Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.01.2013, Az. 1 StR 558/12

1. Strafsenat | REWIS RS 2013, 9178

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 558/12

vom
9. Januar
2013
in der Strafsache
gegen

wegen
Mordes u.a.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 9. Januar
2013
gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. April 2012 im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbe-gründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.].

Gründe:
I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes und versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einer früheren Verurteilung zur lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verur-teilt. Es hat darüber hinaus die besondere Schwere der Schuld festgestellt und gegen den Angeklagten die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ange-ordnet.

1
-
3
-
II.

Die Revision des Angeklagten führt zu dem aus der [X.] er-sichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet [X.]. § 349 Abs. 2 StPO.

Mit der auf § 265 Abs. 2 StPO gestützten Verfahrensrüge beanstandet der Angeklagte zu Recht, dass das Gericht bezüglich der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung seine Hinweispflicht verletzt habe.

Auf die Möglichkeit einer Unterbringung in der Sicherungsverwahrung war der Angeklagte weder durch die Anklageschrift noch durch den [X.] hingewiesen worden. Auch in der Hauptverhandlung wurde kein entsprechender rechtlicher Hinweis erteilt. Zwar hatte sich der psychiatri-sche Sachverständige gemäß dem (nachträglich erweiterten) [X.] auch mit der Möglichkeit einer Unterbringung in der Sicherungsverwahrung be-schäftigt und in der Hauptverhandlung mündlich sein Gutachten erstattet. Dies ersetzt jedoch den [X.] des Gerichts nicht ([X.], [X.] vom 28. Januar 2010 -
5 [X.], NStZ-RR
2010,
215 mwN, vom 5. November 2002 -
4 [X.], [X.], 151 mwN, und vom 4. Juni 2002
-
3 [X.], [X.], 271 mwN). Ebenso wenig ist der Hinweispflicht durch die Verlesung eines früheren Urteils des [X.] vom 25. März 2008, durch das bereits eine Sicherungsverwahrung gegen den Angeklagten angeordnet war, Genüge getan: Die wiederholte Verhängung der Maßregel der Sicherungsverwahrung ist zwar möglich (vgl. [X.], Beschluss vom 17. September 1998 -
5 [X.], [X.], 258), aber keinesfalls zwingend. Dem
Angeklagten muss aber der Hinweis so erteilt werden, dass er eindeutig erkennen kann, auf welche Maßregel das Gericht zu erkennen ge-2
3
4
-
4
-
denkt (vgl. [X.], Beschluss vom 5. November 2002 -
4 [X.], [X.], 151).

Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Verfahrens-fehler beruht.

Sofern hier Sicherungsverwahrung in Betracht kommt, wäre diese auf §
66 Abs. 1 StGB gestützt und stünde insofern nicht im Ermessen des Gerichts. Schon deshalb braucht der Senat der Frage nicht nachzugehen, inwieweit im Zusammenhang mit der zugleich verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe, un-abhängig davon, ob -
wie hier -
auch die besondere Schwere der Schuld fest-gestellt wurde, einzelfallbezogene Besonderheiten gegen eine gemäß § 66 Abs. 2 StGB im Ermessen des Gerichts stehende Anordnung von Sicherungs-verwahrung sprechen könnten (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 25. Juli 2012
-
2 [X.]). Auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundes-verfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 -
2 BvR 2333/08 u.a. -
bleibt hier die durch Art. 1 Nr. 2 des [X.] vom 21. August 2002 ([X.], [X.]) getroffene grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers, eine Unterbringung in der Sicherungsverwah-rung auch in den Fällen lebenslanger Freiheitsstrafe zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 14/9041, S. 1 B. unter Verweis auf [X.], Urteile vom 23. August 1990
-
4 [X.], [X.]St 37, 160, und vom 21. März 2000 -
5 [X.], [X.], 417, 418), unberührt.

Der Senat hat erwogen, inwieweit bei der Anordnung zu berücksichtigen ist, dass gegen den Angeklagten in anderer Sache noch nicht erledigte Siche-rungsverwahrung angeordnet ist. Grundsätzlich ist die Maßregel nach § 66 Abs.
1 StGB (erneut) anzuordnen, wenn sie schon durch ein früheres Urteil an-5
6
7
-
5
-
geordnet war, aber noch nicht vollständig erledigt ist ([X.]/[X.], [X.] Kommentar
zum StGB, 12. Aufl.,
§ 66 Rn. 225 mwN). Ob gleichwohl Fallgestaltungen vorstellbar sind, bei denen die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB vorliegen,
aber unter Berufung auf § 62 StGB ([X.]) von der obligatorischen Anordnung abgesehen werden kann (zweifelnd [X.]/[X.] aaO), kann dahinstehen. Dies ist nämlich jedenfalls dann zu verneinen, wenn die [X.] in ihrem kriminellen Gewicht (hier: Mord) noch sehr viel schwerer wiegt als die [X.], die der früheren Anordnung von Sicherungsverwahrung zugrunde lag (hier: schwerer Raub u.a.).

III.

Im Übrigen hat die sachlich-rechtliche Prüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
VRi[X.] Nack ist urlaubs-
abwesend und daher an der
Unterschrift gehindert.

Wahl Wahl

Graf

Jäger Sander
8

Meta

1 StR 558/12

09.01.2013

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.01.2013, Az. 1 StR 558/12 (REWIS RS 2013, 9178)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9178

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 558/12 (Bundesgerichtshof)

Sicherungsverwahrung: Erfordernis des richterlichen Hinweises auf die Möglichkeit einer erneuten Unterbringungsanordnung in Fällen lebenslanger Freiheitsstrafe …


4 StR 124/13 (Bundesgerichtshof)

Anordnung von Sicherungsverwahrung neben lebenslanger Freiheitsstrafe


1 StR 210/13 (Bundesgerichtshof)


1 StR 210/13 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in der Sicherungsverwahrung: Berücksichtigung des hohen Lebensalters des Angeklagten bei der Gefährlichkeitsprognose


1 StR 598/16 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

5 StR 552/09

2 StR 111/12

2 BvR 2333/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.