Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.08.2017, Az. 2 StR 456/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 6267

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Gegenstand

Insolvenzverschleppung: Umfang der gerichtlichen Kognitionspflicht; bedingt vorsätzliche Tatbegehung


Tenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 21. April 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Das Verfahren wird eingestellt, soweit dem Angeklagten Untreue zur Last liegt. Die insoweit entstandenen Verfahrenskosten und notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

3. Im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 100 € verurteilt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision, die sich mit Einzelausführungen gegen den Freispruch und dagegen wendet, dass das [X.] den Angeklagten nicht wegen vorsätzlicher, sondern lediglich wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung verurteilt hat.

2

Das vom [X.] vertretene Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils und - soweit der Angeklagte wegen des Vorwurfs der Untreue freigesprochen wurde - wegen eines Verfahrenshindernisses zur Verfahrenseinstellung.

I.

3

1. Das [X.] hat - soweit für die Entscheidung von Bedeutung - folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

4

Der Angeklagte war ab dem [X.] bis zu seinem Rücktritt im März 2012 Bürgermeister der [X.] [X.]    [X.]. Das „Herzstück“ des Kurorts war das [X.].   , welches aufgrund einer finanziellen Schieflage [X.] hatte schließen müssen. Wegen der Bedeutung des Kur-hotels für die [X.] wurde nach dem Amtsantritt des Angeklagten im [X.] ein Konzept zu dessen Wiedereröffnung entwickelt, an dem unter anderem private Investoren beteiligt werden sollten. Zu diesem Zweck wurde im [X.] die „B.              gesellschaft mbH        “ (im Folgenden „[X.]“) gegründet, deren Geschäftsführer der Angeklagte war. [X.]er der [X.] waren die „[X.].             GmbH“, eine 100%ige Tochtergesellschaft der [X.]   [X.], sowie etwa 30 private Investoren, darunter der Angeklagte und seine Söhne. [X.] wurde das [X.].    wiedereröffnet. Der Betrieb des Hotels erfolgte durch die „[X.][X.]“ (im Folgenden „[X.]“). Kommanditistin war die „[X.].        Verwaltungs GmbH“, Komplementäre waren unter anderem die [X.] sowie ab Juli 2011 auch die [X.] Der Angeklagte hielt Beteiligungen an der [X.], zudem war er einer von drei [X.]ern der E.    GmbH.

5

Geschäftsführer der [X.] war ab Mitte Juli 2011 der mittlerweile verstorbene frühere Mitbeschuldigte [X.], der hierfür ein (lediglich buchhalterisch erfasstes) Gehalt von 800 € brutto monatlich bezog. Dieser entfaltete allerdings keine eigenen Aktivitäten im Hinblick auf die Führung des Hotels, sondern der [X.].    wurde maßgeblich von häufig wechselnden Direktoren geführt, deren Entscheidungen [X.]mangels Sachkenntnis widerspruchslos akzeptierte. Wegen seiner eigenen, nicht unerheblichen finanziellen Beteiligung mischte sich der Angeklagte zunehmend in das laufende Geschäft der [X.].   KG ein, was von der Geschäftsführung jeweils gebilligt wurde. Im August 2011 wurde der Angeklagte mit [X.] ausgestattet. Ab Mitte September 2011 war der Angeklagte nahezu täglich vor Ort, kümmerte sich um Marketingmaßnahmen des Hotels, schloss Verträge mit Reiseanbietern ab, unterzeichnete Kündigungen, erstellte eigene [X.] und führte die für den Betrieb maßgeblichen Vertrags- und Kreditverhandlungen. Ohne Zustimmung des Angeklagten durfte die Buchhaltung keine Zahlungen mehr tätigen, und von dem im [X.] 2011 neu eingesetzten Hoteldirektor, dem Zeugen [X.], wurde der Angeklagte als direkter Vorgesetzter angesehen. Die [X.] hat angenommen, dass der Angeklagte jedenfalls im [X.] aufgrund seines maßgeblichen Einflusses auf die Geschäfte und die betriebsinternen Abläufe faktischer Geschäftsführer der [X.].   KG war.

6

Die finanzielle Lage der [X.].   KG hatte sich von Anfang an als problematisch gestaltet. Die Finanzierung war ursprünglich auf ein Volumen von 4 Millionen € ausgelegt gewesen, tatsächlich waren aber im Zusammenhang mit der Aufnahme des Hotelbetriebs bereits 5,4 Millionen € für Investitionen angefallen. [X.] hatte die [X.]    [X.] offene Forderungen im sechsstelligen Bereich gegen ortsansässige Unternehmen, darunter auch die [X.]. Eine Insolvenz der als wichtig angesehenen Betriebe, insbesondere des Hotelbetriebs des [X.].   s, sollte aus Sicht von [X.]vorstand und -vertretung nach Möglichkeit vermieden werden, zumal der Verlust von Arbeitsplätzen gedroht hätte. Daher fasste der [X.]vorstand am 2. November 2009 einen Beschluss zur Beitreibung kommunaler Forderungen. Dieser sah vor, dass Zahlungen der Schuldner zunächst nur angemahnt, aber nicht vollstreckt werden sollten und bei größeren Rückständen der [X.]vorstand im Einzelfall über die jeweilige Vorgehensweise entscheidet. In Umsetzung dieses Beschlusses wies der Angeklagte die Verwaltung an, die Rückstände des [X.].   s nicht beizutreiben, wobei er gegenüber dem Kämmerer äußerte, dies bringe ohnehin nichts, da kein Geld da sei.

7

[X.] bestanden gegenüber der [X.] Forderungen der „[X.]      “ (im Folgenden „[X.]“), einer 100%igen Tochtergesellschaft der [X.]    [X.] , wegen Kurtaxen sowie Forderungen der [X.]    [X.]   , resultierend aus Strom- und Wasserversorgung, Gebühren und Grundsteuern in Höhe von etwa 149.000 €. Aufgrund ihrer finanziellen Lage beantragte die [X.] die Stundung der offenen Verbindlichkeiten, woraufhin die [X.]vertretung in einer Sitzung vom 22. Juni 2010 beschloss, der [X.].     KG die Möglichkeit einzuräumen, die Zahlungsrückstände in monatlichen Raten zu jeweils 3.000 € zu tilgen. An der Beratung und Beschlussfassung der [X.]vertretung nahm der Angeklagte unter Hinweis auf § 25 [X.] [X.]ordnung nicht teil. In den Monaten August bis Oktober 2010 zahlte die [X.] die geforderten Raten an die [X.], danach wurden die Zahlungen jedoch eingestellt. Ungeachtet dessen wurden die Rückstände von der [X.] nicht geltend gemacht. Die finanzielle Lage der [X.] blieb weiterhin angespannt, woran auch ein Sanierungsschnitt im [X.] nichts ändern konnte. So wurden Zahlungen auf Verbindlichkeiten aus dem laufenden Geschäftsbetrieb des Hotels vorrangig an solche Gläubiger geleistet, die ihre Forderungen mit Nachdruck geltend machten. Teilweise konnten Gehälter zunächst nur hälftig ausgezahlt werden.

8

Nach der Kommunalwahl änderte sich im Frühjahr 2011 die personelle Zusammensetzung des [X.]vorstands. Die Zahlungsrückstände der [X.] und deren Begleichung waren nun vielfach Gegenstand von [X.]vorstandssitzungen. Hierbei erteilte der Angeklagte mehrfach mündlich über die Höhe der Rückstände Auskunft. Dass in diesem Zusammenhang von dem Angeklagten unrichtige Angaben getätigt wurden, hat das [X.] nicht festgestellt. Im Dezember 2011 beschloss die [X.]vertretung, dass die Stromlieferung an den [X.].    nur noch gegen Vorkasse erfolgen solle. Mit Schreiben vom 10. Januar 2012 teilte der [X.]vorstand der [X.] mit, dass die [X.] die Stromlieferungen zum 29. Februar 2012 einstellen werde. Gleichzeitig wurden die Zahlungen für die Stromlieferungen aus den Jahren 2009 bis 2011 in Höhe von insgesamt 117.698,22 € eingefordert. Am 27. Januar 2012 bestanden gegenüber der [X.].     KG Forderungen der [X.] wegen Kurtaxen in Höhe von 125.589,54 € sowie Forderungen der [X.]    [X.] , resultierend aus Strom- und Wasserversorgung, Gebühren und Grundsteuern in Höhe von 158.662,77 €, welche die [X.] weder aus vorhandenen Guthaben und Einnahmen noch durch die Aufnahme von Darlehen erfüllen konnte. Einen Insolvenzantrag stellte der Angeklagte jedoch nicht. Er ging nicht davon aus, faktischer Geschäftsführer der [X.] zu sein. Zudem vertraute er auch im [X.] noch darauf, dass die [X.] ihre Forderungen gegenüber der [X.] - wie auch in der Vergangenheit - weiterhin nicht ernsthaft einfordern würde, und zog daraus den Schluss, dass die Forderungen der [X.] nicht fällig im Sinne von § 17 Abs. 2 [X.] seien.

9

Das [X.] hat angenommen, dass dem Angeklagten die finanzielle Lage der [X.] spätestens ab September 2011 vollständig bekannt gewesen sei, weil er nahezu täglich vor Ort gewesen sei, eigene [X.] erstellt und auch im eigenen Interesse die finanzielle Situation sowie Zahlungen der [X.] kontrolliert sowie entsprechende [X.] besessen habe. Zudem habe der Angeklagte in einem Schreiben vom 26. Januar 2012 an den Vorsitzenden der [X.]vertretung einen Antrag auf eine außerplanmäßige Sitzung „zur Wahrung der gemeindlichen Interessen“ gestellt und darin ausgeführt, dass die Sparkasse vorab telefonisch mitgeteilt habe, sie werde dem [X.].   eine neue Finanzierung nur gewähren, wenn die [X.] ihre Forderungen langfristig finanziere. Allerdings gehe die Sparkasse davon aus, dass mit Fälligstellung der Forderungen der [X.] auch bei Gewährung eines Darlehens durch die Sparkasse der [X.].   KG nicht genügend Mittel zur Überbrückung des [X.] zur Verfügung stehen würden. Daher könne eine Insolvenz der [X.] nur abgewendet werden, wenn die [X.] einer langfristigen Finanzierung ihrer offenen Forderungen zustimme. Dies geschah letztlich nicht.

Am 2. März 2012 trat der Angeklagte von seinem Amt als Bürgermeister zurück. Im April 2012 kam es zu einer Besprechung von Mitgliedern der [X.]vertretung und des [X.]vorstands, in der unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts die finanzielle Situation der [X.] erörtert und über die Stellung eines Insolvenzantrags nachgedacht wurde. Man kam überein, zunächst von der Stellung eines Insolvenzantrags abzusehen und die weitere Entwicklung abzuwarten, wobei von offenen Forderungen gegenüber der [X.].     KG in Höhe von ca. 350.000 € ausgegangen wurde. Sowohl die [X.]vertretung als auch der [X.]vorstand waren weiterhin bestrebt, eine Insolvenz nach Möglichkeit zu vermeiden. Es kam auch nicht zu der mehrfach angedrohten Einstellung der Stromlieferung. Zum einen war es technisch nicht durchführbar, den Strom ausschließlich für das [X.].    abzustellen, ohne dass weitere Stromabnehmer von der Maßnahme betroffen gewesen wären. Zum anderen bestanden rechtliche Bedenken hinsichtlich der Durchsetzung der Stromsperre. Schließlich war den handelnden Personen klar, dass die Durchführung der Stromsperre zur Einstellung des laufenden Betriebs im [X.].     führen würde.

Am 14. November 2012 stellte die [X.]    [X.] , vertreten durch ihren neuen Bürgermeister, als Gläubigerin beim [X.] einen Insolvenzantrag über das Vermögen der [X.].   KG. Diese Entscheidung war am 31. Oktober 2012 im Rahmen einer [X.]vertretersitzung getroffen worden. Ausschlaggebend hierfür war der Umstand, dass allein in den vorangegangenen fünf Monaten weitere Forderungen gegenüber der [X.].   KG in Höhe von ca. 70.000 € entstanden waren. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 1. Februar 2013 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

II.

1. Die mit der näher ausgeführten Sachrüge begründete Revision der Staatsanwaltschaft führt zur Einstellung des Verfahrens, soweit der Angeklagte vom Vorwurf der Untreue freigesprochen wurde (Anklagepunkt Ziff. 1); insofern fehlt es an einer wirksamen Anklage.

a) Dem liegt Folgendes zu Grunde:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft [X.] vom 21. August 2013 legt dem Angeklagten - neben dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung gemäß § 15a [X.] (Anklagepunkt Ziff. 2) - zur Last, im Tatzeitraum „seit Juni 2010“ eine Untreue zum Nachteil der [X.]    [X.] gemäß § 266 Abs. 1 StGB begangen zu haben (Anklagepunkt Ziff. 1). Im konkreten Anklagesatz wird zum Untreuevorwurf einleitend dargestellt, dass der Angeklagte seit 2003 bis zu seinem Rücktritt im März 2012 Bürgermeister der [X.]   [X.]  war und außerdem als faktischer Geschäftsführer der [X.] tätig wurde. Weiter werden die Beteiligungen des Angeklagten an den „[X.].    gesellschaften“ aufgeführt und erläutert, dass die [X.] zu 100% an der [X.] beteiligt war, über die sie die von den „[X.].   gesellschaften“ vereinnahmten [X.] erhielt. Zudem wird mitgeteilt, dass von der [X.].   KG seit dem [X.] Kurtaxen erhoben wurden, diese aber zumindest ab dem [X.] nicht bzw. nicht vollständig an die [X.] abgeführt wurden. Desweiteren werden die von der [X.].   KG geschuldeten [X.] und weitere offene Verbindlichkeiten (wie Stromkosten und Grundsteuern etc.) gegenüber der [X.] im [X.]raum von 2008 bis 2012 dargelegt.

Zur Tat selbst ist in der Anklageschrift ausgeführt: „Der Angeschuldigte verweigerte aber auf Anfragen des [X.]vorstandes und der [X.] zunehmend die Auskunftserteilung über den Stand der Zahlungen der Kurtaxen sowie der weiteren Verbindlichkeiten und veranlasste, obwohl er dazu verpflichtet, fähig und rechtlich in der Lage gewesen war, zumindest ab Juni 2010 nicht deren Zahlung.“ Schließlich heißt es: „Hierdurch wurden die Vermögensinteressen der [X.]    [X.] , welche der Angeschuldigte als Bürgermeister und Aufsichtsrat der [X.] zu beachten hatte, zumindest ab der Stundungsvereinbarung vom Juni 2010 bis zu seinem Rücktritt als Bürgermeister am 2. März 2012, beeinträchtigt und es entstand der [X.]    [X.] ein sich jährlich vergrößernder Schaden aufgrund der nicht gezahlten Verbindlichkeiten und Nichteinhaltung der Ratenzahlungsvereinbarung in der [X.] von Juni 2010 bis Anfang 2012 von zuletzt insgesamt 284.252,31 Euro.“ Eine detailliertere Darstellung des [X.], insbesondere eine nähere Konkretisierung der untreuerelevanten Tathandlungen, enthält die Anklage nicht.

b) Die Anklageschrift genügt in Bezug auf den Vorwurf der Untreue zum Nachteil der [X.] (Anklagepunkt Ziff. 1) nicht den sich aus der Umgrenzungsfunktion ergebenden Mindestanforderungen an die Konkretisierung der dem Angeklagten vorgeworfenen Tat (§ 200 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

aa) Eine Anklage ist dann unwirksam mit der Folge, dass das Verfahren wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung einzustellen ist, wenn etwaige Mängel ihre Umgrenzungsfunktion betreffen (st. Rspr.; Senat, Beschluss vom 4. Februar 2014 - 2 StR 533/13, [X.], 151; [X.], Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 [X.], [X.], 159, 160). Mängel der Informationsfunktion berühren ihre Wirksamkeit dagegen nicht (vgl. Senat, Urteil vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10, [X.]St 56, 183, 185). Die Umgrenzungsfunktion der Anklage dient dazu, den [X.] festzulegen, mit dem sich das Gericht aufgrund seiner Kognitionspflicht zu befassen hat. Die Anklageschrift hat die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie [X.] und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs klargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschluss vom 4. Februar 2014 - 2 StR 533/13, [X.], 151; [X.], Urteil vom 11. Januar 1994 - 5 [X.], [X.]St 40, 44, 45; Beschluss vom 29. November 1994 - 4 [X.], [X.], 245 jeweils mwN). Jede einzelne Tat muss sich als historisches Ereignis von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen des Angeschuldigten unterscheiden lassen, damit sich die Reichweite des Strafklageverbrauchs und Fragen der Verfolgungsverjährung eindeutig beurteilen lassen (Senat, Urteil vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10, [X.]St 56, 183, 186). Die Umstände, welche die gesetzlichen Merkmale der Straftat ausfüllen, gehören dagegen nicht zur Bezeichnung der Tat. Wann die Tat in dem beschriebenen Sinne hinreichend umgrenzt ist, kann nicht abstrakt, sondern nur nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles festgelegt werden (Senat, Urteil vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10, [X.]St 56, 183, 186). So kann sich etwa aus der besonderen rechtlichen Ausgestaltung eines [X.] ergeben, dass erhöhte Anforderungen zu stellen sind ([X.], Beschluss vom 5. Mai 1999 - 3 [X.], [X.]R [X.] § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 23).

bb) Den sich danach ergebenden Anforderungen an die Umgrenzung des [X.]s wird die Anklageschrift vom 21. August 2013 im Anklagepunkt Ziffer 1 - insbesondere vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Präzisierungsgebots beim [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08, [X.]E 126, 170, 198) - nicht gerecht. Aus der Anklageschrift ergibt sich nicht hinreichend konkret, welche bestimmte Tat die Staatsanwaltschaft gegen den Angeklagten - über die Insolvenzverschleppung hinaus - als Untreue zum Nachteil der [X.] zur Anklage bringen wollte. Insofern fehlt es insbesondere an der Konkretisierung eines nach § 266 Abs. 1 StGB tatbestandsmäßigen Verhaltens des Angeklagten zum Nachteil der [X.] (vgl. Senat, Beschlüsse vom 3. Februar 1995 - 2 [X.], [X.]R [X.] § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 10 und vom 4. Februar 2014 - 2 StR 533/13, [X.], 151; [X.], Beschluss vom 2. Oktober 2002 - 3 [X.]; wistra 2003, 111, 112).

(1) Der Anklagesatz enthält zunächst in Bezug auf den Untreuevorwurf lediglich eine allgemein gehaltene, zusammenfassende Schilderung, dass der Angeklagte seit Juni 2010 auf Anfragen des [X.]vorstandes und der [X.] „zunehmend die Auskunftserteilung über den Stand der Zahlungen der Kurtaxen sowie der weiteren Verbindlichkeiten verweigerte“. Diese Beschreibung reicht nicht aus, eine mögliche Untreuestraftat des Angeklagten hinreichend deutlich im Sinne des § 200 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu umgrenzen. Es bleibt - neben der vagen zeitlichen Eingrenzung - vollständig offen, welches von anderen gleichartigen Taten abgrenzbare, individualisierbare Verhalten (Tun oder Unterlassen) im Zusammenhang mit Anfragen einer Institution ([X.]vorstand oder [X.]) als untreuerelevante und zu einem Schaden der [X.] führende Pflichtverletzung dem Angeklagten zur Last gelegt werden soll.

Näheres ergibt sich auch nicht aus dem sonstigen Inhalt der Anklageschrift. Zwar dürfen bei der Prüfung, ob die Anklage die gebotene Umgrenzung leistet, die Ausführungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen zur Ergänzung und Auslegung des Anklagesatzes herangezogen werden ([X.], Urteil vom 17. August 2000 - 4 StR 245/00, [X.]St 46, 130, 134; Urteil vom 22. August 2001 - 5 StR 431/00, [X.], 656, 657; Beschluss vom 19. Februar 2008 - 1 StR 596/07, [X.]R [X.] § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 24; KK-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 200 Rdn. 31 mwN), wenn sich aus diesem zumindest Grundlagen einer Tatbeteiligung ergeben ([X.], Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 [X.]; [X.], 159, 160). Zur näheren Konkretisierung tragen die Angaben im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen vorliegend jedoch nicht bei. Hieraus ergeben sich lediglich genauere Informationen zur Person des Angeklagten, zu den Aussagen von Zeugen, den durchgeführten Finanzermittlungen sowie zur Zahlungsunfähigkeit der [X.]. Zu möglichen (Teil-)Akten einer Untreuehandlung des Angeklagten lässt auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen jedwede Information vermissen, insbesondere enthält es keine Angaben zu etwaigen an den Angeklagten als Bürgermeister gerichteten Anfragen von Gremien oder Aufsichtsbehörden, zu erteilten oder unterlassenen Auskünften des Angeklagten oder zu sonstigen möglichen untreuerelevanten Handlungen.

(2) Soweit im konkreten Anklagesatz weiter geschildert wird, der Angeklagte habe die Zahlung der Kurtaxen sowie der weiteren Verbindlichkeiten des [X.].    s nicht „veranlasst“, liegt darin ebenfalls keine hinreichende Konkretisierung der ihm zur Last gelegten Untreuetat im Sinne des § 200 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Dieser Sachverhalt betrifft ersichtlich sein Nichttätigwerden als faktischer Geschäftsführer der [X.] (und nicht sein Handeln als Bürgermeister), denn nur als solcher war der Angeklagte in die betrieblichen Vorgänge des Hotels eingebunden und befugt, Zahlungen für die [X.] vorzunehmen. Handlungen des Angeklagten als Geschäftsführer des [X.].   s, etwa zum Nachteil einer der „[X.].    gesellschaften“ - sollten nach dem Willen der Staatsanwaltschaft allerdings ausdrücklich nicht angeklagt werden, was auch der Begleitverfügung der Staatsanwaltschaft [X.] vom 21. August 2013 zu entnehmen ist, wonach das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 [X.] auf die Untreue zum Nachteil der [X.] und die Insolvenzverschleppung beschränkt wurde.

c) Die Unwirksamkeit der Anklageschrift führt zur Verfahrenseinstellung. Die Mängel der Anklageschrift konnten weder durch den Eröffnungsbeschluss vom 16. Dezember 2015, in dem das [X.] klarstellend Ausführungen zur Konkretisierung des Anklagevorwurfs gemacht hat, noch durch einen gerichtlichen Hinweis zu Beginn der Hauptverhandlung geheilt werden.

Eine unwirksame Anklageschrift stellt keine taugliche Verfahrensgrundlage für das Hauptverfahren dar (LR-[X.]/Stuckenberg, 26. Aufl., § 200 Rn. 86; [X.], [X.] 1997, 33, 35; [X.]/[X.], 2. Aufl., § 200 Rn. 18). Allein der Staatsanwaltschaft obliegt die Pflicht, den Verfahrensgegenstand festzulegen (vgl. [X.], 28. Edition/Stand 1. Juli 2017, § 200 Rn. 20; [X.]/[X.], 1. Aufl., § 200 Rn. 111; vgl. schon [X.], Urteil vom 17. August 2000 - 4 StR 245/00, [X.]St 46, 130, 134 im Zusammenhang mit der unzulässigen Korrektur des Tatzeitraums durch den Tatrichter, die die Identität zwischen angeklagter und abgeurteilter Tat aufhebt); es widerspräche dem Anklageprinzip des § 151 [X.], dem Gericht die Möglichkeit einzuräumen, eine nicht hinreichend umgrenzte und damit an sich unwirksame Anklage zu konkretisieren, damit sie der erforderlichen Umgrenzungsfunktion genügt (LR-[X.]/Stuckenberg, 26. Aufl., § 200 Rn. 88; [X.], [X.] 1997, 33, 35; [X.]/[X.], 2. Aufl., § 200 Rn. 18). Es ist dem Tatrichter deshalb versagt, eine Anklageschrift, die wie hier auch nach der unter Berücksichtigung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen gebotenen Auslegung der Umgrenzungsfunktion nicht genügt und deshalb unwirksam ist, durch Rückgriff auf außerhalb liegende Umstände zu ergänzen und damit zu heilen. Ansonsten bestünde die nicht hinzunehmende Gefahr, dass sich der Angeschuldigte im Zwischenverfahren nicht angemessen gegen einen für ihn unklaren Tatvorwurf verteidigen kann, wenn eine ausreichende Tatkonkretisierung erst durch das eröffnende Gericht vorgenommen werden würde (vgl. [X.], [X.] 1985, 252, 255; [X.], [X.] und Eröffnungsbeschluss und ihre Heilung im späteren Verfahren, S. 73 f. jeweils unter Hinweis auf den Fair-Trial Grundsatz; vgl. weitergehend auch [X.], Beschlüsse vom 3. Mai 1995 - 1 Ws 456 und 457/94, [X.], 111, 112).

Soweit sich einige ältere Entscheidungen des [X.] mit den Möglichkeiten der Heilung von Mängeln bei der Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift befassen, betrafen sie Fälle der „fortgesetzten Handlung“, bei denen es der [X.] für zulässig erachtet hatte, den in der Anklageschrift nicht hinreichend umgrenzten Tatvorwurf im Hinblick auf die Dauer der fortgesetzten Handlung und die Mindestzahl der Einzelakte noch „durch einen Hinweis in der Hauptverhandlung für die Verfahrensbeteiligten erkennbarer“ zu machen ([X.], Urteil vom 3. Mai 1972 - 3 StR 49/72, [X.] 1973, 111, 112; Senat, Urteil vom 20. Februar 1980 - 2 StR 828/79, [X.] 1980, 468). Diese Rechtsprechung ist mit der Aufgabe der Rechtsfigur der „fortgesetzten Handlung“ obsolet geworden (so auch [X.]-[X.], aaO, § 200 Rn. 111; vgl. aber bei [X.] [X.], Beschluss vom 31. Januar 2008 - 3 Ss 500/07, [X.] 2008, 509, 510). Dies übersieht die heute noch vereinzelt in der Literatur (vgl. [X.]/[X.], [X.], 60. Aufl., § 200 Rn. 26, § 207 Rn. 12; [X.], [X.], 5. Aufl., § 200 Rn. 10) und in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ([X.], Beschluss vom 22. September 1992 - 3 Ss 31/92, [X.], 147; [X.], Beschluss vom 31. Januar 2008 - 3 Ss 500/07, [X.] 2008, 509, 510) vertretene Gegensicht, die sich zum Teil noch auf die überkommene Rechtsprechung des [X.] stützt, ohne ihre Rechtsauffassung im Übrigen zu begründen.

d) Das Urteil unterliegt insoweit der Aufhebung, das Verfahren ist einzustellen (vgl. [X.], Urteil vom 17. August 2000 - 4 StR 245/00, [X.]St 46, 130, 136 f.). Dies steht einer neuen, den verfahrensrechtlichen Anforderungen gerecht werdenden Anklage nicht entgegen (vgl. [X.], Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 [X.], [X.], 308, 309; Beschluss vom 29. November 1994 - 4 [X.], [X.], 245 f.).

2. Das Rechtsmittel hat im Übrigen mit der Sachrüge Erfolg, soweit die Staatsanwaltschaft eine Verletzung des § 264 [X.] rügt. Das [X.] hat seiner umfassenden Kognitionspflicht nicht genügt.

a) Nach § 264 [X.] muss das Gericht die in der Anklage bezeichnete Tat so, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt, unter allen rechtlichen Gesichtspunkten aburteilen. Es ist verpflichtet, den Unrechtsgehalt der Tat voll auszuschöpfen, sofern keine rechtlichen Hindernisse im Wege stehen (Senat, Urteil vom 12. Februar 2014 − 2 StR 308/13, [X.], 599, 600; [X.], Urteil vom 24. Oktober 2013 - 3 [X.], [X.], 57; Beschluss vom 9. November 1972 - 4 [X.], [X.]St 25, 72, 75 f.; [X.]/[X.], aaO, § 264 Rn. 10). Zur Tat im prozessualen Sinne gehört - unabhängig davon, ob Tateinheit oder Tatmehrheit vorliegt - das gesamte Verhalten des [X.], soweit es nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang darstellt (Senat, Urteil vom 21. Dezember 1983 - 2 StR 578/83, [X.]St 32, 215, 216 mwN). Somit umfasst der [X.], aus dem die zugelassene Anklage einen strafrechtlichen Vorwurf herleitet, alle damit zusammenhängenden und darauf bezüglichen Vorkommnisse, auch wenn diese in der Anklageschrift nicht ausdrücklich erwähnt sind. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Entscheidend ist, ob zwischen den in Betracht kommenden Verhaltensweisen - unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung - ein enger sachlicher Zusammenhang besteht ([X.], Urteil vom 17. März 2004 - 5 [X.], [X.], 582, 583 mwN).

b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil in Bezug auf den Vorwurf der Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 [X.] i.V.m. § 15a Abs. 1 [X.] (Anklagepunkt Ziffer 2), der nach dem Gesetz die beiden [X.] (§ 17 [X.]) und der Überschuldung (§ 19 [X.]) als [X.] umfasst, nicht in vollem Umfang gerecht.

aa) Zwar ist die [X.] auf Grundlage der getroffenen Feststellungen ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass mit dem Schreiben des [X.]vorstands vom 10. Januar 2012 Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 [X.] eingetreten ist. Es ist ungeachtet der weiteren Gespräche über den Fortbestand der [X.] im April 2012 rechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] von einem „ernsthaften [X.] der nunmehr fälligen Forderungen“ gegenüber der [X.].   KG ausgegangen ist (vgl. hierzu [X.], [X.], 7. Aufl., § 17 Rn. 25 ff.; [X.], Urteil vom 14. Mai 2009 - [X.], [X.], 471, 472 f.; [X.], Beschluss vom 21. August 2013 - 1 [X.], NJW 2014, 164, 165; Senat, Beschluss vom 16. Mai 2017 - 2 StR 169/15, juris Rn. 32). Unter Berücksichtigung dieser Forderungen der [X.] bestanden zum 10. Januar 2012 fällige Verpflichtungen in einer Höhe, welche die [X.].   KG weder aus vorhandenen Guthaben und Einnahmen noch durch die Aufnahme von Darlehen erfüllen konnte.

bb) Allerdings hat das [X.] rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob neben der festgestellten Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 [X.] gegebenenfalls auch der Insolvenzgrund der Überschuldung nach § 19 [X.] anzunehmen ist, wozu nach den Feststellungen Anlass bestand.

Eine Überschuldung liegt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 [X.] vor, wenn das Vermögen die Schulden nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Um eine Überschuldung zu ermitteln, bedarf es eines Überschuldungsstatus in Form einer Vermögensbilanz, die über die tatsächlichen Werte des [X.]svermögens Auskunft gibt ([X.], Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, [X.], 341, 342 mwN). Zwar wird in der Anklageschrift nicht ausdrücklich auf eine bilanzielle Überschuldung der [X.] abgestellt. Allerdings besteht in der vorliegenden Konstellation zwischen den beiden Tatvarianten des § 15a Abs. 1 Satz 1 [X.] ein derart enger sachlicher Zusammenhang, dass das [X.] gehalten war, neben dem Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 [X.]) auch die Überschuldung (§ 19 [X.]) der [X.].   KG im Tatzeitraum in den Blick zu nehmen und abzuurteilen (vgl. [X.], Urteil vom 17. März 2004 - 5 [X.], [X.], 582, 583). Mögliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Überschuldung lassen sich - zumal Feststellungen zum Wert des durch Investitionen erneuerten [X.].   s in den Urteilsgründen fehlen - vorliegend sowohl der Anklageschrift als auch den Urteilsgründen entnehmen. Daraus ergeben sich nicht nur Verbindlichkeiten des [X.].   s gegenüber der [X.]   [X.]  in Höhe von insgesamt mehr als 284.000 €, sondern auch Hinweise auf weitere Schulden der [X.] gegenüber sonstigen Gläubigern in nicht unerheblicher Höhe. So war es im [X.] zu einem Sanierungsschnitt gekommen, der an der finanziell angespannten Situation der [X.] nichts ändern konnte. Zahlungen auf Verbindlichkeiten aus dem laufenden Geschäftsbetrieb des Hotels wurden vorrangig an solche Gläubiger geleistet, die ihre Forderungen mit Nachdruck geltend machten. Teilweise konnten Gehälter zunächst nur hälftig ausgezahlt werden. Schließlich weigerte sich die Sparkasse im Januar 2012, der [X.] eine Zwischenfinanzierung zu gewähren, ohne dass die [X.] einer langfristigen Finanzierung ihrer offenen Forderungen zustimmen würde.

cc) Das von der Anklage umfasste Tatgeschehen hatte das [X.] - ggf. unter Erfüllung seiner Hinweispflicht nach § 265 Abs. 1 [X.] - bei seiner Urteilsfindung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend zu prüfen (vgl. Senat, Urteil vom 12. Februar 2014 − 2 StR 308/13, [X.], 599, 600 mwN). Dass die [X.] rechtsfehlerhaft dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, stellt einen sachlich-rechtlichen Mangel dar (vgl. [X.], Urteil vom 20. März 2012 - 1 [X.], [X.], 215, 216; Urteil vom 16. Dezember 1982 - 4 [X.], [X.], 174, 175; [X.]/[X.], aaO, § 264 Rn. 12; KK-[X.]/[X.], aaO, § 264 Rn. 25).

c) Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil auch.

aa) Das [X.] ist davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte als faktischer Geschäftsführer der [X.].   KG wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 5 [X.] strafbar gemacht hat. Dabei hat es ausschließlich auf den Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit abgestellt und angenommen, „dass der Angeklagte auch im Januar 2012 auf einen Fortbestand des Stillhalteabkommens vertraute bzw. die Frage der Fälligkeit der Forderungen im Sinne von § 17 Abs. 2 [X.] rechtsirrig verneinte“, weil er bis zuletzt davon ausgegangen sei, dass die [X.] die aufgelaufenen Forderungen nicht geltend machen werde. Das [X.] hat diese Vorstellung des Angeklagten als Irrtum über den Insolvenzgrund angesehen, der einen Tatbestandsirrtum darstelle, mit der Folge, dass eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung nicht in Betracht komme.

bb) Ob damit ein Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Insolvenzgrundes, der einen Tatbestandsirrtum im Sinne des § 16 StGB darstellen würde (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., [X.], § 15a Rn. 142; MüKo-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 15a Rn. 336 mwN; [X.], [X.], 14. Aufl., § 15a Rn. 66), rechtsfehlerfrei nachgewiesen ist, wird das neue Tatgericht genauer als bisher zu untersuchen haben. Bei der Prüfung des subjektiven Tatbestands des § 15a [X.] wird es auch den weiteren Insolvenzgrund der Überschuldung in den Blick nehmen müssen. Bei Anzeichen einer Krise hat der Geschäftsführer einer [X.] die Pflicht, sich durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen und notfalls unter fachkundiger Prüfung zu entscheiden, ob eine positive Fortbestehungsprognose besteht (vgl. [X.], Urteil vom 6. Juni 1994 - [X.], NJW 1994, 2220, 2224 zu § 64 GmbHG aF). Ob der Angeklagte dies getan hat, hat das [X.] nicht geprüft. Dadurch hat es sich den Blick darauf verstellt, dass der Angeklagte auch insoweit - bedingt vorsätzlich - eine Insolvenzverschleppung begangen haben könnte. Dafür würde es bereits ausreichen, wenn sich der Geschäftsführer - wie hier - trotz der Anzeichen einer Krise keine Informationen über die wirtschaftliche Lage verschafft und deshalb nichts von der Überschuldung gewusst hat (vgl. [X.], Urteil vom 24. April 2008 - 8 U 5/08, [X.] 2008, 778, 779 f. mwN zu § 64 GmbHG aF).

cc) Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das [X.] - hätte es die im Zusammenhang erwähnten Umstände und den Insolvenzgrund der Überschuldung in den Blick genommen - von einer vorsätzlichen Insolvenzverschleppung ausgegangen wäre. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.

[X.]          

      

[X.]          

      

Eschelbach

      

[X.]rtel          

      

Grube          

      

Meta

2 StR 456/16

23.08.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Fulda, 21. April 2016, Az: 5 Ss 278/16

§ 15a Abs 1 InsO, § 15a Abs 4 InsO, § 17 InsO, § 19 InsO, § 15 StGB, § 264 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.08.2017, Az. 2 StR 456/16 (REWIS RS 2017, 6267)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6267

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