Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.08.2010, Az. 1 StR 217/10

1. Strafsenat | REWIS RS 2010, 3770

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 217/10 vom 27. August 2010 in der Strafsache gegen wegen gewerbsmäßigen Schmuggels - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 27. August 2010 beschlos-sen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10. Dezember 2009 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtferti-gung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen. Ergänzend bemerkt der Senat zur Strafbarkeit wegen Hinterziehung von [X.]: Der Umstand, dass die von dem Angeklagten hinterzogenen [X.] nicht mehr erhoben werden, steht entgegen der Auffassung der Revision nicht gemäß § 2 Abs. 3 StGB einer Bestrafung des Angeklagten wegen gewerbs-mäßigen Schmuggels entgegen. Bei der im Rahmen der Strafnorm des § [X.] anzuwendenden [X.], auf der die Erhebung der [X.] beruht, handelt es sich um ein Zeitgesetz i. S. v. § 2 Abs. 4 StGB, das für den Zeitraum seiner Gültigkeit auch nach seinem Außerkrafttreten weiterhin anwendbar bleibt. 1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des [X.] die I.
KG, bei der der Angeklagte einer der Komplemen-täre war, im Zeitraum von Februar bis November 2002 von einer Firma mit Sitz in der [X.] mehr als 1,4 Millionen dort hergestellter [X.] 3 - [X.] elektronischer Kompakt-Leuchtstofflampen (Energiesparlampen). Da die Einfuhr dieser Lampen [X.] Ursprungs mit Antidumpingzöl-len in Höhe von 59,5% des [X.] belegt war, wurden die Energie-sparlampen bei der Einfuhr in die [X.] über die Häfen [X.] und [X.] mit Wissen und Wollen des Angeklagten und weite-rer Verantwortlicher der [X.] bei den Zollbehörden unter Angabe einer falschen Warennummer und unter der unzutreffenden Angabe von [X.] als Ursprungsland zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldet. 2. Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 StGB steht einer Verurteilung des Angeklagten nicht entgegen; denn bei der der Verurteilung des Angeklagten zugrunde [X.] ([X.]) Nr. 1470/2001 des Rates vom 16. Juli 2001 zur Einführung eines endgültigen [X.] und zur endgültigen Verein-nahmung des vorläufigen [X.] auf die Einfuhren in[X.] elektronischer Kompakt-Leuchtstofflampen ([X.]) mit Ursprung in der [X.] ([X.]. [X.] 2001 Nr. L 195 S. 8) handelt es sich um ein Zeitgesetz i.S.v. § 2 Abs. 4 StGB, das auch nach seiner Aufhebung für den Tatzeitraum weiter anwendbar bleibt. Diese [X.] ist schon des-halb ein Zeitgesetz, weil ihre Geltungsdauer gemäß Art. 11 Abs. 2 der zugrunde liegenden Verordnung ([X.]) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur [X.] gehörenden Ländern ([X.]. [X.] 1996 Nr. L 56 S. 1, im Folgenden: [X.]) eine von vornherein definierte, kalendermäßig eindeutig bestimmbare Befristung erfuhr. Wenn nicht auf-grund einer Überprüfung in einem besonders geregelten Verfahren eine neue Regelung getroffen wird, treten nach dieser [X.] endgül-tige [X.]n fünf Jahre nach ihrer Einführung außer [X.]. - 4 - Der Umstand, dass die vorliegende [X.], die auch nach ihrer Zielrichtung nur für die Dauer einer Ausnahmesituation geschaffen wurde, eine zeitliche Verlängerungsmöglichkeit (in einem festgelegten Ver-fahren) enthielt, ändert an ihrer Befristung ebenso wenig etwas wie der [X.], dass die Geltung der [X.] vorliegend durch Verordnung ([X.]) [X.]/2007 des Rates vom 15. Oktober 2007 ([X.]. [X.] 2007 Nr. L 272 S. 1) mit Blick auf das bevorstehende Außerkrafttreten der Maßnahme für ein weiteres Jahr, nämlich bis zum 18. Oktober 2008 auch tatsächlich verlängert wurde. Würde man § 2 Abs. 3 StGB auf eine solche Regelung anwenden, würde diese gegen Ende ihrer Geltungsdauer nach und nach die erforderliche Achtung verlieren. Je näher der Zeitpunkt käme, zu dem sie außer [X.] tritt, umso begründeter wäre die Erwartung, dass eine Strafe für eine Übertretung der Vorschrift nicht mehr während seiner Geltungsdauer ausgesprochen werden könnte. Dies wollte der Gesetzgeber mit der Schaf-fung des § 2 Abs. 4 StGB vermeiden (vgl. [X.], Beschluss vom 9. März 1954 - 3 StR 12/54, [X.]St 6, 30, 38). Der zeitliche Anwendungsbereich der Vorschrift bleibt daher auch nach ihrem Außerkrafttreten erhalten. Ein Entfallen der Zollpflicht für zurückliegende Zeiträume mit dem Außer-krafttreten der [X.], mithin ein Erlöschen einer bereits entstandenen Zollschuld, wurde mit den genannten [X.]en nicht bestimmt und war erkennbar auch nicht gewollt. Der [X.] hat mit Recht darauf hingewiesen, dass eine Regelung, mit der - anders als etwa für mit Gleichstrom betriebene Lampen mit Ursprung in der [X.] (vgl. Verordnung [[X.]] Nr. 1322/2006 des Rates vom [X.], [X.]. [X.] 2006 Nr. L 244 S. 1) - Waren rückwirkend aus dem An-wendungsbereich des [X.] herausgenommen wurden, für die - 5 - verfahrensgegenständlichen Energiesparlampen gerade nicht getroffen [X.] ist. Der Umstand, dass die unrichtigen Anmeldungen gegenüber den [X.] in den zeitlich begrenzten Anwendungsbereich der Bestimmungen über die [X.] fielen, war dem Angeklagten auch bekannt. 3. Der von der Revision beantragten Durchführung eines [X.] beim Gerichtshof der [X.] ([X.]) nach Art. 267 Abs. 3 A[X.]V bedarf es nicht. Die Strafbarkeit wegen Hinterziehung von [X.] vorstößt nicht gegen Unionsrecht. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein Verbot der Bestrafung der Hinterziehung von [X.]n auch weder aus dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen ([X.] 1994) noch aus dem zur Durchführung des [X.] des [X.] 1994 geschlossenen [X.] vom 22. Dezember 1994 ([X.]. [X.] 1994 Nr. L 336 [X.]). Das mit der Strafnorm des gewerbsmäßigen Schmuggels (§ [X.]) unter Strafe ge-stellte Verhalten ist allein die Verkürzung von Einfuhrabgaben, zu denen auch die [X.] gehören (vgl. auch [X.], Urteil vom 12. Juli 2007 - [X.], [X.]E 217, 351). Bestraft wird nicht etwa die Beteiligung des Importeurs an der Mitwirkung am Dumping des [X.] Lieferanten. Die Strafbarkeit knüpft auch nicht an der Einfuhr von Waren zu Dumping-preisen an, sondern an die unrichtige Anmeldung der eingeführten Waren mit falschen Angaben, um eine Erhebung der anfallenden Einfuhrabgaben zu vermeiden. Die [X.] haben nicht dadurch ihre Qualität als Einfuhrabgaben verloren, dass mit ihnen von der [X.] - zeitlich befristet - das Ziel der Bekämpfung des von Lieferanten aus der [X.] betriebenen Preisdumpings und damit wirtschaftspoliti-- 6 - sche Zwecke verfolgt worden sind (vgl. [X.] aaO sowie § 3 Abs. 1 letzter Halbsatz, Abs. 3 [X.]). Mit der Strafandrohung für die Hinterziehung von Zöllen auf gedumpte Ein-fuhren werden für diese Gegenstände auch keine unzulässigen Handels-hemmnisse aufgestellt. Denn die Einfuhr von Waren zu Dumpingpreisen wird hierdurch nicht erschwert. Das [X.] liegt allein in der Er-hebung von [X.]n, die nach Artikel VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens ([X.] 1994) aber gerade zulässig sind. Ein Ver-bot der Bestrafung der Hinterziehung von Einfuhrabgaben im Allgemeinen und von [X.]n im Besonderen ist diesem Abkommen nicht zu entnehmen. Im Gegenteil wird dadurch gerade die Wirksamkeit der auch nach dem [X.] 1994 ([X.]. [X.] 1994 Nr. L 336 [X.]) ausdrücklich für zulässig erklärten [X.] strafrechtlich abgesichert und damit noch erhöht. Die Einfuhr von Waren zu [X.], bei der die anfallenden [X.] abgeführt werden, wird [X.] weder erschwert noch unter Strafe gestellt (aA, aber nicht überzeu-gend [X.] [in: [X.] (Hrsg.), Finanzstrafrecht 2004, 2005 S. 67, - 7 - 106 f.], der zu Unrecht annimmt, [X.] würden vom Rechtsgut des § 370 [X.] nicht erfasst). [X.]Wahl Hebenstreit Jäger Sander

Meta

1 StR 217/10

27.08.2010

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.08.2010, Az. 1 StR 217/10 (REWIS RS 2010, 3770)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3770

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