Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.07.2023, Az. VIII B 31/22

8. Senat | REWIS RS 2023, 4831

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Gegenstand

Zu den Darlegungsanforderungen an eine ordnungsgemäße Besetzungsrüge hinsichtlich der ehrenamtlichen Richter


Leitsatz

NV: Zur ordnungsgemäßen Darlegung des Verfahrensfehlers, das Finanzgericht (FG) sei in der mündlichen Verhandlung nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, weil die Haupt- und Hilfsliste der ehrenamtlichen Richter nicht gemäß § 27 der Finanzgerichtsordnung vom Präsidium des FG für das Geschäftsjahr neu bestimmt worden ist, hat der Beschwerdeführer darzulegen, dass er diese Tatsache durch Einsichtnahme in die Unterlagen über die Wahl oder Heranziehung der ehrenamtlichen Richter ermittelt hat oder nicht ermitteln konnte, weil ihm der Präsident des FG beziehungsweise die von diesem beauftragte Stelle die erforderliche Einsichtnahme verweigert hat.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 18.01.2022 - 8 K 203/20 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg. Ein Grund zur Zulassung der Revision im Sinne des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) liegt nicht vor.

2

1. Entgegen der Auffassung des [X.] ist die Revision nicht wegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O zuzulassen beziehungsweise das Urteil gemäß § 116 Abs. 6 [X.]O aufzuheben und der Rechtsstreit an das Finanzgericht ([X.]) zurückzuverweisen, weil das [X.] zu Unrecht durch Prozessurteil entschieden habe, indem es seine Entscheidung auf eine fehlende Bezeichnung des Klagebegehrens innerhalb der gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 [X.]O gesetzten Ausschlussfrist gestützt habe (vgl. Beschluss des [X.] --BFH-- vom 15.11.2021 - VIII B 2/21, Rz 9).

3

a) Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 [X.]O muss die Klage unter anderem den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Fehlt es an einem der in § 65 Abs. 1 Satz 1 [X.]O genannten Erfordernisse, kann der Vorsitzende oder Berichterstatter dem Kläger für die erforderliche Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen (§ 65 Abs. 2 Satz 2 [X.]O). Wird dem Kläger zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens zu Unrecht oder nicht wirksam eine Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 [X.]O gesetzt oder bezeichnet er im Fall rechtmäßiger Ausschlussfristsetzung das Klagebegehren durch weitere, fristgerecht erfolgte Darlegungen, dann führen die unterbliebene Berücksichtigung des weiteren Klagevorbringens und die Abweisung der Klage als unzulässig zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und damit zu einem Verfahrensfehler gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O (vgl. z.B. [X.] vom 23.06.2017 - X B 11/17, Rz 12; vom 14.11.2017 - IX B 66/17, Rz 5; vom 15.11.2021 - VIII B 2/21, Rz 10).

4

b) Ein solcher Verfahrensfehler ist dem [X.] nicht unterlaufen. Die Ausschlussfristsetzung durch das [X.] gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 [X.]O war wirksam und [X.].

5

aa) Entgegen der Auffassung des [X.] hat dieser sein Klagebegehren bei Klageerhebung nicht ausreichend bezeichnet.

6

(1) Eine ausreichende Bezeichnung des Klagebegehrens erfordert, dass der Kläger substantiiert darlegt, inwiefern der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und ihn in seinen Rechten verletzt. Wie weit das Klagebegehren im Einzelnen zu [X.] ist, hängt von den Umständen des Falles ab, insbesondere von dem Inhalt des angefochtenen Verwaltungsakts, der Steuerart und der Klageart. Die Nennung der angefochtenen Verwaltungsakte reicht zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens nicht aus. Entscheidend ist, ob das Gericht durch die Angaben des [X.] in die Lage versetzt wird, zu erkennen, worin die den Kläger treffende Rechtsverletzung nach dessen Ansicht liegt ([X.] vom 31.03.2023 - VIII B 20/22, Rz 22;  vom 25.07.2017 - XI B 29/17, Rz 8 bis 10).

7

(2) Der Gegenstand des Klagebegehrens kann auch im Wege der Auslegung der Klage und unter Rückgriff auf die Steuerakten festgestellt werden. Es sind sämtliche dem [X.] und der Finanzbehörde erkennbare Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art zu berücksichtigen. Das [X.] hat bei der Auslegung der Klageschrift unter anderem die Unterlagen zur Kenntnis zu nehmen, auf die in der Klageschrift durch ausdrückliche Bezeichnung Bezug genommen worden ist. Es kann vom [X.] aber nicht verlangt werden, den Gegenstand des Klagebegehrens anhand einer Vielzahl ihm vorgelegter Unterlagen selbst zu ermitteln und die Anforderungen des § 65 Abs. 2 Satz 2 [X.]O als erfüllt anzusehen, wenn die vorgelegten Unterlagen dies mehr oder weniger leicht und zuverlässig ermöglichen ([X.] vom 31.03.2023 - VIII B 20/22, Rz 23 und vom 25.07.2017 - XI B 29/17, Rz 9, 10). Ist erkennbar, dass der Kläger nach dem Ergehen von [X.] aufgrund einer Außenprüfung begehrt, die Besteuerungsgrundlagen wie in den Bescheiden vor der Außenprüfung anzusetzen, ist das Klagebegehren ausreichend bezeichnet ([X.] vom 31.03.2023 - VIII B 20/22, Rz 24 und vom 25.07.2017 - XI B 29/17, Rz 10).

8

(3) Der Kläger hat nach diesen Maßstäben das Klagebegehren erst nach Ablauf der ihm gesetzten Ausschlussfrist bezeichnet, was zur Unzulässigkeit der Klage führt (vgl. [X.] vom 11.12.2019 - X B 40/19, Rz 24). Das Klagebegehren ließ sich aus der Zusammenschau der Klageschrift, dem Ablauf der Einspruchsverfahren sowie den [X.] nicht ermitteln. Die Ausschlussfrist war auf dieser Grundlage nicht hinfällig.

9

Mit der Klageschrift an das [X.] vom 02.11.2020 hat der Kläger Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 2010, 2011 und 2014 bis 2016, die Bescheide über die Festsetzung von Zinsen zur Einkommensteuer 2010, 2011 und 2015 sowie die Bescheide über die Festsetzung von [X.] zur Einkommensteuer 2010, 2011 und 2015 erhoben und hierzu nur die [X.] übersandt. Die Einsprüche hatte der Kläger nicht begründet, sodass die Begründung der [X.] für das [X.] nicht ergiebig war. Ohne die Einkommensteuerbescheide 2010, 2011 und 2014 bis 2016, die dem [X.] erst am 15.10.2021 vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) übersandt wurden, war es bis zum Fristablauf am 05.02.2021 für das [X.] auch nicht erkennbar, dass es sich um [X.] nach einer Außenprüfung handelte, zumal weder in der Klageschrift noch in den [X.] darauf hingewiesen, geschweige denn dargelegt wurde, ob und welche der geänderten Besteuerungsgrundlagen der Kläger anfechten wollte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem klägerischen Vortrag, dass dieser im Jahr 2016 die Einnahmeüberschussrechnung für das [X.] beim [X.] eingereicht habe und es deshalb für das [X.] ohne weiteres erkennbar gewesen sei, dass mit der Klage eine Übernahme der in der Gewinnermittlung ausgewiesenen Erlöse begehrt werde. Die Bezeichnung des Streitgegenstandes ist gegenüber dem [X.] vorzunehmen (§ 65 Abs. 1 Satz 1 [X.]O; BFH-Urteil vom 16.03.1988 - I R 93/84, [X.], 290, [X.] 1988, 895, unter [X.] am Ende [Rz 23]). Die Steuerakten lagen dem [X.] im Zeitpunkt der Fristsetzung am 04.01.2021 nicht vor.

Eine ausreichende Bezeichnung des Klagebegehrens ist entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht im Hinblick auf die [X.] zur Einkommensteuer 2010, 2011 und 2015 zu bejahen. Der Kläger trägt hierzu vor, dass bereits aus der Klageschrift und der Rechtsbehelfsakte bei einer rechtsschutzorientierten Auslegung erkennbar gewesen sei, dass der Kläger jedenfalls auch die festgesetzten Nachzahlungszinsen mit Blick auf die zu diesem Zeitpunkt anhängigen Verfahren beim [X.] nach Grund und Höhe mit verfassungsrechtlichen Argumenten habe anfechten wollen. Aus der Klageschrift ergaben sich keine Einwendungen des [X.] gegen die [X.]. Die [X.] vom 30.09.2020 bezogen sich auf die Einkommensteuerbescheide 2010, 2011 und 2014 bis 2016 sowie die Festsetzung von [X.] zur Einkommensteuer 2010, 2011 und 2015 und nicht auf die [X.] zur Einkommensteuer 2010, 2011 und 2015. [X.] lag dem [X.] im Zeitpunkt der Fristsetzung am 04.01.2021 nicht vor. Im Übrigen kann vom [X.] nicht verlangt werden, den Gegenstand des Klagebegehrens anhand einer Vielzahl ihm vorliegender Unterlagen selbst zu ermitteln ([X.] vom 05.02.2014 - XI B 73/13, Rz 11).

bb) Die Ausschlussfrist wurde nicht ermessenswidrig nach einer zu kurzen Laufzeit des Klageverfahrens gesetzt, sondern nach zweimonatiger Verfahrensdauer. Ihr war zudem eine einfache Fristsetzung nach § 65 Abs. 2 Satz 1 [X.]O seitens des [X.] vorausgegangen.

Die Ausschlussfrist war auch der Länge nach [X.]. Das [X.] hatte den Kläger mit Fristsetzung vom 04.01.2021 aufgefordert, bis zum 05.02.2021 das Klagebegehren zu bezeichnen. Das Schreiben wurde dem Kläger am 08.01.2021 zugestellt. Dem Kläger standen damit vier Wochen zur Beantwortung zur Verfügung, was nicht zu kurz bemessen ist.

cc) Die --auch formal wirksam gesetzte-- Ausschlussfrist war danach mit Ablauf des 05.02.2021 verstrichen, ohne dass der Kläger den Gegenstand seines Klagebegehrens bezeichnet hätte. Der vom Kläger gestellte Antrag auf Verlängerung der Ausschlussfrist ging erst am 06.02.2021 und damit nach Ablauf der Ausschlussfrist beim [X.] ein. Ein erst nach Fristablauf beim Gericht eingegangenes Verlängerungsgesuch ist grundsätzlich nicht mehr berücksichtigungsfähig ([X.] vom 07.05.2001 - III B 10/01, [X.] 2001, 1421, unter [X.] aa [Rz 21]).

c) Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Ausschlussfrist gemäß § 65 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 56 [X.]O hat das [X.] ebenfalls im Ergebnis zutreffend abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lagen nicht vor.

aa) Wiedereinsetzung ist auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten (§ 56 Abs. 1 [X.]O). Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 [X.]O). Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 56 Abs. 2 Satz 3 [X.]O).

bb) Der [X.] kann offenlassen, ob der Kläger deshalb an der Einhaltung der Ausschlussfrist ohne sein Verschulden gehindert war, weil sein Faxgerät am [X.], dem 05.02.2021, einen Defekt aufgewiesen haben könnte oder weil er bis zum 05.02.2021 arbeitsunfähig erkrankt war. Der Kläger hat den Gegenstand des Klagebegehrens auch nach Fristablauf nicht innerhalb der [X.] gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 [X.]O bezeichnet.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nur in Zusammenhang mit einer nachgeholten Prozesshandlung beantragt und bewilligt werden ([X.] vom 13.12.2001 - IV R 50/00, [X.] 2002, 655, am Ende [Rz 9]). Eine Wiedereinsetzung in eine Ausschlussfrist nach § 65 [X.]O kommt dementsprechend nur in Betracht, wenn innerhalb der [X.] nicht nur ein Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt, sondern auch das Klagebegehren bezeichnet wird. Im Streitfall hat der Kläger weder in seinem (verspäteten) Schriftsatz vom 05.02.2021 noch mit seinem Wiedereinsetzungsantrag vom [X.] das Klagebegehren hinreichend bezeichnet. Insbesondere lässt sich dem im Schriftsatz vom 05.02.2021 gestellten Antrag des [X.], unter Aufhebung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide die Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschläge für 2010, 2011 und 2014 bis 2016, die Zinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung ([X.]) sowie die [X.] zur Einkommensteuer auf 0 € herabzusetzen, nicht entnehmen, ob und welche der geänderten Besteuerungsgrundlagen der Kläger anfechten oder ob er im Wege der Saldierung weitere Betriebsausgaben geltend machen wollte (vgl. [X.] vom 31.03.2023 - VIII B 20/22, Rz 28).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem klägerischen Vortrag, dass in den beim [X.] anhängigen Parallelverfahren 8 K 204/20 und 8 K 205/20 des [X.], in denen es auch um [X.] auf der Grundlage von Ermittlungen der Steuerfahndung gegangen sei, ebenfalls Ausschlussfristen gesetzt worden und vom Kläger gewahrt worden seien, sodass sich das Klagebegehren des [X.] unter Zuhilfenahme der in den Verfahren 8 K 204/20 und 8 K 205/20 eingereichten Schriftsätze hätte ermitteln lassen können. Wie dargestellt kann vom [X.] nicht verlangt werden, den Gegenstand des Klagebegehrens anhand einer Vielzahl ihm vorliegender Unterlagen selbst zu ermitteln ([X.] vom 05.02.2014 - XI B 73/13, Rz 11). Dies gilt umso mehr, wenn --wie im [X.] keine Bezugnahme auf die in einem anderen Klageverfahren eingereichten Unterlagen erfolgt (vgl. [X.] vom 05.02.2014 - XI B 73/13, Rz 12).

d) Die Klage war damit unheilbar unzulässig ([X.] vom 11.11.2019 - IX B 61/19, Rz 11; vom 15.11.2021 - VIII B 2/21, Rz 20). Die erneute Fristsetzung des [X.] nach § 65 Abs. 2 Satz 2 [X.]O vom 06.12.2021 gegenüber dem neuen Prozessbevollmächtigten des [X.] ging ins Leere. Das spätere Vorbringen des [X.] in seinem Schriftsatz vom 11.01.2021 und in der mündlichen Verhandlung vom [X.] kann nicht zur Bestimmung seines Klagebegehrens herangezogen werden. Denn im Fall einer Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 [X.]O ist auf die innerhalb der Ausschlussfrist dem [X.] mitgeteilte Begründung abzustellen (vgl. [X.] vom 18.06.2013 - III B 83/12, Rz 7; vom 14.11.2017 - IX B 66/17, Rz 9).

e) Der [X.] braucht nicht darüber zu entscheiden, ob ein Verfahrensfehler des [X.] darin zu sehen ist, dass bezüglich des [X.] keine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 [X.]O zur Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b [X.] zur gesonderten Feststellung der freiberuflichen Einkünfte des [X.] erfolgt ist. Eine Aussetzung des Verfahrens scheidet aus, wenn feststeht, dass das Gericht aus anderen Gründen --wie im Streitfall aufgrund der Unzulässigkeit der Klage gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 [X.]O-- ohnehin keine Sachentscheidung treffen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.] vom 09.08.2001 - III R 58/99, [X.] 2002, 49, unter [X.]3. [Rz 19]; vom 29.12.2010 - III R 30/09, Rz 4; vom 25.07.2014 - III B 102/13, Rz 11).

2. Ebenfalls ohne Erfolg rügt der Kläger eine fehlerhafte Besetzung des erkennenden [X.]s beim [X.]. Der Kläger hat den geltend gemachten Verfahrensmangel, das [X.] sei in der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2022 nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O), nicht schlüssig dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O).

a) Der Kläger trägt vor, dass das [X.] gegen § 27 [X.]O verstoßen habe, indem im Lauf des Geschäftsjahres 2021 in einer einheitlichen Neuwahl alle ehrenamtlichen [X.] neu gewählt worden seien, es aber darauf verzichtet habe, für das Geschäftsjahr 2022 entsprechend § 27 [X.]O eine gesonderte Liste aufzustellen, die die Reihenfolge der Heranziehung der ehrenamtlichen [X.] nur für das Geschäftsjahr 2022 eigens regele. Der Kläger beruft sich hierzu auf eine Auskunft der Urkundsbeamtin des 8. [X.]s des [X.], nach der eine [X.] für das [X.] nicht existiert habe und stattdessen die einmal erstellte [X.] für die fünfjährige Dauer der Wahlperiode beibehalten werde.

b) Dieses Vorbringen des [X.] führt nicht zu einer schlüssigen Besetzungsrüge, weil der Kläger insoweit seine Ermittlungsobliegenheit nicht erfüllt hat.

aa) Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Aufstellung der Listen nach § 27 [X.]O durch das Präsidium des [X.], so ist, ebenso wie bei einer nicht ordnungsgemäßen Aufstellung des [X.], die [X.]bank nicht ordnungsgemäß besetzt ([X.] Hübschmann/[X.]/[X.] --[X.]--, § 27 [X.]O [X.] Rechtsmittel Rz 16). Bei der Prüfung von § 119 Nr. 1 [X.]O ist die Rechtmäßigkeit der Listen nach § 27 [X.]O ebenso wie die Rechtmäßigkeit des [X.] --anders als seine Auslegung und Würdigung durch das erkennende Gericht-- nicht nur auf Willkür, sondern auf jeden Rechtsverstoß zu untersuchen ([X.] [X.], § 27 [X.]O, [X.] Rechtsmittel, Rz 16). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Rechtsverstoß geeignet ist, die Sachlichkeit der Entscheidungsfindung in Frage zu stellen (vgl. zum Geschäftsverteilungsplan [X.] vom 14.03.2019 - V B 34/17, Rz 12 f.).

bb) Eine zulässige Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts gemäß § 119 Nr. 1 [X.]O setzt voraus, dass die Tatsachen bezeichnet werden, die den Verfahrensmangel ergeben. Es genügt nicht, nur "auf Verdacht" eine unvorschriftsmäßige Besetzung der [X.]bank zu behaupten, die das Revisionsgericht dann in tatsächlicher Hinsicht zu prüfen hätte. Kennt ein Beteiligter die tatsächlichen Grundlagen der Besetzung der [X.]bank nicht, vermutet er aber einen Verfahrensfehler, muss er versuchen, sich Aufklärung zu verschaffen und nach der mündlichen Verhandlung gegebenenfalls eigene Ermittlungen anstellen ([X.] vom 19.05.2008 - V B 29/07, [X.] 2008, 1501, unter [X.] [Rz 27]; vom [X.], [X.], 346, [X.] 2001, 651, unter 3.a [Rz 16]; vom 10.04.1995 - VIII R 69/94, [X.] 1995, 912, [Rz 8]; [X.] [X.], § 27 [X.]O [X.] Rechtsmittel Rz 16). Diese Sachverhaltsermittlung muss in geeigneter Weise erfolgen. Ein Kläger, der die ordnungsgemäße Besetzung des Gericht prüfen will, hat einen Anspruch darauf, dass ihm das [X.] Einblick in die Unterlagen über die Wahl und Heranziehung der ehrenamtlichen [X.] gewährt ([X.] vom [X.], [X.], 346, [X.] 2001, 651, unter 3.b.aa (2) [Rz 21]). Dieser Anspruch ist durch schriftliches Einsichtsbegehren gegenüber dem Präsidenten des [X.] geltend zu machen (vgl. [X.] vom [X.], [X.], 346, [X.] 2001, 651). Zur ordnungsgemäßen Darlegung des Verfahrensfehlers, das [X.] sei in der mündlichen Verhandlung nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, weil die Haupt- und Hilfsliste der ehrenamtlichen [X.] nicht gemäß § 27 [X.]O vom Präsidium des [X.] für das Geschäftsjahr neu bestimmt worden ist, hat der Kläger dementsprechend darzulegen, dass er diese Tatsache durch Einsichtnahme in die Unterlagen über die Wahl oder Heranziehung der ehrenamtlichen [X.] ermittelt hat oder nicht ermitteln konnte, weil ihm der Präsident des [X.] beziehungsweise die von diesem beauftragte Stelle die erforderliche Einsichtnahme verweigert hat.

cc) Der Kläger hat seiner Ermittlungsobliegenheit nicht genügt, indem er sich auf die Einholung einer Auskunft bei der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des zuständigen [X.]s beim [X.] beschränkt hat. Er hat diese Auskunft nicht durch Einholung einer Auskunft bei der zuständigen Stelle sowie durch Prüfung der Unterlagen über die Aufstellung der Listen nach § 27 [X.]O durch das Präsidium des [X.] verifiziert. Aus der vom Kläger wiedergegebenen Auskunft ergibt sich auch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit, dass konkrete Mängel bei der Aufstellung und Beschlussfassung des Präsidiums des [X.] über die [X.] der ehrenamtlichen [X.] für das [X.] vorlagen oder eine Beschlussfassung vollständig fehlte. Er hat schließlich auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen die nach seinen Angaben befragte Urkundsbeamtin des 8. [X.]s des [X.] überhaupt in der Lage war, sachgerecht Auskunft zu geben, da es nach § 27 [X.]O Aufgabe des Präsidiums des [X.] ist, die [X.] der ehrenamtlichen [X.] aufzustellen.

dd) Auch die vom Kläger zitierte Passage des [X.] des [X.] für das [X.], nach der die Ladung der ehrenamtlichen [X.] innerhalb der [X.] auch nach dem Jahreswechsel in der laufenden Reihenfolge der Liste erfolge, belegt keinen Verstoß gegen § 27 [X.]O. Es ist gerade Aufgabe des Präsidiums des [X.] festzulegen, ob bei Beginn eines neuen Geschäftsjahres während der laufenden Amtsperiode der ehrenamtlichen [X.] wieder mit dem ersten in der Liste aufgeführten [X.] zu beginnen oder über den Jahreswechsel hinaus in der bisherigen Reihenfolge fortzufahren ist ([X.] vom 06.04.1999 - XI R 17/97, [X.] 1999, 1243, unter [X.] am Ende [Rz 10]).

3. Von einer weiteren Begründung und insbesondere einer Darstellung des Sachverhalts sieht der [X.] gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O ab.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII B 31/22

25.07.2023

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 18. Januar 2022, Az: 8 K 203/20, Urteil

§ 27 Abs 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 119 Nr 1 FGO, § 65 Abs 1 S 1 FGO, § 65 Abs 2 S 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.07.2023, Az. VIII B 31/22 (REWIS RS 2023, 4831)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4831

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