Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2002, Az. 4 StR 103/02

4. Strafsenat | REWIS RS 2002, 379

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Veröffentlichung: ja[X.]St: ja zu [X.]: jaStGB § 315 b Abs. 1 Nr. 2 und 3Greift der Täter in den fließenden Verkehr ein, indem er Hindernisse [X.] Fahrbahn bereitet oder Gegenstände auf fahrende Fahrzeuge wirft,kann § 315 b Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 StGB auch dann erfüllt sein, wenn [X.] unmittelbar zu einem bedeutenden Fremdsachschaden führtund dieser Erfolg sich als Steigerung der durch die Tathandlung bewirktenabstrakten Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt.[X.], Urteil vom 4. Dezember 2002 [X.] 4 StR 103/02 [X.] LG [X.] NAMEN [X.] Dezember 2002in der [X.] -wegen versuchten Mordes u.a.- 3 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.], an der teilgenommen haben:Vorsitzende [X.]in am [X.]. [X.],die [X.] am [X.],[X.] [X.]in am [X.], als beisitzende [X.],Staatsanwalt als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht [X.] die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 12. April 2001, soweit es [X.] im Schuldspruch [X.] insoweit auch hinsichtlich desfrüheren Mitangeklagten [X.][X.] dahin geändert, [X.] Angeklagten im [X.] der Urteilsgründe desversuchten gefährlichen Eingriffs in den [X.] sind,2. in den die Fälle [X.] bis 14 und [X.] der Urteilsgründebetreffenden Einzelstrafaussprüchen sowie3. im Gesamtstrafenausspruchmit den Feststellungen aufgehoben.[X.] [X.]m Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuerVerhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine als Schwurgericht zuständigeStrafkammer des [X.] zurückverwiesen.[X.][X.] Die weiter gehende Revision des Angeklagten wirdverworfen.Von Rechts [X.]:Das [X.] hat den Angeklagten und den Mitangeklagten [X.],der keine Revision eingelegt hat, jeweils des gefährlichen Eingriffs in [X.] in 14 Fällen, davon in 10 Fällen in Tateinheit mit [X.] und davon in zwei Fällen in weiterer Tateinheit mit gefährlicherKörperverletzung, sowie des gefährlichen Eingriffs in den Eisenbahnverkehr inzwei Fällen sowie darüber hinaus den Angeklagten allein wegen Tierquälerei in14 Fällen für schuldig befunden. Gegen den Angeklagten hat es eineGesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verhängt. Den Mitangeklagten [X.] hates zu sechs Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe verurteilt. Gegen diesesUrteil wendet sich der Angeklagten mit seiner Revision, mit der er [X.] beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. [X.] hat nur den aus der Urteilsformel ersichtlichen [X.]; im übrigen ist es unbegründet.[X.] Verfahrensrügen dringen nicht durch. [X.]nsoweit verweist der [X.] aufdie Ausführungen in der Antragsschrift des [X.] vom [X.], die lediglich zu der auf § 338 Nr. 7 [X.]. § 275 Abs. 2 StPO gestütztenVerfahrensrüge der Ergänzung bzw. Klarstellung bedürfen:An der rechtzeitig angebrachten Unterschrift des [X.]s am[X.] K. (§ 275 Abs. 2 Satz 1 StPO) fehlt es nicht deshalb,weil die Vorsitzende [X.]in nachträglich, aber noch vor Ablauf der Frist des§ 275 Abs. 1 StPO handschriftliche Änderungen in dem von dem genannten[X.] bereits unterschriebenen [X.] angebracht hat. Dies geschah,wie sich aus der dienstlichen Erklärung der Vorsitzenden [X.]in ergibt, im- 6 -Einvernehmen mit [X.] am [X.] K. . Einer schriftlichenBestätigung seines Einverständnisses mit den Änderungen, etwa durchBeifügung seiner Paraphe an den betreffenden Textstellen, oder gar einererneuten Unterschrift unter das Urteil durch diesen [X.] bedurfte es nicht.Soweit die Revision das Fehlen der Unterschrift des [X.]s [X.]beanstandet, fehlt es schon an dem für die Zulässigkeit derRüge vorausgesetzten vollständigen Sachvortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).[X.]n dem Verhinderungsvermerk der Vorsitzenden, durch den die [X.] [X.]s ersetzt wurde, heißt es, [X.] am [X.]sei "durchAbordnung an das [X.] an [X.] gehindert". Bei dieser Sachlage hätte die Revision vortragenmüssen, daß dieser [X.] an der Unterschriftsleistung weder austatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen gehindert war. Allerdingsbegründet die Abordnung eines [X.]s an die Justizverwaltung entgegen [X.] der Vorsitzenden [X.]in, die sich aus ihrer dienstlichen Erklärungergibt: "Er ist seit dem 23.04.2001 ... als Referent mit [X.] und darf seither als solcher keine richterlichen Aufgaben mehrwahrnehmen (vgl. DRiG)", keine rechtliche Verhinderung, soweit sein Status als[X.] damit nicht verloren ging (vgl. [X.]R StPO § 275 Abs. 2 Satz 2Verhinderung 4 und 5; [X.] 46. Aufl. § 275 Rdn. 23 m.Nachw.).Doch liegt hier angesichts der Entfernung zwischen dem Sitz des Gerichts inCottbus und dem neuen Dienstort des [X.]s in [X.] auf der Hand, [X.]ser auch - was genügt - tatsächlich verhindert war, seine [X.] auf der erst am letzten Tag der Frist des § 275 Abs. 1 StPO zurGeschäftsstelle gelangten [X.] anzubringen (vgl. [X.] NStZ-RR1999, 46).- 7 -B.[X.].Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge ergibt keinenRechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten, soweit ihn das [X.] wegenVergehens gegen das Tierschutzgesetz für schuldig befunden hat ([X.] A. [X.] "Komplex Katzen"). Jedoch unterliegen die in diesen [X.] der Aufhebung, weil das [X.] - wie [X.] zu Recht beanstandet - in diesen Fällen einen falschen Strafrahmenzugrundegelegt hat. Es ist nämlich von dem derzeit geltenden, durch [X.] zur Änderung des Tierschutzgesetzes vom 25. Mai 1998 ([X.] [X.] 1094)geänderten Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe ausgegangen,den es gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert hat, während § 17 [X.] inder im Tatzeitraum geltenden Fassung nur Freiheitsstrafe bis zu zwei [X.]. Der [X.] kann nicht ausschließen, daß die Einzelstrafen [X.] des niedrigeren Strafrahmens niedriger ausgefallen wären. [X.] gebotene Aufhebung der Einzelstrafen hat die Aufhebung [X.] zur Folge. Der neue Tatrichter wird insoweit auch [X.] hinsichtlich der beiden früher erkannten Geldstrafen ([X.].E.) und den in den Fällen [X.] A 1 bis 4 der Urteilsgründe verhängtenEinzelstrafen zu prüfen und dabei zu berücksichtigen haben, daß [X.] Erledigung der Geldstrafen die Bildung einer (gesonderten)Gesamtstrafe nicht entbehrlich machen würde (st. Rspr.; vgl. [X.]R StGB § 55Abs. 1 Satz 1 Erledigung 1, 2 jew. m.w.[X.]).[X.][X.]m übrigen weist auch die Verurteilung des Angeklagten wegen [X.] zu Abschnitt [X.] B der Urteilsgründe ("Komplex Eingriffe in den- 8 -Straßenverkehr") mit Ausnahme des Falles [X.] [X.] der Urteilsgründe keinendurchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.1. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen verübten [X.], die im Tatzeitraum für einander die einzigen Freunde waren, [X.] nach "Ablenkung zur Unterbrechung ihrer Lebenslangeweile", beiinsgesamt 13 Gelegenheiten jeweils bei Dunkelheit Anschläge auf [X.] auf der [X.], indem sie Gegenstände auf dort fahrendeKraftfahrzeuge warfen (Fälle [X.] B 1, 5, 9, 10 und 14), von [X.] so herunterhängten, daß diese die Fahrzeuge in Höhe derFrontscheiben trafen (Fälle [X.] B 3 und 7), bzw. Steine und andere Gegenständeso auf der Fahrbahn aufstellten, daß Fahrzeuge dagegenstießen (Fälle [X.] B 2,8, 11 bis 13 und 15). [X.]n allen Fällen kam es zu Unfällen mit zumindestSachschäden in unterschiedlicher Höhe. [X.]n zwei Fällen erlitten [X.]nsassen vonPkw auch Verletzungen. Des weiteren verübten die Angeklagten in zwei Fällen(Fälle [X.] B 4 und 6) Anschläge auf die Bahn, indem sie jeweils eineneisenbewehrten Betonpfahl quer über die Schienen legten, wodurch [X.] eines [X.]nterregiozuges bzw. ein Triebwagen, die auf die Hindernisseprallten, beschädigt wurden.2. Die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes durch das [X.], [X.] in den Fällen [X.] B 1 bis 3, [X.] und 8, [X.] bis 13 und [X.] die Verurteilungjeweils wegen tateinheitlich mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehrbegangenen versuchten [X.] beruht (vgl. [X.] VRS 63, 119;[X.]R StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 25; [X.]R StGB § 69 Abs. 1 Entziehung11), begegnet keinen rechtlichen Bedenken.Das [X.] hat mit tragfähigen Erwägungen die Einlassung [X.], sie hätten zwar Unfälle herbeiführen wollen, es hätten jedoch nur- 9 -Sachschäden und keine Personenschäden entstehen sollen, für widerlegterachtet.Daß das Vorgehen der Angeklagten in hohem Maße gefährlich und diemöglichen Unfallfolgen im allgemeinen schwer abschätzbar sind, versteht [X.] selbst. Ein Rechtssatz des [X.]nhalts, daß ein Täter, der wie die Angeklagtenvorgeht, deshalb zugleich grundsätzlich auch mit tödlichen Folgen für diebetroffenen Verkehrsteilnehmer rechnet und diese um den Preis derFortsetzung seines gefährlichen Tuns innerlich billigt, besteht gleichwohl nichtund ist auch der Rechtsprechung des [X.] nicht zu entnehmen.Vielmehr kann diese Frage nicht allgemein, sondern nur nach den [X.] des Einzelfalls beurteilt werden. Dem wird das angefochteneUrteil gerecht.Die Angeklagten konnten mit einer den Unfall vermeidenden Reaktionder betroffenen Kraftfahrer nicht rechnen und haben dies auch nicht getan. [X.]mGegenteil wollten die Angeklagten, wie sie selbst zugegeben haben, daß es [X.] kam; auch sollten nach Überzeugung des [X.] "dieFahrzeugführer keine Chance haben ..., das Hindernis rechtzeitig zu erkennen,um ausweichen oder bremsen zu können". Zwar haben die Angeklagten- worauf die Revision hinweist - in allen Fällen die Erfahrung gesammelt, daß esungeachtet der unterschiedlichen eingesetzten Tatmittel und Vorgehensweisenweit überwiegend nur zu Sachschäden gekommen ist, jedenfalls die Unfälle,auch soweit Pkw-[X.]nsassen verletzt wurden, vergleichsweise [X.] sind. Das [X.] hat jedoch in jedem Einzelfall nach der Artder angewendeten Tatmittel und der Vorgehensweise der Angeklagtendifferenziert. So hat es in ausführlicher Auseinandersetzung insbesondere mitden zur jeweiligen objektiven Gefährdungslage erstatteten Gutachten in [X.], in denen lediglich "theoretischfi die Gefahr des [X.] und des- 10 -unkontrollierten Abkommens von der Fahrbahn mit tödlichen Folgen für[X.]nsassen nicht auszuschließen war, einen bedingten Tötungsvorsatz nichtangenommen (Fälle [X.] [X.], 9, 10 und 14 der Urteilsgründe, ebenso die—Eisenbahnfällefi [X.] B 4 und 6). Einen bedingten Tötungsvorsatz hat es nur inden übrigen —[X.] bejaht, in denen die Angeklagten gezielt eine sohochgradige Gefahrenlage geschaffen hatten, daß das Ausbleiben schwererer,möglicherweise tödlicher Folgen nur dem "glücklichen Umstand" zu [X.], daß die Fahrzeuge nicht mit höherer als der tatsächlich gefahrenenGeschwindigkeit fuhren bzw. Reifen der betroffenen Fahrzeuge nicht platzten.Entgegen der Auffassung der Revision stehen die Erwägungen, auf diedas [X.] in ausdrücklicher Abgrenzung zur bewußten Fahrlässigkeit [X.] bedingten Tötungsvorsatzes stützt, auch nicht in Widerspruch zu denzur Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten getroffenen Feststellungen, die fürdie Beurteilung der subjektiven Tatseite Bedeutung haben (vgl. [X.]R StGB§ 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 31, 54). Zweifel an der Erkenntnisfähigkeit [X.] ergeben sich nicht schon daraus, daß das [X.] demAngeklagten, dem psychiatrischen Sachverständigen folgend, eine"unterdurchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit" bescheinigt hat.Vielmehr haben die psychiatrischen Sachverständigen im Ergebnis zurÜberzeugung der Kammer übereinstimmend für beide Angeklagten bestätigt,daß sie "um die Folgen ihres Handelns gewußt und sich auch über eventuelleFolgen Gedanken gemacht hätten". Die Sorgen um die [X.] hätten [X.] aber [X.] wie bei —unstrukturiertenfi Menschen häufig [X.]weggeschoben, die eigene Sorge vor dem Entdecken sei größer gewesen. [X.] weder das Wissens- noch das Wollenselement des (bedingten)Tötungsvorsatzes in Frage. Aus Fall [X.] [X.] der Urteilsgründe ergibt sich [X.]. Zwar konnten dort die Angeklagten die von ihnen "inszenierte [X.] nicht beiseiteschieben, da sich —mit [X.] zu- 11 -erwartende tödliche Folgen beim [X.] zu sehraufdrängten. Wenn in diesem Fall der Mitangeklagte [X.] den Angeklagtenan dieser Form des Vorgehens hinderte, indem er ihm den Einlaufrost aus [X.] nahm und diesen auf der Fahrbahn aufstellte, belegt dies lediglich, daßbeide nicht mit direktem Tötungsvorsatz handelten, steht aber der [X.] der [X.] zum bedingten Tötungsvorsatz nicht entgegen.[X.][X.]Der Schuldspruch hält mit Ausnahme des Falls [X.] [X.] der [X.] rechtlichen Prüfung auch insoweit stand, als das [X.] denAngeklagten in den weiteren Fällen allein wegen - jeweils gemeinschaftlich mitdem Mitangeklagten [X.]begangenen, vollendeten und nach § 315 b Abs. 3[X.]. § 315 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a StGB qualifizierten - gefährlichen Eingriffs inden Straßenverkehr ([X.] [X.], 10 und 14 der Urteilsgründe) bzw. in [X.] (Fälle [X.] B 4 und 6 der Urteilsgründe) verurteilt hat.1. [X.]n den Fällen [X.] [X.] und 10 warfen die Angeklagten jeweils "eineHandvoll Kieselsteine der Körnung zwischen 2 und 3 Zentimeter" von einerAutobahnbrücke, in Fall 14 einen faustgroßen, bis zu 250 g schwerenGesteinsbrocken vom Fahrbahnrand einer [X.]. Die mit einer Geschwindigkeit von etwa 85 km/h fahrendenFahrzeuge wurden jeweils an der Frontscheibe getroffen. Diese zersplitterte,ohne daß die Steine ins [X.]nnere des Fahrzeugs gelangten. Die [X.] erneuert werden. Zwar ist lediglich im Fall [X.] [X.] ein bezifferter Schadenvon 2.684,- DM festgestellt. Wegen der Vergleichbarkeit der Schäden entnimmtaber der [X.] dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, daß in denübrigen Fällen die von der Rechtsprechung für Sachschäden festgelegteSchadensgrenze von 1.500,- DM (jetzt 750,- - 12 -ist. Den Fahrern gelang es jeweils, ihre Fahrzeuge kontrolliert zum Stehen zubringen.Die Gefahr einer völligen Desorientierung des Fahrzeugführers mit einerdamit verbundenen Gefahr des [X.] und des unkontrolliertenAbkommens von der Fahrbahn war zwar nach Ansicht des sachverständigberatenen [X.] theoretisch nicht auszuschließen, angesichts der relativniedrigen Geschwindigkeit der schweren Fahrzeuge aber wenig wahrscheinlich.a) Soweit der [X.] in der Vergangenheit in einzelnen Fällen einengefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGBmit der Begründung verneint hat, der Eingriff erschöpfe sich in der Gefährdungoder Beschädigung des [X.], so daß es an einer tatbestandlicherforderlichen, "dadurch" verursachten weiteren Gefährdung fehle (zuletzt[X.]R StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 3 Eingriff 5 m.w.[X.]), hält er daran in dieserAllgemeinheit nicht fest. [X.]n Fällen der vorliegenden Art genügt es für [X.] einer vollendeten Tat, daß die durch den Eingriff verursachteverkehrsspezifische Gefahr zu einem bedeutenden Fremdsachschaden geführthat.aa) Die nach dem Wortlaut der Norm doppelte Verknüpfung [X.] "Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs"sowohl mit der tatbestandlichen Handlung des § 315 b Abs. 1 StGB in allen inden Nummern 1 bis 3 aufgeführten Alternativen als auch mit demtatbestandlichen Erfolg macht deutlich, daß [X.] in besonderer Weise kausal miteinander verbunden [X.], um den Tatbestand zu erfüllen. Erforderlich ist, daß die Tathandlungeine abstrakte Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs bewirkt, die sich- 13 -zu einer konkreten Gefahr für die genannten Schutzobjekte verdichtet. [X.] einer zeitlichen Differenz zwischen Eingriff und konkreter Gefahr istdem Wortlaut der Vorschrift dagegen nicht zu entnehmen. Der Tatbestand des§ 315 b Abs. 1 StGB kann daher in sämtlichen Handlungsalternativen auchdann erfüllt sein, wenn die Tathandlung unmittelbar zu einer konkreten Gefahroder Schädigung führt, sofern dieser Erfolg sich als Steigerung der abstraktenGefahr darstellt.Daran fehlt es, wenn der Täter losgelöst von einem Verkehrsgeschehenein Fahrzeug oder eine Anlage beschädigt (beispielsweise durch Zerstören derBremsleitung), ohne daß die so geschaffene abstrakte Gefahr für [X.] in eine konkrete Gefahr umschlägt. Der durch das [X.] eingetretene Schaden am Fahrzeug ist nicht Folge einer abstraktenVerkehrsgefahr, sondern umgekehrt die Ursache dafür, daß eine solche Gefahrüberhaupt erst entsteht. [X.]nsoweit behält die von der Rechtsprechungentwickelte Formel, daß sich ein Verhalten, das sich in der Schaffung [X.] abstrakten - Gefahr - sei es auch durch Einwirken auf eines der von § 315 [X.] grundsätzlich unter Schutz gestellten Objekte - erschöpft, noch nicht [X.] des § 315 b StGB erfüllt, seine Berechtigung.Hiervon zu unterscheiden sind dagegen Tathandlungen, die, wie in denvom [X.] entschiedenen Fällen, nicht nur eine abstrakte Verkehrsgefahrherbeiführen, sondern - wenn auch in zeitlich dichter Reihenfolge oder sogarsich zeitlich überschneidend - eine aus dieser abstrakten Verkehrsgefahrresultierende konkrete Gefahr. Zwar wird die Herbeiführung der abstraktenGefahr der hieraus entstehenden konkreten Gefahr in aller Regel zeitlichvorangehen, so etwa, wenn der Täter einen gefährlichen Eingriff in [X.] in der Weise herbeiführt, daß er ein Hindernis auf der [X.] -aufstellt, die davon ausgehende Gefahr sich aber erst durch späteresHerannahen eines Fahrzeugs zur konkreten Gefahr verdichtet. Dieser zeitlichgestreckte Vorgang verkürzt sich aber in dem Maße, in dem der Täter [X.] eines Fahrzeugs abwartet, um dessen Fahrt durch ein plötzlich inden Weg [X.] oder geworfenes Hindernis zu hemmen. [X.]st dasFahrzeug im Zeitpunkt des Eingriffs bereits so nahe, daß mit der abstraktenBeeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs, die auch dann vorliegt,wenn sich die Tathandlung gezielt gegen ein bestimmtes Objekt richtet,zugleich auch schon eine konkrete Gefahr für das Fahrzeug entsteht, fehlt esgänzlich an einer zeitlichen Zäsur. Gleichwohl sind die Tathandlung, die zueiner Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs führt, und ein aus dieserGefahr herrührender tatbestandlicher Erfolg in Form einer konkreten Gefahr fürdas Schutzobjekt gedanklich voneinander zu trennen; die Tathandlung"erschöpft" sich auch dann nicht in sich selbst, wenn über Schäden, die durchdas Zusammentreffen von Fahrzeug und Hindernis bewirkt werden, keineweitere Gefahr in der Form entsteht, daß es infolge eines Kontrollverlusts überdas Fahrzeug zu einem "Beinahe-Unfall" kommt.Auch im Blick auf das in § 315 b StGB geschützte Rechtsgut, dieSicherheit des Straßenverkehrs, die ohne die Notwendigkeit einerGemeingefahr den Schutz von [X.]ndividualrechtsgütern wie Leben, Gesundheitund bedeutende Sachwerte mitumfaßt, besteht kein Anlaß, zwischen zeitlichgesteckten und auf Minutenbruchteile reduzierten Geschehensabläufen zuunterscheiden. So wäre kaum nachvollziehbar, wenn sich die Angeklagten, diein den Fällen [X.] B 3 und 7 der Urteilsgründe Gegenstände von einem [X.] befestigten Seil bis in Nähe von [X.] herabhängen ließen und dadurch - in zeitlichem Abstand zum Abseilen -das Zersplittern der Frontscheiben bewirkten, ohne Rücksicht auf weitere- 15 -Folgen ihres Handelns des vollendeten gefährlichen Eingriffs in [X.] schuldig gemacht hätten, während eine Tatvollendung in [X.] [X.] [X.], 10 und 14 bei gleicher subjektiver Zielrichtung und gleichemSchaden nur deshalb nicht eingetreten sein sollte, weil die Angeklagten dieentsprechenden Gegenstände im geeigneten Moment gegen die Frontscheibender Fahrzeuge warfen. [X.] ist insoweit, daß in den erstgenanntenFällen die Handlungsalternative des § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB(Hindernisbereiten), in der zweiten Fallgruppe dagegen die des § 315 b Abs. 1Nr. 3 StGB (ähnlicher, ebenso gefährlicher Eingriff) in Betracht kommt, da [X.] lediglich einen Unterfall des für sämtlicheHandlungsalternativen des § 315 b Abs. 1 StGB vorausgesetzten gefährlichenEingriffs darstellt.bb) Der Schutzzweck des § 315 b StGB gebietet allerdings insoweit einerestriktive Auslegung der Norm, als unter einer konkreten Gefahr für Leib oderLeben eines anderen Menschen oder für fremde Sachen von [X.] nur verkehrsspezifische Gefahren verstanden werden dürfen. [X.] ist erfüllt, wenn die konkrete Gefahr - jedenfalls auch - auf [X.] der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräftezurückzuführen ist. Dies kann durch Ausnutzung der Eigendynamik des vomTäter selbst benutzten Fahrzeugs (beispielsweise beim [X.] als —Waffefi), durch die Fremddynamik eines von einem [X.] genutzten Fahrzeugs (beispielsweise durchHindernisbereiten) oder durch das Zusammenwirken beider Kräfte erfolgen.Bei [X.], die, wie in den hier zu beurteilenden Fällen,nicht durch eine vom Täter ausgenutzte Eigendynamik seines [X.] sind, ist eine verkehrsspezifische konkrete Gefahr zu [X.] 16 -wenn durch den Eingriff die sichere Beherrschbarkeit eines im fließendenVerkehrs befindlichen Fahrzeugs beeinträchtigt und dadurch - mit der [X.]" - unmittelbar auf den [X.] eingewirkt wird. [X.] die Fälle gleichzustellen, in denen der Fortbewegung des Fahrzeugsmittels eines Hindernisses oder eines anderen, ebenso gefährlichen Eingriffs inder Weise entgegengewirkt wird, daß eine konkrete Gefahr [X.] oder Fahrzeug entsteht. An einer verkehrsspezifischenGefahr fehlt es nur dann, wenn der Eingriff zwar zu einer abstraktenGefährdung des Straßenverkehrs führt, die sich hieraus entwickelnde konkreteGefahr aber in keiner inneren Verbindung mit der Dynamik [X.] steht. Die Annahme jeweils vollendeter gefährlicher Eingriffe inden Straßenverkehr ist daher in den Fällen [X.] [X.], 10 und 14 nicht zubeanstanden, obwohl über die durch die Steinwürfe an den Frontscheibenentstandenen Schäden hinaus die konkrete Gefahr eines weiterenUnfallgeschehens nicht bestand.[X.]n den beiden Fällen des gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr ([X.] B4 und 6) gilt im Ergebnis nichts anderes.2. Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen kann die Verurteilungwegen vollendeten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr im Fall [X.] [X.]der Urteilsgründe nicht bestehen bleiben.[X.]n diesem Fall gossen die Angeklagten von einer Autobahnbrücke auszwei Dosen weißliche Lackfarbe auf einen aus vier Fahrzeugen bestehenden,mit ca. 80 km/h fahrenden Hilfsgüterkonvoi des [X.].Dabei wurden zwei Fahrzeuge an der Frontscheibe getroffen. Die [X.] -konnten ihre Fahrzeuge "nach kurzer Weiterfahrt ohne weitere Gefahren rechtszum Stehen bringen".Das [X.] hat den Eintritt einer durch den —Eingrifffi entstandenenkonkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen vonbedeutendem Wert nicht festgestellt. Eine konkrete Gefahr im Sinne eines—Beinahe-Unfallsfi (vgl. [X.] NJW 1995, 3131 f.; 1996, 329 f.) hat das[X.] ersichtlich nicht angenommen; es hat vielmehr in diesem Fall eine—akute Gefahr des [X.] und unkontrollierten Abkommens von [X.] gerade ausgeschlossen. Auch die Beschädigung der beiden Lkwdurch die ausgegossene Farbe führt hier nicht zur Annahme einer vollendetenTat nach § 315 b StGB. Denn der durch die Verschmutzung an den betroffenenLkw eingetretene Sachschaden steht mit der Eigendynamik der Fahrzeuge [X.] in keinem relevanten Zusammenhang. Die Lackschäden sindkeine spezifische Folge des —[X.] in die Sicherheit des [X.] müssen deshalb bei der Bestimmung eines "bedeutenden" Sachschadensbzw. einer entsprechenden Gefährdung außer Betracht bleiben. Der für [X.] nach § 315 b StGB vorausgesetzte Vorsatz und die vom [X.] auchin diesem Fall angenommene qualifizierende Absicht der beiden [X.] § 315 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a StGB bleiben davon unberührt.Der [X.] schließt aus, daß sich [X.] zumal angesichts des Zeitablaufs [X.]noch weitere Feststellungen treffen lassen, die in diesem Fall eine Vollendungdes gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sicher belegen. Er ändertdeshalb den Schuldspruch [X.] gemäß § 357 StPO auch hinsichtlich [X.] [X.] [X.] von sich aus dahin, daß die beiden Angeklagten [X.] [X.] [X.] der Urteilsgründe des versuchten gefährlichen Eingriffs in [X.] schuldig sind; § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Dies hatbei dem Angeklagten die Aufhebung des Einzelstrafausspruchs zur [X.] kann die gegen den Mitangeklagten [X.]verhängte [X.] bleiben; angesichts der seiner Verurteilung zugrunde liegendenVielzahl schwerwiegender Straftaten ist auszuschließen, daß die geringfügigeSchuldspruchänderung bei ihm zu einer niedrigeren Strafe geführt hätte.[X.]V.[X.]m Umfang der Aufhebung verweist der [X.] die Sache gemäß § [X.]. 2 Satz 1 2. Alt. StPO [X.]. § 74 Abs. 2 Nr. 4 [X.] an eine alsSchwurgericht zuständige Strafkammer des [X.] zurück, da [X.] nur noch den erwachsenen Angeklagten betrifft ([X.]St 35, 267) unddas Schwurgericht gegenüber der [X.] kein Gericht höhererOrdnung ist (vgl. [X.]St 26, 191; [X.] in [X.] § 338 Rdn. 69).[X.] Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible

Meta

4 StR 103/02

04.12.2002

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2002, Az. 4 StR 103/02 (REWIS RS 2002, 379)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 379

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