig, wenn das Be-schwerdegericht sie eigens zur Klärung der [X.] zugelassen hat (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluss vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZB 59/09,
VersR 2010, 1241 Rn.
3 mwN; [X.], Beschluss vom 20.
April 2011 -
VII
ZB 42/09, MDR
2011, 746).
So liegt der Fall hier. Gemäß §
490 Abs.
2 Satz 2 ZPO ist ein Beschluss, durch den dem Antrag im selbstständigen Beweisverfahren stattgegeben wird, nicht anfechtbar. Dies begegnet -
entgegen der Stellungnahme der Antrags-gegner
-
keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt der ungleichmäßigen Gestaltung der
Rechtsschutzmöglichkeiten der Verfahrensbe-teiligten (Art.
3 Abs.
1 GG i.V.m. Art.
20 Abs.
3 GG). Wie die Antragsgegner nicht verkennen, garantiert das Grundgesetz im Bereich des Art.
19 Abs.
4 GG und in dem des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs lediglich die eine einmalige Möglichkeit zur Einholung einer gerichtlichen Entscheidung, während ein Instanzenzug von Verfassungs wegen nicht garantiert ist ([X.] 107, 395, 401
ff.).
Unbedenklich ist auch, dass das Gesetz nur dem Antragsgegner die [X.] versagt, während der Antragsteller gegen eine ablehnende Entschei-dung Beschwerde einlegen kann. Antragsteller und Antragsgegner sind im selbstständigen Beweisverfahren von der die Verfahrenseinleitung betreffenden Gerichtsentscheidung in unterschiedlicher Weise betroffen. Wird der Antrag auf Anordnung des selbstständigen Beweisverfahrens abgelehnt, wird dem Antrag-steller in diesem Verfahren der Zugang zu Gericht verwehrt. Wird das Verfahren angeordnet, muss der Antragsgegner lediglich hinnehmen, dass der Beweis erhoben wird.
Ein stattgebender Beschluss begründet keine titulierten [X.] und versagt diesem auch keine ihm von der Zivil-5
6
-
5
-
prozessordnung eingeräumten eigenen prozessualen Ansprüche (vgl. [X.], Beschluss vom 15.
März 2001 -
11
W 12/01, NJW-RR
2001, 1727 Rn.
4
ff.).

Der Gesetzgeber war deshalb nicht gehindert, einen Rechtsbehelf gegen eine das selbstständige Beweisverfahren anordnende Entscheidung zu [X.]. Die Versagung der Anfechtung liegt bei Anwendung zivilprozessualer Maßstäbe auch deshalb nahe, weil die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten im selbstständigen Beweisverfahren nicht weiter gehen als im Hauptsacheverfah-ren (vgl. Senatsbeschluss vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZB 59/09, aaO
Rn.
7).
Dort findet indes die Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine oder die [X.] Art der Beweisaufnahme angeordnet wird, nicht statt (§
355 Abs.
2 ZPO).
7
-
6
-

Die Ausführungen der Antragsgegner in ihrer ergänzenden Stellungnah-me vom 27. Juli 2011 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

Galke
Zoll
Wellner

Diederichsen
Pauge

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.04.2010 -
1 OH 17/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 03.11.2010 -
7 W 25/10 -

8

Meta

VI ZB 64/10

13.09.2011

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2011, Az. VI ZB 64/10 (REWIS RS 2011, 3396)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3396

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