Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2012, Az. I ZR 70/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6499

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I
ZR
70/11
Verkündet am:
10.
Mai
2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Kosten des Patentanwalts IV
BGB §§ 677, 683 Satz 1, § 670; [X.] § 14 Abs. 6 Satz 1
Allein der nicht weiter substantiierte Vortrag, der Patentanwalt habe eine [X.] durchgeführt, ist nicht dazu geeignet, die Erforderlichkeit der Mit-wirkung eines Patentanwalts an der Abmahnung eine Markenverletzung neben einem Rechtsanwalt mit Erfahrung im Markenrecht darzulegen und einen [X.] auf Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstande-nen Kosten nach §§
677, 683 Satz
1, §
670 BGB oder §
14 Abs.
6 Satz
1 [X.]
zu begründen (Fortführung von [X.], Urteil vom 24.
Februar 2011

I
ZR
181/09, [X.], 754 = [X.], 1057
Kosten des Patentan-walts
II).
[X.], Urteil vom 10. Mai 2012 -
I [X.]/11 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren, in dem bis zum 26.
April
2012
Schriftsätze eingereicht werden konnten, durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Bornkamm und [X.], Prof. Dr.
Bü-scher, Dr.
Koch
und Dr.
Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] -
3.
Zivilsenat -
vom 15.
März 2011 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Antrags der Klägerin auf Freistellung von der Forderung ihres Patentanwalts zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung und im Kostenpunkt wird das Urteil des [X.] -
4.
Kammer für Handelssachen -
vom 16.
Juli 2010 auf die Berufung der [X.] abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten der Revision hat die Klägerin zu tragen. Die Kosten der Vorinstanzen werden der Klägerin zu 1/37 und der [X.] zu 36/37 auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:

Kinderheißgetränk

für Glühwein und alkoholfreien Glühwein

eingetragen.
1
-
3
-
Die Beklagte vertreibt Geschenkartikel. Eine der Produktserien trägt die -ser Produktserie gehören nicht nur Bleistifte, Tintenroller, Bilderrahmen, Geldbeutel, Schlüsselanhänger und Tassen, sondern auch ein Tee, der als -einer Verpackung, auf der sich unter anderem -Zeichens die

-

Die Klägerin ist der Ansicht,
die Beklagte verletze damit ihre Marken. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht sowie auf Freistellung von Abmahnkosten sowohl eines Rechtsanwalts als auch eines an der Abmahnung mitwirkenden Patentanwalts in Anspruch genommen.
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4
-
Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben ([X.], [X.] 2011, 183). Das Berufungsgericht hat die Revision nur hinsichtlich der Verurteilung der [X.] zur Freistellung der Klägerin von der Forderung ihres Patentanwalts zugelassen. Die im Übrigen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der [X.] hat der [X.] zurückge-wiesen. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin
beantragt, im Umfang der zugelassenen Revision ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht
hat -
soweit im Revisionsverfahren noch von Be-deutung -
angenommen,
der Klägerin stehe der geltend gemachte [X.] hinsichtlich der [X.] zu. Dazu hat es ausgeführt:
Die Klägerin könne von der [X.] nach den Grundsätzen der Ge-schäftsführung ohne Auftrag
die Erstattung der Kosten für die Mitwirkung des Patentanwalts bei der Abmahnung beanspruchen. Es sei nicht zu prüfen, ob die Mitwirkung des Patentanwalts notwendig gewesen sei. Gemäß §
140 Abs.
3 [X.] könne für den Zeitraum ab Einreichung der Klage die Prüfung der Notwendigkeit für die zusätzliche Beauftragung eines Patentanwalts entfallen. Dies müsse erst recht für
die Mitwirkung eines Patentanwalts vor einem oder außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens
gelten, soweit eine [X.] Anspruchsgrundlage -
im Streitfall ein Anspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag -
bestehe. Da die
Voraussetzungen dieser [X.]sgrundlage bereits im Zusammenhang mit den geltend gemachten Rechtsanwaltskosten geprüft worden seien, sei eine nochmalige Prüfung in [X.] auf die [X.] nicht notwendig.
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6
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5
-
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der [X.] hat [X.].
1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen
Begründung kann der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von den Kosten des bei der Abmahnung mitwirkenden Patentanwalts nicht bejaht werden.
a)
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Kosten, die durch die Mitwirkung des Patentanwalts an der Abmahnung der [X.] wegen der Markenverletzung entstanden sind, unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsfüh-rung ohne Auftrag (§§
677, 683 Satz
1, §
670 BGB) begründet sein kann. Die für das gerichtliche Verfahren geltende Bestimmung des §
140 Abs.
3 Mar-kenG, kann dagegen -
wie der [X.] in seinem nach Verkündung des Beru-fungsurteils veröffentlichten U

hat -
weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung als Anspruchs-grundlage herangezogen werden ([X.], Urteil vom 24.
Februar 2011

I
ZR
181/09, [X.], 754 Rn.
11-14 = [X.], 1057).
b)
Der Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für eine Abmahnung ist unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§
677, 683 Satz
1, §
670 BGB) allerdings nur begründet, soweit diese Kosten erforderlich waren. Für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten, die durch die Mitwirkung des Patentanwalts an der Abmahnung der [X.] wegen einer
Markenverletzung entstanden sind, gelten insoweit [X.] Besonderheiten. Er ist daher nur begründet, soweit die Klägerin darlegt und nachweist, dass diese Kosten zur Rechtsverfolgung erforderlich waren.
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6
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aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lässt sich der Regelung des §
140 Abs.
3 [X.], nach der die Kosten für die Mitwirkung eines Pa-tentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache ohne Prüfung der Erforderlichkeit stets zu
erstatten
sind, nicht -
auch nicht im Wege eines [X.] -
die Wertung des Gesetzes entnehmen, dass die Kosten für die außergerichtli-che Mitwirkung eines Patentanwalts in einer kennzeichenrechtlichen Angelegenheit ebenfalls ohne Prüfung der Erforderlichkeit stets zu erstatten sind, sofern ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch -
hier aus §§
677, 683 Satz
1, §
670 BGB -
dem Grunde nach gegeben ist. Dies hätte zur Folge, dass in [X.] die durch die Einschaltung eines Patentanwalts entstandenen außergerichtlichen Kosten unter leichteren Vor-aussetzungen zu erstatten wären als die durch die Einschaltung eines Rechts-anwalts entstandenen außergerichtlichen Kosten. Für eine solche Privilegierung der patentanwaltlichen gegenüber der rechtsanwaltlichen Tätigkeit gibt es keinen sachlichen Grund ([X.], [X.], 754 Rn.
16-19 -
Kosten des Patentanwalts
II).
bb) Die Kosten für die außergerichtliche Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache sind entgegen der Ansicht des Berufungsge-richts auch dann nicht ohne
Prüfung ihrer Erforderlichkeit zu erstatten, wenn die Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts in dieser Kenn-zeichenstreitsache als erforderlich anzusehen und daher zu ersetzen sind. Aus dem Umstand, dass es in einem konkreten Fall erforderlich ist, einen Rechtsan-walt mit der Abmahnung einer [X.] zu betrauen, folgt nicht, dass es notwendig ist, daneben auch noch einen Patentanwalt mit dieser Ab-mahnung zu beauftragen. Ist ein Rechtsanwalt nach seinen kennzeichenrechtli-chen Fähigkeiten allein dazu imstande, den Fall rechtlich zu beurteilen und den Verletzer abzumahnen, ist es nicht nötig, zusätzlich noch einen Patentanwalt einzuschalten. Es bedarf daher grundsätzlich einer gesonderten Prüfung, ob es 11
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-
notwendig war, zur außergerichtlichen Verfolgung einer Markenverletzung ne-ben einem Rechtsanwalt auch noch einen Patentanwalt zu beauftragen
([X.], [X.], 754 Rn.
20-23 -
Kosten des Patentanwalts
II).
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht
aus an-deren Gründen als richtig dar (§
561 ZPO).

Hat -
wie im Streitfall -
neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt an der Abmahnung wegen einer Markenverletzung mitgewirkt, kann die [X.] der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten nur [X.] werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war. Diese Voraussetzung ist regel-mäßig nur erfüllt, wenn der Patentanwalt dabei Aufgaben übernommen hat, die -
wie etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage -
zum typi-schen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören ([X.], [X.], 754 Rn.
20-23 -
Kosten des Patentanwalts
II).
Die Revisionserwiderung macht ohne Erfolg geltend, danach seien die [X.] im Streitfall erstattungsfähig. Die Klägerin habe bereits erstinstanzlich vorgetragen und durch Vorlage einer schriftlichen Bestätigung des Patentanwalts belegt, dass dieser an der Abmahnung mitgewirkt und [X.] habe.
In der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] habe die Beklagte daraufhin erklärt, das Bestreiten der Mitwirkung des Patentanwalts
nicht aufrechtzuerhalten.
Der Grundsatz, dass die Mitwirkung eines Patentanwalts regelmäßig nur dann als erforderlich anzusehen ist, wenn er Aufgaben übernommen hat, die zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören, ist nicht dahin zu 13
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verstehen, dass die Mitwirkung eines Patentanwalts immer schon dann als er-forderlich anzusehen
ist, wenn er solche Aufgaben übernommen hat. Allein der nicht weiter substantiierte Vortrag, der Patentanwalt habe eine Markenrecher-che durchgeführt, ist
nicht dazu
geeignet,
die Erforderlichkeit der Mitwirkung eines
Patentanwalts an der Abmahnung einer Markenverletzung neben einem Rechtsanwalt mit Erfahrung im Markenrecht darzulegen.
Die
Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist Fachanwältin für gewerb-lichen Rechtsschutz. Ein Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz muss über besondere Sachkunde im Kennzeichenrecht verfügen und
ist
regelmäßig dazu
imstande, im Rahmen einer Abmahnung eine Markenrecherche durchzuführen (vgl. [X.], [X.], 754 Rn.
26 -
Kosten des Patentanwalts
II). Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die im Streitfall gebotene Recherche keine Besonderheiten aufwies, unterliegt es keinem Zweifel, dass die Prozess-bevollmächtigte der Klägerin selbst in der Lage gewesen
wäre, im Rahmen der Abmahnung eine Markenrecherche hinsichtlich des Zeichens -

II[X.] Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der [X.] im Ko-stenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht hinsichtlich des Antrags der Klägerin auf Freistellung von der Forderung ihres Patentanwalts zum Nachteil der [X.]
erkannt hat. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, da keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind (§
563 Abs.
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ZPO). Danach ist im Umfang der Aufhebung das Urteil des [X.]s auf die Berufung der [X.] abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Kosten-entscheidung beruht auf §
92 Abs.
1 Satz
1 Fall
2, §
97 Abs.
1 ZPO.

Bornkamm
Pokrant
Büscher

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.07.2010 -
4 [X.]/09 -

[X.], Entscheidung vom 15.03.2011 -
3 U 1644/10 -

Meta

I ZR 70/11

10.05.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2012, Az. I ZR 70/11 (REWIS RS 2012, 6499)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6499

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 70/11

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