Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2005, Az. I ZB 3/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1242

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[X.] vom 20. Oktober 2005 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

ZPO §§ 705, 794 Abs. 1 Nr. 5

Hat sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Form des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unterworfen, so richtet sich die Vollstreckung aus dem Titel auch dann nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung, wenn die [X.] einen Anspruch betrifft, der öffentlich-rechtlicher Natur ist.

[X.], [X.]. v. 20. Oktober 2005 - [X.] - [X.] Waren ([X.])

- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 20. Oktober 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der [X.]uss des [X.], 4. Zivilkammer, vom 13. April 2004 aufgehoben.

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den [X.]uss des [X.] ([X.]) vom 22. Januar 2004 wird [X.].

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Schuldnerin.

Gründe:

[X.] Die Parteien schlossen am 4. Juli 1994 einen notariell beurkundeten [X.], in dem der Schuldnerin als Erschließungsträgerin die Erschließung des in dem Vertrag bezeichneten Wohnbaugebietes übertragen wurde. Die Gläubigerin, eine Gemeinde, verpflichtete sich, die in dem [X.] liegenden Grundstücksflächen der Schuldnerin mit gesonderten notariellen Verträgen zu Eigentum zu übertragen. In Erfüllung des 1 - 3 - notariellen Verträgen zu Eigentum zu übertragen. In Erfüllung des [X.] verkaufte die Gläubigerin der Schuldnerin mit notariellen Ver-trägen vom 24. Dezember 1994, vom 19. Juli 1995 und vom 13. Juni 1996 in dem Erschließungsgebiet gelegene Grundstücke. Die Schuldnerin unterwarf sich wegen ihrer Verpflichtung zur Zahlung der Kaufpreise der sofortigen Zwangsvollstreckung aus den notariellen Urkunden.
In der Folgezeit entstand zwischen den Parteien Streit über die Fälligkeit der Zahlungsansprüche der Gläubigerin aus den notariellen Kaufverträgen. Als diese die [X.]eitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ankündigte, erhob die Schuldnerin beim [X.]. Das [X.] sah den [X.] vom 4. Juli 1994 und die nachfolgend [X.] [X.] als rechtliche Einheit und die Sache daher als öffentlich-rechtliche Streitigkeit an. Es erklärte den Rechtsweg zu den [X.] Gerichten für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Verwal-tungsgericht. Vor dem Verwaltungsgericht schlossen die Parteien einen Ver-gleich, in dem sich die Schuldnerin verpflichtete, ihre Klage nicht weiterzuver-folgen; die Gläubigerin verpflichtete sich, bis zum 30. April 2002 keine Vollstre-ckungsmaßnahmen aus den streitgegenständlichen Urkunden durchzuführen. Nach dem 30. April 2002 betrieb die Gläubigerin erneut die Zwangsvollstre-ckung. Nach erfolgloser Mobiliarvollstreckung bestimmte die Gerichtsvollziehe-rin Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf den 24. November 2003. Die im Termin nicht erschienene Schuldnerin erhob am 1. Dezember 2003 Widerspruch gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung mit der Begründung, das Verwaltungsgericht habe das Ruhen des Verfahrens angeordnet. 2 - 4 - Das Amtsgericht hat den Widerspruch verworfen. Dagegen hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie unter anderem geltend gemacht hat, dass für das Vollstreckungsverfahren die Zivilgerichtsbarkeit nicht zuständig sei. Die Vollstreckung sei ferner deshalb rechtswidrig, weil die [X.] sich zwischenzeitlich verglichen hätten.
Das [X.] hat den [X.]uss des Amtsgerichts auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin aufgehoben und festgestellt, dass der gesetzliche Vertreter der Schuldnerin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Rahmen der Zivilprozessordnung nicht verpflichtet sei.
Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Gläubigerin die Aufhebung des angefochtenen [X.]usses und die Zurück-weisung der sofortigen Beschwerde der Schuldnerin gegen den [X.]uss des Amtsgerichts.
I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefoch-tenen [X.]usses und zur Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Schuldnerin.
1. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Schuldnerin für begründet erachtet, weil die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit für die Zwangsvollstreckung nicht gegeben sei. Den Gegenstand der Zwangs-vollstreckung bildeten die [X.]. Diese Verträge und der [X.] vom 4. Juli 1994, der öffentlich-rechtlicher Natur sei, stellten eine untrennbare Einheit dar und könnten somit nicht isoliert voneinan-3 4 5 6 7 - 5 - der betrachtet oder rechtlich beurteilt werden. Danach sei für Vollstreckungs-maßnahmen aus den streitgegenständlichen Kaufverträgen das Amtsgericht nicht zuständig.
2. Entgegen der Auffassung des [X.] kommt es für die Zulässigkeit des Rechtswegs für die Zwangsvollstreckung und damit für die Frage, ob die Schuldnerin nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet ist, nicht darauf an, ob die Ansprüche, derentwegen aus den streitgegenständlichen Titeln vollstreckt werden soll, öffentlich-rechtlicher Natur sind. Ob nach den Vorschriften der [X.] zu vollstrecken ist, bestimmt sich nicht nach dem zugrunde liegenden Anspruch, sondern nach dem zu vollstreckenden Titel. [X.], die nach Maßgabe der Zivilprozessordnung erlassen oder errichtet sind, werden auch nach ihr vollstreckt, unabhängig davon, ob der Anspruch selbst öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ist (vgl. [X.], ZPO, 22. Aufl., Vor § 704 [X.]. 2; MünchKomm.ZPO/[X.], 2. Aufl., [X.]. [X.]. 375; [X.]/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl., § 4 I 1, [X.]). Im vorliegenden Fall soll aus vollstreckbaren Urkunden gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO vollstreckt werden, also aus nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichteten Titeln. Die Vollstreckung bestimmt sich auch dann nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung, wenn sich der Schuldner in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag in Bezug auf öffentlich-rechtliche Ver-pflichtungen der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Form des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unterworfen hat (vgl. [X.], 326, 334; [X.] BayVBl 1975, 651; [X.], [X.], Diss. [X.] 1979, [X.]). Die materiell-rechtliche Einordnung des Anspruchs lässt den zivilprozessualen Charakter des Titels nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO 8 - 6 - unberührt, da die Unterwerfungserklärung eine ausschließlich auf das Zustan-dekommen des [X.] gerichtete einseitige prozessuale Willens-erklärung ist, die allein prozessrechtlichen Grundsätzen unterliegt (vgl. [X.] 108, 372, 375 m.w.N.).
II[X.] Danach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der [X.] kann gemäß § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO in der Sache selbst entscheiden, weil die weiteren von der Schuldnerin gegen ihre Verpflichtung zur Abgabe der ei-desstattlichen Versicherung erhobenen Einwendungen unbeachtlich sind. Denn die Schuldnerin ist im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versiche-rung nicht erschienen. Außerhalb des Termins kann nur das Fehlen der von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung oder des Offenbarungsverfahrens gerügt werden (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 25. Aufl., § 900 [X.]. 6, 22; [X.] aaO § 900 [X.]. 3 ff.). Die weiteren von der Schuldnerin im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwendungen gegen ihre Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erschöpfen sich in der Behauptung, es sei ein Vollstreckungsverzicht vereinbart worden. Vollstreckungsbeschränkende Vereinbarungen sind aber nur zu beachten, wenn sie mit dem im Termin zu erhebenden Widerspruch gemäß § 900 Abs. 4 Satz 1 ZPO geltend gemacht werden (vgl. [X.] aaO § 900 [X.]. 10, § 807 [X.]. 3; Musielak/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 807 [X.]. 19; [X.]/[X.] aaO § 900 [X.]. 25). Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist daher zurückzuweisen. 9 - 7 - [X.] Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.] Büscher

Schaffert Bergmann Vorinstanzen: [X.] ([X.]), Entscheidung vom [X.] - 7 M 86/04 - [X.], Entscheidung vom 13.04.2004 - 4 T 54/04 - 10

Meta

I ZB 3/05

20.10.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2005, Az. I ZB 3/05 (REWIS RS 2005, 1242)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1242

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