Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.04.2011, Az. 1 StR 112/11

1. Strafsenat | REWIS RS 2011, 7506

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Gegenstand

Einkommens- und Umsatzsteuerhinterziehung: Gewinnermittlung und Behandlung von Umsatzsteuer als Betriebsausgabe


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. November 2010 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

1. [X.] (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) bzw. versuchter Steuerhinterziehung - er hatte in den Jahren 2002 bis 2007 weder Umsatzsteuer- noch Einkommensteuererklärungen abgegeben - wird in allen elf zur Aburteilung gelangten Fällen von den rechtfehlerfrei getroffenen Feststellungen des [X.]s getragen.

a) Die vom Angeklagten im Zusammenhang mit der Veräußerung des in seinem Eigentum stehenden Grundstücks erbrachten und in Rechnung gestellten Architektenleistungen (Vorplanung, Erschließungsplanung, Beantragen der Baugenehmigung u. dgl.; die Errichtung eines Gebäudes schuldete der Angeklagte nicht) sind als eigenständige, nicht gemäß § 4 Nr. 9a UStG von der Umsatzsteuer befreite Leistungen zu qualifizieren, selbst wenn sie beim Leistungsempfänger in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen worden sein sollten (vgl. [X.], Urteil vom 19. März 2009 - [X.]/07, [X.], 78; [X.], Urteil vom 24. Januar 2008 - [X.], [X.], 697; [X.], Urteil vom 18. Juli 2001 - [X.]/01 - [X.]/NV 2001, 1617; [X.], Urteil vom 20. Juni 1994 - [X.]/94, [X.]/NV 1995, 456; [X.], Urteil vom 15. Oktober 1992 - [X.], [X.]/NV 1994, 198; [X.], Urteil vom 10. September 1992 - [X.], [X.] 1993, 316).

b) Der Einwand der Revision, der Angeklagte hätte im Falle pflichtge-mäßer Abgabe einer Einkommensteuererklärung die von ihm gemeinsam mit seiner Ehefrau gewählte getrennte Veranlagung widerrufen können, mit der Folge, dass der ihm strafrechtlich zur Last liegende Steuerhinterziehungserfolg geringer ist, als die Strafkammer ausgehend von getrennter Veranlagung errechnet hat, greift nicht. Denn es wäre rechtsfehlerhaft, im Falle einer durch Unterlassen begangenen Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) hypothetisches Verhalten eines Dritten (hier die notwendige Mitwirkung der Ehefrau des Angeklagten an einer Änderung der Veranlagungswahl) für die Bestimmung des durch das Unterlassen bewirkten [X.] zu berücksichtigen.

Zwar gesteht § 26 EStG jedem Ehegatten seine eigene Wahl der [X.] zu. Ehegatten können aber nur einheitlich - entweder zusammen oder getrennt - veranlagt werden (vgl. [X.], Urteil vom 21. September 2006  - VI R 80/04, [X.] 2007, 11), so dass der Angeklagte, wollte er die bereits getroffene Wahl seiner Ehefrau anfechten, deren Mitwirkung bedurft hätte (vgl. [X.] EStR). Ein Fall, in dem die Rechtsprechung des [X.] die Verweigerung des anderen Ehegatten zur Zusammenveranlagung als unbeachtlich angenommen hat (vgl. [X.], Urteil vom 3. Februar 1987 - [X.]/84, [X.]/NV 1987, 751), liegt nicht vor.

c) Hinsichtlich der im Eigentum der Ehefrau des Angeklagten stehenden Grundstücke, die für diese zu Verlusten aus Vermietung und Verpachtung führten, bestehen entgegen dem [X.] keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Treuhandverhältnisses i.S.d. § 39 Abs. 2 [X.] (vgl. hierzu auch [X.], Beschluss vom 11. November 2004 - 5 [X.], [X.], 300), so dass es weiterer Erörterungen, ob ein derartiges Treuhandverhältnis hier missbräuchlich i.S.d. § 42 [X.] wäre, nicht bedarf.

2. Soweit das [X.] im Fall 6 der Urteilsgründe ([X.] für den Veranlagungszeitraum 2002) die geschuldete Einkommensteuer anhand des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG) bestimmt und dabei jeweils die um eine angenommene Umsatzsteuer verminderten Nettobeträge zugrunde gelegt hat, beschwert dies den Angeklagten nicht. Nach dem für die Gewinnermittlung insoweit maßgeblichen Zu- und [X.] (§ 11 EStG) sind jeweils die Bruttobeträge anzusetzen. Als Betriebsausgabe kann nicht schon eine geschuldete, sondern nur die im betreffenden Veranlagungszeitraum tatsächlich gezahlte Umsatzsteuer berücksichtigt werden.

Nack                     Hebenstreit                   Graf

        Jäger                          Sander

Meta

1 StR 112/11

14.04.2011

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Essen, 26. November 2010, Az: 56 KLs 3/10, Urteil

§ 370 AO, § 4 Abs 3 EStG, § 11 EStG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.04.2011, Az. 1 StR 112/11 (REWIS RS 2011, 7506)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7506

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