Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2017, Az. 2 StR 456/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 6249

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:230817U2STR456.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 456/16
vom
23.
August 2017
in der Strafsache
gegen

wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom 19.
Juli
2017 in der Sitzung am 23.
August 2017, an denen teilgenommen
haben:
[X.] am [X.]
Dr.
[X.]
als Vorsitzender,

die [X.] am [X.]
Prof. Dr.
[X.],
Dr.
Eschelbach,
die [X.]in am [X.]
Dr.
[X.],
der [X.] am [X.]
Dr. [X.],

St[X.]tsanwalt

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

in der Verhandlung
am 19. Juli 2017

als Verteidiger,

Amtsinspektorin

in der Verhandlung,
Amtsinspektorin

bei der Verkündung

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-

1.
Auf die Revision der St[X.]tsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 21.
April 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
2.
Das Verfahren wird eingestellt, soweit dem Angeklagten Untreue
zur Last liegt. Die insoweit entstandenen Verfahrens-kosten und notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der St[X.]tskasse zur Last.
3.
Im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer
des [X.]
zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung zu
einer Geldstrafe von 90
Tagessätzen zu je 100

verurteilt.
Hiergegen wendet
sich die St[X.]tsanwalt-schaft
mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision, die sich mit Einzelausfüh-rungen gegen den Freispruch und dagegen wendet, dass das [X.] den Angeklagten
nicht
wegen
vorsätzlicher, sondern lediglich wegen fahrlässiger
Insolvenzverschleppung verurteilt hat.
1
-
4
-
Das vom [X.] vertretene Rechtsmittel führt
zur Aufhebung des Urteils und

soweit der Angeklagte wegen des Vorwurfs der Untreue
freigesprochen wurde

wegen eines Verfahrenshindernisses
zur Verfahrenseinstellung.

I.
1. Das [X.] hat

soweit für die Entscheidung von Bedeutung

folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
Der Angeklagte war ab dem Jahr
2003 bis zu seinem Rücktritt im März 2012 Bürgermeister der [X.] [X.]

[X.]

. Herzstück

des Kurorts war das [X.].

, welches aufgrund einer finanziellen Schief-
lage im Jahr 2000 hatte schließen müssen. Wegen der Bedeutung des Kur-hotels für die [X.]
wurde nach dem Amtsantritt des Angeklagten im Jahr 2003 ein Konzept zu dessen
Wiedereröffnung entwickelt, an dem
unter anderem
private
Investoren
beteiligt werden sollten. Zu diesem Zweck wurde im [X.] die B.

gesellschaft mbH

(im Folgenden B.

GmbH) gegründet, deren Geschäftsführer der Angeklagte
war. [X.]er der B.

Bä.

GmbH

[X.]

, sowie
etwa 30 private Investoren, darunter der Angeklagte und seine Söhne.
[X.] wurde das
Kurhotel [X.]

wiedereröffnet.
Der Betrieb des Hotels
erfolgte

[X.]

[X.]

(im Folgenden

.

Ko[X.]

Verwaltungs
GmbHKomplementäre waren unter anderem die B.

GmbH sowie ab Juli
2011 auch die E.

GmbH.
Der Angeklagte hielt Beteiligungen an der
[X.]

[X.], zudem
war er einer von drei [X.]ern der E.

GmbH.

2
3
4
-
5
-
Geschäftsführer der
[X.]

[X.] war ab Mitte Juli 2011 der mittlerweile
verstorbene frühere Mitbeschuldigte N.

F.

, der hierfür ein (lediglich
buchhalterisch erfasstes) Gehalt von 800

brutto monatlich bezog. Dieser
ent-faltete allerdings keine eigenen Aktivitäten im Hinblick auf die Führung des [X.], sondern der [X.]

wurde maßgeblich von häufig wechselnden Direkto-
ren geführt, deren Entscheidungen
N.

F.

mangels Sachkenntnis
widerspruchslos
akzeptierte. Wegen seiner eigenen,
nicht unerheblichen finan-ziellen Beteiligung mischte sich der Angeklagte zunehmend in das laufende Geschäft der [X.]

[X.] ein, was von der Geschäftsführung
jeweils
gebilligt
wurde. Im August 2011 wurde der Angeklagte mit [X.] ausgestat-tet. Ab Mitte September 2011 war der Angeklagte nahezu täglich vor Ort, kümmerte
sich um Marketingmaßnahmen des Hotels, schloss Verträge mit [X.] ab, unterzeichnete Kündigungen, erstellte eigene Budgetpläne
und führte die für den Betrieb maßgeblichen Vertrags-
und Kreditverhandlungen. Ohne Zustimmung des Angeklagten durfte die
Buchhaltung
keine
Zahlungen mehr tätigen,
und
von dem im [X.] 2011 neu eingesetzten Hoteldirektor, dem Zeugen O.

,
wurde der Angeklagte als direkter Vorgesetzter angesehen.
Die [X.] hat angenommen, dass der Angeklagte jedenfalls
im [X.] aufgrund seines maßgeblichen Einflusses auf die Geschäfte und die betriebsinternen
Abläufe faktischer Geschäftsführer der [X.]

[X.] war.
Die finanzielle Lage der [X.]

[X.]
hatte
sich von Anfang an
als prob-
lematisch gestaltet. Die Finanzierung war ursprünglich auf ein Volumen von 4
Millionen

ausgelegt gewesen, tatsächlich waren aber im Zusammenhang mit der Aufnahme
des Hotelbetriebs bereits 5,4 Millionen

für Investitionen [X.]. Im
[X.] hatte die [X.]

[X.]

offene Forderungen

im sechsstelligen Bereich gegen ortsansässige Unternehmen, darunter auch die [X.]

[X.]. Eine Insolvenz der als wichtig angesehenen Betriebe, insbe-
sondere des
Hotelbetriebs
des [X.]

s,
sollte
aus Sicht von [X.]vor-
5
6
-
6
-
stand und -vertretung nach Möglichkeit vermieden werden, zumal der Verlust von Arbeitsplätzen gedroht hätte. Daher fasste der [X.]vorstand am
2.
November 2009 einen Beschluss zur Beitreibung kommunaler Forderungen. Dieser sah vor, dass Zahlungen der Schuldner zunächst nur angemahnt, aber nicht vollstreckt werden sollten
und bei größeren Rückständen der [X.]-vorstand im Einzelfall über die jeweilige Vorgehensweise entscheidet. In Um-setzung dieses Beschlusses wies der Angeklagte die Verwaltung
an, die Rück-stände des [X.]

s nicht beizutreiben, wobei er gegenüber
dem Kämmerer
äußerte, dies bringe ohnehin nichts, da kein Geld da sei.
[X.] bestanden gegenüber der [X.]

[X.] Forderungen der

K.

GmbH

.

100%igen Tochtergesellschaft der [X.]

[X.]

, wegen Kurtaxen
sowie Forderungen der [X.]

[X.]

,
resultierend aus Strom-
und

Wasserversorgung, Gebühren und Grundsteuern in Höhe von etwa
149.000

. Aufgrund ihrer finanziellen Lage beantragte die [X.]

[X.] die
Stundung der offenen Verbindlichkeiten, woraufhin die [X.]vertretung in einer
Sitzung vom 22.
Juni 2010 beschloss,
der [X.]

[X.] die Möglichkeit
einzuräumen, die Zahlungsrückstände in monatlichen Raten zu jeweils 3.000

zu tilgen. An der Beratung und Beschlussfassung der [X.]vertretung nahm der Angeklagte unter Hinweis auf §
25 Hessische [X.]ordnung
nicht teil. In den Monaten August bis Oktober 2010 zahlte die [X.]

[X.] die
geforderten Raten
an die [X.], danach wurden die Zahlungen jedoch ein-gestellt. Ungeachtet dessen wurden die Rückstände von der [X.] nicht geltend gemacht. Die
finanzielle Lage der [X.]

[X.] blieb weiterhin
angespannt, woran auch ein Sanierungsschnitt im [X.] nichts ändern konnte. So wurden Zahlungen auf Verbindlichkeiten aus dem laufenden Geschäftsbetrieb
des Hotels vorrangig an solche Gläubiger geleistet, die ihre 7
-
7
-
Forderungen mit Nachdruck geltend machten. Teilweise konnten Gehälter zunächst
nur hälftig ausgezahlt werden.
Nach der Kommunalwahl
änderte sich im Frühjahr 2011 die personelle Zusammensetzung des [X.]vorstands. Die Zahlungsrückstände der
[X.]

[X.] und deren Begleichung waren nun vielfach Gegenstand von Ge-
meindevorstandssitzungen.
Hierbei erteilte der Angeklagte
mehrfach mündlich über die Höhe der Rückstände Auskunft. Dass in diesem Zusammenhang von dem Angeklagten unrichtige Angaben getätigt wurden, hat das [X.] nicht festgestellt. Im Dezember 2011 beschloss die [X.]vertretung, dass die Stromlieferung an den [X.]

nur noch gegen Vorkasse erfolgen solle. Mit
Schreiben vom 10.
Januar 2012 teilte der [X.]vorstand der [X.]

[X.]
mit, dass die [X.] die Stromlieferungen
zum 29.
Februar 2012 einstellen werde. Gleichzeitig wurden die Zahlungen für die Stromlieferungen aus den Jahren 2009 bis 2011 in Höhe von insgesamt 117.698,22

eingefordert.
Am 27.
Januar 2012 bestanden gegenüber der [X.]

[X.] Forderungen der K.

GmbH wegen Kurtaxen in Höhe von 125.589,54

sowie Forderungen der Ge-meinde

[X.]

,
resultierend aus Strom-
und
Wasserversorgung, Ge-
bühren und Grundsteuern in Höhe von 158.662,77

, welche die [X.]

[X.]
weder aus vorhandenen Guthaben und Einnahmen
noch durch die Aufnahme von Darlehen erfüllen konnte. Einen Insolvenzantrag stellte der Angeklagte [X.] nicht. Er
ging nicht davon aus, faktischer Geschäftsführer der [X.]

[X.]
zu sein. Zudem vertraute er auch im [X.] noch darauf, dass die Gemein-de ihre Forderungen gegenüber der [X.]

[X.]

wie auch in der Vergangen-
heit

weiterhin nicht ernsthaft einfordern würde, und zog daraus den Schluss, dass die Forderungen der [X.] nicht fällig im Sinne von §
17 Abs.
2 [X.] seien.

8
-
8
-
Das [X.] hat angenommen, dass dem Angeklagten
die finanzielle Lage der [X.]

[X.] spätestens ab September 2011
vollständig bekannt
gewesen
sei, weil er nahezu täglich vor Ort
gewesen sei, eigene Budgetpläne erstellt und auch im eigenen Interesse die finanzielle Situation sowie Zahlungen der [X.]

[X.] kontrolliert sowie
entsprechende
[X.] besessen
habe. Zudem
habe der Angeklagte in einem Schreiben vom 26.
Januar 2012 an den Vorsitzenden der [X.]vertretung einen Antrag auf eine außerplan-ng der gemeindlichen Interessen

gestellt und darin ausgeführt, dass die Sparkasse vorab telefonisch mitgeteilt habe, sie werde dem [X.]

eine neue Finanzierung nur gewähren, wenn die [X.] ihre
Forderungen langfristig finanziere. Allerdings gehe die Sparkasse davon aus, dass mit Fälligstellung der Forderungen der [X.] auch bei Gewährung eines Darlehens durch die Sparkasse der [X.]

[X.] nicht genügend Mittel
zur Überbrückung des [X.] zur Verfügung stehen würden. Daher
könne eine Insolvenz der [X.]

[X.] nur abgewendet werden, wenn die
[X.] einer langfristigen Finanzierung ihrer offenen Forderungen [X.]. Dies geschah letztlich nicht.

Am 2.
März 2012 trat der Angeklagte von seinem Amt als Bürgermeister zurück. Im April 2012 kam es zu einer Besprechung von Mitgliedern der [X.]vertretung
und des [X.]vorstands, in der unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts die finanzielle Situation der [X.]

[X.]
erörtert und über
die Stellung eines Insolvenzantrags nachgedacht wurde. Man kam überein, zunächst
von der Stellung eines Insolvenzantrags abzusehen und die weitere Entwicklung abzuwarten, wobei von offenen Forderungen gegenüber der [X.]

[X.] in Höhe von ca. 350.000

ausgegangen wurde. Sowohl die
[X.]vertretung
als auch der [X.]vorstand waren weiterhin bestrebt, eine Insolvenz nach Möglichkeit zu vermeiden. Es kam auch nicht zu der mehr-fach angedrohten
Einstellung der Stromlieferung. Zum einen war
es
technisch 9
10
-
9
-
nicht durchführbar, den Strom ausschließlich für das [X.].

abzustellen, ohne dass weitere Stromabnehmer von der Maßnahme betroffen gewesen wären. Zum anderen
bestanden rechtliche Bedenken hinsichtlich der Durchset-zung der Stromsperre. Schließlich war den handelnden Personen klar, dass die Durchführung der Stromsperre zur Einstellung des laufenden Betriebs im [X.]

führen würde.
Am 14.
November 2012 stellte die [X.]

[X.]

, vertreten
durch ihren neuen
Bürgermeister, als Gläubigerin beim [X.] einen Insolvenzantrag über das Vermögen der [X.]

[X.]. Diese Entscheidung war
am 31.
Oktober 2012 im Rahmen einer [X.]vertretersitzung getroffen worden. Ausschlaggebend hierfür war der Umstand, dass allein in den voran-gegangenen
fünf Monaten weitere Forderungen gegenüber der [X.]

[X.] in
Höhe von ca. 70.000

entstanden waren. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 1.
Februar 2013 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

II.
1. Die mit der näher ausgeführten Sachrüge begründete Revision der St[X.]tsanwaltschaft führt zur Einstellung des Verfahrens, soweit der Angeklagte vom Vorwurf der
Untreue freigesprochen wurde
(Anklagepunkt Ziff. 1); insofern fehlt es an einer wirksamen Anklage.
a) Dem liegt Folgendes zu Grunde:
Die Anklageschrift der St[X.]tsanwaltschaft [X.] vom 21.
August 2013 legt dem Angeklagten

neben dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung gemäß
§
15a [X.] (Anklagepunkt Ziff. 2)

[X.]

gemäß §
266
11
12
13
14
-
10
-
Abs.
1 StGB begangen zu haben
(Anklagepunkt Ziff. 1). Im konkreten [X.] wird zum Untreuevorwurf
einleitend dargestellt, dass der Angeklagte seit 2003 bis zu seinem Rücktritt im März 2012 Bürgermeister der [X.]

[X.]

war und außerdem als faktischer Geschäftsführer der [X.]

[X.]
tätig wurde. .

K.

GmbH beteiligt war, über die sie die von den [X.]

gesellschaften

vereinnahmten
Kurtaxenbeträge erhielt. Zudem wird mitgeteilt, dass von der
[X.]

[X.] seit dem [X.] Kurtaxen erhoben wurden, diese aber zumin-
dest ab dem [X.] nicht bzw. nicht vollständig an die [X.] abgeführt wurden. Desweiteren werden die
von der [X.]

[X.] geschuldeten
Kurtaxen-
beiträge und weitere offene Verbindlichkeiten (wie Stromkosten und Grund-steuern etc.) gegenüber der [X.] im [X.]raum von 2008 bis 2012 darge-legt.

Zur Tat selbst ist in der Anklageschrift ausgeführt:

verweigerte aber auf Anfragen des [X.]vorstandes und der Kommu-nalaufsicht zunehmend die Auskunftserteilung über den Stand der Zahlungen der Kurtaxen sowie der weiteren Verbindlichkeiten und veranlasste, obwohl er dazu verpflichtet, fähig und rechtlich in der Lage gewesen war, zumindest ab Vermögensinteressen der [X.]

[X.]

, welche der Angeschuldig-
te
als Bürgermeister und Aufsichtsrat der K.

GmbH zu beachten hatte, zu-
mindest ab der Stundungsvereinbarung vom Juni 2010
bis zu seinem Rücktritt als Bürgermeister am 2.
März 2012,
beeinträchtigt und es entstand der [X.]

[X.]

ein sich jährlich vergrößernder Schaden aufgrund der
nicht gezahlten Verbindlichkeiten und Nichteinhaltung der Ratenzahlungsver-einbarung in der [X.] von Juni 2010 bis Anfang 2012 von zuletzt insgesamt detailliertere Darstellung des [X.], insbesondere
15
-
11
-
eine nähere Konkretisierung der untreuerelevanten Tathandlungen,
enthält die Anklage
nicht.
b) Die Anklageschrift genügt in Bezug auf den Vorwurf der Untreue zum Nachteil der [X.] (Anklagepunkt Ziff. 1) nicht den sich aus der [X.] ergebenden Mindestanforderungen an die Konkretisierung
der
dem Angeklagten
vorgeworfenen Tat (§
200 Abs.
1 Satz
1 [X.]).

[X.]) Eine Anklage ist dann unwirksam mit der Folge, dass das Verfahren wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung einzustellen ist, wenn etwaige Mängel ihre Umgrenzungsfunktion betreffen
(st. Rspr.; [X.], Beschluss vom 4.
Februar 2014

2
StR 533/13, [X.], 151; [X.], Urteil vom 28.
Oktober 2009

1
[X.], [X.], 159, 160). Mängel der [X.] berühren ihre Wirksamkeit dagegen nicht (vgl. [X.], Urteil vom 2.
März 2011

2
StR 524/10,
[X.]St 56, 183, 185). Die Umgrenzungsfunktion der Anklage dient dazu, den [X.] festzulegen, mit dem sich das Gericht aufgrund seiner Kognitionspflicht zu befassen hat. Die Anklageschrift hat die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie [X.] und Ort ihrer Bege-hung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs klargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist
(st. Rspr.;
vgl. [X.], Beschluss vom 4.
Februar 2014

2
StR 533/13, [X.], 151; [X.], Urteil vom 11.
Januar 1994

5 [X.], [X.]St 40, 44, 45; Beschluss
vom 29.
November 1994

4 [X.], [X.], 245 jeweils
mwN).
Jede einzelne Tat muss sich als historisches Ereignis von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen des Angeschuldigten unterscheiden las-sen, damit sich die Reichweite des Strafklageverbrauchs und Fragen der Verfolgungsverjährung
eindeutig beurteilen lassen
([X.], Urteil vom 2.
März 2011

2
StR 524/10, [X.]St 56, 183, 186). Die Umstände, welche die gesetzli-chen Merkmale der Straftat ausfüllen, gehören dagegen nicht zur Bezeichnung 16
17
-
12
-
der Tat. Wann die Tat in dem beschriebenen Sinne hinreichend umgrenzt ist, kann nicht abstrakt, sondern nur nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles festgelegt werden
([X.], Urteil vom 2.
März 2011

2
StR 524/10, [X.]St 56, 183, 186).
So
kann sich etwa aus der besonderen rechtlichen Ausgestaltung eines [X.] ergeben, dass erhöhte Anforderungen zu stellen sind ([X.], Beschluss vom 5.
Mai 1999

3
StR 153/99, [X.]R [X.] §
200 Abs.
1 Satz
1
Tat
23).
[X.]) Den sich danach ergebenden Anforderungen an die Umgrenzung des [X.]s wird die Anklageschrift
vom 21.
August 2013 im Anklagepunkt
Ziffer
1

insbesondere vor dem Hintergrund des verfassungs-rechtlichen Präzisierungsgebots beim [X.] (vgl. [X.], Beschluss
vom 23.
Juni 2010

2
BvR 2559/08, [X.]E
126, 170, 198)

nicht gerecht. Aus der Anklageschrift
ergibt sich nicht hinreichend konkret, welche
bestimmte Tat
die St[X.]tsanwaltschaft gegen den Angeklagten

über die Insol-venzverschleppung hinaus

als Untreue zum Nachteil der [X.] zur Anklage
bringen wollte. Insofern fehlt es insbesondere an der Konkretisierung eines nach §
266 Abs.
1 StGB tatbestandsmäßigen Verhaltens des Angeklag-ten zum Nachteil der [X.] (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 3.
Februar 1995

2
StR 630/94, [X.]R [X.] §
200 Abs.
1 Satz
1 Tat
10
und vom 4.
Februar 2014

2
StR 533/13, [X.], 151; [X.], Beschluss vom 2.
Oktober 2002

3
StR 315/02; wistra
2003, 111, 112).

(1) Der Anklagesatz enthält zunächst
in Bezug auf den Untreuevorwurf lediglich
eine allgemein gehaltene, zusammenfassende Schilderung, dass der Angeklagte seit Juni 2010 auf Anfragen des [X.]vorstandes und der

den Stand der [X.]. Diese Beschreibung reicht nicht aus, eine mögliche Untreuestraftat
des Angeklagten 18
19
-
13
-
hinreichend deutlich im Sinne des §
200 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu umgrenzen.
Es bleibt

neben der vagen zeitlichen Eingrenzung

vollständig offen, welches von anderen gleichartigen Taten abgrenzbare, individualisierbare Verhalten (Tun oder Unterlassen) im Zusammenhang mit Anfragen einer Institution ([X.]vorstand
oder Kommunalaufsicht) als untreuerelevante und zu einem
Schaden der [X.] führende Pflichtverletzung dem Angeklagten zur Last gelegt werden soll.

Näheres ergibt sich auch nicht aus dem sonstigen Inhalt der [X.]. Zwar dürfen bei der Prüfung, ob die Anklage die gebotene Umgrenzung leistet, die Ausführungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen zur Ergän-zung und Auslegung des Anklagesatzes herangezogen werden ([X.], Urteil vom 17.
August 2000

4
StR 245/00, [X.]St 46, 130, 134; Urteil vom 22.
August 2001

5
StR 431/00, [X.], 656, 657; Beschluss vom 19.
Februar 2008

1
StR 596/07, [X.]R [X.] §
200 Abs.
1 Satz
1 Tat
24; [X.], 7.
Aufl.,
§
200 Rdn.
31 mwN), wenn sich aus diesem
[X.] Grundlagen einer Tatbeteiligung ergeben ([X.], Urteil vom 28.
Oktober 2009

1
[X.]; NStZ
2010, 159, 160). Zur näheren Konkretisierung tragen
die Angaben im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen vorliegend jedoch
nicht bei. Hieraus ergeben sich lediglich genauere Informationen zur Person des Angeklagten, zu den
Aussagen von Zeugen, den durchgeführten Finanzermittlungen sowie zur Zahlungsunfähigkeit der [X.]

[X.]. Zu mögli-
chen (Teil-)Akten einer Untreuehandlung des Angeklagten lässt auch das we-sentliche Ergebnis der Ermittlungen jedwede Information vermissen, insbeson-dere enthält es keine Angaben zu etwaigen an den Angeklagten als Bürger-meister gerichteten Anfragen von Gremien oder Aufsichtsbehörden, zu erteilten oder unterlassenen Auskünften des Angeklagten oder zu sonstigen möglichen untreuerelevanten Handlungen.
20
-
14
-
(2) Soweit im konkreten Anklagesatz weiter
geschildert wird, der Ange-klagte habe die Zahlung der Kurtaxen sowie der weiteren Verbindlichkeiten
des
[X.]

s

ebenfalls keine hinreichende Konkreti-
sierung
der ihm
zur Last gelegten
Untreuetat im Sinne des §
200 Abs.
1 Satz
1 [X.]. Dieser Sachverhalt betrifft ersichtlich
sein
Nichttätigwerden als faktischer Geschäftsführer der [X.]

[X.] (und nicht sein Handeln als Bürgermeister),
denn nur als solcher war der
Angeklagte
in die betrieblichen Vorgänge des Hotels
eingebunden und befugt, Zahlungen für die [X.] vorzunehmen. Handlungen des Angeklagten als Geschäftsführer des [X.]

s, etwa zum
Nachteil einer der [X.]

gesellschaften

sollten nach dem Willen der
St[X.]tsanwaltschaft allerdings ausdrücklich
nicht angeklagt werden, was auch der Begleitverfügung der St[X.]tsanwaltschaft [X.] vom 21.
August 2013 zu entnehmen ist, wonach das Verfahren gemäß §
154 Abs. 1 [X.] auf die Un-treue zum Nachteil der [X.] und die Insolvenzverschleppung beschränkt wurde.

c) Die Unwirksamkeit der Anklageschrift führt zur Verfahrenseinstellung. Die Mängel der Anklageschrift konnten weder durch den Eröffnungsbeschluss vom 16.
Dezember 2015, in dem das [X.] klarstellend Ausführungen zur Konkretisierung des Anklagevorwurfs gemacht hat, noch durch einen gerichtlichen
Hinweis zu Beginn der Hauptverhandlung geheilt werden.
Eine unwirksame Anklageschrift stellt keine taugliche [X.] für das Hauptverfahren dar (LR-[X.]/Stuckenberg, 26.
Aufl., §
200 Rn.
86; [X.], [X.] 1997, 33, 35; [X.]/[X.], 2.
Aufl., §
200 Rn.
18). Allein
der St[X.]tsanwaltschaft obliegt die Pflicht, den Verfahrensgegenstand festzulegen (vgl. [X.], 28.
Edition/Stand 1.
Juli 2017, §
200 Rn.
20; [X.]/[X.], 1.
Aufl., §
200 Rn.
111; vgl. schon [X.], Urteil vom 17.
August 2000

4
StR 245/00, [X.]St 46, 130, 134 im Zusammenhang 21
22
23
-
15
-
mit der unzulässigen Korrektur des Tatzeitraums durch den Tatrichter, die die Identität zwischen angeklagter und abgeurteilter Tat aufhebt); es widerspräche dem Anklageprinzip des §
151 [X.], dem Gericht
die Möglichkeit einzuräumen, eine nicht hinreichend umgrenzte und damit an sich unwirksame Anklage zu konkretisieren, damit sie der erforderlichen Umgrenzungsfunktion genügt (LR-[X.]/Stuckenberg, 26.
Aufl., §
200 Rn.
88; [X.], [X.] 1997, 33, 35; [X.]/[X.], 2.
Aufl., §
200 Rn.
18). Es ist dem Tatrichter deshalb ver-sagt, eine Anklageschrift, die wie hier auch nach der unter Berücksichtigung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen
gebotenen Auslegung der Um-grenzungsfunktion nicht genügt und deshalb unwirksam ist, durch Rückgriff auf außerhalb liegende Umstände zu ergänzen und damit zu heilen. Ansonsten bestünde die nicht hinzunehmende Gefahr, dass sich der Angeschuldigte im Zwischenverfahren nicht angemessen gegen einen für ihn unklaren Tatvorwurf verteidigen kann, wenn eine ausreichende Tatkonkretisierung erst durch das eröffnende Gericht vorgenommen werden würde (vgl. [X.], [X.] 1985, 252, 255; [X.], [X.] und Eröffnungsbeschluss und ihre Heilung im späteren Verfahren, [X.]
73
f. jeweils unter Hinweis auf den Fair-Trial Grundsatz; vgl. weitergehend auch [X.], Beschlüsse vom 3.
Mai 1995

1
Ws 456 und 457/94, [X.], 111, 112).
Soweit sich einige ältere Entscheidungen des [X.] mit den Möglichkeiten der Heilung von Mängeln bei der Umgrenzungsfunktion der
denen es der [X.] für zulässig erachtet hatte, den in der [X.] nicht hinreichend umgrenzten Tatvorwurf im Hinblick auf die Dauer der Hinweimachen ([X.], Urteil vom 3.
Mai 1972

3
StR 49/72,
GA 1973, 111, 112;
Se-nat, Urteil vom 20.
Februar 1980

2
StR
828/79,
GA 1980, 468). Diese [X.]
-
16
-
sprechung ist mit der Aufgabe der [X.] geworden (so auch [X.]-[X.], [X.]O, §
200 Rn.
111; vgl. aber bei [X.] [X.], Beschluss vom 31.
Januar 2008

3
Ss 500/07, [X.] 2008, 509, 510). Dies übersieht die heute noch vereinzelt in der Literatur (vgl. [X.]/[X.], [X.], 60.
Aufl., §
200 Rn. 26, §
207 Rn.
12; [X.], [X.], 5.
Aufl., §
200 Rn.
10) und in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ([X.], Beschluss vom 22.
September 1992

3
Ss 31/92, [X.], 147; [X.], Beschluss vom 31.
Januar 2008

3
Ss 500/07, [X.]
2008, 509, 510) vertretene Gegensicht, die sich zum Teil noch auf die überkommene Rechtsprechung des [X.] stützt, ohne ihre Rechtsauffassung im Übrigen zu begründen.
d) Das Urteil
unterliegt insoweit der Aufhebung, das Verfahren ist einzu-stellen (vgl. [X.], Urteil vom 17.
August 2000

4
StR 245/00, [X.]St 46, 130, 136
f.). Dies steht einer neuen, den verfahrensrechtlichen Anforderungen gerecht
werdenden Anklage nicht entgegen (vgl. [X.], Urteil vom 28.
Oktober 2009

1 [X.], [X.], 308, 309; Beschluss vom 29.
November 1994

4
[X.], [X.], 245
f.).
2. Das Rechtsmittel hat im Übrigen mit der Sachrüge Erfolg, soweit
die St[X.]tsanwaltschaft eine Verletzung des §
264
[X.]
rügt. Das [X.] hat seiner umfassenden Kognitionspflicht nicht genügt.
a) Nach §
264 [X.] muss das Gericht die in der Anklage bezeichnete Tat so, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt, unter allen rechtlichen Gesichtspunkten aburteilen. Es ist verpflichtet, den [X.], sofern keine rechtlichen Hindernisse im Wege
stehen ([X.], Urteil vom 12.
Februar 2014

2
StR 308/13, [X.], 599, 600; [X.], Urteil vom 24.
Oktober 2013

3
StR 258/13, [X.], 25
26
27
-
17
-
57; Beschluss vom 9.
November 1972

4
StR 457/71, [X.]St 25, 72, 75
f.; [X.]/[X.], [X.]O, §
264 Rn.
10).
Zur Tat im prozessualen Sinne ge-hört

unabhängig davon, ob Tateinheit oder Tatmehrheit vorliegt

das gesam-te Verhalten des [X.], soweit es nach der Auffassung des Lebens einen ein-heitlichen Vorgang darstellt ([X.], Urteil vom 21.
Dezember 1983

2
StR 578/83, [X.]St 32, 215, 216 mwN). Somit umfasst der [X.], aus dem die zugelassene Anklage einen strafrechtlichen Vorwurf herleitet, alle [X.] zusammenhängenden und darauf bezüglichen Vorkommnisse, auch wenn diese in der Anklageschrift nicht ausdrücklich erwähnt sind. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Entscheidend ist, ob zwischen den in Betracht kommenden Verhaltensweisen

unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung

ein enger sachlicher Zusammenhang besteht ([X.], Urteil vom 17.
März 2004

5
StR 314/03, [X.], 582, 583 mwN).
b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil in Bezug auf den Vorwurf der Insolvenzverschleppung nach §
15a Abs.
4
[X.] i.V.m. §
15a Abs.
1 [X.] (Anklagepunkt Ziffer
2), der nach dem Gesetz die beiden Eröff-nungsgründe
der Zahlungsunfähigkeit (§
17 [X.]) und der Überschuldung

19 [X.]) als [X.] umfasst,
nicht in vollem Umfang gerecht.

[X.])
Zwar ist die [X.] auf Grundlage der getroffenen Feststellun-gen ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass mit dem Schreiben des [X.]vorstands
vom 10.
Januar 2012 Zahlungsunfähigkeit im Sinne von §
17
[X.] eingetreten ist. Es ist ungeachtet der weiteren Gespräche über den Fortbestand der [X.]

[X.] im April 2012 rechtlich nicht zu beanstanden, dass
das [X.] von einem ernsthaften [X.] der nunmehr fälligen Forderungen

gegenüber der [X.]

[X.] ausgegangen ist [X.],
[X.], 7.
Aufl., §
17 Rn. 25 ff.; [X.], Urteil vom 14.
Mai 2009

IX
ZR 63/08,
[X.], 471, 472
f.; [X.], Beschluss vom 21.
August 2013

1
StR 665/12, 28
29
-
18
-
NJW
2014, 164, 165; [X.], Beschluss vom 16. Mai 2017

2
StR 169/15, juris Rn.
32).
Unter Berücksichtigung dieser Forderungen der [X.] bestanden zum 10.
Januar 2012 fällige Verpflichtungen in einer Höhe, welche die [X.]

[X.] weder aus vorhandenen Guthaben und Einnahmen noch durch die [X.] erfüllen konnte.
[X.]) Allerdings hat das [X.] rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob neben
der festgestellten Zahlungsunfähigkeit im Sinne des §
17 [X.] gegebe-nenfalls auch der Insolvenzgrund der Überschuldung nach §
19 [X.] anzuneh-men ist, wozu
nach den Feststellungen Anlass bestand.
Eine Überschuldung liegt gemäß §
19 Abs.
2 Satz
1 [X.] vor, wenn das Vermögen die Schulden nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des [X.] ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Um eine Überschuldung
zu ermitteln, bedarf es eines Überschuldungsstatus in Form einer Vermögensbilanz, die über die tatsächlichen Werte des [X.]s-vermögens Auskunft gibt ([X.], Beschluss vom
23.
Juli 2015

3
StR 518/14, [X.], 341, 342 mwN). Zwar wird in der Anklageschrift nicht ausdrück-lich auf eine bilanzielle Überschuldung der [X.]

[X.] abgestellt. Allerdings
besteht in der vorliegenden Konstellation zwischen den beiden Tatvarianten des §
15a Abs.
1 Satz
1 [X.] ein derart enger sachlicher Zusammenhang, dass das [X.] gehalten war, neben dem Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit (§
17 [X.]) auch die Überschuldung (§
19 [X.]) der [X.]

[X.] im Tatzeit-
raum in den Blick zu nehmen und abzuurteilen (vgl. [X.], Urteil vom 17.
März 2004

5
StR 314/03, [X.], 582, 583). Mögliche
Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Überschuldung lassen sich

zumal Feststellungen zum Wert des durch Investitionen erneuerten [X.]

s in den Urteilsgründen fehlen

vorliegend sowohl
der Anklageschrift
als auch den Urteilsgründen entnehmen. Daraus
ergeben sich nicht nur Verbindlichkeiten des [X.]

s gegenüber der
30
31
-
19
-
[X.]

[X.]

in Höhe von insgesamt mehr als 284.000

, sondern
auch Hinweise auf weitere Schulden der [X.]

[X.] gegenüber sonstigen

Gläubigern in nicht unerheblicher Höhe. So war es im [X.] zu einem [X.] gekommen, der an der finanziell angespannten Situation
der
[X.]

[X.] nichts ändern konnte. Zahlungen auf Verbindlichkeiten aus dem
laufenden Geschäftsbetrieb des Hotels wurden vorrangig an solche
Gläubiger geleistet, die ihre Forderungen mit Nachdruck geltend machten. Teilweise konn-ten Gehälter zunächst nur hälftig ausgezahlt werden. Schließlich weigerte sich die Sparkasse im Januar 2012,
der [X.]

[X.] eine Zwischenfinanzierung zu
gewähren, ohne dass die [X.] einer langfristigen Finanzierung ihrer offe-nen Forderungen zustimmen würde.
cc) Das von der Anklage umfasste Tatgeschehen hatte das [X.]

ggf. unter Erfüllung seiner Hinweispflicht nach §
265 Abs.
1 [X.]

bei seiner
Urteilsfindung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend zu prüfen
(vgl. [X.], Urteil vom 12.
Februar 2014

2
StR 308/13, [X.], 599, 600 mwN).
Dass die [X.]
rechtsfehlerhaft dieser Pflicht nicht nachgekom-men ist, stellt einen sachlich-rechtlichen
Mangel dar (vgl. [X.], Urteil
vom 20.
März 2012

1
StR 648/11, [X.], 215, 216; Urteil
vom 16.
Dezember 1982

4
StR 644/82, [X.], 174, 175; [X.]/[X.], [X.]O, §
264 Rn.
12; KK-[X.]/[X.], [X.]O,
§
264 Rn.
25).
c) Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil auch.
[X.]) Das [X.] ist davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte als faktischer Geschäftsführer der [X.]

[X.] wegen fahrlässiger Insolvenz-
verschleppung nach §
15a Abs.
5
[X.] strafbar gemacht hat. Dabei hat es aus-schließlich auf den Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit abgestellt und e-32
33
34
-
20
-
stand des Stillhalteabkommens vertraute bzw. die Frage der Fälligkeit der Forderungen
im Sinne von §
17 Abs.

, weil er
bis
zuletzt davon ausgegangen sei, dass die [X.] die aufgelaufenen [X.] nicht geltend machen werde. Das [X.] hat diese Vorstellung des Angeklagten
als Irrtum über den Insolvenzgrund angesehen, der einen Tatbe-standsirrtum darstelle, mit der Folge, dass eine Verurteilung wegen vorsätzli-cher Insolvenzverschleppung nicht in Betracht komme.

[X.]) Ob damit ein Irrtum
über
die tatsächlichen Voraussetzungen eines Insolvenzgrundes, der einen
Tatbestandsirrtum im Sinne des §
16 StGB [X.] würde (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Wittig, Wirtschafts-
und Steuerstraf-recht, 2.
Aufl., [X.], §
15a Rn.
142; MüKo-[X.]/[X.], 3.
Aufl.,
§
15a Rn.
336 mwN; [X.], [X.], 14.
Aufl., §
15a Rn.
66), rechtsfehlerfrei [X.] ist,
wird das neue Tatgericht
genauer als bisher zu untersuchen haben. Bei der Prüfung des subjektiven Tatbestands des §
15a [X.]
wird es
auch den weiteren Insolvenzgrund der Überschuldung in den Blick nehmen müssen.
Bei Anzeichen einer Krise hat der Geschäftsführer einer [X.] die Pflicht, sich durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand
zu verschaffen und notfalls unter fachkundiger Prüfung zu entscheiden, ob eine positive Fortbestehungsprognose besteht (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Juni 1994

II
ZR 292/91, NJW 1994, 2220, 2224
zu §
64
GmbHG aF). Ob der Angeklagte dies getan hat, hat das [X.] nicht geprüft. Dadurch hat es sich den Blick darauf verstellt, dass der
Angeklagte
auch
insoweit

bedingt vorsätzlich

eine Insolvenzverschleppung begangen haben könnte. Dafür würde es bereits ausreichen,
wenn sich der Geschäftsführer

wie hier

trotz der Anzeichen einer
Krise keine Informationen über die wirtschaftliche [X.] verschafft und deshalb nichts von der Überschuldung gewusst hat (vgl. [X.], Urteil vom 24.
April 2008

8
U 5/08, [X.] 2008, 778, 779 f. mwN zu §
64
GmbHG aF).

35
-
21
-
cc) Der [X.] kann deshalb nicht ausschließen, dass das [X.]

hätte es die im Zusammenhang erwähnten Umstände und den
Insolvenz-grund
der Überschuldung in den Blick genommen

von einer vorsätzlichen Insolvenzverschleppung
ausgegangen wäre. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.

[X.]

[X.]

Eschelbach

[X.]

[X.]
36

Meta

2 StR 456/16

23.08.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2017, Az. 2 StR 456/16 (REWIS RS 2017, 6249)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6249

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