Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2012, Az. 3 StR 472/11

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 7715

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 472/11
vom
27. März 2012
in der Strafsache
gegen

wegen
Betruges
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27.
März
2012 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6.
Juli 2011 mit den zugehörigen Fest-stellungen aufgehoben mit Ausnahme des Schuldspruchs in den Fällen II. B
der Urteilsgründe
(Betrug zu Lasten des [X.]

) und
der in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in 42 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und ausgesprochen, dass aufgrund rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung ein Monat Freiheitsstrafe als verbüßt gilt. Weiter hat es den Verfall von [X.]
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klagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachbeschwerde den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§
349 Abs.
2 StPO).

Die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges in den Fällen II.
A der Urteilsgründe (Betrug zum Nachteil der [X.] "

") hat keinen [X.]. Der [X.] hat in seiner Zuschrift ausgeführt:
"Eine Strafbarkeit wegen Betruges gemäß §
263 Abs.
1 StGB setzt vo-raus, dass eine andere Person über Tatsachen getäuscht wird und durch den so hervorgerufenen Irrtum zu einer vermögensmindernden Verfügung veranlasst wird. Personenmehrheiten können nicht als sol-che Subjekt eines Irrtums sein. Vielmehr müssen bei arbeitsteilig täti-gen Unternehmen oder Organisationen die Urteilsgründe regelmäßig darlegen, wer im konkreten Fall auf welcher Grundlage und mit welchen Vorstellungen die Entscheidung über die Erbringung der vom Täter [X.] Leistung getroffen und damit die Verfügung vorgenommen hat (vgl. [X.], 313, 314 f.; 2006, 687; wistra 1997, 100; 2010, 148; BGHR StGB §
263 Abs.
1 Irrtum
9 und 15; [X.] 59.
Aufl. §
263 Rdn.
67).
Dies lässt sich den Urteilsfeststellungen nicht hinreichend entnehmen. Danach vertrauten die für die Auszahlung der Provisionen an die P.

'verantwortlichen Personen in der [X.]'
darauf, dass die Anga-ben des Angeklagten in seinen Rechnungen zutreffend waren (UA S.
8). Diese Feststellung bietet keine hinreichende Grundlage für die Beantwortung der Frage, inwieweit die Auszahlungen der Provisionen durch einen täuschungsbedingten Irrtum des [X.] veranlasst wurden. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Verantwortungsbereiche und unterschiedlichen Wissensstände bei arbeitsteilig tätigen Perso-
Einzelnen darzustellen gewesen, wer die Auszahlungen aufgrund [X.]r Anweisungen angeordnet und vorgenommen hat und ob und [X.] Mitglieder des [X.]vorstands Kenntnis von dem 'Spendenkon-strukt'
des Angeklagten hatten.

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Sollten die Auszahlungen der Provisionen von einem untergeordneten Mitarbeiter der [X.], etwa einem Beschäftigten aus der Buchhaltung, veranlasst worden sein, zeigt die [X.] nicht auf, dass die Per-son über die rein 'mechanische'
Anweisung der vom Angeklagten gel-tend gemachten Provisionen überhaupt die Möglichkeit oder Verpflich-tung hatte, Überlegungen hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Rechnungen anzustellen und daher einem Irrtum im Sinne von §
263 Abs.
1 StGB unterlag (vgl. BGHR StGB §
263 Abs.
1 Irrtum 16). Inso-weit geht aus den [X.] zur Beweiswürdigung lediglich hervor, dass die Zeugin M.

, eine Mitarbeiterin im [X.]büro der Vorsitzenden U.

, die Anweisung erhalten habe, Rechnungen vom Angeklagten ohne Kommentar zu bezahlen (UA S.
41). Nach Angaben des vor dem Tatzeitraum als Schatzmeister tätigen Zeugen

E.

brauchte dieser hinsichtlich der [X.] nichts zu prüfen, weil man ihm gesagt hatte, wenn U.

unterschrieben habe, sei das in Ordnung (UA S.
43). Ob dies auch im Tatzeitraum der Fall war, bleibt im Urteil offen. Nach diesen Aussagen liegt es aber nahe, dass der die Provisionen auszahlende (gutgläubige) Mitarbeiter seine Befugnis ausschließlich aus den Befugnissen seiner Vorgesetzten ab-u-schungsbedingten Irrtums des [X.] nicht auf dessen Kenntnis, sondern auf die Kenntnis der Vorgesetzten von der Unrichtigkeit der Abrechnungen abzustellen ist (vgl. BGHR StGB §
263 Abs.
1 Irr-tum
15).
Letztlich könnte diese Frage offen bleiben, wenn sich aus den [X.] mit ausreichender Sicherheit entnehmen ließe, dass die die Provisionsauszahlungen anweisenden Mitglieder des [X.]vor-stands ebenfalls gutgläubig waren und vom Angeklagten getäuscht Dafür, dass die Vorstandsmitglieder nicht gutgläubig waren, könnte auch die Aussage des Kassenprüfers K.

sprechen. Diesem waren Ungereimtheiten im Zusammenhang mit den Spenden aufgefallen; gleichwohl ist ihm eine Kassenprüfung verwehrt worden und hat er auf kritische Fragen keine Auskunft seitens der [X.]führung erhalten (UA S.
43). Schließlich lässt die Interessenlage, möglichst hohe Zuwendun-gen
vom Deutschen Bundestag zu erhalten, es als nicht ganz fernlie-gend erscheinen, dass die Vorstandsmitglieder U.

, M.

und Ma.

von dem [X.] Kenntnis hatten, dies aber im [X.] auf die [X.]enfinanzierung duldeten.
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Angesichts der unklaren Feststellungen zum Vorstellungsbild der [X.] werden. Es erscheint vielmehr nicht ausgeschlossen, dass sich der Angeklagte (nur) wegen Beihilfe zur Untreue schuldig gemacht hat."

Dem schließt sich der Senat an.
Mit dem Schuldspruch in den Fällen II.
A der Urteilsgründe unterliegen die für diese Taten verhängten Einzelstrafen, die Gesamtstrafe, die Kompensa-tions-
und die Verfallsentscheidung samt den zugehörigen Feststellungen (§
353 Abs.
2 StPO) der Aufhebung. Die Verurteilung in den Fällen II.
B der Urteilsgründe ist dagegen durch den Rechtsfehler nicht betroffen und bleibt be-stehen.
[X.] Pfister

Hubert

Mayer Menges
3
4

Meta

3 StR 472/11

27.03.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2012, Az. 3 StR 472/11 (REWIS RS 2012, 7715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7715

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