Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2000, Az. VIII ZB 30/00

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 753

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]/00vom25. Oktober 2000in dem [X.] 2 -Der VII[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 25. Oktober 2000 durchdie Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] Hübsch, [X.],[X.] und [X.]:Die sofortige weitere Beschwerde des Beklagten gegen den Be-schluß des 9. Zivilsenates des [X.] vom14. August 2000 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.[X.]: 30.000 DM.Gründe:[X.] Die Klägerin handelt mit Kraftstoffen und Mineralölen, die sie über eineigenes regionales Tankstellennetz absetzt. Die Verwaltung von [X.], später vier dieser Tankstellen hatte sie mit - inhaltsgleichen - [X.] 1. Juli 1998 der [X.] übertragen; nach demAusscheiden der Mitgesellschafterin führte der Beklagte die Tankstellen [X.] Grundlage der genannten Verträge ab dem 1. Oktober 1998 alleine weiter.Sämtliche Vertragsverhältnisse wurden am 7. Juli 1999 beendet. Mit der [X.] Klage macht die Klägerin Restbeträge aus der Lieferung von Kraft-stoffen, Schmierstoffen und anderen Produkten sowie Nebenkosten der [X.] betriebenen Tankstellen geltend.Den [X.] waren jeweils mehrere Anlagen beigefügt, die unter an-derem Regelungen über die Öffnungszeiten der Tankstellen, die Vergütung für- 3 -den Verkauf von Kraftstoffen und sonstigen Agenturwaren, die Einzelheiten [X.] sowie die vom Beklagten zu entrichtende "Nutzungs-vergütung für das Pachtobjekt" enthielten.Der Beklagte hält den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für [X.]. Er ist der Auffassung, aufgrund der detaillierten vertraglichen Rege-lungen und der tatsächlichen Handhabung sei er persönlich und wirtschaftlichvon der Klägerin so abhängig gewesen, daß er jedenfalls als arbeitnehmerähn-liche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG anzusehen sei; für [X.] sei deshalb der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben. [X.] die Klägerin entgegen, der Beklagte sei schon im Hinblick auf die Vielzahlder von ihm Beschäftigten und die Möglichkeit der selbständigen Durchführungder tankstellenüblichen Nebengeschäfte selbständiger Gewerbetreibender ge-wesen; zumindest sei er nach seiner gesamten [X.] Stellung nicht einemArbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig.Das [X.] hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten fürunzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige [X.] verwiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Ober-landesgericht den erstinstanzlichen Beschluß aufgehoben und ausgesprochen,daß der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig ist. Mit der - gemäߧ 17 a Abs. 4 Satz 5 [X.] zugelassenen - sofortigen weiteren Beschwerdeverfolgt der Beklagte sein Ziel der Verweisung des Verfahrens an das [X.] 4 -I[X.] Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. [X.] hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten im Er-gebnis zu Recht bejaht.1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. [X.] sind die Arbeitsgerichte aus-schließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitneh-mern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Arbeitnehmer in [X.] sind Arbeiter und Angestellte; ihnen gleichgestellt sind sonstige Perso-nen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnli-che Personen anzusehen sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] [X.] hat nicht verkannt, daß die Regelungen in [X.] und ihren Anlagen sowohl eine gewisse persönliche alsauch eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Beklagten von der Klägerin bewirk-ten; es meint jedoch, nach der maßgebenden praktischen Handhabung und derwirtschaftlichen Gestaltung der Vertragsverhältnisse sei dem Beklagten nochsoviel unternehmerische Freiheit verblieben, daß er nicht mehr als arbeitneh-merähnliche Person anzusehen sei.Zu Recht hat das [X.] die Voraussetzungen des § 5Abs. 1 Satz 2 ArbGG mit der Begründung verneint, die gleichzeitige Führungvon sechs bzw. vier räumlich zum Teil weit auseinander gelegenen [X.], die Beschäftigung von bis zu 25 Arbeitnehmern und der wirtschaftlicheUmfang der Tätigkeit des Beklagten seien mit dem Bild einer wegen ihrer wirt-schaftlichen Abhängigkeit sozial schutzbedürftigen [X.] nicht zu vereinbaren (vgl. [X.], Beschluß vom 27. Januar 2000 - [X.]/99 = [X.], 483 unter [X.]). Hinzu kommt, daß der Beklagte, den dieKlägerin für Rückstände aus dem Agenturgeschäft in Anspruch nimmt, [X.] die rechtliche Stellung eines Handelsvertreters innehatte;- 5 -Handelsvertreter zählen jedoch nur unter den engen Voraussetzungen des § 5Abs. 3 ArbGG zu dem von § 5 Abs. 1 ArbGG erfaßten Personenkreis. [X.] sind hier nicht erfüllt.2. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist [X.] Handelsvertreter im Sinne der §§ 84 ff. HGB, wenn er ge-gen Provision ständig damit betraut ist, im Namen und für Rechnung einer Mi-neralölgesellschaft deren Kraftstoffe und Schmierstoffe von einer Tankstelleaus zu verkaufen ([X.]Z 42, 244, 245 und 52, 171, 174; Urteile vom19. November 1976 - [X.] = [X.] 1977, 289 und vom 20. Februar 1981- I ZR 59/79 = [X.], 685 unter [X.]; vgl. auch Urteile vom 8. März 1973- VII ZR 214/71 = [X.] 1973, 491, vom 15. November 1984 - [X.] = NJW1985, 860, vom 28. April 1988 - [X.] = [X.], 1204 und vom6. August 1997 - [X.] und [X.] = [X.], 25 und 31).Diese Merkmale treffen auf den Beklagten zu. Dabei kann dahinstehen, ob [X.] die vom Beschwerdegericht vorgenommene Auslegung der [X.] und ihrer Anlagen in entsprechender Anwendung des § 561 ZPO nurauf Rechtsfehler hin überprüfen kann oder ob die Verträge von der Beklagten- was das [X.] nicht festgestellt hat - über dessen Bezirk hinausverwendet werden und der Senat deshalb die Verträge selbst auslegen kann(vgl. dazu Senatsbeschluß [X.]Z 140, 11, 20); denn auch die eigene Ausle-gung durch den Senat führt zu keinem anderen Ergebnis.Für den Verkauf der von ihr im Rahmen des [X.] [X.] Kraftstoffe, Schmierstoffe und sonstigen Agenturwaren zahlte die Klä-gerin dem Beklagten eine umsatzabhängige Vergütung. Daß diese Vergütungfür die im Namen und auf Rechnung der Klägerin verkauften Waren nicht aus-drücklich als "Provision" (§ 87 HGB) bezeichnet war, ist unschädlich.- 6 -3. Die rechtlichen Voraussetzungen der gesetzlichen Definition des Be-griffs des Handelsvertreters trafen auf den Beklagten auch insoweit zu, als erim wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmenkonnte (§ 84 Abs. 1 Satz 2 HGB). Zu Recht hat das [X.] in [X.] Zusammenhang unter anderem darauf abgestellt, daß die von der Kläge-rin vorgegebenen Öffnungszeiten der Tankstellen letztlich nicht die eigene Ar-beitszeit des Beklagten betrafen, der Beklagte sich diese vielmehr selbständigeinteilen konnte. Schon im Hinblick auf die Länge der Öffnungszeiten - [X.] 16, an Sonn- und Feiertagen 14 Stunden (Anlage 4) - ist es [X.], daß der Beklagte persönlich an diese Zeiten gebunden sein sollte.Zeitpunkt und Dauer seines Urlaubs konnte er nach eigenem Ermessen be-stimmen. Selbständiger Gewerbetreibender war der Beklagte aber [X.] auch insofern, als ihm die Anzahl, Auswahl, Einstellung, Entlohnung undEntlassung der bis zu 25 Beschäftigten sowie die Art und Weise der persönli-chen Betreuung der verschiedenen Tankstellen überlassen war. Daß die Klä-gerin dem Beklagten detaillierte Pflichten hinsichtlich der Warenbevorratung,der Abrechnung und der Zahlungsmodalitäten auferlegt und sich weitgehendeKontrollrechte vorbehalten hatte, entspricht der typischen [X.] und beseitigt - entgegen der Auffassung des Beklag-ten - bei der gebotenen Gesamtwürdigung nicht die von § 84 Abs. 1 HGB vor-ausgesetzte Selbständigkeit des Handelsvertreters (vgl. Senatsbeschluß vom21. Oktober 1998 - [X.] = ZIP 1998, 2176 unter II 2)4. Handelsvertreter gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG nur dann [X.] im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie zu dem [X.] gehören, für den nach § 92 a HGB die untere Grenze der vertragli-chen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann und wenn siewährend der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt- 7 -monatlich nicht mehr als 2.000 DM aufgrund des Vertragsverhältnisses an [X.] einschließlich Provision und Aufwendungsersatz bezogen haben. [X.] des § 5 Abs. 3 ArbGG scheidet hier jedenfalls deshalb aus, weilder Beklagte, wie aus den von den Parteien übergebenen Unterlagen hervor-geht, monatlich mehr als 2.000 DM als vertragliche Vergütung von der Klägerinbezogen hat und damit die Einkommensgrenze des § 5 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist.Die Vorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG ist im Verhältnis zu § 5Abs. 1 Satz 2 ArbGG lex specialis; sie enthält eine in sich geschlossene Zu-ständigkeitsregelung, die es verbietet, Handelsvertreter unter anderen als denin § 5 Abs. 3 Satz 1 genannten Voraussetzungen als Arbeitnehmer oder arbeit-nehmerähnliche Personen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 zu behandeln ([X.],Urteil vom 15. Juli 1961 - 5 [X.] = [X.] HGB § 92 a Nr. 1; Urteil vom19. Juni 1963 - 5 [X.] = [X.] 1963, 1096).Nach alledem hat das [X.] den Rechtsweg zu den ordent-lichen Gerichten zu Recht bejaht. Die Beschwerde des Beklagten gegen [X.] vom 14. August 2000 war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPOzurückzuweisen.- 8 -II[X.] Den [X.] bemißt der Senat mit rund 1/5 des Hauptsa-chewertes, das sind 30.000 DM (vgl. [X.], Beschluß vom 19. Dezember 1996- III ZB 105/96 = [X.], 1077 unter III; Musielak/[X.], ZPO, 2. Aufl., § 3Rdnr. 31).[X.] [X.][X.] [X.] Dr. Leimert

Meta

VIII ZB 30/00

25.10.2000

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2000, Az. VIII ZB 30/00 (REWIS RS 2000, 753)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 753

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZB 8/15 (Bundesgerichtshof)

Rechtswegabgrenzung bei Streitigkeit aus einem Handelsvertretervertrag eines Versicherungs- und Bausparkassenvertreters: Vertragliches Tätigkeitsverbot bei ausschließlicher Bindung …


VII ZB 27/12 (Bundesgerichtshof)


VII ZB 36/14 (Bundesgerichtshof)

Rechtswegabgrenzung für einen Provisionrückzahlungsanspruch nach Kündigung eines Handelsvertretervertrages: Ermittlung der durchschnittlichen monatlichen Vergütung eines Einfirmenvertreters …


VIII ZB 91/10 (Bundesgerichtshof)

Rechtswegabgrenzung für eine Provisionsrückzahlungsklage gegen einen Handelsvertreter: Ermittlung der maßgeblichen Vergütungsgrenze


VII ZB 27/12 (Bundesgerichtshof)

Rechtswegabgrenzung: Streitigkeiten aus einem Handelsvertreterverhältnis mit genehmigungsbedürftiger anderweitiger Tätigkeit


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.