Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.08.2017, Az. VII ZB 23/14

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5965

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:300817BVIIZB23.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 23/14

vom

30.
August 2017

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 727
a)
Nach §
727 Abs.
1 ZPO ist die Rechtsnachfolge, wenn sie nicht offenkundig ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen. Dieser Nachweis ist geführt, wenn aufgrund der Beweiskraft der öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde mit dem Eintritt der nachzuweisenden Tatsache dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach gerechnet werden kann.
b)
Ergibt sich aus einem Grundbuchauszug, dass ein [X.] gelöscht ist, kann daraus der Schluss gezogen werden, dass das Grundstück nicht mehr dem [X.] unterliegt.
[X.], Beschluss vom 30. August 2017 -
VII ZB 23/14 -
[X.]

Notar D.
-
2
-

Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am 30. August 2017 durch [X.]
Eick, [X.], Dr.
Kartzke und Prof.
Dr.
Jurgeleit sowie die Richterin [X.]
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Antragstellerin werden der Beschluss der 16.
Zivilkammer des [X.] vom 17.
April
2014 und der Bescheid des Notars G.

D.

vom 2.
Januar 2014 aufgehoben.
Der Notar wird angewiesen, die Umschreibung der vollstreckba-ren Ausfertigung zur Grundbuchbestellungsurkunde Nr.

zugunsten der Antragstellerin gegen den
Schuldner nicht mit der Begründung abzulehnen, die Löschung des [X.] im Grundbuch von [X.]

, Amtsgericht R.

, Blatt

, sei kein ausreichender Nachweis dafür, dass die Verfügungsmacht über das Grundstück wieder dem Eigentümer zustehe.

Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist aufgrund der [X.] Nr.

Inhaberin der im Grundbuch von [X.]

, Amtsgericht
R.

,
Bl.

, Abteilung
3 laufende Nr.
3 eingetragenen Grundschuld.
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3
-

Aus der [X.] will die Antragstellerin die [X.] betreiben.
Nachdem über das Vermögen des Eigentümers des Grundstücks das [X.] eröffnet worden war, erteilte Notar D. der Antragstellerin eine vollstreckbare Ausfertigung der [X.] gegen den Insolvenzverwalter.
Am 8.
Dezember
2009 erfolgte die Löschung des [X.]es im oben genannten Grundbuch.
Mit Schreiben vom 10.
Oktober
2013 hat die Antragstellerin die Um-schreibung der vollstreckbaren Ausfertigung zu der oben genannten Grund-schuldbestellungsurkunde gegen den Grundstückseigentümer beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das beschlagnahmte Grundstück sei vom In-solvenzverwalter freigegeben worden. Das ergebe sich aus der Löschung des [X.] am 8.
Dezember
2009.
Notar D. hat den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausge-führt, für die Umschreibung der begehrten vollstreckbaren Ausfertigung sei eine öffentlich beglaubigte Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters sowie ein Nachweis der Zustellung der Freigabeerklärung an den Grundstückseigentümer in öffentlicher Form ([X.]) erforderlich.
Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. [X.] hat die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechts-beschwerde.
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II.
Die nach § 54 Abs. 2 Satz 1 BeurkG, § 70 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Antragstellerin führt zur [X.] des angefochtenen Beschlusses und zur Anweisung an den Notar,
die Umschreibung der vollstreckbaren Ausfertigung zur [X.] Nr.

zugunsten der Antragstellerin gegen den Schuldner nicht
mit der Begründung abzulehnen, die Löschung des [X.] im Grundbuch von [X.]

, Amtsgericht R.

, Blatt

, sei kein ausrei-
chender Nachweis dafür, dass die Verfügungsmacht über das Grundstück [X.] dem Eigentümer zustehe.
1. [X.] hat ausgeführt:
Die Voraussetzungen für die Umschreibung der vollstreckbaren Ausferti-gung gemäß §
52 BeurkG, §
794 Abs.
1 Nr.
5, §
795 Satz
1, §
727 Abs.
1 ZPO seien nicht erfüllt. Zwar handele es sich bei dem Wechsel in der Verfügungsbe-fugnis vom Insolvenzschuldner auf den Insolvenzverwalter und nach einer Frei-gabe erneut auf den Insolvenzschuldner nicht um eine Rechtsnachfolge im ei-gentlichen Sinn. §
727 ZPO sei jedoch zumindest analog anzuwenden. Gemäß §
727 Abs.
1
ZPO sei eine vollstreckbare Ausfertigung für den Rechtsnachfol-ger zu erteilen, sofern die Rechtsnachfolge bei dem Gericht offenkundig sei
oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen [X.]. Dies sei vorliegend nicht der Fall.
Die Wirksamkeit der Freigabeerklärung, die zumindest die Erklärungen und den Zugang an den Schuldner voraussetze, sei von der Antragstellerin nicht in der geforderten Form nachgewiesen. Die Vorlage eines beglaubigten 7
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Grundbuchauszuges vermöge diesen Nachweis auch im Hinblick auf §
29 [X.] nicht zu führen. Denn insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Löschung des [X.] im Grundbuch lediglich deklaratorischen Charakter habe. Die Funktion des [X.] beschränke sich nämlich darauf, den nach §
892 Abs.
1 Satz 2 BGB geschützten öffentlichen Glauben an die [X.] Verfügungsmacht des Eigentümers zu zerstören. Aus dem Fehlen des Vermerks folge deshalb nicht,
dass die Verfügungsbefugnis des [X.] nicht bestehe. Deshalb lasse sich die Wirksamkeit bzw. das Vorlie-gen der Freigabeerklärung nicht aus dem [X.] herleiten.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. [X.] verlangt das Beschwerdegericht als Nachweis nach §
727 ZPO analog eine öffentlich beglaubigte Freigabeerklärung des [X.] sowie einen Nachweis der Zustellung der Freigabeerklärung an den Grundstückseigentümer in öffentlicher Form ([X.]).
a) Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass §
727
ZPO entsprechende Anwendung findet, wenn nach der Freigabe eines Grundstücks durch den Insolvenzverwalter Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner eingeleitet werden sollen. Zwar ist der Schuldner kein Rechtsnachfolger des Insolvenzverwalters. Jedoch fällt ihm die Verwaltungs-
und Verfügungsbefugnis über das Grundstück wieder zu (vgl. §
80 Abs.
1 [X.]). Nur der Schuldner kann nach der Freigabe des Grundstücks Adressat von nunmehr einzuleitenden Voll-streckungsmaßnahmen sein, weshalb eine Klauselumschreibung notwendig ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14.
April
2005 -
V
ZB
25/05, [X.] 2005, 840 f., juris Rn.
12
f.; vom 3.
Februar
2011 -
V
ZB
54/10,
[X.]Z 188, 177 Rn.
8).

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b) Des Weiteren zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass der Insolvenzverwalter einzelne Vermögensbestandteile aus dem [X.] zugunsten des Schuldners freigeben kann (st. Rspr. des [X.], siehe nur [X.], Urteil vom 9.
Februar
2012 -
IX
ZR
75/11, [X.]Z
192, 322 Rn.
22). Die Freigabe erfolgt durch empfangsbedürftige unwi-derrufliche Erklärung des Insolvenzverwalters gegenüber dem Schuldner ([X.], Urteil vom 5.
Oktober
1994 -
XII
ZR
53/93, [X.]Z 127, 156, 163 juris Rn.
30).
c) [X.] ist aber die Auffassung des Beschwerdegerichtes, im [X.] entsprechend §
727 ZPO könne der Rückfall der Verwaltungs-
und Verfügungsbefugnis auf den Schuldner nur mit einer öffent-lich beglaubigten Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters sowie eines Nachweises der Zustellung der Freigabeerklärung an den Schuldner in öffentli-cher Form ([X.]) erfolgen.
[X.]) Nach §
727 Abs.
1 ZPO ist die Rechtsnachfolge, wenn sie nicht of-fenkundig ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden [X.]. Dieser Nachweis ist nach allgemeiner Auffassung geführt, wenn auf-grund der Beweiskraft der öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde mit dem Eintritt der nachzuweisenden Tatsache dem gewöhnlichen Geschehensab-lauf nach gerechnet werden kann (vgl. [X.], 326, 328; [X.]/[X.], 5. Aufl., §
726 Rn.
40, §
727 Rn.
21; [X.], ZPO, 22. Aufl., §
726 Rn.
19 Fn.
127, §
727 Rn.
41, 43; [X.]/Stöber, ZPO, 31.
Aufl., §
726 Rn.
6; Hk-ZPO/Kindl, 7. Aufl., §
726 Rn.
4, §
727 Rn.
12). So hat bereits das [X.] entschieden, dass vom [X.] auf den [X.] der Forderung geschlossen werden kann ([X.], 326, 328).

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Das bedeutet für den Nachweis der Freigabe eines Grundstückes aus dem [X.], dass nicht zwingend die Freigabeerklärung des Insol-venzverwalters in Form einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde und ein Nachweis der Übermittlung der Freigabeerklärung an den Schuldner mittels öffentlicher Urkunde erforderlich sind. Es reicht aus, wenn aus einer an-deren öffentlichen Urkunde dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach der Schluss gezogen werden kann, dass das Grundstück vom [X.] freigegeben ist.
[X.]) Diese Voraussetzung liegt vor, wenn aufgrund eines [X.] festgestellt werden kann, dass der [X.] gelöscht ist.
Nach §
32 Abs.
3 [X.] erfolgt die Löschung des [X.] ent-weder auf Ersuchen des Insolvenzgerichts (§
32 Abs.
3 Satz
1 [X.], §
38 [X.]) oder auf Antrag des Insolvenzverwalters (§
32 Abs.
3 Satz
2 [X.]). Beantragt der Insolvenzverwalter die Löschung, hat er entweder die aus seiner Frei-gabeerklärung folgende Unrichtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich des Insol-venzvermerks durch öffentliche Urkunden nachzuweisen (§§
22, 29 Abs.
1 Satz
2 [X.]) oder eine Löschungsbewilligung in Form einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde abzugeben, §§
19, 29 Abs.
1 Satz
1 [X.] (MünchKomm[X.]/Schmahl/[X.], 3. Aufl., §§
32,
33 Rn.
83; [X.], [X.], 30. Aufl., §
38 Rn.
8; HK-[X.]/[X.], 8. Aufl., §
32 Rn.
23).
Damit beruht die Löschung des [X.] entweder auf einer Verfahrenserklärung des [X.] oder einer Verfahrenserklärung des Insolvenzverwalters. Aufgrund des gewöhnlichen Geschehensablaufes kann deshalb aus der Löschung des [X.] im Grundbuch der 16
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Schluss gezogen werden, dass das Grundstück nicht mehr dem [X.] unterliegt.
Zu diesem Beweisergebnis steht nicht im Widerspruch, dass der Insol-venzvermerk kein Grundstücksrecht darstellt, dessen Bestehen oder Erlöschen nach §
891 BGB vermutet wird. Diese Vermutung dient dem Schutz des Rechtsverkehrs bei Grundstücksgeschäften nach § 873 BGB. Das besagt aber nichts über den
Beweiswert von Eintragungen im Grundbuch, die keine Grund-stücksrechte betreffen.
3. Der angefochtene Beschluss kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§
74 Abs.
5 FamFG). Der [X.] kann in der Sache über die Beschwerde der Antragstellerin
gegen die Entscheidung des Notars selbst [X.], da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (§
74 Abs.
6 Satz
1
FamFG).
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9
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III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§
81 FamFG). Dem Notar sind keine Kosten aufzuerlegen, da er nicht Beteiligter, sondern erste Instanz im [X.] ist ([X.],
NJW 2013, 1588, 1590, juris Rn.
19).

Eick

[X.]

Kartzke

Jurgeleit

[X.]
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 17.04.2014 -
16 T 33/14I -

22

Meta

VII ZB 23/14

30.08.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.08.2017, Az. VII ZB 23/14 (REWIS RS 2017, 5965)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5965

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VII ZB 23/14

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