Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.01.2024, Az. 5 PB 9/23

5. Senat | REWIS RS 2024, 1115

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Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des [X.] vom 9. März 2023 wird verworfen.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 88 Abs. 2 SächsPersVG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der [X.] beantwortet werden kann. Nach § 88 Abs. 2 SächsPersVG i. V. m. § 92a Satz 2 i. V. m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG muss die Begründung der auf den Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Dieses [X.] setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom [X.] nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann. Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt. Es bedarf auch der substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen bereits ergangener einschlägiger Entscheidungen des [X.]s. Soweit sich die Vorinstanz mit der von der Beschwerde als grundsätzlich angesehenen Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des [X.] die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtlich Bedeutung haben können. In der Begründung ist auch substantiiert aufzuzeigen, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, zu folgen ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 23. Mai 2019 - 5 PB 7.18 - juris Rn. 15 m. w. N.). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.

3

a) Soweit die Beschwerde der Frage,

"ob bei der Abrechnung und Erstattung von Reisekosten für Fahrten, die die Antragstellerin von ihrer Wohnung zum Sitz der Stufenvertretung, deren teilweise freigestelltes Mitglied sie ist, fiktiv (ersparte) Kosten für Fahrten von der Wohnung zur Dienststelle, bei der die Antragstellerin regelmäßig tätig ist, anzurechnen, also abzuziehen sind" (Beschwerdebegründung S. 1 Nr. 1.1),

grundsätzliche Bedeutung beimisst, genügt sie auch bei einer nicht nur auf den Einzelfall bezogenen Auslegung dieser Frage nicht den [X.]. In der Rechtsprechung des [X.]s ist bereits geklärt, dass freigestellten [X.]n nach § 45 Abs. 1 Satz 2 SächsPersVG für Fahrten zwischen Wohnung und Sitz des Personalrats außerhalb des Wohnorts und des bisherigen [X.] unter bestimmten Voraussetzungen Reisekostenvergütung in Gestalt der "großen Wegstreckenentschädigung" zustehen kann, bei der Bemessung aber die fiktiven Kosten für Fahrten von der Wohnung des Personalratsmitglieds zu seiner bisherigen Dienststelle und zurück anzurechnen sind (BVerwG, Beschluss vom 1. März 2018 - 5 P 5.17 - [X.] 251.91 § 45 SächsPersVG Nr. 3 Rn. 13 ff., 22 m. w. N.). Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, warum an dieser Rechtsprechung nicht mehr festzuhalten sein sollte.

4

Die genannte Rechtsprechung des [X.]s zur Anrechnung der fiktiven Kosten für Fahrten von der Wohnung des Personalratsmitglieds zu seiner bisherigen Dienststelle wird nicht durch das Vorbringen der Beschwerde infrage gestellt, § 45 Abs. 1 Satz 2 SächsPersVG verweise hinsichtlich der Erstattung der Reisekosten auf § 1 Abs. 2 [X.] und dieser auf § 5 [X.], der keine Regelung (mehr) zur Anrechnung (fiktiv) ersparter Kosten enthalte; es sei deshalb davon auszugehen, dass eine Anrechnung fiktiver Kosten nach dem Willen des Gesetzgebers nicht erfolgen solle (Beschwerdebegründung S. 6). Das gilt schon deshalb, weil das [X.] die streitige Anrechnungspflicht nicht den in Bezug genommenen Bestimmungen des [X.] entnommen, sondern unmittelbar aus § 45 Abs. 1 SächsPersVG abgeleitet hat. Dementsprechend hat es ausgeführt, dass als Reisen von Mitgliedern des Personalrats im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 2 SächsPersVG mit Blick auf die allgemeine Regelung in § 45 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG alle Fahrten anzusehen sind, die durch das Personalratsamt verursacht sind. Deshalb sind nur die durch die Personalratstätigkeit veranlassten (Mehr-)Kosten erstattungsfähig. Ausgeschlossen ist mithin die Erstattung von Fahrtkosten, die auch für jeden Beschäftigten ohne Personalratsamt anfallen. Gemessen daran sind die Kosten außer [X.] zu lassen, die für Fahrten zur bisherigen Dienststelle und zurück entstanden wären (BVerwG, Beschluss vom 1. März 2018 - 5 P 5.17 - [X.] 251.91 § 45 SächsPersVG Nr. 3 Rn. 22 m. w. N.). Kommt es danach darauf an, ob und in welchem Umfang die Fahrten durch die Personalratstätigkeit verursacht sind, ist es unerheblich, ob die in Bezug genommenen reisekostenrechtlichen Bestimmungen eine solche Anrechnung kennen oder nicht. Maßgeblich ist die unmittelbare Begrenzung des Erstattungsanspruchs durch § 45 Abs. 1 SächsPersVG. Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.

5

Soweit die Beschwerde mit der Fragestellung [X.] nach problematisieren will, ob unter den fiktiven Kosten für Fahrten von der Wohnung zur bisherigen Dienststelle und zurück, die bei der Bemessung der Wegstreckenentschädigung anzurechnen sind, fiktive Kosten im eigentlichen Sinne oder nur solche Kosten zu verstehen sind, die ohne die Personalratstätigkeit tatsächlich angefallen wären (vgl. Beschwerdebegründung S. 6), fehlt es jedenfalls an der Darlegung der Klärungsfähigkeit einer so verstandenen Frage. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Antragstellerin an Tagen, an denen sie allein den Sitz des [X.] aufsucht, keine Kosten für Fahrten zu ihrem Dienstort erspart, etwa weil solche in ihrem Fall von vornherein nicht entstehen oder nicht vermieden werden können. Die Beschwerde behauptet dies auch weder, noch legt sie dar, dass die Antragstellerin solches im vorinstanzlichen Verfahren vorgetragen hätte. Es ist deshalb nicht erkennbar, dass es in einem Rechtsbeschwerdeverfahren auf die aufgeworfene Frage ankommen könnte.

6

b) Den [X.] genügt die Beschwerde - wiederum auch bei einer nicht nur auf den Einzelfall bezogenen Auslegung ihrer weiteren Frage - ebenfalls nicht, soweit sie die Frage für grundsätzlich bedeutsam hält,

"ob die fiktive Anrechnung ersparter Reisekosten für Fahrten vom Wohnsitz der Klägerin zum regelmäßigen Dienstort/Arbeitsort bei der Abrechnung von Reisekosten von der Wohnung zum Sitz der Stufenvertretung eine Benachteiligung der Klägerin darstellt, wenn der Dienststellenleiter bei Fahrten nicht ganz oder teilweise freigestellter [X.] fiktive oder real ersparte Aufwendungen für Fahrten vom Wohnsitz zur regelmäßigen Dienststelle nicht auf die Erstattung von Reisekosten für Fahrten vom Wohnsitz zum auswärtigen Dienstort anrechnet" (Beschwerdebegründung S. 8 Nr. 2.1).

7

Denn die Beschwerde legt schon nicht hinreichend dar, dass eine solche Ungleichbehandlung tatsächlich stattfindet und die Rechtsfrage damit klärungsfähig ist. Entgegen ihrem Vorbringen hat das Oberverwaltungsgericht eine solche Ungleichbehandlung nicht (ausdrücklich) festgestellt, sondern lediglich hypothetisch seiner Prüfung zugrunde gelegt (vgl. [X.] Rn. 43). Soweit sich die Beschwerde auf einen Erlass des [X.] vom 26. Februar 2019 bezieht (und daraus einen Ansatz für eine Ungleichbehandlung herleiten möchte), fehlt es auch deshalb an einer genügenden Substantiierung, weil dieser Erlass weder wörtlich wiedergegeben noch der Beschwerdeschrift beigefügt worden ist.

8

Unbeschadet dessen lässt sich der Beschwerdebegründung der rechtliche Klärungsbedarf der aufgeworfenen Frage nicht entnehmen. Die Beschwerde ist zwar der Ansicht, § 8 SächsPersVG stehe der Auslegung des [X.] entgegen und will die vermeintliche Ungleichbehandlung offenbar an dieser Vorschrift messen (Beschwerdebegründung S. 9). Sie legt aber schon nicht dar, dass die Vorschrift überhaupt auf das Verhältnis der [X.] untereinander und nicht nur auf Benachteiligungen von [X.]n gegenüber vergleichbaren Bediensteten ohne Personalratsamt Anwendung findet (vgl. für den gleichlautenden § 8 BPersVG a. F. = § 10 BPersVG n. F.: BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2004 - 6 P 9.03 - [X.] 250 § 44 BPersVG Nr. 33 S. 14). Außerdem hätte es auch Ausführungen zur Vergleichbarkeit der beiden Gruppen sowie zum Fehlen von [X.] für die Ungleichbehandlung bedurft. So setzt sich die Beschwerdebegründung unter anderem nicht mit der sich stellenden Frage auseinander, ob eine Anwendung des [X.] auf nicht freigestellte Mitglieder einer Stufenvertretung ihre Rechtfertigung gegebenenfalls darin finden könnte, dass für diese der Ort der Stufenvertretung keine eigene Dienststätte neben ihrem angestammten Dienstort darstellt.

9

2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 88 Abs. 2 SächsPersVG i. V. m. § 92a Satz 2 i. V. m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.

Meta

5 PB 9/23

31.01.2024

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PB

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 9. März 2023, Az: 9 A 230/22.PL, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.01.2024, Az. 5 PB 9/23 (REWIS RS 2024, 1115)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 1115

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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